22 Juni 2006

Nihilistischer Freiheitsbegriff (Rechtsliberalismus)

Das ist mein schwerster Vorwurf an den Rechtsliberalismus: Er hat im Wesentlichen einen nihilistischen Freiheitsbegriff.
Dadurch, dass der Wirtschaftsliberalismus die "Freiheit" ungeregelter Märkte ins Zentrum seines politischen Wollens rückt, und schlimmer noch, dies sogar noch mit dem Kern menschlicher Freiheiten verwechselt, wird sein Freiheitsbegriff in doppelter Hinsicht nihilistisch.
Er ist einerseits nihilistisch dadurch, dass er die menschliche Erfahrung negiert, z.B. die vielfachen Erfahrungen mit dem Machtproblem und Machtmissbrauch in ungeregelten Märkten.

Und er ist andererseits nihilistisch dadurch, dass er seine Freiheit als ein bloßes, eigentlich leeres, "wovon" versteht. Damit gaukelt der Wirtschaftsliberalismus die alte Chimäre des Manchesterliberalismus vor, und behauptet, dass sich nahezu alle sozialen und menschlichen Fragen mit totaler Gewerbe- und Handelsfreiheit beantworten ließen. Seine Wahnidee, dass aller Fortschritt allein auf einer Freiheit von Staat und Sozialstaat beruhen könne, ist nihilistisch.

Dieser Nihilismus, der sich am Scheingegensatz aus Staat vs Markt entzündet, kann bis zur Demokratiefeindlichkeit wachsen, denn seine Freiheit "wovon" ist reaktionär, das heißt, sie ist von dem Vergangenen bzw. angeblich zu Überwindenden negativ bestimmt. Bedingt durch seinen Nihilismus vermag Wirtschaftsliberalismus nicht ernsthaft danach zu fragen, wie ein besserer Staat, eine bessere Demokratie und bessere Märkte erreicht werden können.

Der Wirtschaftsliberalismus ist weder in der Lage, Rücksicht gegenüber ökonomisch Schwächeren zu üben, womit er Freiheit vernichtet, noch ist er in der Lage zu einer angemessenen Syntheseleistung aus einer Freiheit "wovon" mit einer Freiheit "wofür". Zutiefst unfähig ist er zudem, den Menschen über seine individuelle Natur hinaus auch als soziales Wesen zu verstehen und ihm damit gerecht zu werden. Auch er fordert einen neuen Menschen.

Der Kommunismus war nihilistisch gegenüber dem Menschen, wie er ist, nihilistisch z.B. gegenüber individuellen Freiheitsstreben, und verlangte stattdessen "neue" bzw. sozialistische Menschen. Dafür gingen Stalin und Mao millionenfach über Leichen. Faschismus und Nationalsozialismus waren nihilistisch. Und auch jene, welche Privateigentum rücksichtslos und über alle übrigen Werte hinweg vergötzen, sind dies, auf ihrem trostlosen Weg in die schrankenlose Diktatur der Märkte. Auf diesem Weg negieren radikale Wirtschaftsliberale alles und alle Werte, die diesem Vorhaben entgegen stehen.

Nihilismus.

7 Comments:

At 22 Juni, 2006 20:25, Anonymous Anonym said...

Die Kroenung des Nihilismus ist jedoch das Christentum und Jesus die Personifizierung der Verneinung des Lebens.
Kommunismus und Faschismus, Schulden und Sklaverei haben viele Leute reich und maechtig gemacht.
Am Anfang stand die Leibeigenschaft.
Als die ehemals roemischen Sklaven merkten, welcher Taeuschung sie aufgesessen waren, denn nun herrschte Feudalismus, traeumten sie von den Zeiten, als sie noch bei Roemern und Arabern geachtete "Sklaven" waren.
Den Arbeitern, die sich von Wirtschfatsprofessoren Erhard bzw. Salazar befreien liessen, werden es auch noch merken.

 
At 24 Juni, 2006 12:26, Anonymous Anonym said...

@ ralph
Ich dachte immer, der Mensch sei im Wesentlichen ein soziales, und nicht ein wirtschaftendes Wesen...

 
At 24 Juni, 2006 15:02, Anonymous Anonym said...

@christian schenkel

Nicht doch! Und auch kein kulturelles! Sehen sie sich doch die Menschheitsgeschichte an: Da hat jeder immer nur am Markt seinen Vorteil gesucht. Gastfreundschaft, Freigiebigkeit, Kunst, Kultur, Religion, Philosophie? Fiktionen! Chimären des vorliberalen Geistes! Neinein, die unsichtbare Hand lenkt schon alles zu unser aller Wohl, wenn wir es der wirtschaft nur leicht machen. Sie macht uns frei. Und Arbeit formt den Menschen erst zum moralischen Wesen, auch an der Supermarktkasse oder am Ipodfließband, oder am Servicepoint mit erzwungenem Dauergrinsen. Das Credo des Liberalismus: Wie es ist, ist es gut, denn es ist, wie es ist. Wo "Freiheit" draufsteht, kann ja nimmermehr Knechtschaft drinnenstecken. Die Verpackung ist ja so liebevoll designt. Lol.

 
At 24 Juni, 2006 16:00, Anonymous Anonym said...

Die nächste Runde der Klopperie zwischen Konserven und Liberalen:
http://politischinkompetent.wordpress.com/2006/06/24/nachste-runde-schulhofklopperei-martin-s-hagen-fakten-fiktionen-und-politically-incorrect/

Poporn holen! ;-)

MfG

Daniel

 
At 26 Juni, 2006 20:15, Anonymous Anonym said...

Der Dani schon wieder!

Ja, stimmt´s denn, daß ohne die peinliche Eigenreklame den gar keiner mehr lesen tät´?

Sakaradi und Sapperlot!

 
At 27 Juni, 2006 11:44, Anonymous Anonym said...

@anonymski:

Welche Eigenwerbung? Da ich nirgendwo in meinem Blog namentlich genannt werde, ist der Vorwurf der Eigenwerbung mehr als lächerlich. Bei 300-600 Besuchern am Tag - sicherlich nach einer zuverlässigeren Methode gezählt als bei Hass- und Schrottblog-Hoster myblog.de - kann ich mich über mangelnde Leserschaft oder mangelnden Zuspruch nicht beklagen. Linkliste und Suchbegriffe sind auch sehr interessant anzusehen :->

Bist Du zufällig bayrisches FDP-Mitglied, das seinem Vorschleimer Hagen zur Seite springen will, dessen politisches Lichtlein gerade mindestens zu flackern begonnen hat? *g*

MfG

Daniel

 
At 10 Juli, 2006 13:28, Anonymous Anonym said...

Da haben wir sie wieder, die Verwirrung der Begriffe als Verwirrung des Geistes.
Sie wenden sich gegen den Rechtsliberalismus.
Seine Mutter, der Liberalismus lässt sich definieren, als Emanzipation von Dogmen aus der Zeit des Feudalismus und Absolutismus.
Er gibt dem Individuum die größtmögliche politische, soziale und wirtschaftliche Freiheit.
Er befreit ihn von der Bevormundung des Fürsten, des Staates und letztlich von Gott.
Die Freiheit lässt er da enden, wo die Freiheit des anderen eingeschränkt wird.
Als abstraktes Prinzip ist das sicher toll, aber wie immer, liegt der Teufel im Konkreten.
So kam der Rechts- ,und wo Rechts muss auch Links sein ,der Linksliberalismus ans Licht der Öffentlichkeit. Die einen wollen den Bürger vor mehr Beschränkung seiner privatrechtlichen Situation schützen, die anderen vor Beschränkungen in seiner wirtschaftliche Bewegungsfreiheit.
Dieser Wirtschaftliberalismus in seiner theoretischen Ausprägung ist der Meinung, dass
Der Staat seine Finger dort herauslassen soll, wo der einzelne das Geschäft besser erledigt.
Lassen Sie mich kurz einen Blick zum Nihilismus wenden.
„Zu unterscheiden ist grundsätzlich ein Nihilismus, der die Möglichkeit der Wahrheitsfindung verneint und ein ethischer oder auch moralisch politischer Nihilismus, der alle Werte und Normen des Denkens und Handelns als unbegründet verneint.“
Nach diesen kleinen Voraussetzungen, nun zu Ihren Argumenten.
Offensichtlich verwechselt Sie ungeregelte Märkte mit Wirtschaftliberalismus. Der Wirtschaftliberalismus fordert im Kern kein ungeregelten Märkte. Er fordert, dass nur dort geregelt wird, wo die Freiheit des Einzelnen ( als auch des Arbeiters, der seine Arbeitskraft verkauft), unzulässig eingeschränkt wird.
Er fordert dort Freiheit , wo der Staat wirtschaftliche Bereiche monopolisiert, die besser und effizienter vom privaten Markt erledigt werden könnten (Bundespost, Telekom etc), weil durch die Unwirtschaftlichkeit der Einzelne (durch höhere Preise) und die Gemeinschaft (durch unwirtschaftliche Verschleuderung von Steuermitteln) bestohlen wird. Er fordert Freiheit, wo der Staat Macht akkumuliert, die von der Gesellschaft nicht mehr kontrollierbar ist.
Auf der andren Seite toleriert der Wirtschaftsliberalismus auch nicht private, dem Staat vergleichbare Monopole, oder Machtansammlungen. Im Endeffekt fordert er die Zerschlagung von allen Strukturen, die sein Recht auf wirtschaftliche Tätigkeit behindern.
Nachdem der Autor hier irrt, frage ich mich, was soll das bedeuten, dass der Freiheitsbegriff des Wirtschaftliberalismus in doppelter Hinsicht nihilistisch sein soll. Ich verstehe schon nicht einen einfach nihilistischen Freiheitsbegriff und erst Recht keinen doppelten.
Aber sehen wir mal.

1.)Nihilistisch soll er sein, weil er die menschliche Erfahrung mit Machtproblemen und Machtmissbrauch negiert.
Nun ich frage mich, wo das der Wirtschaftliberalismus dies negiert. Er negiert diese Frage nicht nur nicht, er ist aus der Tatsache des Machtmissbrauches des Staates und seiner kooperativen Wirtschaft entstanden.
Liberalismus und hier auch der Wirtschaftliberalismus in seiner wahren Definition negiert nicht die Möglichkeit eine Missbrauch der Wirtschaftlichen Stärke eines Einzelnen oder einer Gruppe.
Nur ist seine Antwort darauf keine unmäßige Ausweitung des Einflusses des Staates, weil hier der Belzebub mit dem Teufel ausgetrieben wird. Aber selbstverständlich beschäftigt er sich mit der Frage, wie hier die Balance zwischen Freiheit des Einzelnen und Beschränkungen zu halten ist.
Der Wahn, alles Heil käme vom Staat und je mehr Sozialpolitik und je mehr Steuern, um so besser, ist der direkte Weg in die Unfreiheit.

2) „Und er ist andererseits nihilistisch dadurch, dass er seine Freiheit als ein bloßes, eigentlich leeres, "wovon" versteht.“ „Seine Wahnidee, dass aller Fortschritt allein auf einer Freiheit von Staat und Sozialstaat beruhen könne, ist nihilistisch“

Ich frage mich, was meint er denn eigentlich ? Leer oder nicht ? Und wovon ? Ich bin verwirrt.
Also ich vermute mal, Sie wollen sagen, der Wirtschaftliberalismus definiere die Freiheit des Individuums alleine in der Abwesenheit von Staat und Sozialstaat.
Nichts ist falscher, als das.
Alleine ein Staat und Sozialstaat kann eine liberale Gesellschaft verwirklichen. Es ist immer eine Frage der Dosis und der Ausgestaltung.
Aber jetzt wird’s wirklich hart.
„Bedingt durch seinen Nihilismus vermag Wirtschaftsliberalismus nicht ernsthaft danach zu fragen, wie ein besserer Staat, eine bessere Demokratie und bessere Märkte erreicht werden können.“
Also der Nihilismus ( dessen Verwendung ich immer noch nicht verstehe, siehe Definition)
Soll den Wirtschaftliberalismus diskreditieren.
Das ist ja aberwitzig. Gerade der Liberalismus fragt ja, wie ein besserer Staat, eine bessere Demokratie und bessere Märkte erreicht werden kann. Nur die Antworten gefallen Ihnen nicht.

 

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