28 September 2006

Dean als Intrigenopfer

Nö, hier gehts nicht um sich Halbliberale mit FDP-Parteibuch, sondern um meine Arbeit. Das Verhalten bloggender FDP-Aktivisten lässt sich immer noch recht einfach erklären, aber das, was ich gerade auf Arbeit erlebe, eignet ich nicht einmal als Romanstoff, einfach, weil es zu unwahrscheinlich ist.

Heute wurde ich von meinen beiden Chefs in eine Besprechung zitiert und angebrüllt, erstens, weil ich "eigenmächtig" einen Leder-Bürostuhl (Staples, 40, - EUR) gekauft habe. Ähem: Von meinem eigenen Geld. Ich hatte nach drei Monaten nämlich keine Lust mehr auf defekten Schrott mit aufgeplatzten Polstern. Wie ich so einen Affront nur wagen könnte usw. usf.

Zweitens sei man sich sicher, dass ich wie ein StaSi-Spitzel agiere und die Chefetage mit technischen Geräten abhören und diese Gespräche aufzeichnen würde. Ja, schön wärs. Dann wüsste ich vielleicht auch, wie man eine derart absurde Idee entwickeln kann.

Ich kann das alles noch garnicht glauben, das ist einfach zu irre. Und die Moral von der Geschichte? Hütet euch vor paraoiden Chefs!

Lobbyisten @ work - ein aktuelles Fallbeispiel

In einem informativen Artikel wird anhand eines aktuellen Beispiels beschrieben, wie Lobbyisten arbeiten. Das Problem an derartigen Lobbyismus ist nicht der Versuch der Einflussnahme, auch nicht das Ergebnis, welches ich in diesem Fall als Ausdruck einer vernünftigen gesellschaftlichen Kompromissbildung begrüße.

Das Problem ist vielmehr, dass unfaire und manipulative Einflussmethoden eingesetzt werden und zweitens, dass durch Lobbying Geld- und Spezialinteressen ein unverhältnismäßig großes Gewicht erlangen. Das Allgemeinwohl und die Interessen der Bürger geraten dabei unter die Räder.

Mitunter gerät sogar der demokratische Prozess in Gefahr, zu Teilen jedenfalls, und ggf. sogar das Funktionieren der Medien als unparteiliches, den Bürgern und der Objektivität verpflichtetes Kontrollorgan. Oder nicht?

Beispiele: Wäre die Pharmalobby in Deutschland einflussloser, gäbe es in Deutschland weit tiefere Medikamentenpreise. Gäbe es keine, in der Presse unter massiven Aufwand gezielt lancierte, Vogelgrippehysterie, würden keine Steuermilliarden für das in der Prävention völlig untaugliche Medikament Tamiflu aufgewendet werden. Wäre der militärisch-industrielle Komplex in den USA einflussloser, ergäbe sich eine vernünftigere Außenpolitik der USA bei gleichzeitig massiv geringeren Rüstungs- und Geheimdienstlasten (z.Zt. 5% des BIP).

Scheiße.

Firmenabwicklungen auf moderne Art

Ein Großunternehmen mit Renomee kann es sich kaum leisten, tausende Mitarbeiter auf die kalte Art zu kündigen, z.B. ganze Sparten ohne Abfindungen abzuwickeln, ohne Sozialpläne. Abwickeln macht Großunternehmen in Deutschland i.d.R. einige Mühe.

Tja, aus Unternehmenssicht witziger ist die Methode, die Siemens zur Abwicklung der Handysparte gewählt hat. Man verhökert das Abwicklungsprojekt an eine Firma, die weder in Hinblick auf ihre Marke noch sonstwie kaum etwas zu verlieren hat, wie z.B. BenQ. Das ist billiger und macht weniger Mühe.

26 September 2006

Falsche Ideale und das Auseinanderfallen staatlicher Ordnung

Minimalstaatsfanatiker haben schlechte Argumente. Denn kein "Minimalstaat" kann das notwendige Zusammenspiel aus sozialer Sicherheit und staatlicher Ordnung gewährleisten. Schon garnicht im Sinne einer fortschrittlichen und an Menschenwürde orientierten Demokratie.

Die wirtschaftslibertäre Ideologie ist Vollschrott, was z.B. auch mit dem "libertären Labor" bzw. den Vorgängen in Somalia belegt werden kann, einem Staatsgebilde ohne Staat.

Vergleicht man die Staatsquote in den USA (36 Prozent) mit der aktuellen deutschen Staatsquote (46 Prozent), so fällt auf, das der deutsche Bürger weitaus mehr (!) vom Staat hat. Es ist nun nicht so, dass bei uns alles Staatliche optimal ist, keineswegs, aber es kommt m.E. darauf an, was für einen Staat man hat, wie effizient der Staat ist und welche Leistungen er erbringt.

Eine geringere Staatsquote führt keineswegs automatisch zu einem Plus an Wohlfahrt.

Im Übrigen hat es bei der Staatsquote auch keinen so dramatischen Wandel in Deutschland gegeben. Konrad Adenauer regierte mit einer Staatsquote von 37 Prozent, heute liegt sie bei 46 Prozent, und dies trotz Wiedervereinigung (die etwa 5 Prozentpunkte ausmacht). 1980 lag sie bei 48 Prozent.

P.S. Wiedeking hat wieder einmal Recht. Sehr lesenswert ist auch der Artikel von Harald Schumann, "Macht ohne Mandat", in dem er die Tätigkeit, den Einfluss und die manipulativen Taktiken der Bertelsmannstiftung darstellt.

Zeitgeschichte: Gangstermethoden in der amerikanischen Außenpolitik

Es wird zur Zeit über die Erinnerungen des ehemaligen pakistanischen Präsidenten Musharraf gestritten. Auf seiner Vortragsreise, bei der er sein aktuelles Buch promotet, behauptet er, die amerikanische Regierung hätte damit gedroht, "Pakistan in die Steinzeit zu bomben". Das wird von amerikanischer Seite bestritten, Musharraf bekräftigt hingegen seine Aussagen. Somit ist der Wahrheitsgehalt der Erinnerungen von Musharraf nicht zu klären, jedenfalls im Augenblick.

Interessant ist aber dabei, was bei dieser Gelegenheit bestätigt wird, nämlich eine schäbige, erpresserische Methodik der amerikanischen Außenpolitik, mit der sie sich Pakistan als militärischen Operationsraum sicherten. Der amerikanische Vize-Außenminister Richard Armitage hatte Pakistan am 13. September 2001 erklärt, dass eine neutrale Position Pakistans unmöglich sei, weil es nur die Wahl habe, die amerikanischen Kriegsplanungen zu unterstützen, oder aber Pakistan würde zum Reich des Bösen gezählt:
"Ich hatte ein heftiges Gespräch mit dem Geheimdienstchef. Ich sagte ihm, dass die Sache für Amerikaner eine Angelegenheít sei, in der es nur Schwarz oder Weiß gibt. Pakistan ist entweder auf unserer Seite oder gegen uns." (via Telepolis)
Gangstermethoden. Erpressung als Mittel der Außenpolitik.

Neoconnards finden sowas völlig Okay. (Unter der Voraussetzung, dass die USA das einzige Land sind, welches derartige Methoden zur Durchsetzung eigener Interessen anwendet...)

Bemerkenswert finde ich auch dies: US-Botschafter Wendy Chamberlain sprach Musharraf bereits zwei Tage nach den Anschlägen (!) auf das World Trade Center an, und zwar mit mit einer umfangreichen und abgestimmten Liste von Forderungen (Überflug- und Landerechte, die Nutzung pakistanischer Luftstützpunkte und Häfen usw.), welche allesamt auf den kommenden Krieg abzielten. Die amerikanische Außenpolitik begann bereits am 12. September, also nur einen Tag nach den Anschlägen am 11. September mit konzertierten und abgestimmten Aktivitäten, u.a. einem Gespräch von Powell mit Musharraf.

Dies finde ich bemerkenswert, weil eigentlich keine demokratische Regierung sich bereits einen Tag nach diesem Anschlag in Bezug auf die Konsequenzen völlig sicher gewesen sein konnte, das geht einfach nicht, und es ist objektiv betrachtet überaus merkwürdig, weil diese Geschwindigkeit m.E. nur bedeuten kann, dass die damalige US-Regierung bereits vor den Anschlägen fertige Kriegspläne gehabt haben muss!

23 September 2006

Transrapid: Vom Milliardengrab ins Grab

Da gibt es kein Vertun: Die milliardenschwere staatliche Unterstützung des Transrapids war von Anfang an eine dusslige Entscheidung. Der Staat hätte den halben Betrag der bislang ausgegebenen Milliarden besser z.B. in den Bau deutscher Mikroskope oder die deutsche Grundstoffindustrie gesteckt. Dabei wäre nicht nur industriepolitisch mehr rausgekommen, es würden dann auch mindestens 21 23 Menschen noch leben, welche der Transrapid dieser Tage ins Grab fuhr.

Die Steuermilliarden sind von den Arbeitnehmern und anderen Leistungsträgern zu hart erarbeitet worden, um sie danach in prestigeträchtigen industriepolitischen Wolkenkuckucksheime verpuffen zu lassen.

Inzwischen hat sich die Ausgangslage für den Transrapid nochmals deutlich verschlechtert:
  1. Kaum ein Verkehrsmittel hat derart zahlreiche tote Unfallopfer pro Fahrkilometer aufzuweisen.

  2. Die Technologie des Transrapids ist seit einigen Jahren nicht mehr exklusiv vermarktbar, denn die Chinesen haben die Transrapidtechnik längst schon übernommen. Somit bieten sich für deutsche Transrapid-Firmen keine internationalen Marktchancen mehr.

  3. Als Verkehrsmittel ist er pro Streckenkilometer unschlagbar teuer und benötigt extrem hohe Subventionen gemessen an der Fahrleistung.

  4. Es ist in Zeiten knapper Kassen und massiver Steuer- und Abgabenerhöhungen keine sinnvolle staatliche Aufgabe, die marktmäßige Durchsetzung bestimmter (von Politikern ausgewählter!) vermeintlicher Produktinnovationen mit Milliardenbeträgen zu gewährleisten.
Der Transrapid hat keine Zukunft.

Nebenbei bemerkt: Der klientelistische Drecksverein namens "FDP" unterstützt nach wie vor massive Subventionen für den Transrapid und will für dieses am Markt unbrauchbare technische Produkt sogar weitere Steuermilliarden hinterher werfen.

+++ Update 24.09.2006 +++

Während BILDSPIEGELFAZWELT immer noch die Version der PR-Krisen-Manager des Konsortiums verbreiten, dass beim Unglück allein "menschliche Ursachen" eine Rolle gespielt hätten, zeigt sich, dass es erhebliche konzeptionelle, also technische Sicherheitslücken gegeben hat:
"Der Kasseler Verkehrswissenschaftler Professor Helmut Holzapfel kritisierte die Betreiber in Lathen heftig, da der Zug dort offenbar ohne Abstandswarnsystem betrieben worden sei. Die Testanlage habe "offensichtlich einen gegenüber dem Normalbetrieb reduzierten Sicherheitsstandard", sagte er der FR. Bewahrheite sich das, sei es "ein Skandal". Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bestätigte erhebliche Sicherheitslücken. Vertreter der Industrie hätten sie während eines Gesprächs im Ministerium eingeräumt, sagte Tiefensee am Sonntag nach dem Treffen." (Quelle: Frankfurter Rundschau)
Erstaunlich ist allerdings, dass die konservative und rechtsliberale Presse, die sonst stets für weniger Staat trommelt, diesmal einhellig Staatsausgaben befürwortet und vor Kritik warnt, und zwar vor Kritik an diesem sinnlosen und Milliarden Steuergelder verschlingenden Prestigeprojekt.

22 September 2006

Arschloch-Anwälte und Media Markt

Ich stelle meinen Lesern die Frage, inwieweit und wie stark der Geruch des Rechtsmissbrauchs aufkommt, wenn dieser seltsame Rechtsanwalt fallweise einen empfindsamen Mimosendarsteller gibt, wo er doch ansonsten im öffentlichen Meinungskampf eifrig und deftig austeilt, bewusst provoziert, ja schlimmer noch, wenn er das eigene "Arschloch-Image" gezielt pflegt und hierin sogar erkennbar eitel ist.

Rainersacht: Media Markt und RA Steinhöfel machen sich überaus lächerlich, wenn es tatsächlich zur Klage gegen Dich kommt. Nicht nur in Sachen PR-Inkompetenz. Denn:

Wer als Kläger bzw. Veranlasser einer Abmahnung auf seiner Homepage selbst die "Beleidigungen" aktiv weiterverbreitet, die er an anderer Stelle via UE bzw. Abmahnung unterbunden wissen will, der betreibt Rechtsmissbrauch.

Der Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel ist ein echtes Arschloch.

(via Don, Chat, Wirres und Toms Diner)

20 September 2006

Nachlese zur DbD-Kampagne: Historiker lügen für Lobbyisten

Die verlogene wie aufwändige DbD-Kampagne bekam kurzfristig Probleme, als Blogger aufdeckten, dass der Spruch "Du bist Deutschland" zum Repertoire des Nationalsozialismus gehörte. Das war gar nicht schön für die Propagandafritzen bei Jung von Matt. Prompt wurden von den Kampagnenmachern renommierte Historiker verpflichtet, Hans-Ulrich Wehler und Hans Mommsen, welche den benötigten Persilschein ausstellten. Aber nein, "Du bist Deutschland" gehöre nicht zum Propaganda-Arsenal der Nazis.

Das ist eine Lüge.

Dies kann man z.B. dem Tagebucheintrag von Victor Klemperer vom 11. September 1934 entnehmen, aber auch aus vielen anderen Quellen.

Die Historiker, sofern sie ihren Beruf ernst nehmen, mussten es besser wissen. Sie haben sich aber willfährig für ein gezieltes Agenda-Cutting zur Verfügung gestellt, schlimmer noch, als vorgeplanter Teil einer werbewirtschaftlichen Kommunikations-Allianz. Nun, die Krisenkommunikation von Fischer-Appelt war erfolgreich, der öffentliche Diskurs konnte eingedämmt werden. Dennoch wirkt der Ärger über die frechen Blogs nach.

Immer noch teilt Lars-Christian Cords aus, sobald er über das Thema Blogs spricht, zum Beispiel am 19.9.06 auf dem media coffee (via wirres hier und hier). Es tut Werbefritzen offenbar sehr weh, dass sie Kommunikation nicht mehr reibungslos top-down planen können, wenn die Bürger keine wehrlose, planbare, problemlos manipulierbare Masse darstellen. Wenn auch mal etwas zurück kommt. Der elitäre Werbefritze Cords meinte zu Blogs:
Bei Blogs sind die „Risiken“ zu hoch, die deutsche Unternehmenskultur ist noch nicht so weit, es herrscht auf allen Seiten nicht genügend Vertrauen und außerdem kann eh niemand die Responses handleln.
Hähä.

19 September 2006

Amerikanische Lebensmittelkontrolle als Vorbild

Das sogenannte "Verbraucherinformationsgesetz" ist in Wirklichkeit Seehofers Informationsverhinderungsgesetz. Die amerikanische Lebensmittelkontrolle macht es hingegen möglich (auch bei deutschen Firmen, die in die USA exportieren), dass die Kontrollberichte der geprüften Firmen im Internet nachzulesen sind, komplett mit Name des Herstellers, Name des verkauften Produkts und sogar unter Angabe der Märkte, wo beanstandete Ware verkauft wurde.

Hier in Deutschland werden derartige Angaben von wirtschaftshörigen Behörden als "Betriebsgeheimnis" eingestuft.

P.S.
Für Ordoliberale* ist die Informierung von Kunden, Konsumenten und Arbeitnehmern selbstverständlich und auch zwar auch auf Kosten von Unternehmen durchzusetzen.

Märkte ohne objektive und relevante Information? Nur noch PR-Geblubber der Unternehmen? Nein, Märkte und ein sinnvoller und verantwortlicher Wettbewerb funktionieren nur dann, wenn auch die schwächeren Marktteilnehmer informiert sind. Lebensmittel-Lobby, Radikalkapitalisten, Neo- und Wirtschaftsliberale möchten jedoch eine objektive Kundeninformation durch staatliche Stellen verhindern. Sie möchten verhindern, dass verfügbare Information öffentlich gemacht wird und nennen es "weniger Staat".

*Ordoliberal ist natürlich nur derjenige, der bereit ist, sich zugunsten von Konsumenten und Arbeitnehmern auch gegen die Interessen von Wirtschaftslobbyisten zu wenden. Die klientelistische Dreckstruppe von der FDP und deren bloggenden Aktivisten mögen alles Mögliche sein, aber nie und nimmer sind sie ordoliberal.

Von der demokratiefeindlichen Kurzlebigkeit der Medien

Mein Eindruck ist dieser: Die Geschwindigkeit im Nachrichtenwesen ist kontinuierlich angestiegen, und das Internet hat diesen Prozess nochmals beschleunigt. Informationen werden schneller produziert und gelangen schneller zu Lesern, Hörern und Guckern. Eigentlich ist das nicht schlecht, sollte man denken, jedenfalls dann, wenn man von einer gewachsenen Oberflächlichkeit bei der Nachrichtenproduktion absieht.

Es sind vor allem der Neuigkeiten- und Sensationswert, der die Nachricht macht. Vermutlich auch die Eignung zur Emotionalisierung. Das Dumme daran ist, dass damit kein adäquates Bild der Welt geliefert wird. Sobald ein Thema nicht mehr "neu" genug ist (z.B. die Nichtveröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten), wird es fallen gelassen, so, als ob innerhalb der Medienbetriebe vielen wichtigen Themen gegenüber Gleichgültigkeit herrscht. Hauptsache, jeden Tag bzw. jede Woche kommt etwas anderes Neues.

Es gibt nun geschickte Einflussgruppen (z.B. die INSM) oder ideologisch geprägte Journalisten (z.B. der Islamphobiker Broder), welche ihre Themen immer wieder zu platzieren verstehen. Aber dann, wenn es bei einem Thema keine Stütze durch Lobbies, Parteien oder Ideologen gibt, dann erweist sich der politische Meinungsjournalismus in Deutschland als, hmm, ich sag mal: hühnerhaft. Von richtungsloser, tagesaktueller Beliebigkeit geprägt.

Hauptsache, es wird gegackert. Wenn sich eine politische A- oder B-Prominenz oder ein abgehalfteter Wirtschaftswissenschaftler finden, die irgend ein schwachsinniges, dafür aber möglichst drastisches Statement von sich gegeben haben, dann wird das sofort nachgegackert. Das ist so mühelos und fix. He said she said. Und wichtige Themen, wie z.B. die teils unsägliche Situation "illegaler" Migranten in unserem Land finden in unseren Medien einfach nicht statt.

Ich denke aber, dass unsere Demokratie und die Bürger ein Recht darauf haben, vernünftig unterrichtet zu werden.

Wir sollten es nicht dulden, wenn uns stattdessen bequeme Verlautbarungen, Fertigkost der Lobbyisten, unkritisches "embeddet reporting", ungefiltertes "Think Tank"-Gerülpse, Kampagnendreck, verdrehte Darstellungen und sogar unveränderte PR-Kacke entgegengeschmiert werden.

17 September 2006

Der Antiglobalisierungspilz und das antiamerikanische Parfüm

Es gibt ihn. Er ist der klassische Vorgartenpilz und gedeiht im Spätsommer nach längeren Wärmeperioden, unverzüglich nach einem Regenguss. Dann schießt dieser rätselhafte und schmackhafte Pilz aus der Erde, welcher sich jedem längeren Transport entzieht, und zwar durch Selbstauflösung in eine tintenartige, stinkende Flüssigkeit. Sozusagen ein Antiglobalisierungspilz.

Der Schopftintling (endlich habe ich in meiner Nähe einen Standort gefunden!) hält sich nach der Ernte nur etwa 2-4 Stunden, hier nutzt auch keine gekühlte Lagerung und er muss daher unverzüglich nach dem Fund zubereitet werden. Doch das lohnt sich: Ein mild gesalzenes und gepfeffertes Pilzomelett mit Schopftintlingen schmeckt sensationell!

Durchaus lohnenswert, wenngleich nicht sensationell, ist der Film "Das Parfüm". Mir persönlich ist die Geschichte zu simpel erzählt, der Film beginnt mit einem zu geruhsamen Rhythmus, es gibt eine Reihe von Unstimmigkeiten, außerdem sind die Bilder oft zu opulent und übertrieben. Müssen tatsächlich alle Verkäufer auf einem Pariser Fischmarkt gänzlich dreckverschmiert sein? Sehr glaubwürdig ist das nicht. Muss es gleich eine Massenorgie sein, wenn das behandelte Thema eigentlich nicht Sex, sondern Zuneigung ist?

Einzelne Einstellungen (z.B. die Selbstmordszene des Massenmörders nach dem Entstöpseln der Parfümflasche) sind zu gedehnt und fast schon werbefilmartig übertrieben. Und warum soll ein winziger Windhauch des Parfüms in der Lage sein, Massen zu hypnotisieren, wenn zum Schluss ein der Parfümflasche entweichender ganzer Tropfen auf dem Fischmarkt überhaupt nichts mehr bewirkt? Einiges in diesem Film ist m.E. unlogisch bzw. schlecht erzählt.

Die Filmemacher hätten sich selbst, dem Autoren und den Zuschauern einen Gefallen getan, wenn sie den Täter emotionaler und packender dargestellt hätten. Man hätte die Zuschauer an der inneren Not des Geruchtsfetischisten besser teil haben lassen können, an Grenouilles Leiden an der Lieblosigkeit in seiner Existenz. Die seltsame und streckenweise langweilige Hauptfigur wirkte zwar unheimlich, aber in der gezeigten Form leider auch reichlich unpersönlich.

Und doch lohnt es sich, diesen Film anzuschauen, der eine Aufmachung zwischen Kostüm- und Märchenfilm hat. Mich selbst hat zunächst die Filmmusik in den Film gelockt, die durchaus nett ist, aber sie ist leider doch nicht so vordergündig und kreativ, wie ich ursprünglich gehofft hatte. Mit den Choralstimmen haben es die Komponisten übertrieben, deren Harmonik hätte komplexer und weniger repetiv ausfallen können.

Trotzdem schön.

Das Publikum im rappevollen Kino war ziemlich ergriffen, allerdings hatte ich den Eindruck, dass sich viele Leute wegen der drastischen Parfümgewinnungsszenen ordentlich geekelt haben. Schön fand ich die hübschen rothaarigen Frauen, und alle Marktplatzszenen bis zur Orgie, welche mit ihren Bildern interessant ist, aber doch nicht wirklich zum Film passt.

Amerikakritik

Die vorherige Szene, wo die Massen gnadenlose, absurd brutale Rache fordern, wirkt wie eine Kritik an Bushs Amerika. Sicherlich nicht zufällig, wenn man bedenkt, dass quasi Rumsfelds Waterboarding als Foltertechnik vorgeführt wurde, quälend, sinnlos und grausam. Und auch die beiden anderen Filmstellen, die auf Folter Bezug nehmen, kritisieren mit der Darstellung von Fehlverurteilungen jegliche Folter sowie einen Rechtsstaat, der auf Basis erpresster Geständnisse überaus harte Handlungen vollzieht.

Übergangslos wandelt sich die Marktplatz-Szenerie in eine Art Popstar-Aufführung, leicht satirisch verfremdet, und das ist m.E. ganz wunderbar dargestellt. Das Casting der Nebenrollen gelang hervorrangend. Dustin Hoffmann war großartig und gab dem Film an entscheidenden Stellen eine leichte Note. Überaus wunderbar auch immer wieder die schöne Erzählstimme von Otto Sander.

Doch, der Film hat sich gelohnt. Interviews zum Film: hier, hier, hier, hier und hier.

P.S. Neoconnards werden sich ärgern - und sollten den Film besser nicht gucken.

10 September 2006

Deans seltsamer Kürbis-Eintopf (1,80 Euro, 2 Liter)

Meine Experimentiersucht beim Kochen ist mitunter fürwahr gnadenlos. Man nehme:
  1. Einen Zierkürbis (ca. 500 Gr., 50 Cent) => Kerne entfernen, und mit einem Löffel aushöhlen. Das dabei gewonnene, faserige Kürbisfleisch: Hinein in den Eintopf!
  2. Zirka ein halbe Dose Erbseneintopf (ca. 400 Gr., 25 Cent) mit Räucherspeckgeschmack. Ja, genau! Dieses eigentlich unbekömmliche Zeugs von Lidl, Aldi, Penny oder Plus usw. , das selbst unter Bedingungen wirtschaftsfreundlichster Einkommen kaum jemals freiwillig zweimal hintereinander gegessen wird: Hinein in Deans seltsamen Kürbis-Eintopf!
  3. Tiefkühlpaprika, höchst praktisch fertig geschnitten (ca. 400 Gr., 60 Cent) => Hinein!
  4. Frischer Weißkohl (ca. 400 gr., 20 Cent), in zirka 2 x 2 cm große Stücke geschnitten => auch dies hinein!
  5. Eine Dose Kidneybohnen (ca. 400 Gr., 25 Cent), inklusive der süßlichen Tunke => ab dafür!
Den ganzen Kram koche man nun 45 Minuten lang (oder stelle ihn unter gelegentlichen Rühren eine Stunde lang in einen auf 200 Grad erhitzten Backofen, wobei man als oberste Schicht den Weißkohl nimmt - so schmeckt der Eintopf noch besser). Je nach Geschmack mit Pfeffer abschmecken. Falls vorhanden: Frische Petersilie drüberwerfen. Fertig.

Seltsamerweise schmeckt dieser Eintopf äußerst lecker. Die herben Anteile der Zutaten verbinden sich in diesem Eintopf auf eine überraschende und gelungene Weise.

Variante: Nachdem der Eintopf gekocht wurde, menge man in ihn das ausgelöste Fleisch von zwei gegrillten Hähnchenschenkeln (inkl. der klein geschnittenen gerösteten Haut), und schmeckt Deans Hühner-Kürbis-Eintopf mit Pfeffer und Zitronensaft ab.

09 September 2006

Glanzpunkte des Bloggens: Lobbycontrol!

Via F!XMBR bin ich auf das aktuelle Gutachten von Lobbycontrol gestoßen, welches die pseudopluralistischen Sendungen von Christiansen unter dem Aspekt von Themen- und Gästewahl systematisch untersucht.

Ich halte dieses Gutachten (auch in der PDF-Kurzfassung) für sehr lesenswert, und es ist eine sehr gute Idee, beim Autorenteam das vollständige Gutachten für fünf Euro zu erwerben (inkl. Versandkosten).

Und nun zum Thema der Woche:

Ist es nicht ein Trauerstück für unsere Medienkultur, wie das verfassungsfeindliche Gutachten des Sachverständigenrats von Politik und Presse umgedeutet wird, statt es dem Inhalt nach zutreffend darzustellen? Diese "Weisen" fordern tatsächlich eine pauschale (!) Kürzung von ALGII, bei 2,8 Millionen Menschen, unterhalb des Existenzminimums. Dieser üble und nicht wegdiskutierbare Verfassungsbruch ist das "Kernstück" des Gutachtens und hierbei handelt es sich nicht, wie manche strukturelle Analphabeten behaupten, um Kürzungen, die sich nur im Fall von Arbeitsverweigerung ereignen sollen.


Für diese 2,8 Millionen Menschen sollen lediglich 400.000 zusätzliche Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden, allerdings hätten diese die ersten 200 Euro Zuverdienst (so jedenfalls der sogenannte Sachverständigenrat) komplett abzuführen! In der Folge würden auch die bisherigen und künftigen Aktivjobber (bei max. 1,60 Euro Zuverdienst pro Stunde) unterhalb des Existenzminimums rutschen, jedenfalls nach den 156 PDF-seitenlangen Empfehlungen dieser sogenannten Sachverständigen...

Was von Rechtsbloggern angesprochene, nicht arbeitsfähige "Kranke" betrifft, die man von diesen Kürzungen ausnahmsweise verschonen möchte (Zitat: "Im Klartext: Wer beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kann, bekommt weiterhin den alten, ungekürzten Satz."): Das ist ein richtiggehend blödes Argument, denn Arbeitsunfähige sind ohnehin keine ALGII-Bezieher.

P.S. Statler, Sie haben mit Ihrer Kritik an Glos recht, was kein Kunststück ist, aber Sie sind und bleiben ein eklektizistischer Trottel!

07 September 2006

Was ist los mit unseren Wirtschaftssachverständigen?

Die vermeintlich oder tatsächlich klügsten ökonomischen Köpfe unseres Landes, jedenfalls vier der insgesamt fünf "Sachverständigen" haben nun Vorschläge gemacht, welche nichts weniger als einen Verfassungsbruch darstellen. Und überdies einen Anschlag auf die Menschenwürde.

Ist es ein unterschwelliger Hass auf die Arbeitslosen, welche jeden Tag erneut und gleich siebenmillionenfach die Kompetenz dieses möglicherweise weit überschätzten Berufsstandes unterminieren? Oder gibt es einen anderen Grund dafür, zu fordern, dass Arbeitslose bitteschön hungern und beachtliche 30 Prozent unterhalb des Existenzminimums versorgt sein sollten? Trotz der Kritik der letzten Tage haben sie diese Vorschläge nicht zurückgenommen:
"Das Arbeitslosengeld II bietet sich aus mehreren Gründen als Ausgangspunkt für eine Reform geradezu an. Um einen Beschäftigungseffekt zu erzielen, müsse es um 30 Prozent gesenkt werden."
Sie sind in nahezu jeglicher Hinsicht privilegiert, bestens bezahlt, hoch gebildet, und noch höher geachtet und dennoch fällt vier dieser Experten nichts weiter ein als eine Bitte an die Regierung, Notleidende bitteschön endlich richtig hungern zu lassen.

Ich halte es vor diesem Hintergrund für durchaus erwägenswert, diese menschenverachtenden "Sachverständigen" wegen Aufrufs zum Sturz unserer verfassungsmäßigen Ordnung zu belangen bzw. in Bezug auf die von ihnen betriebene Politiker- und Volksverhetzung zu bestrafen wie z.B. neonazistische Drecksäue.

Was ist los mit unseren Wirtschaftssachverständigen?

Guten Tag!

06 September 2006

Das Rüstungsmerkel

Das Wachstum liegt über 2 Prozent, die Steuereinnahmen sprudeln deutlich stärker als gedacht, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs nimmt deutlich zu und es gibt sogar Milliardenüberschüsse in der Arbeitslosenverwaltung.

Dies wäre ein richtig guter Zeitpunkt für den Verzicht auf die geplante Mehrwertsteuererhöhung, in Verbindung mit einer energischen Haushaltskonsolidierung in Bund und Ländern. Gleichzeitig könnte die Regierung die Monopolgewinne auf dem Strommarkt abschöpfen und für die Bürger eine Gesundheitsreform durchführen, welche Kosten senkt (!), für Anbieter den Wettbewerbsdruck erhöht und z.B. den Umstand korrigiert, dass wir in Deutschland die weltweit höchsten Pharmapreise zahlen.

Weit gefehlt! (siehe ihr verlogenes Interview: "Ich mache nur meine Arbeit")

Zum ersten Mal seit Beginn ihrer Kanzlerschaft äußert sich jedoch die ansonsten sich gerne nebulös oder banal gebende Kanzlerin Merkel sehr eindeutig zu den vor ihr gewünschten politischen Zielen: Das Rüstungsmerkel möchte die Rüstungslasten deutlich erhöhen!

P.S.
Jede Wette: Neoconnards finden das gut. Der abgefuckte deutsche Klientelverein, die FDP ist ohnehin für deutlich höhere Rüstungsausgaben.

02 September 2006

Semantisches Web vor dem Durchbruch!

Bislang hatte ich vermutet, dass alle Entwicklungsversuche eines sogenannten semantischen Webs scheitern werden. Genauso jämmerlich wie die vormals gehypten "PBNs" und automatisierter Contentmüll bzw. misslungenes Personalisierungszeugs aus den NE-Hypejahren 1997ff. Weit gefehlt!

Eric Klepptenberger stellt in Telepolis mit F.I.C.C. eine bahnbrechende Entwicklung vor. F.I.C.C. hebt das Internet mit einem klatschnassen Schlag auf die Version Web 8.43, und zwar durch die Lösung aller (!) Contentprobleme. Zukunftsträchtig und sehr lesenswert. F.I.C.C. the WWW!

Ja: Der alles verändernde Durchbruch ist da.

01 September 2006

Sanktionen gegen den Iran - jetzt!

Auch auf die Gefahr hin, dass die ggf. notwendigen Sanktionen deutsche Arbeitsplätze kosten werden, Schätzungen in der Sueddeutschen gehen von bis zu 10.000 Stellen (= berufliche Existenzen!) aus, und auch auf die Gefahr hin, dass Sanktionen die Fronten verhärten könnten, befürworte ich erste Sanktionsschritte.

Der Iran, der es z.Zt. nicht für nötig hält, auf Ultimaten der UNO zu reagieren, sollte zu adäquaten Reaktionen gezwungen werden. Allerdings befürworte ich im Augenblick solche Sanktionen, welche ohne Gesichtsverlust für alle Beteiligten schnell und problemlos aufgehoben werden können, sobald vom Iran ernsthafte Reaktionen auf die vorgelegten Angebote kommen.

Sollte die Führung des Irans darauf abzielen, sich gegenüber der eigenen Bevölkerung als besonders "standhaft" darzustellen, so kommt es dann m.E. darauf an, dem Iran die Dummheit seines Verhaltens zu verdeutlichen und die Sanktionen an relativ leicht erfüllbare Bedingungen zu knüpfen. Es kommt also nicht auf eine besonders drastische "Strafe" an, sondern darauf, dass am Ende die Verhandlungen zu einem Ergebnis führen.

Die internationale Staatengemeinschaft hat immer noch mehrere Jahre Zeit, um endlich eine Lösung zu erzielen, deshalb, weil der Iran gewiss noch viele Jahre benötigt, bevor er Atomwaffen fabrizieren kann. Sofern er das überhaupt will (!), und diesen Konflikt nicht allein deshalb hochpuscht, um sich mit Hilfe eines außenpolitischen Konfliktes im Innern zu festigen!

Denn die Zeit läuft den iranischen Ayatollahs weg, die Jugend im Iran ist längst schon im Westen angekommen. Und auch in anderer Hinsicht läuft dem Iran die Zeit weg: Falls 2008, wider Erwarten, ein Republikaner die amerikanische Präsidentschaftswahl gewinnen wird, so wird es für den Iran, was die Bedrohung durch Krieg und Militärschläge betrifft, recht schnell brenzlig werden.

Denn: Die Republikaner in den USA verfolgen eine den iranischen Ayatollahs durchaus ähnliche Strategie in Bezug auf die innenpolitische Nutzung außenpolitischer Konfliktkonstellationen.

E
in Krieg zwischen Iran und USA könnte unter diesen Bedingungen schneller Wirklichkeit werden, als es die Beteiligten wollen. Dass sich beginnende Eskalationen mitunter nur sehr schwer bremsen lassen, ließ sich zuletzt im jüngsten Libanonkrieg studieren. Ich vermute sehr stark, dass auch dies ein Konflikt war, der von den Beteiligten weder wirklich gewollt noch geplant war. Die Eskalation der Worte, die zur Zeit z.B. seitens von Rumsfeld und Ahmadinedschad stattfindet, ist am Ende ggf. nicht nur ein Krieg der Worte.

Hmm. Irgendwie sind Rumsfeld und Ahmadinedschad wie Pat und Patachon - sie benötigen sich zur Profilierung gegenseitig. Beide sind wahre Komiker, aber nun leider gefährlich für den Frieden in der Welt. Warum eigentlich ist es nicht möglich, für Politiker dieses Schlages per Welt-Volksentscheid ein Celebrity Deathmatch anzusetzen??

I
m Übrigen vermute ich, dass es zur iranischen Politik gehört, durchaus auch aus Angst vor dem amerikanischen Drohpotential, die Militärmacht der USA im Irak zu beschäftigen und zu binden, u.a. durch Unterstützung des Aufstands gegen die amerikanische Besatzung sowie durch Anstachelung des Nahostkonfliktes.

Auf diese Weise, u.a. durch Verhinderung amerikanischer Rückzugsschritte im Irak, erhofft sich der Iran zudem, antiamerikanische arabische Stimmen und islamistischen Fundamentalismus zu unterstützen. Dies ist ein Spiel mit dem Feuer. Es liegt im Interesse der Weltgemeinschaft, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen, im Idealfall auf eine Weise, welche den Iran einbindet.