26 Oktober 2007

Gekaufte Rechtsentwicklung

Law is an anagram of wealth.

So soll es natürlich nicht sein, aber z.B. die Fortentwicklung des Urheberrechts legt diesen Schluss sehr nahe. Ein konkretes Szenario: Eine bekannte Verwertungsgesellschaft, nennen wir sie einmal "GUMMI", pflegt intensiven Kontakt zu den Kommentatoren von juristischen Fachzeitschriften. Eigentümlicherweise finden in diesen Fachzeitschriften bevorzugt jene Urteile Berichterstattung, welche GUMMI-freundliche Urteile fällen. Negative Urteile, welche Ansprüche von GUMMI bestreiten, finden in diesen Fachzeitschriften unterdurchschnittlich häufig Aufnahme. "Offene Gesellschaft", my ass!

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26 August 2007

Private Macht, Thyssenkrupp, Lobbyismus und Lüder Gerken

Im Kampf der Interessengruppen sei Lobbyismus, so sagen es Rechtsliberale und Marktradikale, ein "Ausdruck der offenen Gesellschaft".

Das mag sein - sofern a) die Stärke der jeweiligen Interessengruppen nicht allzu ungleich ist, b) die jeweiligen Lobbies ein Ausdruck tatsächlicher Interessen der Bevölkerung sind und c) bei diesem Prozess letztenendes die Interessen aller - in der Summe - einigermaßen fair gewürdigt und repräsentiert werden.

Tatsächlich (!) aber ist der Lobbyismus, wie er heute, z.B. in Gesetzgebungsverfahren der EU und des Bundes teils massiv Einfluss entfaltet, ein Symptom der Vermachtung der Gesellschaft.

Partikularinteressen wirtschaftlich Mächtiger erlangen in einen legislativen System, das gegenüber Lobbyismus kaum Widerstands- und Gestaltungskraft zeigt, Übermacht - einerseits gegenüber dem Gemeinwohlinteresse, andererseits gegenüber jenen, die als Normalbürger und "kleine Leute" über keine finanz- und einflusstarke Lobby verfügen.

Der Lobbyismus, wie wir ihn heute erleben, hat durchaus auch gute Seiten, allerdings dort, wo er selbst intransparent wird, kann man in der Summe von der Unterhöhlung der Demokratie sprechen. Ein Beispiel (übrigens auch eine schöne Recherchegelegenheit) ist das Wirken des "wissenschaftlichen" Lobbyisten Lüder Gerken, den ich dort, wo er als Wissenschaftler in Erscheinung trat, für einen wissenschaftlichen Betrüger halte, einen, der sogar die Ungeheuerlichkeit publizieren würde, dass die Vorstellungen von Hayek den Ordoliberalismus "weiterentwickelt" hätten.

Dazu muss man wissen: Ordoliberale haben das Denken von Hayek bekämpft. Die sogenannte "Vertragsfreiheit" ist in den Händen der Mächtigen in Wirklichkeit ein Instrument der Unfreiheit. Liberal ist also nicht derjenige, der für die Mächtigen stets mehr Macht und ungehemmte "Freiheit" fordert, frei von staatlichen oder demokratisch-gesellschaftlichen Regeln, sondern derjenige, der sich für den Schutz der Schwachen vor Übermacht einsetzt, und zwar genauso dann, wenn es sich dabei staatliche Übermacht oder um private Übermacht handelt.

Hier kehre ich zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen zurück: Solange Lobbyismus in erster Linie wirtschaftliche Übermacht repräsentiert, ist er erstens zur Transparenz zu zwingen, z.B. hinsichtlich seiner Geldgeber und Finanzierung, und zweitens ist sein Einfluss zu begrenzen. Im Fall von Lobbyismus geht um die Entfaltung privater Macht, allerdings auf assymetrische Weise.

Zu diesem ersten Punkt, der Transparenzerzeugung werde ich heute beitragen:

Es ist so, dass die einflussreiche und finanzstarke "Stiftung Ordungspolitik" und das CEP (angeblich überparteilich...) sich außerordentlich schwer tun, über ihre Geldgeber zu informieren. Sie sind als "Think Tanks" in erster Linie Beeinflussungsapparate. Für wen? In wessen Auftrag?

Nach meinen Recherchen fördert Thyssenkrupp die hayekianischen "Think Tanks" CEP, welches gezielt auf europäische Gesetzgebung einwirkt, die "Stiftung Ordnungspolitik" und die "Stiftung Marktwirtschaft" in erheblichen Ausmaß.

Das sollte kein Geheimnis bleiben.

Generalisiert man derartige Vorgehensweisen, analysiert man die Zwecke derartiger "Think Tanks" und ihrer bewusst unklar gehaltenen Finanziererung, und nimmt dafür weitere Beobachtungen hinzu, könnte man - teils sogar berechtigt - sagen:

Teile unserer ökonomischen Eliten versuchen in Dunkelmännermarnier die Demokratie zu unterwandern.

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07 Juli 2007

Deklarationspflicht für Nichtzutaten

Ich fordere eine Deklarationspflicht für "Nichtzutaten".

Irre? Eine bekloppte Forderung? Nein: Denn die Lobbyisten der Lebensmittelindustrie haben gemeinsam mit interessierten Juristen erreicht, dass wesentliche Zutaten, die beispielsweise in Fabrikbrot zum Einsatz gelangen, nicht deklariert werden müssen. Weil sie "Nichtzutaten" seien.

Eine "Nichtzutat" ist eine Zutat in Lebensmitteln, mitunter eine sogar recht unangenehme Zutat, die dank des von Lobbyisten durchseuchten EU-Lebensmittelrechts zur "Nichtzutat" erklärt wurde.

Unangenehmerweise befinden sich unter diesen "Nichtzutaten" viele Allergene - und sehr viele umstrittene Stoffe, z.B. gentechnisch gewonnene Aromastoffe oder Cysteine (welche die Kneteigenschaften von Brotteigen beeinflussen), Amylasen, Endoglucosdasen usw. usf.

Der mündige Konsument würde gewiss auch gerne erfahren, ob sein Bäcker mit Fertigbackmischungen, Fertigteigen oder vorgebackener eingefrorener Ware hantiert - oder tatsächlich selber bäckt. Oder ob die angepriesenen gesundheitsfördernden "Ballaststoffe" aus entsorgten Biertreber bestehen, d.h. kleinkriminell ins Brot gepfuschter Brauereimüll sind - widerwärtig stinkende, ausgelaugte Gerstenschalen.

Leider: Der bürokratisch-industrielle Komplex (das Zusammenspiel aus industrienahen Verwaltungen mit Lobbyisten) hat diese Informierung von Konsumenten bislang verhindert. Dreckskerle! Einer wie Seehofer passt bestens dazu (bekannt auch für seine gewiss uneigennützigen pro-Monsanto- und pro-Tamiflu-Kampagnen). Minister Horst Seehofer steht genau für diesen bürokratischen-industriellen Komplex, dafür, dass er Lobbyisten praktisch immer (!) nachgab.

Zutreffender wäre Seehofers derzeitiges Amt beschrieben, nennte es man untätiges Verbraucherverhöhnungsministerium. Merkwürdigerweise ist Seehofer, der quasi den Ideallfall eines politischen Vollversagers darstellt, in der Bevölkerung recht beliebt, auch deshalb, weil er am Ende seiner erfolglosen Zeit als Gesundheitsminister ungewohnt offen zugegeben hat, dass er als Minister dem Druck der Lobbyisten stets unterlag - und versagte.

Verzeihung: Dieser unnütze Kerl ist in unserem Land Verbraucherschutzminister! Es wäre besser, wenn Lobbyistenfreund Seehofer zur "Nichtzutat" am Kabinettstisch erklärt würde.

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25 Februar 2007

Vertreter der Gegenaufklärung: Dirk Maxeiner

Ein Artikel von Christian Gapp in der Telepolis motivierte mich zu prüfen, ob die Aussagen von Christian Gapp stimmen. Zunächst las ich also ein typisches Werk eines "Klimaskeptikers", nämlich: diesen Unfug, von Dirk Maxeiner.

Einem Autor und Think-Tank-Zögling, der immerhin u.a. im "Cicero" regelmäßig publiziert. D. Maxeiner behauptet, dass der Einfluss von Sonnenaktivität auf den Klimawandel am "Dogma der vorwiegend vom Menschen gemachten Klimaerwärmung" erheblich rüttele. Die vorherrschende Wissenschaft würde Hypothesen zum Einfluss der Sonnenaktivität auf den Klimawandel unterdücken. Hypothesen, wie sie z.B. von Nir Shaviv formuliert werden - D. Maxeiner schreibt:
Anstatt sich in einem wissenschaftlichen Journal seriös mit der Hypothese auseinanderzusetzen, griffen 15 deutsche und Schweizer Klimaforscher zum Mittel der Unterschriftensammlung und Adhoc-Presse-Mitteilung, in der sie die Arbeit der Kollegen als „fragwürdig“ „unhaltbar“ und „zweifelhaft“ schmähten. Nir Shaviv sieht es gelassen: „Erstens haben sie uns und unserer Arbeit viel Publizität gebracht. Zweitens kann sich jeder qualifizierte Wissenschaftler selbst ein Bild von der Qualität unserer Forschung machen. Und drittens: Wenn jemand unbedingt auf mich einteufeln will, um später einmal als Narr dazustehen, bitte!“
Die herkömmliche Wissenschaft, welche den Großteil der globalen Erwärmung auf menschliche Einflüsse zurückführt, würde derlei Ideen unter den Tisch fallen lassen. Das schreibt D. Maxeiner. Das Problem dabei ist nur:

Dirk Maxeiner lügt.

Tatsächlich wird von der herkömmlichen Klimawissenschaft nicht verleugnet, dass Schwankungen der Sonnenaktivität einen Einfluss auf das Klima haben. Ein typisches Beispiel dafür gibt der Forscher Stefan Rahmstorf (PDF, sehr lesenswert), welcher zu den Ursachen des Klimawandels sagt:
Der überwiegende Teil dieser Erwärmung ist auf die gestiegene Konzentration von CO2 und anderen anthropogenen Gasen zurückzuführen; ein kleinerer Teil auf natürliche Ursachen, u.a. Schwankungen der Sonnenaktivität. (...)
Ich rechne das gezielte und systematische Belügen der Öffentlichkeit, was Herr Maxeiner betreibt, zum nahezu schlimmsten, was man einem Autoren überhaupt vorwerfen kann. Nur noch Aufhetzung zum Menschenhass ist übler.

Vor dem Hintergrund wiederholter (!) Lügen und Verdrehungen ist unverständlich, dass es Magazine und Zeitschriften gibt, die Dirk Maxeiners Artikel regelmäßig und völlig unkommentiert abdrucken. Zumal Dirk Maxeiners Nähe zur selbsternannten "Achse des Gut*n" allerhand Anlass zur Skepsis böte, denn bei diesem Autorenkollektiv werden Klerikalfaschisten (z.B. Ann Coulter) oder Rechtsextremisten (z.B. Daniel Pipes) regelmäßig bewundert.

Besser wäre es, wenn man Lügnern und Betrügern wie Dirk Maxeiner keine breite Öffentlichkeit gäbe - jedenfalls nicht unkommentiert.

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