Falsche Ideale und das Auseinanderfallen staatlicher Ordnung
Minimalstaatsfanatiker haben schlechte Argumente. Denn kein "Minimalstaat" kann das notwendige Zusammenspiel aus sozialer Sicherheit und staatlicher Ordnung gewährleisten. Schon garnicht im Sinne einer fortschrittlichen und an Menschenwürde orientierten Demokratie.
Die wirtschaftslibertäre Ideologie ist Vollschrott, was z.B. auch mit dem "libertären Labor" bzw. den Vorgängen in Somalia belegt werden kann, einem Staatsgebilde ohne Staat.
Vergleicht man die Staatsquote in den USA (36 Prozent) mit der aktuellen deutschen Staatsquote (46 Prozent), so fällt auf, das der deutsche Bürger weitaus mehr (!) vom Staat hat. Es ist nun nicht so, dass bei uns alles Staatliche optimal ist, keineswegs, aber es kommt m.E. darauf an, was für einen Staat man hat, wie effizient der Staat ist und welche Leistungen er erbringt.
Eine geringere Staatsquote führt keineswegs automatisch zu einem Plus an Wohlfahrt.
Im Übrigen hat es bei der Staatsquote auch keinen so dramatischen Wandel in Deutschland gegeben. Konrad Adenauer regierte mit einer Staatsquote von 37 Prozent, heute liegt sie bei 46 Prozent, und dies trotz Wiedervereinigung (die etwa 5 Prozentpunkte ausmacht). 1980 lag sie bei 48 Prozent.
P.S. Wiedeking hat wieder einmal Recht. Sehr lesenswert ist auch der Artikel von Harald Schumann, "Macht ohne Mandat", in dem er die Tätigkeit, den Einfluss und die manipulativen Taktiken der Bertelsmannstiftung darstellt.
7 Comments:
Zu "Macht ohne Mandat", der Tagesspiel gehört zur Holtzbrinck-Gruppe einem der schärfsten Konkurrenten von Bertelsmann. Holtzbrinck gehören zahllose Zeitschriften und Buchverlage allein in Deutschland run 80 Stück. Weiterhin ist Holtzbrinck auch im englischsprachigen Ausland aktiv.
@anonym
Da sieht man mal wieder den Wert von Wettbewerb und Vielfalt...
Ich bin jedenfalls beeindruckt von der großen Sorgfalt, die im Tagesspiegel-Artikel steckt.
@Che
Oder die AEI, an der man heutzutage kaum vorbeikommt (wie z.B. der Militarist Clemens Würgin vom Tagesspiegel).
So schön eine Vielfalt der Denkfabriken also sein mag, es bleibt ein Problem, dass diese nicht etwa die Vielfalt in der Bevölkerung reflektieren, sondern i.d.R. das politische Einflussinteresse einer recht kleinen Schicht.
Auch insofern ist der verlinkte Tagesspiegel-Artikel überaus Augen öffnend, wie ich finde.
Brasiliens Staatsquote ist, gemessen an seinem Umfeld nicht besonders niedrig, ganz im Gegenteil. So ist in Chile, wo seit dem Ende der Diktatur die Sozialisten stets mitregierten, die Staatsquote wesentlich niedriger. Dennoch kennt Chile die brasilianischen Probleme nicht.
Die Staatsquote eignet sich nicht dafür als Zahl für sich gepriesen oder verurteilt zu werden. Während in einem Land eine Quote von 40% "zu hoch" sein kann, so mag in einem anderen Land die Quote ohne Probleme 56% betragen. Mentalitätsunterschiede, die Größe eines Landes usw. spielen hier rein.
Zu den USA: Dort ist die Ausgestaltung, z.B. der sozialen Fürsorge Länder, bzw. Gemeindesache. So gibt es durchaus deutliche regionale Unterschiede. Einige Staaten (oder sogar Gemeinden) erheben höhere Steuern um ein ausgeprägtes soziales Netz zu finanzieren. Während Texas hier sehr restriktiv ist (und dafür niedrige Steuern bietet) gehen manche Staaten einen anderen Weg. So gibt es zukünftig in Massachusetts eine Krankenversicherungspflicht:
http://www.washingtonpost.com/
wp-dyn/content/article/2006/04/04/
AR2006040401937.html
(Etwas, was vermutlich im Endeffekt günstiger ist, als das Abschieben aller Unversicherten in die Notaufnahme der Krankenhäuser (die jeden mit oder ohne Versicherung behandeln müssen) in den Staaten ohne solche Regelungen).
Meines Wissens plant auch Kalifornien eine Regelung im Bereich der Krankenversicherung. Wie dort üblich wird dies aber in einem domokratischen Prozeß per Volksabstimmung durchgeführt.
Entschuldige bitte den Kommentar-Spam, ich hatte hier immer die blogspot.com-üblichen Timeouts und der Kommentar wurde nie gepostet und jetzt steht er dreimal da.
Bitte löschen ;)
Persönlich gelange ich mehr und mehr zu folgender Fragestellung:
Ich hatte keine Chance, an einer Wahlurne gegen Mitwirkung der Bertelsmann-Stiftung an Kommunal-, Bundes- oder Landespolitik zu stimmen, ich kann sie nicht abwählen, das Grundgesetz meines Landes sieht auch keine Mitwirkung einer einzigen mächtigen "Bertelsmann-Stiftung" am politischen Geschehen vor.
Ich habe auch keinen Einfluss auf die Politik dieser Stiftung, meine Mitwirkung als Bürger ist da nicht vorgesehen, ausser vielleicht in Form eines wohlwollenden Abnickens der paternalistisch-autoritären politischen Vorstellungen der Mitglieder des Mohn-Clans.
Gibt es also überhaupt Gründe, sich persönlich an politische Beschlüsse und Anweisungen gebunden zu fühlen, die unter maßgeblicher Mitwirkung dieser Stiftung entstanden? Unabhängig von deren sonstiger Legitimität? Oder einfacher formuliert: Haben Herr oder Frau Mohn mir irgend etwas zu sagen? Nein.
Sie haben die Möglichkeit wie jeder andere Bürger auch, über Wahlen, Abstimmungen, Leserbriefe, Blogs oder Diskussionen mit ihrem Wahlkreis-Abgeordneten Einfluss zu nehmen. Alles andere ist ungerechtfertigter Murks, Missbrauch des Stiftungsrechts, Neo-Feudalismus und eine Gefahr für die Demokratie.
Und Parteien, die mit dieser Stiftung zusammenarbeiten, werden sicher Verständnis dafür haben, dass sie auf meine Stimme zukünftig verzichten müssen. Das ist für mich das Mindeste. Sie hätten sich das vorher überlegen sollen.
@c.lapide
Die Sache mit den Volksabstimmungen gehört m.E. zu den (vielen) großartigen Dingen, welche die USA bieten, allerdings bin ich vom kalifonischen Modell nicht so ganz überzeugt.
Was die USA allerdings auf bundesstaatlicher Ebene bieten, dass ist z.B. ein (verglichen mit Deutschland) anteilig sehr hoher Staatsverbrauch, bei gleichzeitig hoher bürokratischer Inkompetenz und außerordenlich geringen Leistungen für die Bürger. Dafür bedient sich der Rüstungssektor umso ungehemmter.
Würde man in den USA die privat erzwungenen Ausgaben im Bereich Gesundheit und Bildung in die Staatsquote reinrechnen (um eine bessere Vergleichbarkeit zu erreichen), käme man wohl zum Ergebnis, dass das deutsche System insgesamt nicht nur billiger und effizienter ist, sondern für die Bürger auch mehr bietet.
Und das ist erstaunlich, überaus erstaunlich, wenn man z.B. bedenkt, welch Schindluder in Deutschland bzw. in der EU mit Subventionen getrieben wird.
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