12 Mai 2006

Eine pazifistische Reportage und: let freedom prevail !!

Vorsicht! Wenn Sie diese Reportage lesen (via Externspeicher), wird man Ihnen vorwerfen, dass Sie "anti-amerikanisch" sind. Die Neocon-Devise "Let freedom prevail !" - klingt nach der Lektüre der Reportage allerdings etwas seltsam, oder? Das Propagieren von Morden für Machtinteressen: Darf man Machtkrieg ausgerechnet "Let freedom prevail!" ("lasst Freiheit herrschen!") taufen?

Übrigens, die Krieg rechtfertigende Propagandaformel der Neocons "Let freedom prevail!" ist verblüffend ähnlich oder sogar ein direkter Abklatsch nazistischer Kriegspropaganda, bei der sich Adolf Hitler beim Angriff auf Russland als Verteidiger Europas und des Abendslandes aufspielte. Hitler war somit der größte "prowestliche" Täter aller Zeiten. Ganz klar:

Wer Kriege propagiert, ist ein Verbrecher.

Wie ich beim Dialog mit Neocon-Wirtschaftsliberalen feststelle, ist Pazifismus an und für sich "anti-amerikanisch". Das ist ein interessanter Vorwurf, dessen Dämlichkeit leider typisch ist für die Diskurzstrategie der Neocons insgesamt. Ralf Dahrendorf lehnt Kriege zur Durchsetzung von parlamentarischen Wahlen ebenfalls ab und sagt in Bezug auf den Irakkrieg:
Wahlen lösen nur selten grundlegende Probleme. Insbesondere schaffen sie keine freiheitliche Grundordnung.
Der Trick der Neocons, Kriege zu legitimieren, indem man hinterher Wahlen ansetzt (für eine Volksvertretung, die nicht einmal die Macht hat, ihre Besatzer hinauszuwerfen), hat mit der Durchsetzung einer freiheitlichen Grundordnung wenig zu tun. Eine freiheitliche Grundordnung ist vielmehr ein Zusammenspiel aus einer Vielzahl von Institutionen, z.B. von freien Medien, öffentlicher Ordnung, Menschen- und Grundrechten sowie Lernprozessen bis hin zu einem demokratischen Konsens. Da bedeuten lila angemalte Fingerkuppen zunächst einmal garnichts.

Dass der - m.E. durchaus ernsthaft angestrebte - Aufbau einer demokratischen Grundordnung im Irak bislang so jämmerlich scheiterte, das liegt auch an der Verbreitung libertärer Denkungsart bei den Irak besetzenden Amerikanern. Sie glauben halt an die Zauberhand des freien Marktes (tatsächlich stehen sogar Energie- und Wasserversorgung auf einem schlechteren Stand wie zu den Zeiten des Diktators Saddam Hussein), und sie glauben an die Zauberwirkung von Wahlen. Sie glauben an ihre Sendung, an ihren Vorrang und daran, dass die besatzenden Soldaten rechtliche Immunität genießen müssten. All dies sind Irrtümer.

Wer grandios "libertär" den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung fördert, z.B. öffentliche Plünderungen, wer generell so "staatskeptisch" ist, dass er als Besatzer über seine militärisch gesicherten Sonderzonen hinaus kaum etwas tut, um die staatliche Ordnung aufrecht zu erhalten (okay: mit Ausnahme des Ölministeriums), der bekommt mit dem gegenwärtigen Bürgerkrieg genau den Kampf aller gegen alle, welcher das natürliche Resultat libertärer Ideologie ist.

Das Irakabenteuer der amerikanischen Neocons ging nicht schief, weil zur Durchsetzung von Machtinteressen ein ölreicher Kleinststaat wie der Irak (mit ca. 12 Mio erwachsenen Einwohnern) angegriffen wurde, sondern es ging schief, weil die verantwortlichen amerikanischen Stellen dank ihrer "staatsfernen" Ideologie absolut keine Idee hatten, wie eine staatliche Ordnung funktioniert und wie diese zu errichten ist. Es ging auch deshalb schief, weil die amerikanischen Soldaten nicht als Befreier auftraten, sondern als wild entschlossene Terrorbekämpfer.

Kann man jetzt noch eine Rat geben? Ja, einen riskanten, aber Kosten sparenden Rat: Abziehen (mit Ausnahme einer gut gesicherten Militärbasis mit rund 10.000 Soldaten). Laufende Ausrüstung der irakischen Armee und vor allem der irakischen Polizei (nicht nur mit Waffen), solange, bis sich eine öffentliche Ordnung etabliert hat. Der Rest der amerikanischen Soldaten: Abziehen. Einfach die amerikanische Armee abziehen. Amerikanischen Firmen wie Monsanto abziehen. Übergabe aller (!) Macht an das irakische Volk, eine Volksabstimmung im Irak über den Modus des Abzugs durchführen und dann:

Abziehen. (Let freedom prevail !!)