08 November 2012

Gedankensalat (Teil 2) Motivation, Devianz, Glück, Zensur und Sonstso

1) Ein Mathematikprofessor nannte in einem SpOn-Interview neben anderen Faktoren (z.B. Kollegen mit Rausprüfmentalität) drei entscheidende Hürden dafür, dass Studierende das schwere Fach Mathematik so selten bestehen. Folgende Dinge wären die entscheidenden Mangelfaktoren - und diese Sichtweise hat mich überracht: Erstens, Begeisterung der Mit-Studierenden, zweitens, Begeisterung der Eltern, drittens, Begeisterung der Vortragenden/Lehrpersonen.

Ich hätte eher fehlende Dikaktik, fehlende pädagogische Konzepte, und fehlendes Feedback (sowohl des Lehrpersonals als auch der jeweiligen Studierenden) genannt, dazu (bei Teilen der Studierendenschaft) eine schlechte wirtschaftliche Lage sowie spezifischere Problemlagen (z.B. Vereinsamung, Erkrankung, Schwangerschaft u.ä.).

Nun lässt sich die Begeisterung des persönlichen Umfelds (Eltern, Mit-Studierende, Lehrpersonal) auch als Feedback deuten, aber auch in dem Fall ist sowohl überraschend (jedenfalls für mich), dass der Faktor "Begeisterung" eben doch so ein großes Gewicht hat. Gleichzeitig trifft sich das mit mein kleinwenig Lebenserfahrung, dass eben bevorzugt dort etwas aufblüht und gedeiht, wo Passion sowie Spaß/Freude im Spiel sind, sowie eben auch ein persönliches Bezugnehmen.

Im Grunde ist wirkt das fast schon zu banal um wichtig zu sein. Jedoch: Das ist wichtig!

2) Übernimmt man diese Gedanken in Bezug auf "typisch linke" bzw. innerlinke Diskussionskultur, dann wirft das Schatten u.a. auf rigide verfolgte Sprachnormen, aber auch auf eine in linken Gruppen bzw. Diskussionszusammenhängen mitunter auftretende "Kultur des Vorwurfs", bei der Einzelpersonen aufgrund ihrer Sichtweisen oder persönlichen Positionierung mit einem gesellschaftlichen Problem verwechselt bzw. angegriffen werden. 

Erfolgreich waren linke Gruppierungen in meiner Erinnerung dann, wenn dort weniger das gegenseitige Aneinanderabarbeiten stattfand, und dafür mehr das gemeinsame Interesse und die gemeinsamen Aktivitäten, zusammen mit Achtsamkeit füreinander. Auch das Socialising spielte nach meiner Erinnerung stets eine sehr große Rolle und kann fast schon als "geheimer Motor" erfolgreicher linker Gruppen bezeichnet werden. Nicht weniger wichtig waren aber auch die "konstruktiven Inputgeber", dass mussten nicht immer diejenigen sein, welche in der informellen Gruppenhierarchie oben standen (eher sogar im Gegenteil - und es war eher wichtig, dass in einer Gruppe ein Klima herrschte, dass offen war auch für die eher randständigen und/oder neuen Mitglieder). Die "konstruktiven Inputgeber" waren diejenigen, welche gute Aktionsideen hatten und den Fokus einer Gruppe auf das Gemeinsame und auf gemeinsame Zielsetzungen konzentrierten.

Vor dem Ende vieler linker Gruppen bestand zunächst oft eine Tendenz zur Cliquenbildung, dem auch damit (und teils sehr bewusst) verwirklichten Ausschluss periphärerer Gruppenmitglieder, sowie das Auftauchen (und die beharrliche Pflege) von Feindseligkeiten und Misstrauen zwischen den verschiedenen Cliquen. Nach meiner Erinnerung lebten die zerstrittenen Cliquen nach Auflösung einer Gruppe nur selten autonom weiter. Was ja auch irgendwie interessant ist.

Resümee: Es ist das Soziale, Dummerchen!

3) Bei mir entsteht Wohlbefinden aus einem gewissen Gleichgewicht (und auch einer Unterschiedlichkeit) der verschiedenen Tätigkeiten. Einseitigkeit tut mir nicht gut, und alles, was mich über mehr als 2 bis 3 Stunden lang passivisiert bzw. sediert, ist für mich (z.Zt. ?) von übel. Kaum etwas aber wirkt sich bei mir so positiv aus wie regelmäßige Bewegung und ein regelmäßiger, eher lang geratener Schlaf.

(aus der Glücksforschung gibt es da interessante Hinweise (SpOn).

4) Wenn ich mir so Gedanken mache, dann habe ich eigentlich niemals gerne für Geld gearbeitet, sondern eigentlich nur (und dann teils so richtig motiviert), wenn ich bei der Arbeit anderen beweisen konnte, wie nützlich ich mich bei meiner Arbeit mache und wie gut und kompetent ich das hinbekomme.

Ich bin wohl kein guter Homo Oeconomicus.

5) Mir persönlich ist es ohnehin ein Rätsel, wie ein Menschenbild und Handlungsmodell eines Menschen Grundlage der Wirtschaftswissenschaften (bzw. ihrer Ideologie) werden konnte, der in seiner Idealgestalt, alles in allem, eigentlich eher Spezialformen der Gattung Mensch entspricht: Händler, Unternehmer, Manager, Börsenhändler, Werbetreibende, Consulter, Bankster, PR-Berater, Betrüger, Räuber. Wobei ich nicht in Abrede stellen möchte, dass es in der Realität ehrbare Räuber gibt (anteilig wohl eher selten), als auch an Fairness und Gerechtigkeit orientierte Unternehmer (ist imho eher der Standard).

Die Vordergründigkeit, Berechenbarkeit und "leicht verstehbare Rationalität" eines tendenziell skrupellosen Gewinnmaximierers (dem seine Kunden und Mitarbeiter prinzipbedingt nur Mittel zum Zweck sind oder gar nur "Hobbits", die so gründlich auszunehmen sind wie es nur geht), hat imho für eine massive Schieflage im Verständnis des am Wirtchaftsleben teilnehmenden Menschen geschaffen. Obwohl es inzwischen in den WiWiss gewisse Reformansätze gibt (lustigerweise besonders nachhaltig unterstützt von wirtschaftswissenschaftlichen Experimentallaboren), ist zum Beispiel die Bedeutung des menschlichen Lernens (auch: kulturellen Lernens) in seiner Bedeutung für BWL und VWL noch nicht einmal im Ansatz verstanden worden. Ich würde sagen, etwas zugespitzt:

Die wichtigste ökonomische Institution ist die Intuition.

 (bzw. das, was sich im Kopf befindet - und das hat wiederum mit Lernvorgängen viel zu tun)

Das lässt sich imho auch auf das Geschlechterverhältnis anwenden und auf viele andere Fragestellungen. Insofern bin ich auch misstrauisch gegenüber Rassismus-Theorien, welche Rassismus (bzw. "Whiteness") vor allem als Ergebnis eines Kampfes um eine "rassistische Rendite" bzw. ökonomische/soziale Vorrangstellung betrachten.

6) Weniger ist ein Rätsel, welche Faktoren für Zensur sorgen. Es ist nicht zuletzt:

Devianz.

(nur fällt diese je nach sozialen/politischen Bezugsrahmen eben jeweils unterschiedlich aus)

2 Comments:

At 27 November, 2012 16:47, Anonymous Robin Renitent said...

Wenn ich eines Tages den Löffel abgebe dann möchte ich schon in die Hölle. Sie erscheint mir, als Zukunftsaussicht, interessanter. Allein all die Böslinge neben mir auf der Bank...

Der Himmel dagegen ist vollgestopft mit Gutmenschen, Weltverbesserern, Klimahysterikern und Marktfeiden (willkürliche Auswahl)...

Oder so: Sie können ja an den Räuber und Geldmachern ruhig fremdeln, aber mir hat beides immer viel Spaß gemacht. Es ist geradezu eine orgiastische Lust Knete zu machen und sie dann...zu verstecken...

Der wirkliche Räuber ist der Staat. Das brauche ich Ihnen ja nicht zu erklären. Oder mit Ayn Rand: "Das Entscheidende ist lediglich: Ist der Mensch frei? In der Menschheitsgeschichte ist der Kapitalismus das einzige System, das die Frage mit ja beantworten kann.”

 
At 07 Dezember, 2012 10:08, Anonymous Justin Case said...

@ Robert: Im Kapitalismus ist der Mensch frei - bis die Rechnung kommt.

 

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