16 November 2012

Krieg!

Der kommende Krieg ist meines Erachtens unabwendbar.

Heute oder im Laufe der nächsten Tage wird Israel seiunen Bodenkrieg gegen Gaza starten. Im weiteren Gefolge wird Ägypten mit seinen Muskeln spielen und die eigene Streitmacht mobilisieren. Syrien wird sich sehr stark versucht sehen (auch als Ablenkungsmanöver), den Golan gezielt unter Beschuss zu nehmen, mit der Idee, im Laufe einer weiteren Eskalation die Golanhöhen evtl. zurück zu erobern zu können.

Alles wird davon abhängen, ob Mursi nach dem Beginn des Bodenkrieges zwischen Israel und Hamas vermitteln kann. Die große Frage ist allerdings, ob Netanjahu es hinnehmen wird, wenn sich Ägypten zunehmend als Schutzmacht der Palästinenser aufspielen wird.

Ich bin da skeptisch. Ich fürchte, das wechselseitige Interesse an einer Eskalation ist zu stark.

08 November 2012

Gedankensalat (Teil 2) Motivation, Devianz, Glück, Zensur und Sonstso

1) Ein Mathematikprofessor nannte in einem SpOn-Interview neben anderen Faktoren (z.B. Kollegen mit Rausprüfmentalität) drei entscheidende Hürden dafür, dass Studierende das schwere Fach Mathematik so selten bestehen. Folgende Dinge wären die entscheidenden Mangelfaktoren - und diese Sichtweise hat mich überracht: Erstens, Begeisterung der Mit-Studierenden, zweitens, Begeisterung der Eltern, drittens, Begeisterung der Vortragenden/Lehrpersonen.

Ich hätte eher fehlende Dikaktik, fehlende pädagogische Konzepte, und fehlendes Feedback (sowohl des Lehrpersonals als auch der jeweiligen Studierenden) genannt, dazu (bei Teilen der Studierendenschaft) eine schlechte wirtschaftliche Lage sowie spezifischere Problemlagen (z.B. Vereinsamung, Erkrankung, Schwangerschaft u.ä.).

Nun lässt sich die Begeisterung des persönlichen Umfelds (Eltern, Mit-Studierende, Lehrpersonal) auch als Feedback deuten, aber auch in dem Fall ist sowohl überraschend (jedenfalls für mich), dass der Faktor "Begeisterung" eben doch so ein großes Gewicht hat. Gleichzeitig trifft sich das mit mein kleinwenig Lebenserfahrung, dass eben bevorzugt dort etwas aufblüht und gedeiht, wo Passion sowie Spaß/Freude im Spiel sind, sowie eben auch ein persönliches Bezugnehmen.

Im Grunde ist wirkt das fast schon zu banal um wichtig zu sein. Jedoch: Das ist wichtig!

2) Übernimmt man diese Gedanken in Bezug auf "typisch linke" bzw. innerlinke Diskussionskultur, dann wirft das Schatten u.a. auf rigide verfolgte Sprachnormen, aber auch auf eine in linken Gruppen bzw. Diskussionszusammenhängen mitunter auftretende "Kultur des Vorwurfs", bei der Einzelpersonen aufgrund ihrer Sichtweisen oder persönlichen Positionierung mit einem gesellschaftlichen Problem verwechselt bzw. angegriffen werden. 

Erfolgreich waren linke Gruppierungen in meiner Erinnerung dann, wenn dort weniger das gegenseitige Aneinanderabarbeiten stattfand, und dafür mehr das gemeinsame Interesse und die gemeinsamen Aktivitäten, zusammen mit Achtsamkeit füreinander. Auch das Socialising spielte nach meiner Erinnerung stets eine sehr große Rolle und kann fast schon als "geheimer Motor" erfolgreicher linker Gruppen bezeichnet werden. Nicht weniger wichtig waren aber auch die "konstruktiven Inputgeber", dass mussten nicht immer diejenigen sein, welche in der informellen Gruppenhierarchie oben standen (eher sogar im Gegenteil - und es war eher wichtig, dass in einer Gruppe ein Klima herrschte, dass offen war auch für die eher randständigen und/oder neuen Mitglieder). Die "konstruktiven Inputgeber" waren diejenigen, welche gute Aktionsideen hatten und den Fokus einer Gruppe auf das Gemeinsame und auf gemeinsame Zielsetzungen konzentrierten.

Vor dem Ende vieler linker Gruppen bestand zunächst oft eine Tendenz zur Cliquenbildung, dem auch damit (und teils sehr bewusst) verwirklichten Ausschluss periphärerer Gruppenmitglieder, sowie das Auftauchen (und die beharrliche Pflege) von Feindseligkeiten und Misstrauen zwischen den verschiedenen Cliquen. Nach meiner Erinnerung lebten die zerstrittenen Cliquen nach Auflösung einer Gruppe nur selten autonom weiter. Was ja auch irgendwie interessant ist.

Resümee: Es ist das Soziale, Dummerchen!

3) Bei mir entsteht Wohlbefinden aus einem gewissen Gleichgewicht (und auch einer Unterschiedlichkeit) der verschiedenen Tätigkeiten. Einseitigkeit tut mir nicht gut, und alles, was mich über mehr als 2 bis 3 Stunden lang passivisiert bzw. sediert, ist für mich (z.Zt. ?) von übel. Kaum etwas aber wirkt sich bei mir so positiv aus wie regelmäßige Bewegung und ein regelmäßiger, eher lang geratener Schlaf.

(aus der Glücksforschung gibt es da interessante Hinweise (SpOn).

4) Wenn ich mir so Gedanken mache, dann habe ich eigentlich niemals gerne für Geld gearbeitet, sondern eigentlich nur (und dann teils so richtig motiviert), wenn ich bei der Arbeit anderen beweisen konnte, wie nützlich ich mich bei meiner Arbeit mache und wie gut und kompetent ich das hinbekomme.

Ich bin wohl kein guter Homo Oeconomicus.

5) Mir persönlich ist es ohnehin ein Rätsel, wie ein Menschenbild und Handlungsmodell eines Menschen Grundlage der Wirtschaftswissenschaften (bzw. ihrer Ideologie) werden konnte, der in seiner Idealgestalt, alles in allem, eigentlich eher Spezialformen der Gattung Mensch entspricht: Händler, Unternehmer, Manager, Börsenhändler, Werbetreibende, Consulter, Bankster, PR-Berater, Betrüger, Räuber. Wobei ich nicht in Abrede stellen möchte, dass es in der Realität ehrbare Räuber gibt (anteilig wohl eher selten), als auch an Fairness und Gerechtigkeit orientierte Unternehmer (ist imho eher der Standard).

Die Vordergründigkeit, Berechenbarkeit und "leicht verstehbare Rationalität" eines tendenziell skrupellosen Gewinnmaximierers (dem seine Kunden und Mitarbeiter prinzipbedingt nur Mittel zum Zweck sind oder gar nur "Hobbits", die so gründlich auszunehmen sind wie es nur geht), hat imho für eine massive Schieflage im Verständnis des am Wirtchaftsleben teilnehmenden Menschen geschaffen. Obwohl es inzwischen in den WiWiss gewisse Reformansätze gibt (lustigerweise besonders nachhaltig unterstützt von wirtschaftswissenschaftlichen Experimentallaboren), ist zum Beispiel die Bedeutung des menschlichen Lernens (auch: kulturellen Lernens) in seiner Bedeutung für BWL und VWL noch nicht einmal im Ansatz verstanden worden. Ich würde sagen, etwas zugespitzt:

Die wichtigste ökonomische Institution ist die Intuition.

 (bzw. das, was sich im Kopf befindet - und das hat wiederum mit Lernvorgängen viel zu tun)

Das lässt sich imho auch auf das Geschlechterverhältnis anwenden und auf viele andere Fragestellungen. Insofern bin ich auch misstrauisch gegenüber Rassismus-Theorien, welche Rassismus (bzw. "Whiteness") vor allem als Ergebnis eines Kampfes um eine "rassistische Rendite" bzw. ökonomische/soziale Vorrangstellung betrachten.

6) Weniger ist ein Rätsel, welche Faktoren für Zensur sorgen. Es ist nicht zuletzt:

Devianz.

(nur fällt diese je nach sozialen/politischen Bezugsrahmen eben jeweils unterschiedlich aus)

07 November 2012

Gratulation an Obama, den Wahlsieger!

Kaum zu glauben, Obama hat doch tatsächlich Florida geknackt.

Während im Moment des Postings erst 90 Prozent der Stimmen in Florida ausgezählt sind, und der Vorsprung an Stimmen eher hauchdünn erscheint (36.000 Stimmen bei bislang 7,9 Mio ausgezählten Stimmen), ist doch schon der Wahlausgang völlig (!) klar zu diesem Zeitpunkt.

(wenn man die noch nicht ausgezählten Counties genauer betrachtet)

Obama wird Florida mit ca. 25.000 bis 70.000 Stimmen Vorsprung für sich entscheiden, und kommt damit auf die erforderlichen Wahlmännerstimmen für die Wiederwahl.

Besonders stolz bin ich, dass ich den Stimmenvorsprung von Romney im County Santa Rosa (mit rund 43.000 Stimmen) zu einem Zeitpunkt fast punktgenau vorhergesagt habe, als es noch keinerlei Meldungen aus Santa Rosa gab. Den Stimmanteil von Romney habe ich in diesem County auf genau 76 Prozent geschätzt. Und genau so kam es.

Nun werden die Bürger in Miami und Umgebung den Sack für Obama zumachen.

Tschüss Romney!

++ Update ++

Besonders freue ich mich auch über den Einzug von Tammy Baldwin und Claire McCaskill in den Senat.

03 November 2012

Gedankensalat (Teil 1)

1. Es wäre doch toll, wenn sich Produktionswege finden ließen, bei denen billige und ressourcenschonende Pappe mit bionischen Konstruktionsmethoden, härtenden bzw. materialmodifizierenden Kunststoffen, neuartigen Werkstoffen (z.B. geschäumte Holzfaser/Papierfaser/Ton/Kunstoff-Materialien, faserverstärkte Verbundmaterialien, Textilbeton, Faserton, Naturpolymerverbundmaterialien u.ä.) so kombiniert werden, dass sich damit einerseits eine mittel- bis langfristige Kohlenstoffbindung und eine energieextensivere Produktion verwirklichen lässt, und damit sich andererseits der Einsatz energie/kostenintensiver und künftig immer teurer werdender Metalle deutlich reduzieren lässt, z.B. im Fahrzeugbau. Im Prinzip sollte es möglich sein, ein langlebiges, funktionsfähiges und industriell preiswert herstellbares Fahrrad aus 95% Pappe zu konstruieren, oder einen entsprechenden Leichtbau-PKW aus > 60 Gewichtsprozent Pappe-Anteil. Mir kommt es geradezu barbarisch vor, wenn relativ gering belastete Karosseriebestandteile (wie Türen, Kofferraum, Unterboden, Karosseriebestandteile, Motorhaube), aber auch Teile von Motoren (!) schwerpunktmäßig aus Metall bzw. schweren Blechen hergestellt werden.

Es sollte mehr Ingenieure wie Izhar Gafni geben.

2. Idee: metallbedampfte Fasern könnten evtl. mittels Magnetmethoden in Verbundmaterialien gezielt ausgerichtet werden zum Erhalt optimaler Verbundwerkstoffeigenschaften.

3. Im Moment würde ich nichts lieber als ein Ingenieur/Konstrukteur/Erfinder werden. Ich, alter Sack.

4. Ich sollte meine Experimentierreihe "Holz-Ton" weiterführen. Wenn ich mir meine Werkstücke so anschaue, sind die eigentlich garnicht übel geworden. Immerhin könnte ich eine harmlose, weitgehend biologische Modelliermasse anbieten, die ofenhärtbar ist und als Modelliermasse tatsächlich viel taugt.

5. Ich glaube, ich muss meine Mathematikaversion ablegen.

6. Eigentlich hätte ich gerne das Wahlergebnis bzw. meine Prognose zur Präsidentschaftswahl in den USA gebloggt. Ausgehend von der These, dass es - gegenüber den Umfragen - seitens der Demokraten eine Mobilisierungslücke von 1,5 bis 3 Prozent gibt, ließe sich eventuelle annehmen, dass Bundesstaaten wie Michigan oder Ohio überraschend an Romney gehen könnten. Im Moment macht aber Obama den Job seines Lebens, als Katastrophenmanager (das passt im Grunde genommen auch dazu, wie man seine erste Amtszeit zusammen fassen könnte). Okay, meine Prognose:

Obama. 4 more years!

Und zwar ziemlich knapp (mit noch unter 300 Wahlmännern). Ohio und Michigan gehen an Obama - und zwar superknapp. Und das ist dann genau das, was wahlentscheidend gewesen sein wird. In der Gesamtzahl der Stimmen (was ja in den USA nicht wahlentscheidend ist) wird Romney knapp vorne liegen.

Was für eine Wahl!

7. Mister "Der Markt löst alle Probleme"-Romney wird sich künftig also mit seinen "Investoren" (genauer genommen: Krisengewinnlern) wieder darauf konzentrieren müssen, Firmen profitmaximierend auszuschlachten. Das ist für die Normalbürger in den USA, sowie die abgehängte Mittelklasse/Unterschicht (welche z.B. in Detroit bei General Motors als Arbeitnehmer zweiter Klasse nur noch zum halben Lohn arbeiten) kein Grund, mit Optimismus in die Zukunft zu blicken. In den USA wird es auch in den nächsten vier Jahren zu einem flächendeckenden Verfall der Löhne und Arbeitsbedingungen kommen. Der weit überwiegende Teil "neuer" Jobs (inkl. Jobs für Universitätsabgänger) wird auch künftig unterhalb von 14 Dollar Stundenlohn liegen. Aber wird immer noch etwas besser als das sein, was das Ergebnis einer Romney-Regierung sein wird. Verblüffend ist übrigens, wie wenig die Amerikaner über die soziale Realität in ihrem Land Bescheid wissen.

Wenn die Republikaner schlau sind, haben sie in spätestens vier Jahren (also: nach Obama) die soziale Frage für sich entdeckt.

8. Es ist merkwürdig, wo manche Leute hingelangen, welche die "Sprecherposition" zu einem ihrer zentralen politischen Anliegen gemacht haben. Nämlich: Abhängig von der "Sprecherposition" (genau genommen: ziemlich dümmlich von der Hautfarbe und sexuellen Orientierung abhängig) werden Argumente, bzw. die Menschen welche diese vertreten, als Exponenten von "white whining" runtergemacht. Werden kritische Argumente gegen bestimmte Anwendungen/Versimpelungen von CWS formuliert, so gilt das vorwiegend als Ausdruck einer inakzeptablen Sprecherposition, entweder als Mann ("HERRklärung"), als Heterosexueller ("heteronormativer Kackscheiß") oder als "Weißer" Mensch ("white whining", Weißengeschwätz usw.). In meinem Fall könnten meine Ansichten seitens radikaler CW-Aktivisten als "Judengefasel" gebrandmarkt werden. Okay, so weit ist es noch nicht.

Tatsächlich aber hat sich ein emanzipativer Ansatz, der bestimmte Erfahrungswelten hörbarer und wahrnehmbarer machen soll, in beachtlichen Teilen der linken Szene in eine Art Sprech-Diktat, genauer gesagt in ein systematisches Niedermachen von Kommunikationsakten abhängig von der ideologischen Position und der zugeschriebenen Sprecherposition gewandelt.

Wie ironisch.

9. Ich habe nichts dagegen, wenn in der Linken Selbstkritik seinen Raum erhält, wenn diese aber hauptsächlich abhängig von der Hautfarbe oder der sexuellen Orientierung gemacht wird, oder sogar hauptsächlich (!) gegen jene gerichtet wird welche gegen Rassismus und Faschismus ankämpfen, dann läuft da etwas falsch. Linke Kritik ist keine Einbahnstraße, bei der die vermutete oder zugesprochene "Sprecherposition" darüber entscheidet, welche Fragestellungen und Personen kritisiert werden dürfen. Auch die gröbsten Benachteiligungen schützen nicht vor Fehlurteilen. Das Leben ist deutlich mehrdimensionaler, bei jedem Menschen - und die systematische Marginalisierung der sozialen Frage (sowie anderer Macht- und Unterdrückungsmechanismen) seitens der deutschen CW-Szene, und sei es auf dem falschen Wege der Substituierung der sozialen Frage durch eine reinweg an Hautfarbe verengte Rassismusperspektive,  halte ich für eine prinzipiell schlechte Idee.

Der solidarische Grundgedanke, dass eine große Vielzahl von Menschen (sogar: die Mehrzahl) unter gesellschaftlicher Benachteiligung, z.b. Ausbeutung, Migrantenphobie, Frauenbenachteiligung, materieller oder bildungsmäßiger Benachteiligung, Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt - und so weiter und so fort - leiden, dieser solidarische Grundgedanke geht flöten, wenn allzu sehr auf Teilaspekte abgehoben wird und am Ende Leute als Unterdrücker gekennzeichnet werden, die letztlich genauso (bzw.: fast genauso) am Arsch sind. So belebend, hilfreich (und zwar: als zusätzliches Analysetool) CWS ist:

Die Verwechslung dieser Ansätze mit einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive ist ein Fehler. Genauso ist es ein Fehler, auf der Basis von CWS eine innerlinke Entsolidarisierung voran zu treiben.

Auch lassen sich (übrigens: ungemein wichtige) Fragestellungen von Wirtschaftspolitik und Sozialmodell nicht vorwiegend auf Basis von CWS beantworten. Der Faden der Geschichte rollt sich eher von der anderen Seite auf, denke ich. Dazu ein kleines Beispiel: Schaut mensch genauer hin, wie sich die Lage der Frau in der Gesellschaft in den skandinavischen Ländern z.B. von unserem eigenen Land unterscheidet (die Unterschiede sind sehr deutlich!), dann liegt ziemlich viel Wahrscheinlichkeit in der Annahme, dass beispielsweise eine aktivierende (und an den Anliegen von Beschäftigten wie Erwerbslosen orientierte) Beschäftigungspolitik ein Riesenpotential hat - im Sinne emanzipativer Vorstellungen.

10. Ich halte die Entwicklung bzw. Lage von älteren Frauen auf dem Arbeitsmarkt, sowie die konkrete Lage von Hochschulabsolventen und Migrantenkindern, für ausgezeichnete Indikatoren für die allgemeine soziale Entwicklung in einem Land. Das "Näher-Hingucken" und genaue Betrachten von Verhältnissen halte ich für deutlich bedeutsamer als der ewig "linke" Szene-Kampf um Sprachregelungen.

11. Um meine Position noch einmal zuzuspitzen: Jemand, der in wenigen Jahren drei neue Gewerkschaftsmitglieder geworben hat, hat in meinen Augen mehr für den gesellschaftlichen Fortschritt geleistet als jemand, der in 30 linken AntiFa- oder AntiRa-Gruppen oder -Kongressen das Wort "people of colour" umfassend erläutert und durchgesetzt hat. Ein integratives Musikprojekt für Geflüchtetenjugendlichen, welches z.B. Hausaufgabenhilfe und kollektives Containering beinhaltet, bietet mehr Potential für eine Verbesserung der Lebensumstände als 100 erfolgreich durchgeführte Kurse über solche Klassiker wie Mansplaining, "heterosexuelle Matrix" oder "schwarze Geschichtsschreibung".

Doch, tatsächlich.

Diese Argumentation möge bitte nicht so verstanden werden, dass ich die Beschäftigung mit solchen Themen für völlig nutzlos oder gar abseitig halten würde. Mein Punkt ist:

Es gibt noch jede Menge anderer Themen. Und so sehr das gemeinsame Übelnehmen zu den unaufgebbaren innerlinken Traditionen zu rechnen ist, es ist vermutlich keine so blöde Idee, einfach anzuerkennen, dass es jede Menge anderer wertvoller linker Tätigkeitsbereiche gibt, die wirklich lohnenswert sind.

12.  Es liegt nicht sehr viel Fortschrittspotential darin, wenn die Mehrzahl linker Aktivisten eigentlich ziemlich selbstverständliche bzw. akzeptable Dinge bei sich als "privilegiert" oder "ungerechtfertigt" ansehen, die eben kein Privileg sein sollten.

Darüber hinaus: Gesundheit, Jugend, Attraktivität, Bildungsniveau, Intelligenz, sexuelle Vorlieben, Alter, berufliche Position, Herkunft der Eltern, Hautfarbe, Kleidergröße, Begabungen, psychische Verfassung, Kontostand, Wohnort, Kindheitserfahrungen, Freundes- und Bekanntenkreis - all dies mögen je nach Betrachtungsweise wirksame "Privilegierungen" bzw. tatsächlich relevante Ungleichheitsquellen sein. Es kommt imho wesentlich darauf an, wie sich diese Faktoren bei einem Menschen konstituieren.

Vorhandene "Privilegien" können mitunter einzelne Benachteiligungen in der Summe aufwiegen (womit die Benachteiligungen zwar nicht verschwinden - aber eben leichter werden). Es gibt auch Menschen, die ihre jeweilige Benachteiligungslage deutlich weniger spüren (oder sogar garnicht), obwohl sie z.B. "dunkelhäutig" sind. Es hängt ziemlich viel auch an der konkreten Ausformung einer Benachteiligungslage, und auch am konkreten Erfahrunghintergrund. Es wird noch nicht sonderlich viel von einem Menschen gewusst, wenn sich dieser als "frauisiert, weiß" oder als "people of colour" zu erkennen gibt.

Nicht einmal darüber, inwieweit dieser konkrete Mensch sich in einer eher privilegierten oder benachteiligten Position befindet.

(die Welt ist kompliziert)

02 November 2012

Venizelos und Samaras sind Politgangster

Erschütternd ist es, welchen Praktiken die griechische Politik hantiert. (link).

Aus meiner Sicht handelt es sich beim ehemaligen Finanzminister Venizelos um einen eindeutigen Gangster. Der Umstand, dass ein derartiger Politwiderling ausgerechnet PASOK-Vorsitzender ist, sollte gleich mehrere Konsequenzen haben:

1. Ächtung von Venizelos durch die deutsche Sozialdemokratie
2. Ausschluss der PASOK aus der sozialistischen Internationalen

Nicht minder schlimm sind die Versuche der gegenwärtigen griechischen Regierung, die Pressefreiheit zu beschränken. Auch hier sind Konsequenzen längst überfällig:

1. Deutliche Aufforderung von Merkel, Griechenland möge sich umgehend um mehr Pressefreiheit bemühen

(wenn es um Russland geht, immerhin einem wichtigen Handelspartner, ist sie bislang weniger verschamt)

Das hat zudem einen ganz praktischen Grund, der auch für die "schwäbische Hausfrau" bzw. ihrer größten Freundin eine Rolle spielt: Soll das Korruption in der griechischen Wirtschaft und Politik zurückgedrängt werden, so geht das nur mit Pressefreiheit, freier Rede und einer aufrichtigen Regierung. Samaras (ND) ist keineswegs ein politischer Saubermann, der es verdient hat, von Merkel & Co gehätschelt zu werden.

Es lohnt sich auch "für den deutschen Steuerzahler", wenn hier zugunsten essentieller Freiheitsrechte Druck ausgeübt wird, in Heller und Cent. Stattdessen tut die deutsche Regierung wirklich alles, um Arbeitnehmerschutzrechte in Griechenland (und Spanien, Portugal usw.) gründlich zu erodieren und sogar auf Null zu bringen. Kritik an fehlender Pressefreiheit in europäischen Staaten?

Fehlanzeige. Das ist peinlich für eine Regierung, die sich "bürgerlich" nennt und auch "konservativ-liberal".