31 Dezember 2005

Von der Schwerkraft rufschädigender Worte

Es sollte eigentlich kaum große Erläuterung verdienen, z.B. im Fall von Frau Osthoff, warum das Verbreiten rufschädigender bzw. abschätziger Ansichten und Meinungen von jedem anständigen Menschen vermieden werden sollte. Dies gilt umso mehr, je stärker Worte dafür geeignet sind, den Ruf von jemanden ersterben zu lassen*.

Einmal ausgesprochen, können herabwürdigende Worte kaum noch aufgefangen werden. Mitunter ist es jedoch nicht sinnvoll, böse Worte zu vermeiden. Manchmal sind sie nützlich, so nützlich z.B., wie auch ein Krieg zur Abwehr von etwas etwas Böserem nützlich sein kann. Das ist jedoch selten! Dazu folgende Erläuterung:
But what if someone is bad? What if you know someone about to go into business with someone known for shady deals? What if your friend is involved with someone known to be violent? In such cases, we are permitted to speak about these things. But the laws of permissible lashon harah are very clear. You can't excuse lashon harah by saying "I'm just trying to help."

Aber, was ist, wenn jemand so böse ist, dass man nicht vermeiden kann, etwas Böses über ihn zu sagen? Was gilt beispielsweise, wenn du befürchten musst, dass jemand an einen Geschäftsmann gerät, der für dunkle Machenschaften bekannt ist? Was, wenn dein Freund an jemanden gerät, der gewalttätig ist? In diesen Fällen darfst du böse, rufschädigende Worte verwenden, allerdings nur mit der Entschuldigung, dass du damit zu helfen versuchst. Das sollte dann sehr klar sein.

You are allowed to speak lashon harah to help someone, to prevent someone from being victimized, or to resolve major disputes but only when what you say is based on firsthand information, what you're saying is true and accurate, the person who is in the wrong has been spoken to and refuses to change, there is no other way to meet the goal, and what you say will not cause undue harm.
Wenn dir ein rufschädigendes bzw. abschätziges Wort gestattet ist, zur Abwehr von Schaden bzw. um jemanden zu helfen oder zur Beendigung eines Disputes, dann gelten dafür folgende Bedingungen:

  • Das, was du über eine Person sagst, muss zuverlässig sein bzw. aus erster Hand kommen
  • Deine Worte müssen wahr sein und sorgfältig ausgewählt werden
  • Du musst der betreffenden Person die Möglichkeit der Richtigstellung geben - oder dich selbst ausreichend darum mühen, die Sichtweise dieser Person in Erfahrung zu bringen
  • Die betroffene Person muss die Gelegenheit erhalten, das schädliche Verhalten einzustellen bzw. umzukehren
  • Es gibt keine anderen ausreichenden Wege, um das Ziel (Hilfe und Abwehr von etwas Böseren) zu erreichen
  • Deine Worte verursachen keine ungebührlichen Schäden
Kommentar: Ich fand diese Regeln ziemlich instruktiv.
  • Ergänzend könnte man sich ggf. zur Regel machen, im Falle eines schädigenden Wortes ein ausgleichendes gutes Wort beizugesellen, um die Integrität und den Wert des Betreffenden als Person nicht übermäßig zu vermindern.
Man könnte diese Regeln ggf. auch auf das Verhalten in Konfliktfällen anwenden - ich habe sie im Fall von Abmahnungen (die ja auch Schäden verursachen) angewendet, um besondere Sorgfaltspflichten abzuleiten.

+++ Update 31.12.2005 12:00 Uhr +++
* Man muss dabei m.E. auch den Zusammenhang und die betroffene Person berücksichtigen. Im Umgang mit mächtigen Personen oder Institutionen darf man m.E. unvorsichtiger agieren. Deshalb, weil diese viel weniger geschädigt werden - sie werden auf Normalmaß gestutzt. Dabei sollte man m.E. aber Stereotypen vermeiden, z.B. "die Politiker" grundsätzlich als bösartige oder stets korrupte Menschen zu beschreiben.

Wessen Ruf also bereits lädiert ist, bei dem muss man vorsichter sein, als bei jemanden, dessen Name in Glanz und Herrlichkeit genannt wird. Auch sollte man beachten, wie viel Vertrauen den eigenen Worten entgegen gebracht werden.

Wenn ich im Freundeskreis ein schlimmes Gerücht über jemanden weiter verbreite (z.B. "xyz schlägt seine Freundin"), dann hat das ggf. sehr nachhaltige Folgen, und zwar für die unmittelbare soziale Umwelt des Betreffenden.

Das Niedrigste allerdings, das ich mir in diesem Zusammenhang denken kann, das wäre Opferverhöhnung bzw das verbale Einprügeln auf Schwächere und Wehrlose.

Zum Schluss noch ein positives Beispiel bei der Berichterstattung über Frau Osthoff, und zwar hier von Herrn Patrick Bahners. Lesenswert!

29 Dezember 2005

Geniales Marketing

In keinem Jahresrückblick sollte der Innovator des Jahres fehlen. Ein Vivat auf Herrn J. Ackermann (Spitzname: "Acker", "J. Acker" oder "Mega-Acker"), Strahlemann, Leitbild und Chef der Deutschen Bank! Hier und da sind gewisse Zweifel an seiner Öffentlichkeitsarbeit laut geworden. Weit gefehlt!

Das ist zielgruppenspezifisches Marketing! Man vergleiche z.B. den Umfang des sozialen Engagements der Deutschen Bank mit mit der DB-Kunstförderung. Das passt schon. Sollte irgendein sozialstaatsfeindlicher Profiteur unserer Gesellschaft noch keine Idee haben, welche Bank sein Vertrauen genießt, so hat unser Acker auf diesem Feld Gigantisches geleistet.

Böswillige Abmahnungen im politischen Meinungskampf

Meiner ordoliberalen Meinung nach ist es so: Wenn z.B. im Rahmen eines politischen Meinungskampfes das rechtliche Mittel der Abmahnung wegen Verstoßes gegen gewerbliche Schutzrechte in erster Linie dazu genutzt wird, um den politischen Gegner mundtot zu machen, dann liegt hier ein "böswilliges Abmahnen" vor.

Ich halte eine Abmahnung einer im Internet politisch aktiven Privatperson, die angeblich ein gewerbliches (!) Schutzrecht verletzt, für eine erhebliche und empfindliche Störung seines "Geschäftsbetriebes" bzw. seiner Tätigkeiten im Internet.

Dies umso mehr, weil der Abgemahnte dann gezwungen ist, Recherchen anzustellen, einen geeigneten Anwalt zu finden und einzuschalten - was Privatleuten i.d.R. merklich schwerer fällt. Er wird in seinem Geschäftsbetrieb (d.h. die regelmäßige und insofern geschäftsmäßige Teilnahme an der politischen Öffentlichkeit im Internet) unter dem Eindruck der Abmahnung ggf. deutlich vorsichtiger agieren, möglicherweise wird er das beanstandete Verhalten bis zur Klärung völlig unterlassen. Unterhält er darüber hinaus einen gewerblichen Geschäftsbetrieb, so wird auch dieser dadurch erheblich in Mitleidenschaft gezogen.

Daher: Wer bewusst unter Verweis auf gewerbliche Schutzrechte grundlos verwarnt, oder seine Verwarnung im Sinne einer breit gestreuten Formulierung von Abmahnungstatbeständen gewissermaßen als "juristische Streubombe" einsetzt, tut das allein um dieser psychologischen Wirkung willen, also zum Zweck der Behinderung des Mitbewerbers am politischen Meinungsmarkt. Dies gilt in deutlich verschärfter Weise im Falle eines koordinierten und gleichgerichteten Vorgehens eines politischen Freundeskreises des Abmahners mit weiteren Abmahnungen an den Abgemahnten.

Damit liegt ein Verstoß gegen §3 UWG vor. Hier geht es also um ein "böswilliges Abmahnen" unter Verletzung von Sorgfaltspflichten oder womöglich sogar um ein sogeanntes "fertig machen" unter böswilliger Nutzung gewerblicher Schutzrechte. Ein weiterer Anhaltspunkt für die Böswilligkeit bestünde darin, wenn der Abmahner den zu weiten und v.a. zu störenden Zwecken aufgerichteten Umfang bzw. zu hohen Streitwertes seiner Abmahnung trotz klaren Hinweises darauf beibehält - und sich damit der Erkenntnis, dass die Abmahnung bzw. ihr Umfang ungerechtfertigt ist, bewusst entzieht.

Auch, wenn die Abmahnung auf den psychologischen Effekt hin besonders angelegt ist, beispielsweise durch ihren aggressiven Ton, durch weitere Begleitumstände oder gar durch eine falsche Behauptung, man hätte bereits eine einstweilige Verfügung beantragt, ist sie nicht statthaft.

Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz (Indiz: abgestimmtes Vorgehen mit gleich gesinnten politischen Freunden) seitens des Abmahnenden haftet dieser unter dem Aspekt der Störung des Geschätsbetriebes dem Abgemahnten gegenüber auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Dies betrifft auch eine böswillige und grobe Übertreibung des Streitwertes der Abmahnung, besonders im Fall immaterieller Schutzrechte, wo der Abmahner in besonderer Weise angehalten ist, mit jeder erdenklichen Sorgfalt einen zu großen Umfang der Abmahnung und die Ansetzung eines zu hohen Streitwertes zu vermeiden.

Diese besondere Sorgfaltspflicht, auch im eigenen Interesse zur Vermeidung eventueller Schadensersatzansprüche, ist im Umgang mit Privatleuten nochmals gesteigert.

War ich nicht freier Mensch

Neues im Fall Osthoff? Es gab ein Interview mit dem ZDF. Sie stand dabei stark unter Strom, war stinksauer, und wenn man die überhasteten Halbsätze genauer anschaut und einordnet, dann sieht das Interview m.E. nicht mehr wirr aus. Mir fielen besonders diese zum Schluss gemachten Aussagen auf:
Irak ist auch bei uns! (...)
[Auf die Frage, was Sie tun möchte] Das steht jetzt nicht zur Debatte. Denn ich kann...Was ich möchte, hat mich im Leben noch nie einer gefragt! Das wär mir jetzt neu, wenn ich jetzt plötzlich diese Frage hören würd...ich hör sie gerade, aber ich...aber ich kann nicht so handeln wie ich will ...Verstehn Sie? Da gibts nicht die Möglichkeiten und da kann ich eigentlich garnichts dazu sagen.
Davor kam noch diese Ausage:
Ich habe schon andere Finanzquellen für diese Projekte, da brauch ich nicht mehr betteln, und das Ganze ist sowieso gelaufen. Verstehen Sie? Und da brauch mich jetzt keiner hochjubeln, dass ich der humanitäre Held hier bin, ich weiß genau, was ich mache (...)
Dazu kommen für mich drei weitere Eindrücke: Erstens hat sie bei der deutschen Botschaft unmittelbar vor ihrer Entführung nach einem Job gefragt, mit der Antwort, "Frau Osthoff, wir brauchen hier keinen Orientalisten".

Zweitens stolperte ich über die abstrahierende Geläufigkeit, mit der sie über eine "kurze Gewalteinwirkung" bei ihrer Entführung sprach. An anderer Stelle sprach sie von ihrem besonderen Vertrauen zu einem bestimmten Bostschaftsmitarbeiter, der kein Schwafler mit "blöden Texten" sei, "denn er hat selber die Botschaft geschützt, ja?". Vielleicht redet man so, wenn man längere Zeit im Irak gelebt und überlebt hat.

Drittens fiel mir auf, wie sie die Vorgeschichte der Enführung eine "lange Geschichte" nannte und dann zu ihrer Entführung sagte: "Ich wusste das schon länger, denn ich hatte schon einmal eine Bedrohung ". Wie man von N24 erfährt, seitens amerikanischer Stellen. Zudem wurde sie von den Erst-Entführern offenbar als "jüdischer Geheimdienstoffizier" weiterverkauft. Die ersten Hinweise auf die Entführung kamen am 26.11. von amerikanischer Seite.

Quellen:
Goedart Palm (Heise)
German Foreign Policy
Wikipedia (Cache-Version)
Analyse von Andreas Vogel
Grabräuberei als Nachkriegsgewerbe

Ich habe den Eindruck, dass die Hintergründe der Angelegenheit evtl. komplizierter sind, als sie in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Was ich von all dem halten soll, weiß ich nicht. Ich halte es für durchaus denkbar, dass sie in bestimmten Kreisen als Störfaktor betrachtet wurde.

Träfe es zu, dass sie als angeblicher "jüdischer Geheimdienstoffizier" an eine politische Entführergruppe weiterverkauft wurde, dann lässt dies Absichten vermuten, z.B. auch dahingehend, welcher Einfluss auf die deutsche Öffentlichkeit ausgeübt werden sollte.

Fraglich erscheint, ob die gemäßigte deutsche Muslimin einen neuen Weg findet, im Irak zu überleben, einem Land, dem sie sich tief verpflichtet fühlt. Sie hat Unvorstellbares erlebt und durchlitten, z.B. 2004 eine Typhus-Erkrankung. Sollte es statt vieler Worte auch zu ein paar Taten kommen, dürfte das in ihrem Sinn sein.

Dazu ein Hinweis auf die UNICEF-Straßenkinder-Hilfe für den Irak!

28 Dezember 2005

Treibjagd

Ich kenne die Hintergründe nicht genau, warum Henryk Broder, Sacha Stawski und Ralf Schröder den juristischen Streit mit Erhard Arendt suchen. Erschreckend finde ich, sofern die Schilderung zutrifft, dass bereits eine Kontopfändung gegenüber Herrn Arendt durchgesetzt wurde. Von außen betrachtet sieht es fast so aus, als ob er mit juristischen Mitteln finanziell fertig und mundtot gemacht werden soll.

Dieser erste Eindruck mag indes täuschen - ich wäre daher sehr dankbar für eingehende Hinweise darauf, die diesen Eindruck abschwächen.

Das Mittel der Abmahnung ist meines Wissens ein wettbewerbsrechtliches Instrument - ich frage mich daher, warum es in Meinungsauseinandersetzungen mit Privatleuten zum Einsatz kommen kann.

Im Übrigen verstehe ich grundsätzlich, dass jemand mit den sektiererisch auftretenden Hysterikern und/oder Likudiks von "Honestly Concerned" Probleme haben kann. In dieser Gruppe, die unter den Aktivisten meines Wissens einen beachtlichen Anteil fanatisierter "messianischer Christen" hat (!), finden sich obskure Auffassungen (z.B. in Bezug auf die angebliche Notwendigkeit von Provokation auf linken Demos) und Dialogunfähigkeit.

Ich veröffentliche auszugsweise den Aufruf von Erhard Arendt:

(...) Bestimmte Gruppierungen rund um Honestly Concerned haben mich als ihr Zielobjekt ausgesucht. Es laufen zurzeit rechtliche Auseinandersetzungen zwischen Heryk M. Broder, Sacha Stawski, Ralf Schröder und mir. Inhaltlich wollte man mir vieles vorwerfen, hat aber über das Gericht bisher nichts erreichen können, kann mir eigentlich auch nichts vorwerfen. Ich habe immer jeweils mit Quellenangabe zitiert und die Aussagen belegt.

(...) Innerhalb weniger Tage erhielt ich drei Abmahnungen und die Aufforderung, Unterlassungserklärungen abzugeben, (auch von einem Ralf Schröder, der es inzwischen aber wohl aufgegeben hat). Hier muss ich (auch wenn das Gericht später vom Grund her und von der Höhe des Streitwertes her anders entscheidet) die Rechtsanwaltkosten tragen, die (...) maßlos überhöht angesetzt wurden. Im Falle Broders streben wir eine Gerichtsverhandlung an. Durch die hohe Festsetzung des Geschäftswertes entstehen mir nun aber hohe Kosten.

Ich wurde innerhalb einer Woche mit zwei unnötigen Einstweiligen Verfügungen überschüttet, obwohl das eventuell zu Bemängelnde nicht mehr online war. Innerhalb einer Woche erreichten mich dann von Broder weitere Fristsetzungen, gleichzeitig kam ein Bestrafungsantrag und ein Schreiben meines Providers. Man wollte ihn unter Druck setzen, meine Seiten zu kündigen.

(...) Am 20.12. hatte ich dann, als ich eigentlich noch Weihnachtsgeschenke für meine Kinder kaufen wollte, ein bisher in meinem Leben einmaliges Erlebnis: Man hatte ein Kontopfändung über etwa 1500 € erwirkt.

Die Sparkasse dachte, dass ein größerer Prozess auf mich zukommt und obwohl mein Überziehungskredit ausgereicht hätte, wurde in der Annahme, dass weitere Forderungen des Gerichts erhoben würden, mein Konto gesperrt, es war über Weihnachten nicht mehr zugänglich.

Der Pfändungsbetrag von etwa 1500 € muss gedeckt werden, wahrscheinlich werden auch im Fall Stawski Forderungen erwirkt, das wären noch einmal etwa 750 €. Die gesamten Kosten dieses Rechtstreites werden eventuell bei etwa 5000 – 6000 € liegen.

“Das Palästina Portal” steht für den gemeinsamen Frieden im Nahen Osten, für Palästina und Israel. (...) Als angestellter Lehrer und freischaffender Künstler, nun Frührentner, lebe ich zur Zeit von einer nicht sehr großen Rente.(...)

Eine Möglichkeit der finanziellen Unterstützung wäre es auch, wenn sie eine meiner künstlerischen Arbeiten erwerben. Erhard Arendt-Art

Soweit Sie keinen persönlichen Solidaritätsbeitrag leisten können bitte ich darum zu überlegen ob sie nicht aber Personen, Organisationen kennen, die vielleicht in diesem besonderen Fall “Das Palästina Portal” unterstützen würden. Dies kann sich auf den aktuellen Rechtsstreit beziehen, dies kann auch eine generelle Unterstützung der Arbeit für “Das Palästina Portal” sein. Es wäre gut, wenn es Organisationen, Parteien, Friedengruppen gäbe, die diese Arbeit dauerhaft sponsern würden und könnten.

Soweit eine finanzielle Unterstützung möglich ist, bitte ich Sie diese mit dem Vermerk: “Das Palästina Portal” auf das Konto: Frauke Arendt – Kontonummer 660829 – Sparkasse Iserlohn 4450045 IBAN: DE76445500450000660829 – Papierform: DE76 4455 0045 0000 6608 29 - BIC: WELADED1ISL (Ort: Iserlohn) vorzunehmen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit,
Erhard Arendt

Wer Hinweise hat, worauf sich die Abmahnungen gründen, sei bitte besonders gebeten, in den Kommentaren zu schreiben. Den Einsatz des Urheber-, Marken- oder Wettbewerbsrechts für Zwecke des Meinungskampfes halte ich für problematisch. Es wäre sinnvoll, wenn der Gesetzgeber das zunehmende Abmahnunwesen begrenzen würde.

Im Übrigen halte ich so Manches von dem, was Erhardt Arendt schreibt, für unausgewogen und insofern für wenig geeignet, Verständigung zu bewirken. Beispielsweise fehlen bei ihm Hinweise auf schweren Fehler (um nicht von Verbrechen zu sprechen) der palästinensischen Autonomiebehörde oder auf die fortgesetzten Hetzkampagnen arabischer Medien. Mich stört es, wenn Unrecht nur auf israelischer Seite gesucht wird. Außerdem stört es mich generell, wenn der Nahostkonflikt in Deutschland so stark in den Vordergrund gedrückt wird - wir haben in Deutschland andere Themen.

Aber, um einen Vergleich zu wählen, mit seiner Einseitigkeit ist Erhardt Arendt z.B. längst noch nicht so unausgewogen wie z.B. die kruden ideologischen Machwerke antideutscher Likudniks.

27 Dezember 2005

Geistige Wurzel der Neocons

Ich halte eine bis zur Hysterie übersteigerte Wehrhaftigkeit für die wesentliche geistige Wurzel des Neokonservatismus.

Dies betrifft gleichermaßen den dekadenten Militarismus dieser Denkrichtung wie auch das vergötzende, a-rationale Verhältnis zum Kapitalismus. Hier wie dort wird ein moderates Denken abgelehnt und entweder als "Appeasement" oder angeblicher "Antikapitalismus" aufgeregt bekämpft.

Neokonservative lehnen Wege der Mitte, Dialog und Wege des Ausgleichs ab.

"Entschiedenheit", das heißt ein verbrämter Extremismus, gilt als Ausdruck einer einwandfreien Haltung, dazu kommt eine ausgeprägte innere Kritikunfähigkeit bei den Neocons, welche nach außen gern intellektuell oder pseudoelitär auftreten. Sie verstehen den Staat autoritär und durch ihre Augen betrachtet sind internationale Konflikte zuallererst militärische Probleme oder Kämpfe zur Erringung bzw. Unterbeweisstellung von "leadership".

Zur Beeinflussung der Öffentlichkeit wird eine ausgeprägte Angst-Strategie verfolgt, es werden dämonisierte Feindbilder ( z.B. in Bezug auf den Islam) oder hysterische Ängste z.B. vor Terrorgefahren verbreitet.

Wie andere extremistische Denkrichtungen ist der Neokonservativmus stark ideologisiert, er idealisiert das eigenen Anliegen bis hin zum Mythizismus und opfert auf diesem selbst errichteten Altar im Ernstfall sogar die Menschenwürde. Das erklärt z.B. die Leichtfertigkeit im Umgang mit Folter.

Sie sagen: "Freedom is on the march" - und rechtfertigen für ihre schwärmerische Agenda Angriffskriege, Folter oder den gezielten Beschuss missliebiger Nachrichtensender.

Das, was sie "frei" nennen, führt in Wahrheit zu Formen von Totalitarismus oder zum Recht des Stärkeren. Ihr hysterisches Verständnis von Wehrhaftigkeit, verbunden mit einer ideologischen "Wir-sind-die-Guten"-Haltung ("Sie oder wir") mündet beim Neokonservativmus in Wertebeliebigkeit.

26 Dezember 2005

Claus Christian Malzahn ist ein mäßiger Journalist

Er ist nicht dumm im Sinne eines geringen IQ, sondern dumm im Sinne eines geringen JQ (Journalistikquotienten) und UFQ (Urteilsfähigkeitsquotient). Wo politischer Journalismus gefragt ist, dort hetzt er - und jetzt versucht er es mit Wissenschaftsjournalismus. Gucken wir also hin, Zirkus Malzahnus und seine rhetorischen Clownesken zum Thema "Intelligent Design":

"Es geht um nichts weniger als um das philosophische Selbstbild der westlichen Welt. (...) wo Kirchen und Religionsgemeinschaften bestehen und vernünftige Menschen eine Antwort auf alte Menschheitsfragen haben wollen."

Vernünftige Menschen? Wenn der Stand der Naturwissenschaft von Fundamentalisten angezweifelt wird, haben wir es also mit Vernunft zu tun?

"Genom-Forscher haben den Mythos Mensch bald entschlüsselt wie ein Kreuzworträtsel."

Hier wusste C.C.M. deutlich mehr als die Forscher...

"Man weiß aber, was mit ausgefüllten Rätselheften geschieht. Man wirft sie weg. Genau davor haben auch solche Menschen Angst"

Was für eine geschwurbelte Scheiße! "Man" wirft Menschen weg, sobald das Genom verstanden ist? Aja, ah? Und "solche" (wir erinnern uns: "vernünftige") Menschen hätten daher Angst - äh, wovor nochmal genau? Vor C.C.M.'s Rätselheften?

"Die biologische Wissenschaft (...) definiere den Homo sapiens (...) nur noch über die Summe seiner Gene."

Bullshit! Ein biologistisches Menschenbildes ist kein Problem der Wissenschaft, sondern ein Problem von Schwachköpfen, die z.B. Philosophie/Theologie und Wissenschaft nicht auseinanderhalten können. Biologie hilft uns mit einem kleinem Anteil zu erkennen, was der Mensch ist. Genforschung nicht verändert hier nicht viel.

"Diese wissenschaftliche (...) Offensive des Biologismus begreifen fast alle Kirchen - nicht nur die christliche Rechte in den USA - als (...) Einmischung in innere Angelegenheiten."

Quatsch! Es gibt seitens der Biologie keine "Offensive des Biologismus". Malzahn, was soll diese Scheiße? Es im Christentum fast ausschließlich die christliche Rechte in den USA, welche von "intelligent design" schwafelt, weil sie Wissenschaft als Angriff auf den eigenen Glauben versteht. Halt bescheuerte Fundamentalisten, aber was hat das mit uns zu tun?

"(...) auf die Idee, die biblische Geschichte von der Entstehung der Welt als ordentlichen wissenschaftlichen Lehrstoff anzubieten, ist in Deutschland noch keiner gekommen."

Eben. Relevanz für uns ist null. Diskussion erledigt.

"Die Skepsis ist überall die Gleiche, denn es geht ans Eingemachte: Wenn alle Geheimnisse des Menschseins ausgeplaudert (...) sind, dann ist Gott bald (...) überflüssig."

Wieso soll sich der Glauben an den Schöpfer der Naturgesetze (so jedenfalls christliche, jüdische und muslimische Deutungen), erledigt haben, wenn die Naturwissenschaft Fortschritte macht? Lebt C.C.M. geistig noch im Mittelalter?

"Um die Welt der Biologen zu erklären, braucht ihn kein Mensch mehr."

Quatsch. Um Naturwissenschaft zu erklären, wurde noch nie Religion benötigt. Das war schon immer so, und hinderte Naturwissenschaftler (z.B. Einstein) kaum daran, tief gläubig zu sein.

"Die Wortführer der Evolutionstheorie wie der amerikanische Philosoph Daniel Dennettaber sagen: Es gibt keinen Gott."

Atheistische Einzelmeinungen sind ohne Belang für religiöse Wissenschaftler. Glaube und Evolutionstheorie stehen sich auch nach Ansicht von Evolutionswissenschaftlern nicht im Weg. Jedoch wird der Freiraum für fundamentalistische Spielarten von Religion verkleinert. Diesen Prozess gibt es seit der Aufklärung. Seitdem wissen wir, dass eine wortgenaue Deutung der Bibel plus Verleugnung von Naturgesetzen nur ein Fall für Idioten und religiöse Spinner ist.

"Neutestamentsforscher wie der Amerikaner Burton Mack deklinieren Jesus (...) zu einem Weisheitslehrer mit (...) Sprüchekatalog herunter, der mit dem späteren Christentum so viel zu tun hat wie Leonardo da Vinci mit dem ersten bemannten Mondflug."

Ja, und? Dass dieser Rabbiner weniger Einfluss auf die Entwicklung des Christentums hatte als z.B. Paulus, dafür finden sich viele Gründe. Neues Thema.

"Die Schere zwischen wissenschaftlicher Theologie und religiöser christlicher Verkündung ist schon heute nicht mehr zu schließen."

Wer an die leibliche "Auferstehung" des von den Römern ans Kreuz genagelten und geleichnamten Rabbiners glaubt, dem ist sowieso kaum zu helfen. Dafür braucht es nicht erst Wissenschaft.

"Die neodarwinistische Biologie wird uns helfen, uns über den Menschen klarer zu werden. Aber das, was uns Menschen eben so rätselhaft erscheint, wird sie nicht erklären können."

Der Versuch, ein Menschenbild auf Darwinismus zu begründen, ist unabhängig von der Religion schwerlich befriedigend. Deshalb muss man sich ja noch nicht gleich die Ideen der religiösen Rechten herbeiwünschen. Wenn ich z.B. einen durchschnittlichen europäischen Atheisten mit einem Durchschnittsvertreter der religiösen Rechten in den USA vergleiche, dann bete ich zu IHM mit der Stimme meines Herzens, dass wir in Europa von dieser depperten Fundamentalistenbewegung verschont bleiben.

"Von Gut und Böse müssen Biologen nichts verstehen, und genau dieses ethische Vakuum hat dazu geführt, dass der Darwinismus im 20. Jahrhundert (...)"

Und nochmal: Quatsch. Die Biologen sind nicht schuld daran, wenn politische Bewegungen biologistische menschenfeindliche Menschenbilder vertreten.

"Die Auseinandersetzung ist kein gutes Vorbild für den notwendigen Streit zwischen Religion und Wissenschaft."

Wieso soll denn ein Streit zwischen Religion und Wissenschaft "notwendig" sein?

Lächerliche Fundamentalisten sind nicht unser Problem hierzulande. Im weiteren Verlauf seines Artikels bekommt Claus Christian noch einigermaßen die Kurve, wobei die Frage bleibt, warum er den Glauben an IHN zum Schluss unbedingt eine "steile These" nennen muss, wo sich C.C.M. mittendrin doch schon einmal als Theologe bemüht. Mit einer derartigen Provokation wertet er seinen Artikel nicht auf.

Wie immer: Viel zu viele fragwürdige Wertungen, allerdings befindet sich Claus Christian m.E. auf einem Besserungsweg. Der überbordende und aus ihm herausbrechende Unfug ist jedenfalls vom Anteil her deutlich kleiner geworden.

Für einen Hintergrundartikel ist sein Text m.E. zu willkürlich zusammengestückelt, verbirgt die Konfliktlinien , statt sie zu verdeutlichen und ist ansonsten zu uninformativ. Zirkus Malzahnus sollte sein billiges Nummernprogramm überarbeiten.

+++ Update: Carl heißt jetzt Claus (danke fürn Hinweis!) - und Raider heißt Twix +++

Hurendienste der Ökonomen

Deutsche Wirtschaftswissenschaftler bzw. Ökonomen gelten als "kompetent" oder als berufene Politikberater. Warum eigentlich? Im internationalen Vergleich sind die meisten deutschen Ökonomen eher Versager, die nichts, aber auch rein garnichts zur Entwicklung ihres Fachs beizutragen vermögen.

Und solche Leute eignen sich zur Politikberatung? Vielleicht doch. Auch ein mittlerer Fachmann mag seinen Wert haben. Vor allem dort, wo er profunde Kenntnisse vorweisen kann. Dummerweise folgen die allermeisten deutschen Ökonomen dem Rollenmodell von Huren.

  • Das heißt einerseits, sie liefern fast ausnahmslos Gefälligkeitsgutachten ab, während sie sich davor scheuen, die Gefälligkeitsgutachten der geschätzten Fachkollegen zu entlarven. Hemmungslos liefern sie zu Themen "Beratung", die mit ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit nichts zu tun haben. Beispielsweise finden sich zahlreiche und höchst idiotisch hergeleitetete "Arbeitsplatzeffekte" bei untersuchten staatlichen Ausgabenprogrammen. Hokus Pokus Schwachsinnibus.

  • Sie nehmen es klaglos hin, dass vom Auftraggeber abgelehnte Gutachten nicht veröffentlicht werden - was natürlich wenig zu Transparenz beiträgt. Die Überprüfung, der Vergleich, die kritische Auseinandersetzung mit Gutachten wird vermieden; selten werden die verwendeten Mikrodaten für fremde Überprüfung zur Verfügung gestellt. Sie sind desinteressiert in Bezug auf eine Organisation der Förderung von Beratungsqualität. Nachevaluation? Totales Desinteresse. Denn es geht um:

    Käufliche Gefälligkeiten.

  • Sie sind über die Gutachten hinaus käuflich, und lassen sich gerne von Wirtschaftsinteressen (dort, wo gut gezahlt wird) kaufen, ohne auf ihre Pflichten zu achten, z.B. für Consulting. Da werden sie also auf Kosten des Steuerzahlers in eine privilegierte Stelltung gebracht (Professur!) - und unterschreiten im Gegenzug z.B. ihre Lehr- und Forschungsverpflichtungen. Schlimmer noch: Sie lassen sich sogar von Firmen einkaufen, welche für Praktiken der Korruption höchst bekannt sind: Zum Zweck der Korruption.
  • Oder sie lassen sich anstellen, um Einfluss auf die Politik zu nehmen. Sie agieren gerne als Lobbyisten. Ob nun bei Roche (s.u. im Blog), ob für eine lügenhafte Propagandainstitution der Arbeitgeber (z.B. INSM), ob für Belange der Versicherungswirtschaft usw. usf. Sie lassen sich von Interessen leiten und empfehlen gerne Medizin, von der sie selbst nicht kosten wollen. Sie bringen schon lange keinen Erkenntniszuwachs mehr, sie schlagen sich i.d.R. auf die Seite der Stärkeren, angenehmerweise ist dies einträglicher, und das Allgemeinwohl gilt einigen von ihnen bereits als bekämpfenswerte Denkkategorie.
Mit wenigen Ausnahmen: Sie folgen dem Rollenmodell von Huren.

P.S. Ein Ökonom könnte hier einwenden, dass der messbare Nutzen von Wirtschaftswissenschaft mit dem Ausmaß von Hurendienst und Wissenschaftskorruption ansteigt.

23 Dezember 2005

Synergie-Effekte (1)

Ist es eigentlich ein Problem, wenn Firmen, welche Patientenakten für Krankenhäuser digitalisieren, gleichzeitig große Pharmafirmen wie Roche zu ihrem Mandantenstamm zählen?

22 Dezember 2005

Täuschung? 453 Milliarden $ fürs Militär!!

Täusche ich mich? Der kürzlich beschlossene Etatansatz für US-Militärausgaben beläuft sich im Jahr 2006 auf 453 Milliarden Dollar. Ähem. Und Rummy rumpelte heute unseren Verteidungsminister an, er solle doch bittschön die deutschen Miltärausgaben verdoppeln.

Vogelgrippe als Geschäft mit der Angst

Ein "vorbeugender" Masseneinsatz von Tamiflu zur Vogelgrippeprävention in Mitteleuropa wäre dumm und dreist. Tamiflu taugt wenig zur präventiven Bekämpfung von H5N1. Genau genommen: Tamiflu taugt für Prävention nichts.


Ein neuer Grund für diese Aussage besteht darin, dass die H5N1-Viren offenbar sehr schnell Resistenzen ausbilden. Wie man in dieser aktuellen Meldung von Reuters oder knapper im Blick lesen kann, häufen sich Resistenzen gegen Tamiflu. Der Verdacht tödlicher Nebenwirkungen, lässt den Einsatz von Tamiflu in der Fläche fraglich erscheinen, zumal hier ohnehin mit starken Nebenwirkungen (10-15%) zu rechnen wäre. Außerdem vermindert sich der Behandlungserfolg bei H5N1 - die Letalitätsrate der mit Tamiflu Behandelten nähert sich immer stärker der Gruppe der Unbehandelten (30-50%) an.


Wenig überraschend ist, dass die Tamiflu-Lobby auf Basis dieser Nachrichtenlage umgehend die Erhöhung (!) der Bevorratung und der Behandlungsdosis empfiehlt.

Wie lächerlich!

Dennoch hat der Hersteller Roche den größten Respekt verdient.

Die Lobbyisten, Öffentlichkeitsarbeiter und Consultants von Roche sind überaus tüchtig. Mit großem Erfolg "bearbeiten" sie Presse, Behörden, Grippearbeitskreise, Entscheider im Gesundheitsbereich usw. usf. Mit Klaus Stöhr als ewig hysterischen Grippekoordinator der WHO haben sie dazu einen kongenialen Promoter. Die Roche-Spezialisten kennen die Trampelpfade zum Erfolg, doch erst dieses Jahr gelang der wirklich große Durchbruch.

So hat Präsident Bush im November Ausgaben in Höhe von 7, 1 Milliarden Dollar für einen Notfallplan verabschiedet, wie Anette Dowideit schreibt, darunter 1,4 bis 2 Milliarden für eine Tamiflu-Bevorratung. Darüber schreibt auch Frank Krüger.

Der Hype macht diese Tamiflu-Umsätze erst möglich.

Das völlig lächerliche "Thema" Vogelgrippe wurde sehr erfolgreich in die Medien gedrückt, Medien, welche an Horrorgeschichten und Angstszenarien durchaus Bedarf haben. Man hätte genauso gut auch die "Schweinepest" oder "Fußpilz" nehmen können. Die Relevanz für Menschen in Mitteleuropa wäre größer. Die Kampagne um eine theoretisch denkbare Pandemie ist blamabel für die Medienlandschaft, welche sich fast widerstandslos instrumentalisieren ließ.

Beispielsweise sagt einer der führenden Forscher auf diesem Gebiet, Peter Palese zum Virustyp H5N1 "Es hat nicht das Potential, um eine Pandemie auszulösen."* Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die teuer erworbenen Vorräte schon nach 5 Jahren entsorgt werden müssen.

Besäße ich eine ähnliche Firma wie Roche, dann würde ich so vorgehen: Meine Firma lieferte den Medien bestens aufgearbeitete Beiträge rund um die Themen Grippe und Vogelgrippe. Schnell, immer wieder neu, häppchengerecht und auf den jeweiligen Bedarf hin. Betreut. Eingekaufte Experten. Dazu kämen, ähm, Zuwendungen, soweit nötig. Vertraglich vereinbarte "Medienzusammenarbeit". Dafür zahlte meine Firma gern - und im Gegenzug publizieren die Partner pro Monat eine Anzahl von Artikeln über die Vogelgrippe.

Ergebnis: Künstlich geschürte Angst vor Vogelgrippe. Jede Menge Tamiflu-Buzz.

So bekommt man ein Thema in die Schlagzeilen, welches der Sache nach zutiefst lächerlich ist. Obwohl weit und breit keine menschliche Vogelgrippe in Europa droht, obwohl neue Impftechnologie für den unwahrscheinlichen Fall einer humanen Vogelgrippemutation für unser Land ausreichend schnell Impfstoff fabrizieren wird.

Das Geschäft mit der Angst lohnt sich.

Roche und die Experten

Man könnte meinen, dass Roche einen ausgeprägten Sinn für Spitzenexperten hat. Ein exemparischer Fall:

So meldet Transparency International bzw. die TAZ, dass die aktuelle "Wirtschaftsweise" und Beraterin der Bundesregierung, Frau Prof. Beatrice Weder de Mauro gerade Verwaltungsrätin bei Roche wird. Dafür dürfte sie 200.000 Euro pro Jahr erhalten. Vielleicht auch Erfolgsprämien. Roche-Sprecher Daniel Piller erläutert das Interesse des Konzerns an ihr unverblümt mit ihren guten Kontakten in die deutsche Politik.

Frau Di Mauro mit ihren strahlenden blauen Augen ist nicht für Scheu gegenüber Unternehmensinteressen bekannt. Wenn sie z.B. am 08.02.2006 um 10:15 Uhr im Hotel Adlon einen der Hauptvorträge beim Immobilienkongress "Quo Vadis"(PDF) der Firma Breuer Dialog hält, wird sie mutmaßlich nicht über Korruptionsgefahren im Bereich private public partnerships referieren. Eher über Lohnsenkungen und den Abbau von Arbeitnehmerrechten. Ein Herzensanliegen. Einschlägig entlohnt.

Die Tamiflu-Vermarktung in den Vorjahren - ein Beispiel


In den Vorjahren promotete Roche den Einsatz von Tamiflu schwerpunktmäßig für normale Grippe. Das war nicht so erfolgreich. Beispielsweise wurde im Rahmen der Springer-Roche-Zusammenarbeit ein "Gesundheitsexperte" zum Thema Grippe den besorgten Lesern auf einer BILD-Internetseite präsentiert. "Unser Experte". Nicht nur, dass dieser sogenannte Gesundheitsexperte in unvergleichlicher Schwachheit praktisch jede Leseranfrage mit "Tamiflu!" beantwortete, über 80 Mal, nein, diese "BILD"-Seite wurde auch direkt vom Roche-Server gehostet. Natürlich gab es hier keine Hinweise seitens von BILD-Online, dass dieser "Beitrag" reine Werbung darstellen könnte.

Man muss wohl sagen: So läuft das.

21 Dezember 2005

Praktizierter Postliberalismus

Eine ganz harte Geschichte aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten findet sich ->im Blog word2go.

Terror bekämpfen

Wer Terror bekämpfen will, der muss auch dort ansetzen, wo die Terroristen herkommen. Man muss die Millieus und ihr Zustandekommen kennen, man muss also z.B. Hamburg kennen. Der uns bedrohende islamistische Terror stammt oft genau aus unserer Mitte. Straßenverkehr, Feinstaub und Krankheiten sind objektiv betrachtet bedrohlicher, und doch sollten wir uns einer Hauptursache widmem: Dem Integrationsdefizit. Hier und jetzt.

Wir dürfen die Hand nicht ausschlagen, die uns von den islamischen Bürgern unseres Landes gereicht wird. Gemeinsam mit ihnen müssen wir überlegen, wie wir den Integrationsprozess gestalten. Der Historiker Michael Wolffsohn sagt:
Jeder Terrorakt ist ein Großverbrechen und muss militärisch, polizeilich, geheimdienstlich bekämpft werden. Das entbindet uns nicht der durchaus eigennützigen Pflicht, die Ursachen des Terrorismus politisch zu bekämpfen und zu beseitigen – auch selbstkritisch. Ohne zutreffende Diagnose keine Therapie. Wer bei „Terror“ immer wieder nur „Israel, Armut, und USA“ sagt, verwechselt Medizinmänner mit Medizinern.

Was tun? Weniger Geld an korrupte Eliten in Afrika, mehr Geld für Großstadtsanierungen, für Ausbildung, Arbeitsplätze, Lebensqualität und Integration von Randgruppen in Europa. Den terroristischen „Fischen“ in Europa das Wasser abgraben. Mehr Heimatschutz also als Hindukusch.
Diese Worte von Herrn Wolffsohn mögen einige Monate alt sein - veraltet sind sie nicht. Kooperation mit deutschen Muslimen kostet weit weniger als z.B. ein Militärtransportgeschwader.

20 Dezember 2005

Zum Pipelinebau: Wer ist hier das Schlitzohr?

Man hört, die Streckenwahl für die Gaspipeline der Gazprom durch die Ostsee sei ca. 2,4 Mrd Euro teurer als ein Überlandbau. Schröder und Putin schlossen einen schwer nachvollziehbaren Pakt. Stimmt das? Ja!! Hintergrundartikel hierzu finden sich ->in der WELT und ->bei Russlandintern.

Die Streckenwahl mitten durch die Ostsee ist tatsächlich 2,4 Mrd teurer - somit eigentlich eine Verschwendung, aber leider notwendig. Polen und die Ukraine kassierten bislang hohe Transitgebühren bzw. erhielten teure Privilegien für ihr Durchleitungsmonopol. Die ordoliberale Gretchenfrage lautet:

Warum konnten sich die Beteiligten nicht vernünftiger einigen?

Vom neuliberalen Lebensgefühl der Julis

Ein Dirk Paulsen von den Julis in Bonn ist so stolz auf seinen Beitrag, dass er das Wasser kaum halten kann, und verweist daher auf sein neuliberales "Lebensgefühl":
Solche Menschen darf ich hassen, genauseo, wie ich Juden, Farbige, Homosexuelle oder sonstwen hassen dürfte, wenn ich es denn wollte. Liberale sind nicht gezwungen in einer Multi-Kulti-Harmonie-Diktatur zu leben, denn Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Eigentumsrecht anderer Menschen akzeptieren (...) Es ist sogar so, dass der Liberalismus das Hassen erst ermöglicht.
Das hat er wirklich geschrieben. Unfassbar.

Optische Täuschungen - marketing by deception

Vielleicht schon ein alter Hut: Hier wird eindrucksvoll gezeigt, wie in Zeitschriftentitel Fotos gephotoshopped werden. Ich kannte es jedenfalls noch nicht. Marketing by deception

Monsanto und Seehofer

"Wir wollen die Gentechnik befördern"-Seehofer und Monsanto bilden in Deutschland zur Zeit ein Tandem zur flächendeckenden Durchsetzung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel - obwohl die Verbraucher dies ablehnen.

Monsantoförderer Seehofer hält es für sehr ungerecht, dass für den Einsatz gentechnisch veränderten Saatgutes Haftungsauflagen gelten. An dieser Stelle sei an die Praxis des Monsanto-Konzerns erinnert, welcher systematisch (!) Bauern massiv verklagt, welche Saatgut einsetzen, das nicht von Monsanto stammt. Am Ende steht nicht selten der Bankrott von Bauern, welche auf konventionelles Saatgut setzten, unter Beteiligung krimineller Landhändler, welche mit Monsanto zusammen arbeiten. Bei diesen Enteignungen helfen sehr spezielle "property rights" bzw. ein völlig überzogener Patentschutz.

Ein tolles Spiel: Man verseucht einem Bauern das Feld mit gentechnisch verändertem Saatgut (bzw. lässt diese Verseuchung durch natürliche Mechanismen erfolgen) - und verklagt anschließend den Bauern wegen Verletzung von Rechten an geistigem Eigentum. Dieses Spiel, bei dem die meisten Bauern früher oder später klein beigeben und auf Monsanto-Saatgut schwenken, funktioniert hierzulande bislang noch nicht so gut. Außerdem deutet sich an, dass das hochprofitable Produkt "Roundup" massive Schäden im Ökosystem anrichtet. Egal, Gentechnikkumpel Horst Seehofer wird es schon richten.

Die Gentechnik-Nachricht des Tages passt dazu: Monsanto versucht gerade, Schweinerassen zu patentieren. Sollte Monsanto die Patente erhalten, könnte der Konzern Ansprüche auf acht Rassen und etwa 50 Prozent des Tierbestandes erheben.

Schöne neue Welt.

Comment of the day

Bei Dovbear wird gerade diskutiert:
"History demonstrates that governments abuse whatever powers those governments have. the governments always overreach. always. given that background, our forefathers (undoubtedly under the heavy influence of our foremothers as well) weighed in on the side of individual rights and protections. George Bush asked for a lot in the Patriot Act, and has now overreached. If you believe in liberty, and freedom for all, you cannot write this overreaching into law. residents and citizens must be able to go to court and say, "the executive branch cannot do this."
Ich meine, dass erhebliche Fehlurteile drohen, wenn "der Staat" zur alleinigen Quelle möglichen Machtmissbrauchs erklärt wird.

Erstens, jede größere Macht neigt dazu, Macht zu missbrauchen. Zweitens, es gehört zu den Hauptzwecken des Staates, Machtmissbrauch zu begrenzen bzw. zu bekämpfen.

Der Staat sollte dabei (wie eigentlich alle größeren Machtzentren) demokratisch kontrollierbar sein, richterlich überprüfbar, und seine Aufgaben zum Wohle der Bürger erfolgreich und effizient verwirklichen.

Es sollte nicht hingenommen werden, wenn größere Interessengruppen (z.B. wie in den USA der militärisch-industrielle Komplex) erhebliche Teile des Staates praktisch kapern, zur Wahrung eigener Macht- und Wohlstandsinteressen. Es sollte auch nicht hingenommen werden, wenn der Staat seine Macht dazu missbraucht, den Bürgern hysterisch übertriebene Angstgefühle einzureden.

Ob Gelb, Orange oder Schwarz.

19 Dezember 2005

Lesenswerter Artikel des Tages

Aus dem Baz-Blog empfehle ich diesen Artikel zu aktuellen politischen Entwicklungen in Bolivien. Bazinho meint:
Interessant wird nun nicht nur die Entwicklung des Landes sein. Auch die Reaktionen von Außen dürften wichtige Erkenntnisse liefern. Etwa über das demokratische Verständnis westlicher Eliten.
+++ Update +++

Vielleicht erlebt Südamerika schon bald seinen linksliberalen Frühling. Jedenfalls wird wird am 15. Januar 2006 Frau Bachelet die Wahl in Chile gewinnen.

Hexenjadgen trotz Läuterung?

Wie man hier, hier, hier und hier lesen kann, findet gerade eine Art Hexenjagd auf Thomas Hartenfels statt, dem seine braune Vergangenheit vorgehalten wird. Er hat sich von seinen extremistischen Eskapaden nachweislich und gründlich gelöst. Warum betrachtet man diese Ausflüge in das Umfeld Kölner Kameradschaftskreise dann nicht als eine Art politische Jugenddelinquenz?

Ein Mensch kann sich ändern - und ich sehe keinen Grund, warum dies bei Thomas Hartenfels nicht der Fall gewesen sein soll.

Habe ich etwas übersehen?

P.S.
Ich bin kein Stück braun, noch habe ich übermäßige Sympathien für protegierte RCDS/CDU-Kader und Hohmann-Unterstützer. Es geht hier darum, dass auch jemand, der einmal einen Fehler gemacht hat, einen Anspruch auf Gerechtigkeit hat. Mehr Hintergründe hier und hier.

+++ Update 19:05 Uhr +++

Nach Lesen dieser sehr sorgfältigen Recherche des WDR vom 29.11.05 bin ich der Meinung, dass ich etwas übersehen hatte. Der Gedanke liegt jedenfalls nicht mehr völlig fern, dass ein rechter Kamerad seinen Durchmarsch in der CDU beabsichtigt hatte. Tja, genau hier bei SPIEGEL online kann sehen, wie an der Brandtwiete viel zu oft gearbeitet wird:

SPIEGEL: Spin und unter Ausblendung bekannter Tatsachen. Scheiß-Journalismus!

18 Dezember 2005

Vom Kungeln mit der Privatwirtschaft

  1. Politik und Wirtschaft erkungeln in Hinterzimmern unter Ausschluss der Öffentlichkeit Bedingungen und Preise

  2. Es wird nicht der maximal erzielbare Kaufpreis eingefordert, sondern die Politik lässt sich "Investitionszusagen" geben. Wie solche Zusagen eingehalten werden, kann man bei den zu 95% nicht eingehaltenen Verträgen mit der Treuhand betrachten bzw. bei Toll Collect (Schaden in Höhe von 5,1 Mrd €).
So läuft das. In leider sehr vielen Fällen. Ein aktuelles Beispiel dafür, wie die demokratische Öffentlichkeit bei Privatisierungen veralbert wird:

Ministerpräsident Koch verkungelt zwei große Unikliniken mit über 10.000 Beschäftigten. Wie man hier, hier und hier lesen kann, erhält das Land Hessen einen Kaufpreis von 112 Mio Euro. Davon gehen 100 Mio über den Umweg einer "Stiftung zur Förderung von Forschung und Lehre" wieder zurück an die privaten Betreiber.

Das macht: 12 Millionen für alle Gebäude, Grundstücke und ein lokales Quasi-Monopol im Bereich der Krankenversorgung für die Betreiber, die in Zukunft sicher Wege zur Wahrung ihrer Interessen finden werden, z.B. Drohungen mit Stellenbabbau.

EU-Wegekostenrichtlinie: ökofeindlich

Ein Beispiel für die besondere Verknüpfung privatwirtschaftlicher Interessen und EU-Politik bietet die am 15.12.2005 beschlossene EU-Wegekostenrichtlinie. Wie man hier, hier und hier lesen kann, unterbindet sie den Nationalstaaten die Umlage von Umwelt-, Unfall-, Lärm- und Gesundheitskosten.
Die EU hat mal wieder ökologisch versagt.

Unter ordoliberalen Gesichtspunkten lehne ich die Mauten eher ab, deshalb, weil die damit Bürokratiebelastungen steigen. Sinnvolle Ausnahme sehe ich nur dort, wo es in besonderen Umfang zu externen Kosten kommt. Also im Fall von Schwerverkehr - und eben bei den von der EU unterbundenen (!) Umlagen besonderer Umwelt-, Unfall-, Lärm- und Gesundheitskosten, z.B. bei bestimmten Strecken. Die Schweizer "leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe" ist flexibler und - unabhängig von der Gebührenhöhe - besser.

Frau Osthoff ist frei!

Was wurde in den Blogs der Neoconnards über das "Gutmenschentum" von Frau Osthoff (aktuelle Informationen ->hier) oder über den vielfach erbetenen Auftritt von Gerhard Schröder eifrig gezetert. Die Achsel der Guten transpirierte und es wurde von "Prowestlichen Spinnern" behauptet, dass Zusammenarbeit mit unseren Muslimen nicht brächte. Dialog sei ja sinnlos. Tja.

Dank an alle Beteiligten der Freilassung und beste Wünsche an die Familie!

Diskussionen (2) - Liberale Kulturpsychologie

In einem liberal-anarchokapitalistischen Blog wird -> hier gerade unter dem Titel "Hallo, wir haben gewonnen!" diskutiert. Es geht um einen Vortrag vor der FDP-nahen Naumann-Stiftung, welcher eigene Ideen "alternativlos" nennt, jedoch "kulturpsychologische" Gründe anführt, welche dem Endsieg dieser Ideen im Wege stünden.

M.E. sind die FDOG's (Grüße von hier) gerade dabei, die Diskussion haushoch zu verlieren. Great fun!

Ökonomische Gedankensprengsel (7) - Fesselungen

Ich glaube, dass viele unserer ökonomischen Probleme damit zu tun haben, dass sich Deutschland in einer ungewohnten, und über viele Jahre hinschleppenden Anpassungskrise befindet - die in den Betrieben einseitig auf dem Weg von Arbeitsplatzabbau gelöst wird. Dies wiederum steigert den ökonomischen Problemdruck aufs Neue, und sei es "nur" über die resultierende Ruinierung der Binnenkonjunktur oder über den Umweg höherer Lohnnebenkosten - die bei einem verringerten Beschäftigungsvolumen nun einmal ansteigen müssen.

Eine Negativspirale.

Man hat zwar die Stückkosten in Deutschland im Vergleich zum OECD-Ausland in den letzten 10 Jahren einige Prozente stärker sinken lassen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist so gut wie nie zuvor, aber die Wiedervereinigung ist immer noch nicht verkraftet (!), und auch die überdurchschnittlich teure Überalterung der Gesellschaft ist noch nicht bewältigt. Außerdem bleibt unsere Binnenkonjunktur eine leblose Gestalt, welche 2007 mit einem Mehrwertsteuerschock in einen Leichnam verwandelt werden wird.

In dieser Situation ist es umso bedenklicher, dass deutsche Politik immer weniger leisten und regeln kann:

  • Erstens durch einen deutlich verringerten finanziellen Spielraum (Staatsverschuldung ist hier ein Aspekt - lässt sich aber nur schwer rückgängig machen)

  • Zweitens dadurch, dass ein zunehmender und sehr erheblicher Anteil politischer Entscheidungen in Brüssel gemacht wird - oder anderen Bindungen unterliegt. Nicht einmal eine Senkung der EU-Etats ist möglich, so absurd die Mittelverwendungen objektiv auch sind. Dieses Wochenende erlebten wir gar den dramatischen Anstieg der EU-Kosten (prozentual bezogen auf das BSP ein drastischer Anstieg). Weil Oma Merkel keine Volkswirtschaftlerin ist, sondern eine machtbewusste Politikerin, hat sie - wie hier beschrieben - Geschenke verteilt.

  • Drittens im Mangel einer ordnungspolitischen Vision, in beiden gesellschaftlichen Lagern. Die neoliberal orientierten Bürgerlichen wollen um jeden Preis "alles für die Wirtschaft" tun. Deshalb würden sie Mobilfunklizenzen am liebsten verschenken und Prestigeprojekten wie dem Transrapid zig Milliarden hinterher werfen. Die Sozialdemokratie und noch mehr der Gewerkschaftsflügel hat auch noch keine sonderlichen Ideen, die über die Verbreiterung der Besteuerungs- und Abgabenbasis hinaus reichen. Dazu jeweils eine Prise "sozial" und "ökologisch" - und das wars dann. Damit kommt man nicht weit - das ist kein Leitbild.

  • Viertens in schlichter Überforderung der politischen Klasse. Schön kann man das in der Pleitestadt Berlin betrachten: Klar ist, dass man den immens aufgeblähten Verwaltungsapparat (besonders schrecklich: Innenverwaltung) drastisch verschlanken muss. Doch was passiert? In Berlin wurde inzwischen fast jede politische Konstellation ausprobiert - das Ergebnis in Bezug auf "Verwaltungsreform" lässt eher vermuten, dass unsere politische Klasse generell an Regierungsfähigkeit verloren hat. Sie überschaut nicht mehr das, was sie regiert. Völlig überfordert.

Dass in Berlin z.B. die Wissenschaftsverwaltung mit völig idiotischer Struktur, übertriebener Größe und erheblichster Nutzlosigkeit sogar noch weiter angewachsen ist, bei gleichzeitig schrumpfenden Universitäten, lässt tief blicken. Ich habe beispielsweise von Vewaltungsübersetzer-Stellen dort gehört (italienisch), wo der betreffende Sacharbeiter maximal einmal pro Woche überhaupt etwas zu tun bekommt. Nicht einmal dies bekommt man verwaltungsreformiert.

Vorläufige Schlussfolgerung und weitere Fragen

Vor diesem Hintergrund erscheint die Devise "schlanker und effizienter Staat" zwar theoretisch bestechend, aber schon die Zusammenlegung der Finanzamtssoftware für die Länderverwaltungen ist offenkundig ein reales und vor allem tatsächlich (!) unüberwindliches Hindernis. Und nicht einmal ein Riesenskandal in unserer Republik, trotz einiger hundert Mio verbrannten Steuer-Millionen und Konkurs der betreffenden Softwarefirma in Bonn.

Anderes Beispiel: Reform der Arbeitsverwaltungen. Wie kann es eigentlich sein, dass in der Öffentlichkeit immer noch der Eindruck einer verbesserten Arbeitsweise und verbesserter Vermittlung vorherrscht (für ALG I-Empfänger stimmt das teils sogar), während die Vermittlungstätigkeit für die vielen Langszeitarbeitslose sich sogar dramatisch verschlechtert hat?

Wo sind die Medien, die dies berichten, z.B. davon, das der Betreuungsschlüssel in diesem Segment von ehemals 1:750 sich auf mittlerweile auf ca. 1:1500 verschlechert hat?

Verdammt, wo sind sie?

Stattdessen immer die gleichen öden Grabenkämpfe neoliberal gewendeter Konvertiten in der Journalistik gegen vermeintliche "68er". Und die Politiker bemühen sich in ihrer faktischen Regierungsunfähigkeit schwerpunktmäßig um Verkaufe und "Vermittlung" gegenüber den Wahlbürgern, statt darum, unsere Behörden vernünftig zu führen und zu reformieren.

Im Laufe jeder Legislaturperiode kommen neue, gut gemeinte Gesetze hinzu, egal wer reagiert - statt die Gesetzeswust behutsam, zäh und wirksam abzubauen. Die "Entbürokratisierer" CDU und FDP überschlagen sich geradezu vor Begeisterung, wenn mal wieder irgendwo eine umständliche Zuzahlungsregelung z.B. im Gesundheitswesen eingeführt wird.

Grundsatzfrage

Werden bei diesem Versagen nicht politische Öffentlichkeit und auch politische Klasse der Tendenz nach zunehmend nutzloser für unsere Gesellschaft? Schauschlägerei statt wärmendes Badewasser?

17 Dezember 2005

Eine ehrenwerte Gesellschaft

Gefunden über das empfehlenswerte Newsfeed vom Flötenfuchs bzw. Manager-Magazin: Eine ehrenwerte Gesellschaft.

Natürlich ist die Annahme fernliegend, dass die hier vertretenen Mandanten viel miteinander zu tun hätten. Ich spreche hier nicht von einem gemeinsamen Wertehorizont. Purer Zufall.

16 Dezember 2005

Bürgerfeindlich: EU

Eigentlich müssten Kraftausdrücke fallen.

Was ist passiert? Da bietet Großbritannien sogar massive Senkungen ihres EU-Beitragsrabatts an, und diesem korrupten bürgerfeindlichen EU-System fällt daraufhin nichts Besseres ein, als die von Tony Blair angebotenen 10,5 Milliarden Euro sogleich zu verjubeln.

Laut Berner Rundschau:
Die revidierten Pläne (...) sehen einen erleichterten Zugang zu den Strukturfonds für die neuen Mitglieder und für Griechenland und Portugal vor. Leicht gesteigert werden die Unterstützungen an Polen, Ungarn, Tschechien, Estland und Lettland sowie Spanien.

Zudem sollen Stilllegungen von Atomkraftwerken in Osteuropa unterstützt werden. Die Ausgaben für ländliche Entwicklung wollen die Briten für einige alte Mitgliedstaaten etwas erhöhen, die Nettozahler Schweden und die Niederlande sollen finanziell weiter entlastet werden.
Unser eisernes Mädchen mischt in Bezug auf gekürzten Beitragsrabatte ganz vorne mit, um das britische Steuergeld zu kassieren, wie Merkel Online meldet:
Bundeskanzlerin Angela Merkel habe in ihren bisherigen Gesprächen zudem deutlich gemacht, dass Deutschland in dem Streit auch eigene Interessen verfolge, hieß es in den Kreisen weiter. So seien die vorgesehenen Fördergelder für Ostdeutschland in Höhe von 13,1 Milliarden Euro für die Finanzperiode von 2007 bis 2013 nicht zufrieden stellend.
Nein, das alles ist kein Scherz - das ist die EU. Leviathan at work.

+++ Update 17.12. +++
Man liest hier und hier, sie hätte pro Jahr rund 50 Mio für Extra-Ausgaben des EU-Strukturmittelfonds für ostdeutsche Projekte heraus geholt. Außerdem setzte sie sich zusammen mit Frankreich für die Aufstockung des ursprünglichen Vorschlags von Blair ein, am Ende ein großzügiger zweitstelliger Milliardenbetrag. Jeder "bekommt" etwas - und alle sind zufrieden.

Und zwar auf Kosten hart arbeitender Steuerzahler.

Irgendwie wie Junkies

Kaum ist er ein paar Tage im Amt, kann sich Schäuble kaum bremsen, für diese Zwecke unausgebildete Bundeswehrsoldaten im Inneren einzusetzen oder bloße Verdächtige ohne (!) Beweise zu verurteilen oder ohne Rechtsschutz dauerhaft zu inhaftieren.

Immer weniger werde ich den Eindruck los, auch durch Erfahrungen am Objekt, dass das typische Verhalten eines Politikers das eines Junkies ist. Und für den Bereich der Innenpolitik bedeutet dies, dass er immer mehr von dem Stoff will, recht gleichgültig, was dieser kostet. Immer mehr "Härte" oder "Unnachgiebigkeit" oder etwas, was bestimmten Medien als "Entschlossenheit" im Kampf gegen Verbrechen bzw. das Böse verkauft werden kann.

"Gebt mir ein Grundgesetz um es zu brechen!", so rufen sie, unsere Junkie-Innenminister - und wie durch ein Wunder stehen sie in der breiten Öffentlichkeit nicht als Gesetzesbrecher dar, sondern als besonders entschlossene Kämpfer gegen das Verbrechen.

Vielleicht hat das alles auch mit einer deformanten Gesellschaft zu tun. Die gewachsenen Ängste der kleinen Leute, die im unsicherem neoliberalen Lebensalltag vorhanden sind, werden mit Mitteln des Politmarketings auf "Verbrechen" und/oder "Terroristen" gelenkt.

Tja, und schon kann sich der Innenminister in der Öffentlichkeit als personifizierter Kämpfer gegen das allgemeine kleinbürgerliche Angstgefühl präsentieren, indem er immer wieder neue und immer absurdere Vorschläge in seinem Politikfeld präsentiert/realisiert, Vorschläge, mit denen er seinen Willen zur Abwehr des Bedrohlichen deutlich macht.

Schily hat als SPD-Minister in dieser Beziehung einen hohen Standard geprägt und entzog damit der CDU ihren "Kompetenzvorsprung" beim Wähler. Daher muss Schäuble nun als CDU-Innenminister dafür kämpfen, sich als noch entschlossenerer Kämpfer gegen das Böse zu zeigen. Die vorgebrachten Vorschläge können dabei noch so irre sein, sie erfüllen ihren politischen Zweck, wenn sie ihn in das Licht der "unnachgiebigen Entschlossenheit" tauchen. Und so werden wir in den nächsten vier Jahren Zeugen noch so vieler, zuvor ungeahnter Absurditäten werden.

Sie sind irgendwie wie Junkies.

Victory!

Der Kampf gegen die Folter u.a. seitens von AI, Senator Mc Cain, wacher Medien und Bürger hat einen historischen Sieg errungen. Dies ist ein guter Tag. Obgleich die Bush-Administration zur Verhinderung von Antifoltergesetzen sogar den Bundeshaushalt blockieren wollte, knickte sie gestern endgültig ein.
Victory!

Der Kampf ist noch nicht zuende. Der Krake des Militarismus und Terrorhysterie müssen noch weitere Tentakeln abgeschlagen werden. Die Folgen künstlich geschürter Ängste müssen immer wieder aufs Neue bekämpft werden - aber es ist bewiesen, dass Leid verhindert werden kann, dass auch heute das Schwert des Geistes Siege erringen kann.

->Hier kann man Amnesty International spenden.

Zum Wohl!

15 Dezember 2005

Bussword Bullshit Bingo

Eigentlich wollte ich mir Gedanken zu Schädigungswettbewerb in der Werbepraxis machen. Kein einfaches Thema, obwohl das dt. Wettbewerbsrecht viele Anregungen bietet. Egal, immerhin stolperte ich über dieses:

Buzzword Bullshit Bingo -> Die bunte Bingolösung!
Buzzword Bullshit Bingo -> Create your own Web 2.0 Company!

Bei Nichtgefallen "F5" drücken! Der Dank geht an Chris Cascianao. Was übrigens noch fehlt, ist eine oberamtliche cat content solution.

14 Dezember 2005

Die Weihnachtsgurke

Die Amerikaner sind uns in vielem 20 Jahre voraus. Dies betrifft auch deutsches Brauchtum - bei uns noch unbekannt, hängt man sich gerne einen "german chrismas pickle" in den Baum. Wer diesen zuerst findet, darf seine Geschenke als erster öffnen und bekommt ein Extrageschenk.

Man könnte diesen netten deutschen Brauch nun auch mal in Deutschland einführen, finde ich.

Suchwörter

Was sind heute beliebte Suchwörter für dieses Blog?

1. was tun bei erkältungen
2. mitgefühl und anteilnahme bei todesfällen
3. kleingeldprinzessin

Hey, dieses Blog kennt keinen Tod!

Wie auch immer - die Musik der Kleingeldprinzessin wirkt auch tröstend und wärmt an kalten Wintertagen. Zudem gilt (nicht nur, weil man mich mit Äpfeln jagen kann):

An apple a day keeps the doctor away!

Amerikanische Unis





















Intensiver Aufbau junger Wissenschaftler
Erstellung vieler papers durch Studierende, intensiv betreut und lebhaft diskutiert
Es wird begrüßt, wenn Studierende "als Kunden" weitgehende Forderungen stellen
Vielfältiges soziales Leben auf den CampusErstklassige Relationen der BetreuungBetreuung der Studenten in begleitenden Tutorien
Begabte aus sozial benachteiligten Schichten massiv gefördertAbgeltung von Studiengebühren durch studentische Mitarbeit möglichStarker Einfluss der Studierenden bis hin zu den Lehrinhalten
Sehr große Anzahl von Studentenjobs
Stipendien in sehr großem Umfang (mehr als BAFÖG)
Berufsbildende und berufsbegleitende Ausbildung
Faible für gute DidaktikWissenschaftliche Arbeit und Studium i.d.R. in TeamsEchte durchgehende Praxisnähe

* Große Zuwendungen ohne Zweckbindung gelten in Wirtschaftskreisen als Pflicht
* Orientierung an europäischen Vorbildern (Philosophie von Humboldt & Co)

Amerikanische Spitzenfakultäten sind vielleicht aus den aufgeführten Gründen das Maß aller Dinge. Schauen wir also ruhig genau hin.

Wofür Arbeitgeberverbände, INSM und Bertelsmannstiftung kämpfen

Doch, worauf haben diese Pisser von den Arbeitgeberverbänden geachtet, wofür interessieren sie sich? Neben berechtigten Klagen, z.B. über skandalös schlechte WiWi-Fakultäten wie die FU Berlin, steuern die Vorschläge der Arbeitgeberverbände sowie INSM/Bertelsmann-Stiftung auf:
  • Fächerstreichungen* und Verringerung der Studierendenzahl ("Entmassung")
  • Abkopplung Forschung von Lehre
  • Einführung privater "Eliteuniversitäten" (so bleiben Kinder besserer Eltern optimal unter sich) auf Staatskosten
  • Für den Rest entwertete Bachelor-Abschlüsse
  • Studiengebühren verbunden mit unverschämten Lügen über die angeblich resultierende Verbesserung von Betreuungsrelationen
Die INSM als Propaganda-Organ der Bertelsmann-Stiftung und Arbeitgeberverbände faselt derweil von Studiengebühren als "Schlüssel für mehr Chancengleichheit" und sie fordern (gemessen an 1000 Euro/Jahr) seit Jahresanfang 2005 bereits "deutlich höhere Gebühren" bzw. "gänzlich frei gegebene Gebühren".

Du bist Bertelsmann.

Die Welt

Größeres Bild? Anklicken!
Mehr gibt es ->hier.

13 Dezember 2005

Sinns Basarökonomie nebst Alternativen

Hans Werner Sinn ist einer meiner ganz besonderen, ähm, Lieblinge.

Er steht für mich für eine Generation deutscher Ökonomen, welche aus den ordnungspolitischen Frontstellungen der 50er und 60er Jahre noch nicht herausgefunden hat und in seltsamer Zuspitzung (z.B. ->Hamburger Appell) den Sozialstaat bzw. die Gewerkschaften zu den Ursachen aller deutschen Malaisen erklärt. Sein aktuelles Buch "Die Basar-Ökonomie", veröffentlicht zum ->15. Dezember (Amazon) beweist, dass man als rennomierter Ökonom keineswegs auf die Argumente der Kritiker eingehen muss. Es genügt, die immer gleichen Argumente aufzutischen.


Peinlich allerdings, wenn sogar eine Studie des Arbeitgeberverbands INSM, sowie der Sachverständigenrat seine Basar-These zuvor widerlegt haben (->hier der Wikipedia-Link), wenn Herr Sinn bis dato keine eigene wissenschaftliche Veröffentlichung zum Thema vorweisen kann.

Hat Herr Sinn aber vielleicht dennoch recht?

Ist die Ökonomie in Deutschland dem Untergang geweiht?

Ich meine, dass wir in Deutschland insgesamt nicht schlechter dastehen als andere OECD-Staaten, teils besser. Der Anteil der Exporte an der inländischen Wertschöpfung ist in den letzten 5 Jahren bemerkenswert gestiegen, auf nunmehr über 20% - was für eine insgesamt gute internationale Konkurrenzfähigkeit spricht.

Dennoch meine ich - und das ist mir fast peinlich - dass Herr Sinn in gewisser Hinsicht recht hat (*wegduck*).

Schaut man nämlich auf die Struktur der Im- und Exporte, so lässt sich finden, dass wir (im Trend) mit den Importen Beschäftigung substituieren, während unsere Exporte in stärkeren Maß kapitalintensiv sind. Das heißt, wir haben zwar eine deutlich wachsende Wertschöpfung aus den Exporten, und einen wachsenden Exportüberschuss, aber die Arbeitsplatzwirkung ist dennoch gering, in einigen Bereichen sogar leicht negativ.

Dummerweise gibt es zu dieser Erscheinung der „Globalisierung“ wenig vernünftige Alternativen – und auch keine Alternative für das Erstreben von Wirtschaftswachstum. Und eine "Tobin-Steuer" brächte nur Negativeffekte.

Ein paar Dinge könnte man aber doch tun, ich nenne das jetzt mal spontan:

Rekonstitution sozialstaatlichen Leistungswettbewerbs“:

1. Vereinbarung und Durchsetzung weltweiter Mindeststandards für Arbeitsbedingungen zur Durchsetzung eines weltweiten Wettbewerbs, der nicht einseitig auf dem Rücken der Schwachen stattfinden darf.

2. Erhöhung der Integrativkräfte am Arbeitsmarkt, z.B. über eine Ausbildungsumlage (zugunsten ausbildender Betriebe) sowie effiziente Lohnzuschussprogramme für Langzeitarbeitslose/Problemgruppen. Plus effiziente betriebsnahe Qualifizierungsprogramme für Arbeitnehmer. Staatliche Bekämpfung unfair-ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse (missbräuchliche Praktika usw.) und Schwarzarbeit.

3. Förderung von Bildung, Forschung und Innovationen. Qualitätsoffensiven in diesen Feldern (und nicht einfach Geld hinein pumpen).

4. Sicherung und Ausbau des Sozialstaats in Defizitbereichen – und Umbau in Richtung eines aktivierenden Sozialstaats – Erhaltung und Absicherung der Tarifautonomie - Familienförderung – Sprachtests und Hilfen für Migranten u.a - verbesserte Förderung sozial schwacher Studierender - Erhalt und Ausbau des Volkshochschulwesens.

5. Erhöhung der (teils schon guten!) Effizienz staatlichen Handelns. Hierzu Stärkung des Rechnungshofes, dazu deutliche Deregulierung, Verschlankung aufwändiger Gesetze, besonders im Steuerrecht, sowie Beschleunigung von Antragsverfahren, Einführung wettbewerblicher Verfahren und beschleunigender Optionsmodelle im Genehmigungsbereich. Gezielte Beschleunigung juristischer Verfahren im Wirtschaftsrecht. Weiterhin umfassende Verwaltungsreformen auf Basis des Know How der Beschäftigten (!) statt Mittel in externe Berater zu pumpen.

6. Verbesserung der Steuergrundlage durch gründlichen Abbau von Subventionen/Steuersubventionen (z.B. Agrarbereich usw.) – Wiedereinführung der Besteuerung der Veräußerungsgewinnen – Erbschaftssteuern erhöhen (auch im klagenden Mittelstand) z.B. in Gestalt von an den Staat abzutretenden Anteilen, welche wiederum vom Staat meistbietend versteigert werden – Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug – Charme- und Tempo-Offensiven auf Finanzämtern – Einführung von Entscheidungsrechten der Steuerbürger über Mittelverwendungsschwerpunkte.

7. Reduzierung wohlstandsmindernder staatlicher Ausgaben wie z.B. Rüstung oder "Strukturausgleichsfonds" oder Förderdschungel zur angeblichen Förderung der Gründung von Unternehmen. Stattdessen Wiedereinführung der "Ich-AG" in verschlankter und stärker Erfolg verprechender Form, dazu Mikro-Kredite.

8. Entlastung des Faktor Arbeit von Abgaben- und Steuerlasten – hierzu Umkehrung der einseitigen Entwicklung der letzten Jahrzehnte, welche die Beiträge von Unternehmen am Gesamtsteueraufkommen verringerten. Außerdem Senkung von "Sozialstaatskosten" durch gezielter Reduzierung deutlich überdurchschnittliche Pensionen/Renten. Das heißt u.a. volle Besteuerung und Abgabenbelastung ab einer bestimmten Grenze.

9. Aufteilung der Sozialversicherungen in einen von allen zu finanzierenden staatlichen Anteil und einen versicherungsgleichen Anteil. (hierzu kommt noch ein begründender Beitrag von mir) mit dem Ziel, die Lohnnebenkosten mit einem Schlag zu halbieren!!

10. Erhöhung der Wettbewerbsgüte durch intensivierte Förderung von Verbraucherzentralen, Qualitätsmonitoring und staatlicher Qualitätsaufsicht, z.B. im Fall der überwiegend zu hohen Nebenkostenabrechnungen.

11. Scharfe Bekämpfung des grauen Kapitalmarktes und von Finanzprodukten mit einem hohen Anteil von Vertriebskosten – zur Erhöhung der Effizienz der Finanzmärkte

12. Förderung geistigen Allgemeinguts, Reduzierung von Schutzfristen geistigem Eigentum auf 7 Jahre bzw. 14 Jahre (je Schöpfungshöhe) zwecks Erhöhung des Austauschs geistiger Güter in der Gesellschaft. Die aktuellen Verschärfungen hemmen Wirtschaftstätigkeit und lassen Klagekosten explodieren.

12 Dezember 2005

Kulturkampf 2.0

Hinter den neuen Aufrufen zum Kulturkampf steckt nur das alte Ressentiment. In Australien ist gerade zu sehen, was passiert, wenn mit Emails und SMS-Nachrichten ein 5000 Mann starker Mob zur Jagd gerufen wird, wenn der lange und erfolgreich geschürte Hass gegen Muslime und Fremde sich entlädt.

Huntingtons Botschaft ist anti-zivilisatorisch*.

+++ Update +++
"Howard killed the political left" - für den zivilisatorischen Spaß sorgen australische Freunde; dieser MP3-Song ist völlig legal ->Hier herunterzuladen (Mp3-Format, 192 Kbits). Bitte lest auch Toms Lamento vom 30.Oktober, wenn ihr es runterladet. Tom ärgert sich darüber, dass sich die Australier Paranoia einreden lassen und damit für kriegerische Zwecke instrumentalisiert werden. Danke!
Collage anklicken für Großansicht

*Derweil kann man im amerikanischen Lieblings-Faschoblog (LGF) der prowestlichen Hysteriker eine aufschlussreiche Diskussion zu diesen Vorgängen verfolgen. Sofern man einen stabilen Magen hat.

11 Dezember 2005

Gekaufte Wissenschaft

Nähmen wir an, es gabe kaufkräftige Interessen, wissenschaftliche Themen, z.B. im Bereich der Finanzwissenschaft oder Pharmazie aus der Interessenlage der Mächtigen und Wohlhabenden darzustellen. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich angeregt von Lobbyisten diese Manipulationen ereignen, sodass öffentliche Ämter zugunsten Dritter und zum eigenen Vorteil genutzt werden?

Wieviel Macht haben Lobbyisten auf die Wissenschaft?

Würden "Think Tanks" und Förderstrukturen aufgebaut werden, würden man zum Mittel der Korruption greifen, damit die wissenschaftliche Wahrheit auf den Kopf gestellt wird? Würden sie mit "ihren Leuten" Einfluss auf Berufungsverfahren ausüben oder z.B. über Wissenschaftsnetzwerke die berufliche Zukunft politisch erwünschter Akademiker beeinflussen? Hypothese:
Die Wissenschaft in diesem Land ist im Bereich Pharmazie und Ökonomik durch Korruption verseucht. Interesse gilt viel - Wahrheit wenig. Gefälligkeitsgutachten sind die Regel, wissenschaftliche Wahrheit ist die Ausnahme, echter Erkenntnisfortschritt ist fast ausgeschlossen, sobald starke ökonomische Interessen einwirken. Die sogenannte Politikberatung ist reiner Hurendienst.
Kann man dies sagen?

Nun, immerhin ist die Mehrzahl aller Redaktionen von Computerzeitschriften redlich grundkorrupt. Fachzeitschriften zeigen sich als anfällig. Es sieht so aus, als ob die Tabakindustrie* in Deutschland über Jahre hinweg "Forschungs"ergebnisse in großen Stil einkaufte. Rennomierte Wissenschaftler waren hemmungslos käuflich, über 80 Klinikprofessoren wurden von der Tabakindustrie über viele Jahre in den Dienst der Lüge gestellt, nicht genehme Forschungsergebnisse unterdrückt.

Davon jedenfalls berichten der Blog Lobbycontrol, der Blog Mediawatch Wissenschaft, sowie die FR,** der Spiegel, die Berliner Zeitung und die Kleine Zeitung. Die entsprechnde Studie hier, sowie das ein PDF-Dokument des Center for Tobacco Control Research and Education.

Ein Krieg der Ökonomie gegen die Wissenschaft.

Falls dies so ist: Welche Konsequenzen sollten daraus gezogen werden?

*Interessant sind ggf. ->diese Hinweise zur Schädlichkeit von Passivrauchen. Bei rund 3300 getöteten Nichtrauchern/Jahr könnte man ggf. ein anderes Gefühl gegenüber sogenannten Terrorgefahren entwickeln. Eine rege aktuelle Diskussion dazu gibt es hier.

**Dieses Beispiel gehört in alle Schulbücher, in alle Bildungsanstalten. Und das ist nicht genug. Es gehört in die Rundfunksender, in das Fernsehen und in die Tageszeitungen, solange, bis wir einen Weg aus der Lobbyismusfalle gefunden haben.

Zitationsbrüderschaften

Wir finden derartige Erscheinungen einerseits recht stark in den Sozialwissenschaften, wo sich jeweils irrelevante Autoren gegenseitig stützen, anderseits aber auch in der sog. Blogosphäre, eine Art Fanatikerblogging 2.0.

Das Erstaunliche daran: Es funktioniert!

Der relative Erfolg hochressimenter und teils sogar vollidiotischer rechtsdrehender Autoren und Blogs in der deutschen Blogosphäre geht darauf zurück. Nicht nur, dass die schrägen Stimmen ohnehin oft als aufregender und interessanter gelten; die gegenseitige und überaus typische Vernetzung der Fanatiker führt zu Clusterbildung (Nebenwirkung: Pageranking steigt an) und insgesamt gegenüber ausgewogenen Meinungen zu einem angehobenen Diskussionsgewicht.

Dieses Diskussionsgewicht dieser Erscheinungen wird künstlich angehoben, und reicht am Ende sogar so weit, dass z.B. echte Konservative (mangels bedeutender Alternativen in der Blogosphäre) diesen extremistischen Schwachsinn verlinken.

Denn dort findet sich "Leben" und eine gewisse Blogosphärenrelevanz.

Mit gezieltem Schwarmbildungsverhalten werden jene begünstigt, welche sich die Eigenschaften und Schwächen der vernetzten Welt gezielt zu Nutze machen, in einem Wechselspiel aus Profilierung und Selbstreferenzierung.

Gleichzeitig - dies lässt sich mit den Umfeld der Nockherberger oder den damit teilvernetzten deutschen Anarchokapitalisten zeigen - kochen die Protagonisten weitgehend im eigenen Saft, was jedoch nichts an ihrem relativen Erfolg ändert, an ihrer übergewichtigen Relevanz.

Gegenstrategien? Weiß nicht, vielleicht dies:

(A) Man sollte es sich zur Übung machen, in der Blogosphäre all das zu verlinken, was man vernünftig oder geistreich findet - und jenes zu meiden, das extremistisch ist
(B) Die Taktik der Zitationsbrüderschaft könnte übernommen werden. Das hätte aber einen faden Beigeschmack
(C) Lobende Erwähnung der Lieblingskommentatoren - wie im Spreeblick vorgemacht
(D) Verwendung des "rel=nofollow"-Tags bei der Verlinkung von Extremistenblogs