23 Oktober 2009

Rochaden ins Nirgendwo - die Personalentscheidungen der schwarzgelben Koalition

* Guttenberg soll Verteidigungsminister werden

Sie verbrennen sie ein großes politisches Talent in einem Ressort, wo er kaum glänzen kann. Panzer-Gutti? Tja - dies und die wachsenden Probleme in Afghanistan sind nicht gut für seine politische Karriere. Das Außenministerium (Westerwelle) und das Wirtschaftsministerium (Brüderle) sind ihm allerdings durch die FDP (bzw. durch Merkels Tauschgeschäfte) verbaut worden.

* Aigner wird Entwicklungshilfeministerin

Elend. Eine technokratische Agrarlobbyistin - das kann nichts werden. Sie wird politisch tot gestellt. Und der CSU fällt niemand besseres ein als ausgerechnet sie für dieses Ressort. Ganz elend.

* Der "liberale" Extremist Philipp Rösler wird Gesundheitsminister

Ein a-sozialer Politextremist soll dieses sehr sensible Ministerium übernehmen. Das wird noch für viel Streit sorgen. Ich persönlich glaube ja eher an die Laiendarstellerin, aber die Meldungen der Nachrichtenticker stimmen überein. Wenn es so kommt, kann sich die SPD schon einmal bedanken - Rösler in diesem Ministerium ist eine Steilvorlage ersten Ranges.

* Franz-Josef Jung soll Arbeitsminister werden

Ich fand ihn als Verteidigungsminister nicht so übel. Ich könnte mir vorstellen, dass er - gemessen an schwarzgelben Möglichkeiten/Unmöglichkeiten - auch im Arbeitsministerium eine annehmbare Rolle spielen wird. Er ist mir bislang als moderater Mann erinnerlich. Vermutlich wird er dort die Chance nutzen, sich gegenüber einer sozial kalten FDP zu profilieren.

* Die gestaltungsmüde Frau Shavan wird garnichts und in die Wüste geschickt

Sehr gut. Ausgezeichnet. ++ Update ++ Die TAZ meldet, dass Shavan bleibt. Wenn das stimmt, dann war Merkel von Shavans amtmüder Politik des Nichtstuns wohl äußerst beeindruckt.

* "Schnarre" wird Justizministerin

Da werden noch viele Leute staunen über eine vermeintliche Bürgerrechtsaktivistin, zum Beispiel dann, wenn sie für das "geistige Eigentum" zu Gunsten der Rechteverwerter rüpelhafte Schneisen durch den Rechtsstaat schlägt. Monopol-Schnarre wird viele enttäuschen.

* Schäuble wird Finanzminister

Dass er im Innenresort eine Fehlbesetzung war, das war überdeutlich. Jetzt wechselt er ins eigene Kompetenzfeld - manche werden sich noch sehr über ihn wundern, auf positive Weise. In jedem Fall erhält er jetzt die Chance, seine politische Karriere auf eine Weise zu beenden, dass er den Bürgern nicht nur als Militarist und Grundrechte-Zerstörer in Erinnerung bleibt.

* De Maizière wird Innenminister

Eine Verbesserung.

* Westerwelle wird Außenminster

Das ist eine gute Entscheidung. Zuallererst: Dort richtet er den geringsten Schaden an. Zweitens: Ein offen schwuler Außenminister ist gut für das Image unseres Landes und gut für die internationale Politik. Drittens: Er setzt auf das Primat der Diplomatie. Viertens: Es mag teurer als ein Volkshochschulkurs sein, aber er wird am Ende der vier Jahre deutlich besser Englisch sprechen können.

* Frau Leyen bleibt Famlienministerin

*hehe* *hihi* *Hähä!*

Insgesamt ist mein Eindruck, dass die FDP im Gegenzug für inhaltliche Zugeständnisse, praktisch alle Personalwünsche erfüllt wurden. Das ist für die FDP aber kein Sieg, sondern eine politische Niederlage. Die hohlen Sprüche der FDP ("mehr Netto") werden umso gründlicher entzaubert. Ich frage mich, was Merkel mit Koch anfangen wird. Agrar-/Verbraucherminister? Zurück nach Hessen?

P.S.

Die TAZ listet auf, worauf sich die schwarzgelbe Koalition inhaltlich geeinigt hat. Ich finde das ziemlich gruselig - das ist Herrenreiter-Politik. Die gröberen Grausamkeiten wurden allerdings auf die Zeit nach der NRW-Wahl verlegt - wodurch diese nicht besser werden.

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5 Comments:

At 25 Oktober, 2009 09:34, Anonymous Wolf-Dieter said...

Im Stern hat Aigner die Landwirtschaft und Niebel die Entwicklungshilfe sowie Schavan FoWi und Rösler die Gesundheit.

 
At 25 Oktober, 2009 19:44, Anonymous Robin Renitent said...

"Ein offen schwuler Außenminister ist gut für das Image unseres Landes und gut für die internationale Politik."

Sorry, John Dean, ich könnte kotzen, wenn ich so was lese. Das er schwul ist, mmh, na schön, ist nun nicht zu ändern. Aber warum das gut sein soll für Deutschland und sein Ansehen begreife ich nicht. Wenn Sie mal die Feuchtigkeit der Begeisterung von der Brille wischen würden und klaren Auges ins Ausland schauen, dann würden Sie bemerken, dass man sich über Deutschland schon eine geraume Zeit lustig macht. Und nun erst recht. Sowohl im amerikanischen, wie im russischen Fernsehen habe ich nur Jokesendungen und flapsige Bemerkungen zu dem Thema gesehen. Sie können übrigens vieles auf YouTube dazu sehen. Zurzeit bin ich in Tel Aviv und schon sprechen mich die Taxifahrer darauf an.

Zusammengefasst kann man es so sagen: Die einfachen Leute, die, die Deutschland immer noch bewundern wegen seiner Produkte und weil der Cousin 7. Grades dort ist, joken nur. Gebildete Diskutanten nehmen Deutschland schon lange nicht mehr richtig ernst, bzw. wundern sich sehr. Der schwule Außenminister wird da nur als das I-Tüpfelchen empfunden. (Eindrücke des letzten Jahres aus Kentucky – Wohnsitz - , Canada, Schweiz, Russland, Israel, Ungarn und Polen. Reicht das?)

 
At 26 Oktober, 2009 14:42, Blogger John Dean said...

Robin, ich finde nicht, dass man sich wegen dem Schwulsein eines Außenministers lustig macht - sondern wegen seiner erstaunlich schlechten Sprachkenntnisse.

Aber: Das ist ja durch Lernen überwindbar - für fähige Menschen sogar ziemlich schnell.

Wenn man einmal annimmt, dass er in einem Jahr gutes Englisch spricht (warum eigentlich nicht?), eine gute Rolle in der Außenpolitik und in Genschers Fußstapfen tritt, dann hätten wir dann einen offen schwulen Außenminister Westerwelle, der unser Land vertritt.

Ich denke, dass das schon zeigt, dass wir ein weltoffenes Land sind, und ich denke noch mehr, dass das gut für die internationale Politik ist.

Es ist nicht so, dass mich Westerwelle als Außenminister wirklich begeistern würde, ich zweifle daran, ob er wesentlich besser als Steinmeier sein wird (aber: er ist weniger auf militärische Mittel orientiert - und das finde ich gut). Ich meine, dass Westerwelle immer in der Gefahr steht, die Außenministerrolle als Teilzeitjob aufzufassen, um unverändert seine bisherige Rolle als radikalliberaler Hecht im Talkshow-Teich zu spielen.

Damit würde er sein Amt entwerten. Aber hier heißt es - eine Alternative sehe ich nicht: Abwarten. Und schauen, wie es wird. Im Übrigen bin ich mir sicher, sehr sicher sogar, dass Westerwelle für praktisch jedes andere Ministeramt ungeeignet wäre, ja, teils sogar eine Gefahr. Insofern entspricht die Zuteilung dieses Postens auch dem Prinzip der Schadensminimierung...

Pardon, wo ist da etwas zum Kotzen??

 
At 26 Oktober, 2009 14:48, Blogger John Dean said...

Ach - und überhaupt: Natürlich ist es leicht vorstellbar, dass der Westerwelle, mit seiner seltsam angespannter Mimik und seinem intensiven Grimassenspiel zunächst etwas lächerlich wirkt, zumal, wenn er zugleich die englische Sprache vergewaltigt.

Okay. Aber auch ein Westerwelle könnte sich Respekt erarbeiten - und man betrachte doch einmal den französischen Präsidenten. Oberflächlich gesehen, kann man sich gut über ihn lustig machen, über einen sich als Tausendsassa gebenden Typen, der deutliche Züge von Lois de Funés hat.

Und: Haben sich die anfänglichen Eindrücke bestätigt und lacht man über ihn in der internationalen Politik?

Ein jeder Mensch kann dazu lernen und sich verbessern.

 
At 20 November, 2009 10:49, Anonymous jacques carlyle said...

Schavan ist für den Atomspin verantwortilich:

Zusätzliche Millionen für die Atomlobby
Jährlich über 40 Millionen für die Atomlobby
Daneben stellt Schavan der Helmholtz-Gemeinschaft zusätzlich gut 33 Millionen Euro im Jahr für die Sicherheits- und Endlagerforschung zur Verfügung
http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/Atomforschung;art122,25 82369

Wiederbelebun des hochrisiko Thorium-Hochtemperaturreaktors?
Bundesforschungsministerin Schavan hat am 30. Juli 2008 bekanntgegeben, dass ihr Ministerium frisches Geld für die Forschung an Generation IV-Atomanlagen, zu denen auch der Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) gehört, zur Verfügung stellen wird.
http://www.reaktorpleite.de/thtr-rundbrief/rundbriefe-2008/nr.-122-aug ust-08.html

 

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