Vorab: Ich finde, dass adical schlecht und unprofessionell gestartet ist. Einige Dinge, die ich nicht so optimal fand, habe ich Johnny im Spreeblick unverblümt mitgeteilt. Es ist Johnny hoch anzurechnen, dass er darauf reagiert hat.
Dennoch überwiegt für mich im Moment ein schlechter Eindruck, und dazu gehört neben dem Auseinanderfallen von Anspruch und Wirklichkeit auch, dass seitens von adical Hinweise darauf fehlen, dass sich für die beteiligten Blogger mit der Schaltung von Werbung der rechtliche Status teils gravierend ändert.
Werbung in Blogs ist nicht ganz so lustig und harmlos, wie die Macher von adical im Moment glauben. Dass man als erste Werbeschalte ausgerechnet den Zensurdienstleister Cisco nimmt: Nun, auch das ist kein guter Start.
Ich habe im Folgenden ein paar Statements der adical-Macher
aus Kommentar-Vorhöllen herausgezerrt zusammengestellt, thematisch geordnet und kommentiert:
1. Teil. Sascha LoboWenn Sie auf Blogs werben wollen, gibt es nur einen Weg: (...) Reden Sie mit uns.
Mit wem? Bei einem großen Blog redet die Werbewirtschaft besser direkt mit dem Blogger bzw. der Bloggerin.
Wir glauben, dass Werbung auf Blogs gut sein kann.
Oder auch schlecht.
Blogs sind (...) Kultur, Konversation, Publikation und noch vieles mehr.
Immer noch kein Grund, Blogs mit Werbung zu verschandeln.
Ich bin übrigens auch Werber, das nur am Rande. Wer Werbung in Medien grundsätzlich und immer und sowieso verdammt, kann das gerne tun, sollte aber nochmal nachdenken, vielleicht während eines Praktikums bei der Nordkoreanischen Staatszeitung.
Okay, wenn der "nur-am-Rande"-Werber das meint: Dann bleibt für den großen Rest wohl nur noch die nordkoreanische Staatszeitung. Tja...
Für alle anderen kann es nur darum gehen, was für eine Art Werbung betrieben wird, denn es gibt gute und schlechte (...). Eine [klassische Werbe-] Agentur (...) kümmert sich [hingegen] nicht die Bohne um die Blogkultur.
Sascha Lobo kämpft für die Blogger und gegen die Nordkoreaner. Darum: Schlechte Werbung erlaubt er nicht. Da fragt sich nur, was für Sascha Lobo schlechte Werbung ist. Cisco?
Adical steht dafür, dass Werbung in Blogs anders sein kann - und muss.
Soso. Ich hoffe, das bedeutet hoffentlich etwas mehr als z.B. die bei adical inzwischen zurückgezogene Zusage, Blogger-Anfragen umgehend zu beantworten. Oh: Nichtbeantwortung von Anfragen? Doch, das ist anders.
In erster Linie geht es um Transparenz.
Das sagen alle. Was macht eigentlich dieser Jens bei euch? Immerhin, und das finde ich klasse, kann man bei Adical auch kommentieren. Wenn das pro Werbe-Kampagne ginge: Das wäre nochmal gut.
Und wir würden das gerne in Diskussion mit Euch gemeinsam tun; damit sind nicht nur die adical-Teilnehmer gemeint, sondern alle Blogger, auch medien- und werbekritische Blogger (mit der Ausnahme von Trollen, da gilt für uns: Zero Trollerance).
Wer als kritischer Blogger allzusehr auf Antworten besteht, wer sich nicht schnell abspeisen lässt und zu kritisch ist, wer gewissermaßen den Geschäftsfrieden stört, der ist für Sascha Lobo ein “Troll”. Dann gilt für den großen Freund von Bürgeröffentlichkeiten, Sascha Lobo, "Zero Trollerance". Er haut werbertypisch gerne große Sprüche raus, schwafelt über die Radiotheorie von Bertolt Brecht, aber er tut sich schwer, wenn ein kritischer Blogger nervige Werbung "Werbedreck" nennt...
Dass eine Professionalisierung der deutschen Blogosphäre ins Haus steht, kann niemand ernsthaft bezweifeln. Die Frage ist nur, nach welchen Spielregeln sie stattfinden wird - und ob sie die Blogkultur stärkt.
Eine bloße Kommerzialisierung stärkt die Blogkultur nicht, sondern schwächt sie.
"Ich bin mir fast sicher", sagt Lobo, "dass wir Jamba-Werbung weder bekommen, noch machen würden."
Schon schade, dass Sascha Lobo so unsicher ist, ob er Jamba-Werbung machen würde.
In der Zwischenzeit können sich div. Personen ja nochmal Gedanken machen, warum eine (...) Verdammung von Werbung und der infantile Rundumschlag “Werbedreck” an naiver Eindimensionalität nicht zu überbieten ist.
Lobo, hast Du nicht auch den Eindruck, dass mit derartigen Statements Kommunikation ad absurdum geführt wird? Kritik an bestimmten Werbeformen bzw. an fehlenden Ambitionen sei "infantil"? Hey Lobo, sag mal, wie groß ist Dein Eindruck, dass Du einfach versuchst, Dich aus der Diskussion zu stehlen?
2. Teil. Johnny Häusler
Ein anderer Schnack ist Johnny Häusler. Johnny tut sich zwar mit den Antworten schwerer, aber er geht auf Fragen ein. Bei Johnny ist das keine Werber"kommunikation", sondern immer noch authentisch.
Ja, ich schätze die ganze Diskussion sehr, schließlich lernen wir auch daraus, und ich beantworte Deine Fragen gerne. Aber (...) dann verstehst du sicher, dass man sich manchmal fragt, ob das “auf jede Frage antworten” wirklich sinnvoll ist. Denn am Ende schreiben viele Leute eh, was sie wollen, und meist, ohne vorher einfach mal zu fragen. (...) Und schließlich muss man sich auch wundern dürfen über den Anspruch oder gar die Forderung, “alles” über adical wissen zu müssen. Mich wundert das schon. Fragst du z.B. andere Agenturen auch, was sie mit ihren Einnahmen machen? Oder andere Blogger? Ich nicht. ;)
Kurz und direkt: Viele der gestellten Fragen gehen die Blogger nichts an. Kritisches Nachfragen unerwünscht.
adical ist für Kunden interessant, die direkt auf Blogs wollen. (...) Die Erstkontakte hat Sascha gemacht (...) Das wird in erster Linie Image-Werbung sein und da wir direkt mit den Agenturen reden, können wir uns eben auch gegen bestimmte Kunden entscheiden oder den Kunden beratend zur Seite stehen und letztendlich glauben wir, dass die Blogs mit adical mehr verdienen werden als mit Adsense. (...) Popups machen wir übrigens gar nicht und auch keine Banner, die automatisch den Content verdecken. (...) Here we go: Wer Werbung nervig findet, wird sie nervig finden, auch wenn sie von adical kommt, soviel steht fest.
Wohin das auch immer führen mag - für meine Begriffe ist das eine übertriebene Reduktion des eigenen Anspruchs. Aber gut, es wird kaum möglich sein, das Thema Werbung völlig neu zu erfinden. Okay - und dennoch: Auf nervig blinkenden Flashmüll kann man ganz gut verzichten.
Da es zum Start darum ging, die Blogs mit den höchsten Zugriffen zu sammeln, kann eine Antwort etwas dauern, sorry dafür. (...) Die Auswahl sollte tatsächlich nicht groß überraschen und ist völlig subjektiv entstanden. Wir haben diejenigen Blogs angeschrieben, die bei blogscout in den oberen Positionen auftauchen und von denen wir annehmen konnten, dass sie Interesse hätten. Dabei ging es auch darum, wie lange und wie regelmäßig die Leute schon bloggen, denn auch Kontinuität ist wichtig (...) Wir brauchen Verlässlichkeit, die wir bei den oben gelisteten Blogs zu finden glauben.
Ich meine, und das ist für die Anfangsphase gut nachvollziehbar, es ging vor allem um Begrenzung des Aufwands. Unter den knapp hundert Bloggern, die euch aus Interesse am adical-Netzwerk angeschrieben haben, gäbe es bestimmt, da bin ich mir sicher, mehrere Dutzend zuverlässige Kandidaten.
Closed shop: Es wird uns in den ersten Monaten gar nichts anderes übrig bleiben. Wir können einfach viel mehr Blogs nicht betreuen.
Dann sollte adical die Technik verbessern. Das Management von Werbung in Blogs geht einfacher: behaupte ich. Vielleicht fehlt auch schlicht ein Stück weit die Routine, was am Anfang auch völlig verständlich ist.
Ihr missversteht vielleicht unsere Arbeit: Wir füttern hier nicht einfach Datenbanken und lassen auf Klick Werbung buchen.
Verstehe ich nicht.
Wozu arbeitet ihr denn dann mit Werbeagenturen zusammen?? Ihr sucht euch doch die Kunden kaum selber raus, oder? Das wäre ein Mordaufwand - und m.E. kaum zu leisten, schon garnicht für dieses relativ kleine Bloggernetzwerk.
Ich würde supergerne ein Ad-Netzwerk für alle Blogs, die es wollen, machen, aber das wäre eine noch viel größere Nummer. (...) adical [kann] zum Start kein Ad-Netzwerk “für alle” bieten, das bräuchte eine hohe Automatisierung und noch aufwändigere Administration als schon jetzt. Sollten wir das irgendwann leisten können, können wir uns vorstellen, das Netz “zu öffnen”, am Anfang jedoch bleibt die Liste eine subjektive Auswahl, was nicht bedeutet, dass sie nicht ständig erweitert werden kann.
Okay. Aber als Zielversion ein
offeneres Netzwerk - das wäre viel wert. Sehr viel.
Vielleicht geht es da mal hin, aber festlegen will und kann ich mich da noch nicht. Die Auswahl der ersten Blogs ist sehr subjektiv und ist sicher kritisierbar, dennoch noch einmal: Jeder andere, der etwas wie adical gestartet hätte, hätte auch seine eigene Auswahl getroffen. Welche denn auch sonst?
Stimmt. Die Kritik ist aber, dass von euch nicht genug Zeit darauf verwendet wurde, die eingehenden Anfragen zu beantworten.
Manchmal hört sich das (nicht bei dir), was man so liest, an, als würde adical anderen Blogs jetzt die Möglichkeit nehmen, Werbung zu schalten, was einfach Quatsch ist. Genauso gibt es auch bei adical keine Garantie, das plötzlich Einnahmen kommen.
Eben. Da wäre durchaus interessant zu erfahren, beispielsweise, inwieweit und wie lange die beteiligten Blogs vertraglich gebunden sind. Ob es irgendwann möglich sein soll, dass sie vorher erfahren, welche Werbung reinkommt. Und ob sie diese dann einfach und ohne Nachteile ablehnen können.
Werbetats sind nicht immer einfach so verteilbar, es gibt auch Kundenwünsche, die man berücksichtigen sollte. Wenn ein Kunde sich bestimmte adical-Blogs ausgesucht hat und nicht alle will oder bezahlen kann, dann kann er auch nur diese paar buchen. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir durch ein paar Ideen eine Art “Grundbuchung” für alle in den Griff bekommen.
Und das ist so schwer? Ich dachte, die Schaltung läuft weitgehend automatisiert.
[Wir machen] keine Content-abhängige Werbung, sondern ganz klassische PI-Buchungen. Das jeweilige Blog kann natürlich Kunden ablehnen, aber das Ziel soll es sein, dass sich der Blogger nicht um die Werbeplätze zu kümmern braucht, weder bei der Buchung noch inhaltlich. (...) Und genau wie ihr werden sie es erst erfahren, wenn die Banner online sind.
Beim Inhalt "braucht" der Blogger sich nicht zu kümmern? Hmm. Ist das schon Werber-Neusprech? Sorry, für mich klingt mehr nach einem "soll" als nach einem "braucht".
Seit einigen Monaten beschäftigen sich insgesamt fünf Leute mit der Idee adical. Der Adserver muss bezahlt werden, Sascha ist seit Wochen auf Tour um mit Kunden zu reden. Die Buchungen müssen geplant und mit dem Kunden besprochen werden, Angebote geschrieben und neu geschrieben werden. Der Adserver muss bedient werden, Reportings müssen erstellt werden. Und auch dieser Kommentar hier kostet Zeit. Kurz: Wir nennen Es ist Arbeit. :)
Es ist Arbeit. Aber so viel? Wohl vor allem für Sascha. Bislang ist von außen in erster Linie Sascha Lobo erkenbar, dazu kommt unter adical.de im Netz ein Auftritt, der nicht gerade ultraaufwändig aussieht. Muss er ja auch nicht. Hauptsache, er erfüllt seinen Zweck. Zudem bringt Johnny sein Standing in der Blogosphäre ein - und kommuniziert anfangs mit vielen Bloggern im adical-Netzwerk.
Aber den d a u e r h a f t e n Riesenmordsaufwand: Den kann ich als Außenstehender kaum erkennen, jedenfalls nicht, wenn die Strukturen erst einmal stehen.
Und vor allem: Niemand von uns startet adical, weil uns gerade langweilig war. Sondern weil wir glauben, dass das Unternehmen Geld verdienen kann. Viel Arbeit für wenig oder gar kein Geld: Das mache ich nur bei Spreeblick. Sonst nicht.
Klare Ansage.
Meine These ist: adical macht für die Blogosphäre
langfristig nur dann wirklich Sinn, wenn es erstens das Qualitätsproblem von Internetwerbung ein Stück weit löst und zweitens seine Dienste vor allem auf qualitätsorientierte B- und C-Blogger fokussiert. Wenn es drittens schafft, im deutschen Internet
kommentierbare Werbung zu etablieren, dann wäre adical das, was es immer sein wollte.
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