26 April 2007

Heuschrecken @work: CeWe Color

Der an Wirtshaftsfragen Interessierte betrachte bitte dies, dies, dies, dies, dies und dies. Kurzum: CeWe Color soll sich nach den Wünschen bestimmter "Investoren" verschulden - um auf dieser Basis hohe Ausschüttungen vorzunehmen. Irre.

Die Öffnung des deutschen Finanzmarktes für sogenannte "Finanzinvestoren" wurde in der Politik (z.B. im Seeheimer Kreis) damit begründet, dass dies den Wandel in den Firmen fördert, damit also die "verkrustete Deutschland-AG" beflügelt, und zweitens erfolgte die Begründung damit, dass dadurch zusätzliche Investitionen nach Deutschland gelockt werden.

Den ersten Punkt vermag ich nicht zu beurteilen. Der zweite Punkt ist offenkundig Blödsinn, jedenfalls, wenn man dies am nicht untypischen Beispiel CeWe Color betrachtet. Viele sogenannte Finanzinvestoren befördern in der Summe eher eine Art Desinvestment (sofern man den Sonderbereich des "Venture Capital" ausspart).

Kürzer und (allzu) zugespitzt gesagt: Finanzinvestoren hauen, dort wo sie aktiv sind, (sogar gesunde!) Wirtschaftsstrukturen in Trümmer. Verblüffend. Wirklich verblüffend.

Wenn die i.d.R. übertrieben anspruchsvollen Renditeziele von den übernommenen bzw. beeinflussten Firmen verfehlt werden, beginnen - oftmals - Desinvestments, entweder verbunden mit einer zu diesem Zweck erhöhten Firmenverschuldung oder durch Abbau von Betriebsteilen, sogar solchen, welche Überschüsse abwerfen.

Wenn diese sehr grobe Beschreibung zutreffend ist, ergeben sich viele Fragen. Es ist z.B. ja eben nicht (!) "der" Kapitalismus, der sich in diesem Verhalten zeigt. Diese Finanzinvestoren verhalten sich im engeren Sinne sogar ausgesprochen unkapitalistisch:
  • Unrealistische bis idiotische Renditeziele anstelle kapitalmarktnaher Renditen
  • Destruktivkompetenz an Stelle von wirtschaftlicher Gestaltungskompetenz
  • Oft nur reines "Kostensparen" bei Nichtberücksichtigung anderer wirtschaftlicher Vorgehensmuster
Man könnte bei diesen Finanzinvestoren von einer Form eines dezidiert "unschöpferischen Kapitalismus" sprechen. Das wäre in meinen Augen jedenfalls ein Gesichtspunkt. Zudem ist es so, dass diese "private Equity"-Gesellschaften immense private Macht organisieren, auf Basis von Finanzkapital, und diese Macht regelmäßig sehr intransparent ist.

Überlegt man, dass gerade das Verfügen über Informationen für das Funktionieren von Märkten grundwesentlich ist, so spricht dies in meinen Augen für die Einführung scharfer gesetzlicher Berichtspflichten.

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6 Comments:

At 26 April, 2007 23:13, Blogger Unknown said...

Darf ich da folgenden Artikel beistellen? Die Verbreitung von Angst und Heuschrecken

 
At 27 April, 2007 16:14, Anonymous Anonym said...

Die SPD sieht wie immer jede Gefahr gebannt


http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,40882,00.html

Nicht das ich glaube das der Stiegler überhaupt was begreift. Aber seine Pollunder sind so schön rot.

 
At 28 April, 2007 12:09, Blogger John Dean said...

@dpetereit

Ja, gerne. Das ist ein guter und empfehlenswerter Beitrag von Ihnen.

@jochen hoff

Ich wundere mich ja auch, wie schnell sich die SPD einlullen lässt. M.E. ein Zeichen von Orientierungslosigkeit.

@all

Man könnte zwar im Fall CeWe Color behaupten, dass die knapp abgewehrte PE-Firma das Unternehmen auf Trab gebracht hätte, oder positiv dazu beigetragen hat, dass tragfähige Alternativkonzepte entwickelt wruden,- nun, aber fast genauso gut ließe sich dies bestreiten, und z.B. stattdessen behaupten, dass unnötige und sogar schädliche Unruhe in ein Unternehmen gebracht wurde.

Ohne den Fall im Einzelnen zu kennen, lässt sich das m.E. nicht so einfach beantworten, aber angenommen, der PE-Firma wäre die Übernahme geglückt, dann wären voraussichtlich die Konsequenzen eingetreten, die in dpeterits Beitrag zum Thema aufgezeigt wurden. Durchaus zum Schaden für das betroffene Unternehmen - und zum Schaden für den Wirtschaftsstandort.

Die neoklassische Wirtschaftstheorie besagt, dass durch derart skrupellose Taktiken "der Wert" von aktiennotierten Unternehmen allgemein erhöht würde (solange, bis sich derartige Destruktiv-Übernahmen nicht mehr lohnen).

Indes, selbst wenn man diese Betrachtungsweise übernimmt, dann bleibt immer noch die Konsequenz bestehen, dass die damit verbundenen Prozesse überwiegend destruktiver Natur sind - und mit dem Begriff "Investition" im engeren Sinne eher wenig zu tun haben.

Denn es handelt sich um Ausräubern.

 
At 14 Mai, 2007 13:59, Blogger Hb said...

Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

 
At 14 Mai, 2007 14:00, Anonymous Anonym said...

Die SPD hat sich wohl nicht einlullen lassen, sondern wirft eher Nebelkerzen. Wenn man sieht, mit welcher Geschwindigkeit und Geräuschlosigkeit z.B. regionale Versorger auch von SPD-dominierten Kommunalräten an Multis verkauft werden, kann man Stieglers Statement kaum anders deuten.

Andererseits ist es das gute Recht von Aktionären, Ihr eigenes Unternehmen in die Pleite zu führen.

 
At 14 Mai, 2007 14:02, Anonymous Anonym said...

Die SPD hat sich wohl nicht einlullen lassen, sondern wirft eher Nebelkerzen. Wenn man sieht, mit welcher Geschwindigkeit und Geräuschlosigkeit z.B. regionale Versorger auch von SPD-dominierten Kommunalräten an Multis verkauft werden, kann man Stieglers Statement kaum anders deuten.

Andererseits ist es das gute Recht von Aktionären, Ihr eigenes Unternehmen in die Pleite zu führen.

 

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