24 Mai 2009

Linksliberalismus 2.0 blüht und gedeiht!

Schaut man sich ein wenig um, in diversen Foren, in Blogs, aber auch in den Parteien an der Basis, so wird man finden, dass eine neuer, zeitgemäßer und streitlustiger Linksliberalismus blüht und gedeiht. Der Zeitgeist dreht sich! Fast überall dort, wo bislang radikale Marktliberale und Wirtschaftsliberale die Diskurse prägten, sind diese unübersehbar in die Defensive geraten. Im Tagesspiegel-Kommentarbereich, als Beispiel, werden die Diskurse nunmehr zunehmend von Leuten wie S. Theile geprägt:

"Die Marktwirtschaft gewährleistet, daß knappe Ressourcen sinnvoll verwaltet werden. Das macht sie in der Tat zu einem starken System. Dadurch ist sie aber noch lange nicht gerecht und schon gar nicht moralisch, auch wird sie nicht bereits dadurch demokratisch legitimiert, weil es Menschen sind, die an ihr teilnehmen.

Was ich im Kühlschrank habe, um bei Ihrem Bild zu bleiben, ist zuerst Ausdruck meiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die davon bestimmt ist, was ich mit meiner Arbeitskraft am Markt erzielen kann. Wenn etwa ein Erwerbstätiger nur 5€/h verdient, dann spiegeln sich darin zwei Erscheinungsformen von Macht. Jene des Arbeitgebers, der diese Situation ausnutzen kann, und jene des verbrauchenden Arbeitnehmers, welcher in Wirklichkeit nichts entscheiden kann, weil er das kaufen muß, das am billigsten ist." (Quelle)

Analysiert man die deutsche politische Blogosphäre (der Spiegelfechter und "Wahlradar" haben sich damit beschäftigt), und unterscheidet man bei den dort etwas über 500 betrachteten Politblogs zusätzlich zwischen Rechts- und Linksliberalen, so wird man feststellen, dass ein sozial progressiver, moderner Liberalismus - bei den Blogs - inzwischen sogar die stärkste Kraft unter allen politischen Richtungen ist.

Der - so nenne ich ihn - Linksliberalismus 2.0 ist zwar noch lange nicht bei den ökonomischen und politischen wirtschaftlichen Eliten angekommen. Der Weg wird noch lang sein.

Aber das wird schon.

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20 Mai 2009

EuGH stützt berufsständisches Monopol - zum Apothekenurteil

Die ungerechten Schandrichter der EU-Kommission (EuGH) haben gestern erneut ein Urteil gegen die Verbraucher und zugunsten wirtschaftlicher Monopole gefällt. Um den Wettbewerb zu stoppen und den damit verbundenen, notwendigen Verfall der Handelsspannen in der Apothekenbranche, hat der EuGH Apothekenketten die Anstellung von Apothekern verboten. Der EuGH bestätigte (!) das Apothekenmonopol aus dem Jahre 1241 (quasi...) und untersagt erschwert hiermit die wirtschaftliche Tätigkeit für Apothekenketten wie DocMorris - und zwar erheblich.

Begrüßt wurde dieses "Urteil" von der üblen - und m.E. unsozialdemokratischen - Gesundheitsministerin U. Schmidt, die mit ihrer Politik das Gesundheitssystem i.d.R. zugleich verteuert und verschlechtert. Im Namen der Bundesregierung sagte sie:
"Mit seinem heutigen Urteil hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg Rechtsklarheit geschaffen. Die Bundesregierung begrüßt, dass der Gerichtshof das deutsche Fremdbesitzverbot bestätigt hat."
Die Fraktion der LINKEN hat dieses Drecksurteil ebenfalls sogleich bejubelt. Kein Zweifel: Die CDU begrüßt das Urteil auch, die pseudoliberale Klientelistenpartei FDP sieht sich "in ihrer Haltung bestätigt", und auch Heribert Prantl liegt deutlich daneben, in diesem Fall, weil nach seiner Auffassung endlich einmal ein Urteil zu Lasten privater Profite gefällt worden sei. Ich sehe es genau umgekehrt: Der EuGH urteilte hier zugunsten übergroßer privater Profite. Im deutschen Apothekenmarkt gibt es leider zu wenig Wettbewerb und Markttransparenz.

Wer nun aber glaubt, dass auf diese Weise die Apothekenkette DocMorris gestoppt werden könne, der irrt sich. Trotz EuGH-Urteil wird DocMorris seine Filialpräsenz weiter ausbauen - indem er (siehe Interview im Handelsblatt) auf sein Franchise-System setzt.

P.S.
Da der EuGH hier zugleich urteilte, dass Fragen des Gesundheitssystems von den Nationalstaaten souverän und unabhängig von der EU-Kommission geregelt werden dürfen, ist das Urteil trotzdem ganz okay. Das Problem ist diesmal also eher Ulla-Trulla denn die Machtfülle der EU-Kommission bzw. des Marionetten-Gerichtes EuGH.

+++ Update +++

Einen guten und differenzierenden Bericht zu den ordnungspolitischen Problemstellungen beim EuGH-Apothekenurteil liefert nicht etwa die selbst ernannte "Qualitätspresse" (SpOnFAZWELT usw.), sondern der ohnehin oft überragende Peter Mühlbauer im Magazin Telepolis.

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13 Mai 2009

BMI jagt unliebsame Blogger

Wie heute bekannt wurde, hat das Bundesministerium des Innern den Bloghoster von
"pantoffelpunk.de" über eine behördliche Verfügung (u.ä.) drängend aufgefordert, eine politisch unliebsame, satirische Webseite vollständig zu sperren - und damit vollständig aus dem Netz zu drängen.

Ich dagegen finde: CDU-Schäuble ist ein skandalöser Dreckspolitiker - das BMI ist in schlechten Händen.

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11 Mai 2009

Was sagt eigentlich... die FDP zur Idee mit den Bad Banks?

Nichts.

Die wortwörtliche Formulierung der Assistentin von Dr. Hermann Otto Solms lautet, auch im Namen von Herrn Solms und der FDP-Fraktion:
"Da haben wir nichts".
Man möchte seitens der FDP-Fraktion nichts Kritisches dazu sagen und erst einmal abwarten, wie der Vorschlag aus den Finanzministerium genau aussieht. Ein eigenes Alternativmodell könne man leider vorab nicht erarbeiten, deshalb, weil es hierzu an "Kompetenz und Expertise" innerhalb der FDP fehle. Soweit jedenfalls das Büro Solms. Ohnehin ist man seitens der FDP der Auffassung:
Das "Bad Bank-Modell geht in die richtige Richtung. Dieses Modell zur Bereinigung der Bankbilanzen war überfällig."
(Vervollständigungen zu diesem Bericht: Eine Nachfrage bei der FDP-Fraktion am heutigen Tage, Büro Solms - der finanzpolitsche Sprecher der FDP - ergab, via Frau Ẵnett Wỉtt℮, dass die FDP die Schaffung von "Bad Banks" grundsätzlich sehr unterstützenswert findet, dann, wenn es dabei nicht zur Schaffung einer zentralen "Bad Bank" kommt. Stattdessen soll, ganz wie von Herrn Jörg Asmussen - dem eng mit den Banken zusammen arbeitenden Staatssekretär von Steinbrück - vorgeschlagen, sowie von den vom Bundesfinanzministerium engagierten bankwirtschaftlichen Anwaltskanzlei rechtlich vorbereitet und ausgearbeitet, jeweils dezentrale "Bad Banks" geschaffen werden. Nach Angaben der FDP-Fraktion sei es so, dass innerhalb dieser Anwaltskanzlei spezielle Wirtschaftsberater tätig seien, welche für Herrn Jörg Asmussen die Politik ausarbeiten. Innerhalb des Finanzministeriums werde das Gesetz zur Schaffung von "Bad Banks" jedenfalls nicht formuliert, dazu sei es viel zu komplex. Das Finanzministerium verweigert sich im Übrigen jeder Rückfrage seitens der FDP. Der Plan der Anwaltskanzlei sei dennoch gut. Jedes Institut erhält also ihre eigene "Bad Bank". Das insgesamt hunderte Milliarden Euro umfassende Geld soll wiederum vom Steuerzahler kommen und es soll nach Ansicht der FDP-Fraktion via SoFFin in die "Bad Banks" gepumpt werden, welche damit wiederum ihre jeweilige Mutterbank finanzieren. Auf diese Weise könne der Interbankenhandel belebt werden. Das Beispiel Schweden habe, so die FDP-Fraktion, in hinreichender Weise gezeigt, dass der Staat auf diese Weise sogar noch Geld verdienen könne. Auf meine Gegenfrage, wie sich diese vermeintliche Werthaltigkeit toxischer Papiere ereignen solle und wie es denn passieren könne, dass beispielsweise a) wertlose und b) innerhalb der nächsten 10 Jahre endgültig verfallene amerikanische Immobilien-Anlagen wieder werthaltig werden können, antworte die Assistentin von Herrn Solms, im Namen der FDP-Fraktion, dass "man das ja noch garnicht wisse", außerdem sei ja "ein Teil werthaltig". Den möglichen Fall, dass die jeweiligen "Bad Banks" infolge nicht hinreichender Werthaltigkeit am Ende tatsächlich bankrott gehen und dementsprechend die Steuerzahler - via Soffin-Krediten - stark belasten, diesen Fall halte man für nicht erwägenswert. Im Augenblick gehe es darum, dass das Misstrauen der Privatbanken untereinander ausgeräumt werde und dass die Banken für ihre Geschäfte genügend Liquidität zur Verfügung gestellt erhalten. Dazu seien "Bad Banks" gut geeignet. Die relevanten Risiken würden dabei von privaten Institutionen getragen werden. Die Steuerzahler werden bei diesem Prozess über a) Zinsen für die Soffin-Kredite sowie b) "Garantien", welche die "Bad Banks" ausstellen, völlig ausreichend geschützt. Man sehe das Kernproblem bei der Schaffung der "Bad Banks" darin, das die FDP-Fraktion in diesem Prozess unzureichend eingebunden werde. Weitere Probleme habe man damit nicht. Man möchte seitens der FDP diesen Prozess zur Schaffung von "Bad Banks", welche vom Steuerzahler Liquidität in Hundertmilliardenhöhe erhalten, positiv anerkennend politisch begleiten, weil das alles in die "richtige Richtung" ginge. Kommentar: Wer mag, darf sich nun beruhigt fühlen. Oder er macht sich, das wäre eine Alternative dazu, starke Sorgen hinsichtlich der Wirtschaftskompetenz der FDP kurz vor dem Wahlsieg von Schwarzgelb. Quellen für diesen Bericht sind, neben meinen persönlichen Gesprächen, dies hier und dieses hier. Man könnte es so sagen: Die FDP stellt die Jubelperser für Steinbrücks Übelbanken.)

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03 Mai 2009

SPIEGEL spinnt (Teil 1416, zirka) - und sieht Singapur als "Musterland" mit einer idealtypischen professionellen Regierung

Das neoliberal-konservative Zeitgeistmagazin SPIEGEL hält ein autoritäres Regime, welche gegen die Menschenrechte massiv verstößt, für ein echtes "Musterland", deshalb, weil es einen hohen Sauberkeitskomfort bietet- sowie Idealbedingungen für internationale Wirtschaftskonzerne. Der sehr mäßige, und ggf. moralisch vollends verrottete, Journalist Mark Fehr schreibt (hier) für den SPIEGEL über Singapur:
"Darüber hinaus ist das Musterland ein wahres Paradies für Firmen aus aller Welt: Es herrschen stabile politische Verhältnisse ohne Korruption, eine professionelle Regierung sorgt für hervorragende Infrastruktur und öffentliche Sicherheit. (...) Luftverschmutzung, Kriminalität, miese Hygiene - sonst in Asien an der Tagesordnung - bleiben den Mitarbeitern in Singapur erspart."
Tjanun, deutlich weniger Gutes schreibt Amnesty International über Singapur und seine Regierung.

(Es ist so: Rechts"liberale" wie im SpOn haben i.d.R. nur ein rein taktisches Verhältnis zu den Menschenrechten)

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01 Mai 2009

Neoliberalismus ist totalitär

In der Welt der vom Neoliberalismus direkt oder indirekt geprägten, und von der Arbeitsagentur bezahlten Karriereberater steht das "Sich-selbst-neu-Erfinden" nicht für eine intrinsische (also: wirklich selbst gewollte) Veränderung, sondern für ein nahezu totales Unterordnen des betroffenen Individuums unter die Erfordernisse externer Stellen.

(siehe Diskussion hier bei Che)

Man erwartet vom Individuum, es möge sich doch bitte gefälligst neu erfinden - und zwar durchaus auf das Gründlichste, bis hin zum Habitus und zu jenen Attributen, die eigentlich als ureigene Ausdrucksform des Individuums gelten. Frisch umgemodelt, wird der "Sich-selbst-neu-Erfinder" zu einer Vermarktungsmaschine, er "netzwerkt" zielgerichtet und ordnet seine sozialen Beziehungen gemäß den (vermuteten) Erfordernissen ökonomischer Verwertung am Markt.

"Der" (zu stark von Ungleichheit und Unfairness bestimmte) Markt wird hier zu einer deutlich herrschaftsähnlichen Kollektiv-Instanz, dem sich das zu Gestaltung fähige, aber ökonomisch schwache (oder: geschwächte) Individuum (mitunter inklusive seiner sozialen Beziehungen!) durch ein "Sich-selbst-neu-erfinden" unterwirft.

Das "Sich-selbst-neu-erfinden" wird hier, liebe Rechts"liberalen", zur Ausdrucksform eines totalitären Mechanismus.

Neoliberalismus ist totalitär - gezeigt an der Formation bzw. Deformation des Begriffes vom "Sich-selbst-neu-Erfinden". Beitrag gewidmet dem Tag der Arbeit 2009.

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