16 Dezember 2005

Irgendwie wie Junkies

Kaum ist er ein paar Tage im Amt, kann sich Schäuble kaum bremsen, für diese Zwecke unausgebildete Bundeswehrsoldaten im Inneren einzusetzen oder bloße Verdächtige ohne (!) Beweise zu verurteilen oder ohne Rechtsschutz dauerhaft zu inhaftieren.

Immer weniger werde ich den Eindruck los, auch durch Erfahrungen am Objekt, dass das typische Verhalten eines Politikers das eines Junkies ist. Und für den Bereich der Innenpolitik bedeutet dies, dass er immer mehr von dem Stoff will, recht gleichgültig, was dieser kostet. Immer mehr "Härte" oder "Unnachgiebigkeit" oder etwas, was bestimmten Medien als "Entschlossenheit" im Kampf gegen Verbrechen bzw. das Böse verkauft werden kann.

"Gebt mir ein Grundgesetz um es zu brechen!", so rufen sie, unsere Junkie-Innenminister - und wie durch ein Wunder stehen sie in der breiten Öffentlichkeit nicht als Gesetzesbrecher dar, sondern als besonders entschlossene Kämpfer gegen das Verbrechen.

Vielleicht hat das alles auch mit einer deformanten Gesellschaft zu tun. Die gewachsenen Ängste der kleinen Leute, die im unsicherem neoliberalen Lebensalltag vorhanden sind, werden mit Mitteln des Politmarketings auf "Verbrechen" und/oder "Terroristen" gelenkt.

Tja, und schon kann sich der Innenminister in der Öffentlichkeit als personifizierter Kämpfer gegen das allgemeine kleinbürgerliche Angstgefühl präsentieren, indem er immer wieder neue und immer absurdere Vorschläge in seinem Politikfeld präsentiert/realisiert, Vorschläge, mit denen er seinen Willen zur Abwehr des Bedrohlichen deutlich macht.

Schily hat als SPD-Minister in dieser Beziehung einen hohen Standard geprägt und entzog damit der CDU ihren "Kompetenzvorsprung" beim Wähler. Daher muss Schäuble nun als CDU-Innenminister dafür kämpfen, sich als noch entschlossenerer Kämpfer gegen das Böse zu zeigen. Die vorgebrachten Vorschläge können dabei noch so irre sein, sie erfüllen ihren politischen Zweck, wenn sie ihn in das Licht der "unnachgiebigen Entschlossenheit" tauchen. Und so werden wir in den nächsten vier Jahren Zeugen noch so vieler, zuvor ungeahnter Absurditäten werden.

Sie sind irgendwie wie Junkies.

7 Comments:

At 16 Dezember, 2005 21:31, Anonymous Anonym said...

Würde man Schäubles Rechtsverständnis auf ihn selbst anwenden, säße er jetzt im Knast und nicht auf der Regierungsbank.

 
At 17 Dezember, 2005 01:49, Anonymous Anonym said...

"Politmarketing" ist ein interessantes Wort. Leider ließ sich der Link nicht öffnen, so dass ich nicht weiß, was sich jemand schon dazu gedacht hat.

 
At 17 Dezember, 2005 08:09, Blogger John Dean said...

@Eule70
Danke für den Hinweis! Wurde korrigiert - ein fehlendes "h" bei "http" war der Täter.

 
At 18 Dezember, 2005 23:38, Blogger Sven said...

Der Junkie-Vergleich ist nicht schlecht. Ich würde dieses Verhaltensmuster ansonsten schlicht als "psychotisch" bezeichnen, im Sinne eines zwanghaften "immer mehr desselben".

 
At 19 Dezember, 2005 14:17, Blogger neel said...

Wenn man Politiker mit Junkies zu vergleicht, tut man jemandem ganz schön unrecht: den Junkies. Im Gegensatz zu Politikern stehen sie wenigstens zu ihrem Wort.

@hellblazer: full ack. patendlösungen ;)

 
At 23 September, 2006 15:07, Anonymous Anonym said...

Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

 
At 24 September, 2006 17:51, Blogger John Dean said...

Sobald es um die Wurst, äh, um den Stoff geht, lügen Junkies gerne und reichlich. Insofern sehe ich bei bestimmten Politikern durchaus Ähnlichkeiten.

 

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