02 Februar 2006

Falsche Leitideen: Zur aktuellen Entführung um Irak

Erfreuliches

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unächst zu den erfreulichen Dingen: Auch bei der aktuellen Entführung verhalten sich die deutschen Muslime lobenswert und beziehen erneut klar Stellung. Der Leipziger Nikolaipfarrer Christian Führer, den ich als Persönlichkeit ohnehin sehr schätze, arbeitet übrigens mit muslimischen Organisationen in Leipzig eng zusammen.

Der Imam des Leipziger Moscheevereins, Hassan Dabbagh, hatte die Muslime der Stadt aufgerufen, sich an der Mahnwache zu beteiligen. "Wir sind traurig und tief entsetzt, dass diese beiden Männer in der Hand von Entführern sind", sagte Dabbagh am Donnerstag. Entführung und Erpressung hätten nichts mit dem Islam zu tun. "Unsere Religion verbietet so etwas"

Unerfreuliches

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u den Unerfreulichkeiten dieser Entführung, die kaum ein gutes Ende nehmen wird, rechne ich die Deutlichkeit, mit der zwei falsche Leitideen zur Situation beitrugen: Irakischer Islamismus und hemmungslose Profitgier.

Erstens also die absurde wie ekelhafte Haltung der Entführer, diese irakischen Islamisten, welche von Deutschland sogar die Schließung der Botschaft verlangen, sowie jegliche Beendigung der Zusammenarbeit mit irakischen Stellen. Als ob es keine Wahlen gegeben hätte.

Zudem drohen sie schamlos mit Geiselmord. Die Frankfurter Neue Presse schreibt:

"Sie verlangen die Schließung der deutschen Botschaft in Bagdad, den Abzug aller deutschen Firmen aus dem Irak und das Ende der Zusammenarbeit mit der irakischen Übergangsregierung. Außenminister Steinmeier sagte: «Die Lage entwickelt sich auch nach unserer Beurteilung ernst.»

Grüne und CDU warnten die Bundesregierung, sich den Forderungen zu beugen. Die Beziehungen zur legitim gewählten Regierung des Irak würden nicht abgebrochen, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Außenausschusses, Ruprecht Polenz (CDU). Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin: «Was sicherlich nicht gehen wird, ist, dass wir uns den Forderungen der Erpresser beugen.»"

Zweitens die nachlässige Haltung des Arbeitgebers der beiden Entführungsopfer, welche, so sieht es aus, am Kostenaufwand für den Schutz der Mitarbeiter gespart hat. Damit verfolgte sie zwar ihre eigenen Interessen auf Kosten des Lebens ihrer Mitarbeiter, und gab mit ihrer Haltung einen Beleg für die Dummheit anarchokapitalistischer Ideen, wie sie von Rechtslibertären z.B. bei Statlür und Wldorf propagiert werden. Thorsten Mandalka schreibt:

"Wieso also schickt der Arbeitgeber der beiden Ingenieure seine Leute offensichtlich weitestgehend ungeschützt hinein - mitten in diese Löwenhöhle namens "sunnitisches Dreieck"? Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Er musste Geld sparen oder er wollte Geld verdienen. In beiden Fällen kann man ihm mit vollem Recht massive Vorwürfe machen - und anders als Susanne Osthoff mit ihrer im wahrsten Sinne des Wortes Eigenwilligkeit gingen Bräunlich und Nitschke als abhängige Arbeitnehmer. So gesehen sind es in diesem Fall durchaus auch wirtschaftliche und soziale Verhältnisse in Deutschland gewesen, die die beiden in ein sehr irakisches Unglück getrieben haben."

Wie teuer ist so ein Schutz? Ist das wirklich eine Preisfrage? Katrin Sandmann erläutert:

"Je gefährlicher der Irak geworden ist, desto mehr Ausländer sind dazu übergegangen, sich Schutz zu kaufen. Ein teueres Unterfangen. Allein die Fahrt vom Flughafen ins Zentrum Bagdads, eine 5 bis 6 Kilometer lange Strecke, kostet mehr als 2000 Euro. Dafür wird man in gepanzerten Fahrzeugen abgeholt, die von anderen Wagen mit bewaffneten Männern begleitet werden. Das sorgt für eine gewisse Sicherheit, soweit man das Wort Sicherheit im Zusammenhang mit dem Irak überhaupt noch benutzen kann."

Es ist eindeutig: Dieser Schutz war für die Arbeitgeber der Entführten zu teuer.

1 Comments:

At 08 Februar, 2006 22:02, Anonymous Anonym said...

Das schlussendliche Zusammenfügen der durchgekauten Informationen zu einem alles erklärenden "Schutz war für die abhängigen Arbeitnehmer zu teuer!" als Quintessenz, ist im Prinzip alles andere als falsch!
Nur eine Frage, ich nehme an jeder weiß wie ein Wirtschafts- /Industrieunternehmen laufen sollte, damit alle Kosten wie Lohn, Energie, Fertigung, Material mit "deutlichem Gewinn" wieder eingeholt werden...ok zum Knackpunkt: was aber ist, wenn im Prinizip einmal nicht nur eine Firma auf einem in ihrem Gewerbe spezialisierten Terrain ansässig ist!??? Meine Frage: absolut abwegig oder allegenwärtig?

Wer also macht die Arbeit, wenn größere Firmen aufgrund dem hohen Druck der Öffentlichkeit Aufträge nicht annehmen, obwohl sie kleinere Firmen in ihrem Angebot deutlich unterbieten würden, aufgrund preiswerterer Fertigungs-, Einrichtungsverfahren, etc.?? Ebenso geschieht es, und man muss zugeben, wohl auch mit dem Irak, und wenn Potential vorhanden ist, eine Firma, speziell die Beschäftigten aber in dem Fall, wiederum einen SuperGEWINN machen, Aufwands,-Auslandsentschädigungen erhalten, warum natürlich begeben sie sich mit ihrem Knowhow in den babylonischen Ursprung unserer Kulturen?

Irgendwann ist natürlich das Risiko zu groß, doch wer nicht die Technik besitzt, aufwändig konstruierte Maschinen (als Bsp.) mit Fernwartung auszustatten, der begibt sich letztendlich auf eigene Gefahr in die Region….

….und genau den schmalen Grad gibt es nicht, oder sollte ich lieber dem Autor unterstellen: bitte einmal die Augen gegenüber unserer Wirtschaftsmisere öffnen, um endlich anzuerkennen, dass es nicht mehr nur um Für und Wider geht, sondern um Erhalt eines Lebensstandards, den es immer schwieriger wird, in unsrem Land zu verdienen!
Dessen Einsatz nun mal nicht nur in gefährlichen Auslandsaufenthalten sonder auch mit 50-60 Std.-Woche oder in wahnsinns Preisdumping Bedeutung findet – und letztendlich stellt sich dann nur noch die Frage: umständlich und mit viel hartem Wettbewerb nach Luft zu schnappen, oder den sonst bevorteilten Big-Factories die Aufträge elegant wegzuschnappen? Da wird nun einmal anders abgewogen, und wer dann noch einen alles umfassenden Schutz mit einkalkuliert, kann auch hier gleich wider einpacken!

Zu einfach, zu naiv?? …doch aber sollten wir auf dem Boden der Tatsachen bleiben!

Dracusimbel

 

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