19 September 2008

Staatsknete für Zocker - zu den Folgen der Finanzpolitik von Bushs letzten zwei Monaten

Ich fasse es nicht: Bush hat so etwas wie den totalen Bailout für alle faulen Kredite verkündet. Damit haut er seine Businessfreunde auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler raus. Revolutionär, wie Don schreibt, ist das ein Fall von UDSSA. Der amerikanische Finanzminister Paulson und Notenbankschef Bernanke verkünden eine "zügige Lösung", um den Banken ihre "illiquiden Aktivposten" abzukaufen.

Staatsknete für Zocker: Das ist das zynische Kommunistengesicht des Neoliberalismus, der für seine Genossen und Businessfreunde keine Kosten scheut, während er in anderen Fällen z. B. jedes Milligramm Sozialstaat bitterlich beklagt. Der totale Bailout setzt tatsächlich falsche Anreize, und erzeugt jede Menge "Zwangsabgaben", sogar in einem Billionen- (!) -Umfang. Und diesmal sei das gut. In den Worten von Joseph Stiglitz:
. . . das sind nur kurzfristige Lösungen. Man legt die riskanten Anlagen in die Hände der Steuerzahler. Denn sonst will sie ja niemand. Es ist so, als ob man eine neue Firma aufmacht - mit dem Namen „Steuerzahler“ und gibt ihr diese Anlagen. Vielen Dank! Kein privater Investor will diese Anlagen haben, aber dem Steuerzahler drückt man sie auf. Das ist ungeheuerlich.
Ich bezweifele stark, dass es ein ausreichendes öffentliches Interesse dafür gab, auf diese Weise Bankpleiten und das Implodieren von Hedge-Fonds u.ä. zu verhindern. Der Preis dafür ist zu hoch. Ein paar bankrotte Banken wären günstiger und besser gewesen. Das amerikanische Banksystem bricht nicht dadurch zusammen, wenn einige pervers hochspekulativ tätige Investitionsbanken pleite gehen. Auch die Pleite von Hedgefonds (oft auch noch offshore tätig) ist nicht zu bedauern. Für reiche Privatanleger, für die gierigen Geschäftsfreunde von Bush und seiner Regierung hätte es lediglich einen Vermögensverlust bedeutet.

Warum sollen die amerikanischen Steuerzahler dafür aufkommen? Andererseits: Ich glaube, für unser Land ist das, jedenfalls kurz- und mittelfristig, eine gute Sache (sofern sich unsere Politiker künftig, nach dem 11-Milliarden-Euro-Sündenfall IKB, von staatlichen Bailouts privater Banken fern halten). Es ist deshalb gut, weil damit die Kosten und Aufwendungen unseres Bankensystems reduziert werden, weil damit Steuerausfälle in unserem Land verringert werden, und dies sogar in Milliardenhöhe.

Mir tun nur die amerikanischen Bürger leid, welche diesen irren Fehltritt von Bush, Paulson und Bernanke noch sehr lange bezahlen müssen, mit Zins und Zinseszins. Zudem befürchte ich, dass die daraus resultierende Erhöhung der US-Staatsverschuldung um rund 1,5 Billionen Dollar (meine Schätzung), die US-Konjunktur auf lange Sicht hin beeinträchtigen wird. Dieser Effekt wird m.E. deutlich stärker aufallen, und auch deutlich länger belasten, als der Effekt von ein paar bankrotten Investmentbanken und Hedgefonds. Das von Bush/Paulsen/Bernanke verursachte amerikanische Verschuldungs- und Konjunkturproblem wird sich auch auf die Handelsbeziehungen zur EU niederschlagen (immerhin 1/3 der EU-Ausführ geht in die USA) - und zwar negativ. Ein über den Hals verschuldeter Staat wird die Steuern erhöhen müssen, muss zugleich seine Ausgaben begrenzen - der Effekt kann im übelsten Fall ähnlich kontraktiv ausfallen wie die Finanzpolitik von Brüning.

Langfristig sind das keine guten Perspektiven.

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13 Comments:

At 19 September, 2008 16:32, Blogger etc. pp said...

"Staatsknete für Zocker: Das ist das zynische Kommunistengesicht des Neoliberalismus"...
Mit Verlaub, aber Kommunismus ist doch wohl eher, wenn man die Betriebe verstaatlicht, weil/solange sie (viel zu) viel Kohle haben/machen, und nicht erst, wenn sie pleite sind...
oder hab ich da was falsch verstanden?

 
At 19 September, 2008 16:53, Blogger John Dean said...

@ etc. pp

Klingt erstmal logisch, was du schreibst.

Ich denke es mir eher so:

Wichtig am Kommunismus (in seinem trivialen Verständnis - also hier) ist nicht etwa, dass man Gewinn bringende Firmen verstaatlicht und die anderen in Ruhe lässt.

Entscheidend ist das Verstaatlichen.

Wobei die Bush/Paulsen/Bernanke-Drecksäcke ja eigentlich anders vorgehen: Sie verstaatlichen nicht etwa die Banken, sondern sie pumpen das Steuergeld der Amerikaner genau dorthin, wo sich Banken verzockt haben.

(man könnte das auch als eine Form der korporatistischen Privatisierung der Steuereinnahmen betrachten...)

Ich setze bei meiner Anmerkung am "Diskurs" der Rechtsliberalen und der heutigen Neoliberalen an bzw. bei der Denkweise der Marktfundamentalisten. Dort hat der Markt ja immer Recht, und der marktwidrige Einsatz von Steuermitteln gilt hier eben als "Sozialismus" bzw. "Kommunismus".

Insofern ist der - für die Steuerzahler überaus teure - Bankenbailout von Bush kommunistisch.

 
At 19 September, 2008 18:55, Anonymous Anonym said...

Wie treffend ist es da, das die Verblödung in den UDSSA schon so weit fortgeschritten ist. Auf 100000 Bürger der UDSSA sind vielleicht 10 da die den Zusammenhang noch checken. Und die paar Hanseln werden das Maul gewiss nicht aufreissen, da sie ja in jedem Fall davon profitieren. Zuerst in Form von Steuergeschenken und jetzt mit der Verstaalichung der Risiken.
Aber auch unsere Regierung tut ihr Bestes, damit auch hierzulande die Verblödung grassiert.
Merke : nur die dümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber.

 
At 21 September, 2008 13:03, Anonymous Anonym said...

So sehr ich den Don und seine Querdenkerei schätze, aber mit Kommunismus hat das ganze nichts zu tun. Es ist Kapitalismus (nicht Marktwirtschaft!) in Reinkultur. Das Geld regiert. Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert. Im Grunde eine recht konsequente Politik, die der Herr Bush da betreibt. Alles andere als überraschend.

 
At 21 September, 2008 21:02, Blogger John Dean said...

Wenn Verstaatlichung kein Kommunismus mehr ist: Was dann?

 
At 22 September, 2008 16:41, Anonymous Anonym said...

kommunismus a la marx wäre, wenn die bürger die verstaatlichte finanzindustrie nun als freie assoziation von individuen demokratisch verwalten würden, wie auch den ganzen rest, zu ihrem eigenen nutzen, so dass sich dann jeder selber verwirklichen kann. das scheint nicht in sicht.

das in den usa ist nichtmal leninismus - höchstens dual-leninismus mit zwei varianten, die man auswählen kann.

übrigens findet spon in gestalt von christian reiermann gerade, dass da garkein markt irgendwie gescheitert ist:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,579638,00.html

folgt man aber dem weblog perspektive2010, scheint dieses so emphatische urteil reiermanns wenig überraschend:

http://www.perspektive2010.org/blog/2008/02/13/das-unsoziale-elend-von-christian-reiermann-spiegel/

 
At 22 September, 2008 19:05, Blogger John Dean said...

Wer einfach mal in einen Drittweltstaat militärisch einreitet (wegen "Massenvernichtungswaffen" oder so), dort über zwei Millionen Bewohner vertreibt, den Tod von über 200.000 zu verantworten hat, und zugleich all dies nicht wahr haben möchte, dem fehlt als "Führer" (amerikanisch: Bush) vermutlich jegliches Augenmaß.

Ich kann nicht erkennen, dass GW Bush auch nur eine enzige kluge ökonomische Entscheidung gefälllt hat. Aber seine Methode, den Staatshaushalt und das Staatsdefizit massiv aufzublähen, das ist durchaus eine Form eines schleichenden Kommunismus, wobei eben seine Buddies zuerst bedacht werden.

Eine Art Teil-Kommunismus. Seine Amigos profitieren, die weit überragende Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung bezahlt diese.

 
At 22 September, 2008 20:18, Anonymous Anonym said...

nochmal: wenn nur der staat statt privatpersonen eigentümer der unternehmen und produktionsmittel ist, ist das noch kein kommunismus. das ist dann staatskapitalismus. ddr.

wenn etwa alle aktien, die in umlauf wäre, vom staat eingezogen und dann an alle bürger gerecht verteilt würden - das wäre der anfang von so etwas wie kommunismus.

get the idea?

 
At 22 September, 2008 21:30, Blogger John Dean said...

Hmm. Ich würde sagen, das ginge fast schon eher in die Richtung Ordoliberalismus (mit sehr radikaler Grundierung der Eigentums-Ausgangsverteilung).

Wettbewerbsökonomie, Chancengleichheit, Ordo und gemischtes, breit verteiltes Privateigentum.

So etwas wäre vielleicht ein Modell für die Stunde Null.

 
At 22 September, 2008 21:36, Blogger John Dean said...

------ schnipp ------
Dramatische Szenen an den Rohstoffbörsen: Der Ölpreis ist im US-Handel förmlich explodiert, das Fass kostete zwischenzeitlich über 130 Dollar - ein noch nie dagewesener Sprung von 25 Dollar an einem Tag. Die Händler fürchten, das US-Paket zur Rettung der Banken schwäche den Dollar.
------ schnapp ------

Sagenhaft, wie es diesen Amateur-Ökonomen gelingt, mit ihrem "Rettungspaket" in kürzester Zeit die Weltwirtschaft zu destabilieren.

Idiotenpack.

 
At 22 September, 2008 21:38, Blogger John Dean said...

(wobei ich ja annehme, dass dieser Ölpreissprung, den SpOn als Eilmeldung verbreitet, morgen ca. zur Hälfte wieder zurückspringt)

 
At 24 September, 2008 13:46, Anonymous Anonym said...

Ich teile deine Empörung John, aber einen Satz nicht: "Staatsknete für Zocker: Das ist das zynische Kommunistengesicht des Neoliberalismus". Nicht doch. Da zeigt sich nur ungeschminkt die Visage des Kapitalismus.
Ob ein Staatseingriff "gut" oder "böse" ist, ist nur eine Frage des Zeitpunktes: Auf dem Höhepunkt der Zockerei: böseböse. Wenn das Kapital in Kalamitäten kommt: gut.
Offensichtlich ist "das Bürgertum" seit 1848 ideologisch ziemlich verkommen.

 
At 29 September, 2008 12:53, Anonymous Anonym said...

Warum benutzen eigentlich die Scheiss-Ökonomen immer den Begriff "die Steuerzahler", wenn es korrekt heissen sollte: "wir"?

Und: warum benutzen die Scheiss-Ökonomen immer den Begriff "wir", wenn er nicht angebracht ist?

Wie schon Konfuzius sagte: wer die Begriffe richtig gestellt hat, hat automatisch alle wirtschaftlichen Probleme und sozialen Probleme gelöst...

 

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