450 Milliarden
Kein schlechtes Angebot: Der Chinese King Win Laurel möchte Exxon Mobil für lässige 450 Milliarden Dollar übernehmen (Börsenwert z.Zt.: 353 Mrd.). Wenn das Jahresergebnis von 40 Milliarden pro Jahr realer Natur und eher im Wachstum begriffen ist, macht er damit meiner Meinung nach kein übles Geschäft.
Anlässlich dieser Gelegenheit, vergleichen wir doch einmal munter Kartoffeln und Birnen, Öl und Elektronik:
Die Siemens AG erzielte 2004 bei einem Umsatz in Höhe 90,200 Mrd Dollar ein Ergebnis in Höhe von 5,078 Milliarden Dollar, und zahlte hiervon 793 Mio Dollar Steuern (= 15,6 %).
Exxon Mobil erzielte bei einem Umsatz in Höhe von 298 Mrd Dollar ein Ergebnis in Höhe von 41,241 Milliarden Dollar, und zahlte hiervon 15,911 Milliarden Steuern (= 38,6 %).
Abgesehen davon, dass Exxon aus seinen Steuern den halben Militäretat Deutschlands finanzieren könnte (!), während der Siemensgewinn zur Hälfte aus Geschäften mit dem Verteidigungsministerium und anderen Ministerien herrührt:
Die Unterschiede des deutschen und amerikanischen Steuersystems sind systematischer Natur, nicht nur hier im Fall von Kartoffeln und Birnen. Hinge die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Konzernen in erster Linie von der Höhe der Körperschaftssteuern ab, müssten amerikanische Firmen kaum Chancen gegenüber deutschen Wettbewerbern haben. Indes: Die deutlich höhere Steuerbelastung amerikanischer Firmen macht - gemessen an den Verkaufserlösen - letztlich nur verschwindend wenige Prozent aus.
Ergo: Eine deutlich höhere Steuerbelastung deutscher Kapitalgesellschaften würde die intenationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen keineswegs belasten, erst recht nicht, wenn die dabei aufkommenden Mittel umgehend zur Senkung der allgemeinen Abgabenbelastung eingesetzt würden.
Vorfahrt für Arbeit!
Randbemerkung: Die Börse bewertet jeden Ergebnisdollar von Exxon z.Zt. mit 8,5 Börsendollar, während ein Ergebnisdollar von Siemens den Aktionären bereits 14 Börsendollar wert ist. Auch grundsätzlich kann gesagt werden: Ein deutscher Ergebnisdollar wird an der Börse höher bewertet als ein amerikanischer Ergebnisdollar. Die Unterschiede gleichen sich recht stark an, wenn man die faktischen Unterschiede bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften berücksichtigt. Anders gesagt: Die Börsen honorieren (den Aktionären) den Umstand, dass in Deutschland Kapitalgesellschaften deutlich geringer zum allgemeinen Steueraufkommen heran gezogen werden.
Der deutsche Sonderweg besonders niedriger Besteuerung von Kapitalgesellschaften ist ein eklatanter Irrweg, der auf Kosten von Arbeitnehmern finanziert wird - und den Arbeitsmarkt belastet über die im internationalen Vergleich signifikant deutlich höhere Belastung der deutschen Löhne mit Steuern und Abgaben.
Ich plädiere in der Steuerpolitik für einen Mittelweg, im Vergleich zu anderen OECD-Staaten. Das bedeutet: Höhere Besteuerung von Kapitalgesellschaften, Absenkung von Staatsausgaben, um im Ergebnis Lohnsteuern und Abgaben massiv zu verringern - und hier wieder internationalen OECD-Durchschnitt zu erreichen. Vorfahrt für Arbeit!
Außerdem sollte man sich m.E. darum bemühen, leistungslose Einkommen zu dämpfen. Das betrifft, anders als oftmals in Deutschland gemeint, nicht in erster Linie Bezieher von Sozialhilfe und Langzeitarbeitslose, sondern vom Finanzierungsvolumen her Rentner und Pensionäre (die im int. Vergleich oft zu hohe Renten erhalten) und vor allem Vermieter (die sich im int. Vergleich einen zu hohen Anteil der verfügbaren Haushaltseinkommen aneignen). Wäre das Mietniveau in Deutschland niedriger, ein hohes Mietniveau, dessen Höhe zum Teil auf Marktversagen zurückführbar ist, dann wären die sozialen Sicherungskosten senkbar und niedrige Einkommen wären deutlich attraktiver, die Arbeitsaufnahme für viele Deutsche möglich, Firmen könnten eher mal Mitarbeiter ausprobieren usw. usf.
Vorfahrt f ür Arbeit!
Labels: Ordnungspolitik
7 Comments:
Nee, so einfach geht das wirklich nicht :-)
Steuerquoten auf Konzernabschlüsse zu bilden und daraus Rückschlüsse auf die Steuerpolitik des Landes zu ziehen, in dem der Konzern seinen Sitz hat, das ist nicht mehr wert als Kaffeesatzleserei.
Nehmen wir Siemens. Siemens zahlt deutsche Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer natürlich nur auf die inländischen Gewinne. Die machten 2004 aber nur 20% des Gesamtgewinns vor Steuern aus.
Gezahlt wurden 315 Mio EUR deutsche Ertragsteuern auf einen deutschen Gewinn von 867 Mio EUR. Aber wenn ich jetzt behauptete, das deute auf eine Quote von 36% hin, dann würde ich so tun, als wüsste ich nicht um die zeitlichen Unterschiede zwischen einem Gewinn nach deutschem Steuerrecht und einem nach US-GAAP, die in den sog. latenten Steuern zum Ausdruck kommen. Diese einbezogen, sind auf den deutschen Gewinn überhaupt keine Steuern fällig - meine oberflächliche Vermutung (ich habe jetzt keine Lust, den ganzen Abschluss zu lesen) anhand einiger Anmerkungen zum Steueraufwand wäre, dass dieser Gewinn durch steuerfreie Beteiligungsverkäufe entstanden ist.
Internationale Konzerne zahlen ihre Steuern eben da, wo sie ihre Gewinne machen, und nicht, wo die Zentrale ihren Sitz hat (typischer DBA-Fall).
Im Detail kann man sich über Vieles gut unterhalten. Ich sprach mit Absicht von "Kartoffeln und Birnen". Es ist ja nicht einmal "Obst", das hier verglichen wird - das weiß ich.
Trotzdem - wenn man mal über den Einzelfall hinaus schaut - im gesellschaftlichen Zusammenhang ist die Aussage dennoch gut begründbar.
Der Beitrag der Unternehmen zum gesellschaftlichen Steueraufkommen in Deutschland befindet sich in einem historischen Tief - und es in der Tat so, dass die Steuerlast auf den Faktor Arbeit verteilt wurde.
Ich halte das für beschäftigungsfeindlich. Und falls ich der einzige Ordoliberale sein sollte auf der ganzen Welt, der das so sieht. Nur mit Argumenten lasse ich mich überzeugen, anders kann ich nicht.
Wenn aktuell die "Initiative neue soziale Marktwirtschaft" (die Entstaatlichungsinitiative) fordert, man solle in den Kommunen den Faktor Arbeit um 2% pauschal verteuern, um die Gewerbesteuern abschaffen zu können, so ist das die Fortsetzung genau dieses angebotspolitischen Irrtums in der Steuerpolitik.
Ich bin durchaus dafür, die Gewerbesteuer abzuschaffen, aber nicht dadurch, dass ich einen den Produktionsfaktor Arbeit im Gegensatz zu anderen Faktoren verteuere.
Das ist in meinen Augen klassenkämpferischer Irrsinn - Klassenkampf von oben.
Ich hoffe doch, dass die angebotspolitisch verstandenen Dogmen in der Steuerpolitik diskutier sind.
Doch, Rayson, so einfach geht es - jedenfalls im ersten Schritt. Deshalb, um einmal deutlich zu machen, in welche Richtung man auch diskutieren könnte.
Die Grundaussage, dass man mittels angebotspolitischer Ausrichtung der Steuerpoltik den Faktor Arbeit in Deutschland verteuert hat, besonders auch im int. OECD-Verlgleich:
Sie ist leider wahr.
Ich finde es sehr ulkig, vielleicht habe ich ja was nicht mitgekommen, dass über diesen fundamentalen Befund kaum diskutiert wird, am wenigsten in der Wissenschaft.
Ich kenne nicht einen einzigen Beitrag von dieser Seite, jedenfalls nicht aus Deutschland, sorry.
Was bei einer solchen Diskussion hinterher dabei rauskommt, wenn man diese präziser und mit besseren Zahlen betreibt? Weiß ich nicht. Mir fehlen dazu noch jede Menge Zahlen. Es könnte aber darauf hinaus laufen, dass wir unsere Körperschaftssteuer erhöhen sollten, vor allem in faktischer Hinsicht.
Die Besteuerungsfreiheit für Veräußerungsgewinne erscheint mir im Übrigen fraglich, auch deshalb, weil Konzerne spielend einfach Gewinne in Veräußerungsgewinne transformieren können.
Meiner Meinung nach: Was im Veräußerungsfall über die Inflationsrate hinaus geht, das ist Gewinn, und gehört schon allein aus steuersystematischen Gründen heraus besteuert.
Oder - der Konsequenz halber - man verabschiedet sich gleich komplett von der Besteuerung von Firmen.
Ich warte fast schon darauf, das auch die Initiative "soziale" Marktwirtschaft diesen Vorschlag macht, eine Idee, die in neoliberalen Kreisen bereits zunehmende Popularität gewinnt.
Fragwürdig, nicht "fraglich". Sorry for that!
Wenn du selbst weißt, dass die Beispiele nichts taugen, warum bringst du sie dann?
Zum Thema selbst: Du schwankst munter zwischen einem Beitrag "der Unternehmen", "des Kapitals" und "der Arbeit" hin und her. Im Prinzip sollte es egal sein, ob Kapitaleinkünfte an der Quelle oder beim Einkommensbezieher versteuert werden, d.h. ob "die Unternehmen" einen "Beitrag" zum Steueraufkommen liefern oder nicht, ist eigentlich völlig irrelevant. Wir sollten also nur von der Besteuerung der Faktoren selbst reden. Deswegen ist übrigens auch eine völlige Steuerfreiheit von Unternehmen alles andere als neoliberales Teufelszeug (wenn auch wohl ein erhebungstechnisches Problem).
Auch die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei Konzernen ist eine steuerlich sehr saubere Sache - ansonsten würde Doppelbesteuerung auftreten. Du erwähnst völlig zu Recht, dass Ausschüttungen auch in Veräußerungsgewinne überführt werden können. Bei ersteren wird aber durch Organschaften die Doppelbesteuerung vermieden - um so mehr spricht dafür, dies auch bei Veräußerungen zu tun.
Wenn du insgesamt hier eine deutliche Fehlentwicklung beklagst, ist es für eine weitere Diskussion schon wichtig, auf welche Zahlen du dich beziehst. Manche Erhebungen leiden z.B. darunter, dass sie die deutschen Personengesellschaften nicht dem Faktor Kapital zurechnen können. Andere haben einen zu engen Zeitraum im Visier - die ersten Jahre nach Eichels missglückter Körperschaftsteuer-Systemumstellung sind z.B. nicht gerade repräsentativ.
Für Investitionen entscheidend ist immer die Grenzsteuerbelastung, und je höher die ausfällt, um so eher rechnet sich eine Investition nicht. Ob du deswegen mit einer Erhöhung der Körperschaftsteuer Beschäftigung anregen kannst, wage ich dann doch zu bezweifeln. Gegen die Eindämmung von "windfall profits" ist nichts zu sagen, aber das Problem liegt hier auch in der Umsetzung.
Die Frage bleibt, wie wir die Angebotsbedingungen hier verbessern. Die Unternehmen müssen einen Grund haben, die etwaige zusätzlich anzuregende Nachfrage nicht mit polnischen oder tschechischen, sondern mit deutschen Kapazitäten zu befriedigen.
@Rayson
Es ist m.E. eben nicht irrelevant.
Ein Gegenargument besteht in der schlichten Tatsache, dass Unternehmen mächtige ökonomische Akteure darstellen. Warum sollte man Unternehmen denn nicht besteuern?
Dazu kommt: In einer perfekten Welt, wo Privatpersonen ehrlich sind und am Gedeihen des Staats echtes Interesse haben, in einer Welt, wo Privatpersonen keine Steuerflucht unternehmen und wirklich niemand sein in Deutschland erworbenes Vermögen z.B. auf die cayman islands, in die Schweiz oder nach Monaco transferiert, dort könnte man in der Theorie behaupten, dass der Fortfall der Unternehmensbesteuerung keinen Unterschied ausmacht oder die Steuerbasis vermindert, sondern lediglich eine Vereinfachung des Steuersystems darstellt.
Indes: Die Welt ist anders.
Was die Doppelbesteuerungsproblematik bei Unternehmensveräußerungen angeht, so kann man das Problem lösen, ohne die Gewinne aus Beteiligungsverkauf gleich komplett steuerfrei zu stellen.
Oder nicht?
Was das von dir bezweifelte "Umschichten der Steuerlast" in Deutschland angeht: Sorry, der Befund ist derartig evident, mir liegen Zahlen für die letzten 35 Jahre vor, dass es in meinen Augen fast sogar eine gewisse Dosis Wahrheitshass benötigt, um diese Entwicklung abzustreiten oder substanziell zu relativieren.
Ich werde aber, ich verstehe deinen Hinweis als Anregung, in den nächsten Tagen etwas als Beleg zu diesem Thema in den Blog stellen, vor allem als OECD-Vergleich - das ist nämlich sehr spannend, wenn man sieht, dass es tatsächlich in dieser Frage einen deutschen Sonderweg gibt - und dieser ganz anders ist, als in der Öffentlichkeit behauptet wird, erst recht von den Öffentlichkeitsarbeitern der B-Stiftung und der INSM.
Wirklich verblüffend!
Und - ich werde dafür, abgesehen von OECD-Zahlen, versuchen, v.a. VÖ´s der B-Stiftung heranzuziehen. Vielleicht erhöht es für meine Aussagen die Glaubwürdigkeit, wenn sogar von dieser Seite der Befund bestätigt wird.
Wo ich gerade beim Verblüffen bin: Es gibt in Dtl. prozentual weniger Beschäftigte in Staatsdienst als in den USA oder in GB.
Was die Angebotsbedingungen angeht: Natürlich muss ein verantwortlicher Staat immer schauen, die Bedingungen hier zu verbessern. Das ist doch gar keine Frage.
Nur: Es ist eine Sackgasse, diese Verbesserung dadurch erreichen zu wollen, indem man den Faktor Arbeit einseitig belastet bzw. versucht, Belastungen in diese Richtung umschichtet.
Das ist - wenn man einmal die OECD-Daten dazu vergleicht - sogar richtig irre, denn die Zahlen im OECD-Vergleich weisen darauf hin, dass der Arbeitsmarkt dort unterdurchschnittlich performt, wo man eine angeblich "angebotspolitische" Belastung des Faktor Arbeit durch Steuern und Abgaben vornimmt, um Unternehmen und Hocheinkommenbezieher zu entlasten.
Ich persönlich bin - vom ordoliberalen Standpunkt aus betrachtet - Pragmatiker.
Das bedeutet erstens, dass Besteuerung gemäß der Leistungsfähigkeit erfolgen soll, und in der Tendenz gleichmäßig auf Arbeitnehmer, Unternehmen und andere verteilt werden sollte. Eine steuerliche Sonderbehandlung der Unternehmen verbietet sich. Außerdem meine ich, dass in Fragen der Besteuerung eine Orientierung am OECD-Durchschnitt sinnvoll ist. Aus beiden, ich habe sie "pragmatisch" genannt, Sichtweisen ergibt sich, dass die Steuerlast für Kapitalgesellschaften in Deutschland erhöht werden sollte - um den Faktor Arbeit zu entlasten.
Wer letzten Endes will, dass die Arbeitnehmer die ganze Steuer- und Abgabenlast zahlen, muss m.E. dann auch die Verantwortung dafür tragen, dass die "Arbeitslust" abnimmt, die Neigung zu Missbrauch wächst und im Übrigen der Faktor Arbeit - zum Schaden der ganzen Gesellschaft - zunehemend substituiert wird (!), und sei es durch Verlagerungen ins Ausland.
Ein Irrweg.
Es entsteht eine odnungspolitische Schieflage, wenn wir den deutschen Sonderweg fortsetzen, alle Lasten dem Faktor Arbeit aufzubürden.
Das können wir uns nicht leisten.
@Dr. Dean
Unternehmen sind Akteure? Wie soll ein Vertrag handlungsfähig sein? Aus meiner Sicht ist das wieder ein Vergleich von Äpfeln und Birnen: Nur natürliche Personen sind mögliche Objekte von Steuergerechtigkeitsdebatten. Unternehmen sind so lange Papier, bis sie bei natürlichen Personen zu Einkommen führen. "Macht" (die im Übrigen auch nie von dem Unternehmen, sondern entweder von einem Management oder den Besitzern ausgeübt wird) ist keine fiskalische Größe. Nur ein Beispiel, weil es für mich nahe liegt: Ich selbst bin direkt und indirekt stolzer Eigentümer von zwei Unternehmen, einer Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft - die Konstruktion dient nur dazu, der Tätigkeit, die ich selbst ausführe, eine individuell möglichst steuerschonende Haftungsbefreiung zu ermöglichen. Sind das jetzt drei Steuersubjekte? Muss ich, wenn ich meinen Gewinn in einem der Unternehmen lasse, die ungerechte Verteilung der Steuerlasten in diesem Land beklagen? Oder tritt schlagartig mehr Gerechtigkeit ein, wenn ich an mich selbst ausschütten lasse oder entnehme? Das deutsche Steuerrecht betrachtet ja übrigens konsequenterweise die Gesellschafter einer Personengesellschaften selbst als Einkommensteuerschuldner und nicht das Unternehmen. Nein, es gibt nur einen Grund, warum Unternehmen als solche besteuert werden, und das ist die einfachere Erhebung von an der Quelle besteuertem Einkommen. Ich behaupte allerdings nicht, dass dieser Grund kein legitimer wäre.
Wie willst du die Doppelbesteuerungsproblematik bei Unternehmensveräußerungen denn anders lösen als durch eine Freistellung? Da fallen mir nur Konstrukte ein, die in der Praxis kaum durchführbar sind.
Ich bezweifelte zunächst nicht ein "Umschichten einer Steuerlast", sondern dass die Unternehmen in Deutschland geringer belastet werden als in den wichtigsten anderen Industrieländern. Über Quellen würde ich mich sehr freuen - nicht, weil ich dir nicht traue, sondern weil ich gerne etwas konkreter wüsste, um welche Größen und Ausprägungen es geht. Aber reden wir über "Umschichten". Dieses Argument setzt zwingend die Vorstellung der ökonomischen Welt als Kuchen voraus, den es in verschiedener Art und Weise zu verteilen gilt. Aber dieser Kuchen hat sich nun einmal seit den 70er Jahren enorm verändert: Der Anteil der Staatsausgaben, der schon immer ausschließlich durch den Faktor Arbeit finanziert wurde, nämlich die Sozialtransfers, ist immer mehr ausgeweitet worden. Dadurch wird der aus Unternehmenssteuern finanzierte Teil des Kuchens natürlich kleiner, aber es gehörte schon eine besondere Portion Realitätsferne dazu, darin eine Begünstigung zu sehen. Da ein solches Umverteilungsvolumen überhaupt nur herstellbar ist, wenn man permanenet von der Mitte an die Mitte umverteilt (am besten so unklar und illusorisch wie möglich), sind die zunehmenden staatlichen Wohltaten auch mit einer immer größeren Belastung des Faktors Arbeit einhergegangen.
Ach ja, wenn du meinen Beitrag zur Staatsquote noch in Erinnerung haben solltest, sollte es dich wenig überraschen, dass ich über den vergleichsweise geringen Anteil der Beschäftigten im deutschen Staatsdienst als empirischen Befund alles andere als verblüfft bin.
Jetzt gehe ich mal einen Schritt zurück und akzeptiere pro forma einfach die These, dass die Unternehmenssteuern in Deutschland niedrig sind. Deine Schlussfolgerung, sie müssten, um irgendwelche Wirkungen (wie bei "den anderen" halt) auf dem Arbeitsmarkt zu erzielen, erhöht werden, verweise ich dann dennoch in das Reich der "Hobby-Makroökonomen" ;-) , es sei denn, du zeigst mir eine Wirkungskette auf, mit der das funktionieren sollte. Falls es die Akzelerator-These sein sollte, kannst du es dir allerdings sparen, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass in der gegenwärtigen Situation Unternehmen nicht nur schneller auf Kostensignale reagieren als sie höhere Nachfrage antizipieren, sondern dass die Kosteneinsparungen selbst bei höherer inländischer Konsumnachfrage unvermindert weitergehen werden.
Ich stimme dir zu, dass in Deutschland die Belastung des Faktors Arbeit zu hoch ist. Da diese Belastung aber fast ausschließlich dazu dient, den Beziehern von Arbeitseinkommen selbst staatliche Wohltaten zukommen zu lassen (mit fraglicher Verteilungswirkung), sollte die Forderung nicht etwa lauten, Investitionen steuerlich zu bestrafen, sondern man muss an die Ursache der hohen Abgaben herangehen. Eine teilweise Verlagerung in die Konsumsteuern wäre die defensive, schnelle Variante, aber mittel- bis langfristig führt kein Weg an Reformen der Arbeitsmärkte, der Renten - und der Krankenversicherung vorbei.
@Che
Wenn du Spaß dran hast, immer nur im eigenen Saft zu kochen... Ich fände es viel anregender, wenn jemand, der schon eine bestimmte politische Richtung vertritt, nicht nur die (immer gleichen - an Müllers Buch klammern sich die deutschen Vulgärkeynesianer im Internet schon nahezu verzweifelt -) Werke der eigenen Apologeten, sondern vor allem die von anders Argumentierenden lesen und verstehen (was nicht heißt: übernehmen) würde.
@ Che
Todd und Albrecht kenne ich - wobei ich Todd nur überflogen habe. Insgesamt finde ich sie unbefriedigend, an nicht wenigen Stellen jedoch anregend und erhellend - insofern eine sinnvolle Lektüre.
Kommentar veröffentlichen
<< Home