05 Mai 2006

Die Nahostproblematik ist (auch) tragikomisch

Vielleicht lockert es verspannte Hirnmuskulatur, wenn man das Komische und Absurde im Nahostkonflikt mal etwas gründlicher beleuchtet. Viel! Viel davon fände man dort. Nun, aber diese Arbeit sollten Leute tun, die literarisch begaber sind als ich, von mir gibt es hier nur meinen aktuellen Standpunkt, den ich bei Che2001 schon mal veröffentlicht habe:
Che, ich sehe, dass Prof. Dr. Lahmenspuck, nebenberuflich Hauptdarsteller in der Marburger Puppenkiste, gerade unter Beweis stellt, dass er als Wissenschaftler zwingend eine Pfeife ist, auch deshalb, weil er schon bei mittelmäßig schwierigen Texten regelmäßig erhebliche Textverständnisprobleme hat.

Sein intelligenzverminderter Fankreis merkt das nicht, aber sondert umso eifriger eine chauvinistische, kriegsgeile und militant-rassistische Soße ab, in der bereits größere faschistoide, olivbraune Bröckchen schwimmen.

Das müsste für Prof. Dr. Lahmenspuck sehr peinlich sein, sofern er selbst noch nicht völlig hirntod ist.

Tragikomisch? Ich hab tragikomisch gesagt?

Stelle Dir einen Nachbarschaftsstreit zwischen zwei Ingenieuren vor, die miteinander auf das Übelste quer liegen, und zwar ihrer Kinder wegen, die sich nicht vertragen. So, und jetzt stell Dir vor, wie diese beiden unter Aufbietung aller Kräfte erdenklich alles tun, um jede mögliche und sich sogar immer wieder neu abzeichnende Lösung zu torpedieren. Stell Dir die absurdesten Zuspitzungen vor, z.B. eine Nachbarschaftsseite, welche ihre und seine Kinder in die Luft sprengt, deshalb, weil die andere Seite nicht mit ihm reden mag. Das wäre sehr absurd, oder?

Um jetzt wieder ernst zu argumentieren: Es wird den Fanatikern unter den Lesern (an dieser Stelle nochmals ein Lächeln nach Marburg) nicht gefallen, wenn ich sage, dass bei größerer Gesprächsbereitschaft beider Seiten recht viele Menschen noch am Leben wären.

Und nochmals: Ich halte Hamas für einen Verbrecherverein und für bekämpfenswert. Der aktuelle Finanzstopp ist genau richtig, vielleicht war er etwas verfrüht - aber man sieht ja an den offiziellen Reaktionen dieser Regierung, dass es richtig war. Und doch, genauer gesagt: gerade deshalb!, muss man bereit sein, mit dem Feind zu reden.

Wer nicht redet, um einen Konflikt zu überwinden, ist ein Schuft.

Ich sage nicht, dass es einfach wäre, oder dass es sicher ist, dass beim Reden etwas heraus kommt. Aber man muss es eben probieren, nicht zuletzt deshalb, weil mit der Genfer Iniative bereits eine weitgehend konsensfähige Lösung auf dem Tisch liegt.

Wer bei einem derart schweren Konflikt das Gespräch mit dem Feind generell verweigert, ist damit gleichermaßen gefährlich wie dumm.

Hamas ist nicht Hitler - vor allem aber ist das palästinensische Volk nicht Hitler. Es muss für beide Völker ein friedlicher Modus des dauerhaften Nebeneinander- und Zusammenlebens gefunden werden. Und dafür muss (also: muss) man miteinander sprechen, solange, bis sich die Tür öffnet, und auch dann, wenn das Reden nicht reicht, muss man es immer wieder tun, und auch immer wieder in einer Weise, welche die berechtigten Interessen der Gegenseite in Rechnung stellt.

Einen Teil der Toten kann sich die israelische Regierung ins eigene Buch der Verdienste schreiben, das ist traurig, tragisch und wahr zugleich.

Die Hamas, welche von einer Verbrecher-Ideologie angetrieben ist, ist als Erscheinung und Bewegung - teils - auch das präzise vorhersagbare Ergebnis jahrzehntelanger Gesprächsverweigerung und Arroganz, und auch das Ergebnis der Leichtfertigkeit in der Aufrechterhaltung eines mörderischen und quälenden Besatzungsregimes.

Die Gehirnwäsche ist schon so weit gediehen, dass nicht einmal der Umstand der Besatzung ohne Geschrei offen angesprochen werden kann, geschweige denn, und das wäre noch viel wichtiger, die genauen Umstände der Besatzung.

Das ist absurd.

Erinnert Ihr euch noch an das Tränendrama wegen dem kleinen und nur wenige tausend Siedler betrefffenden Abzug aus Gaza?

Gegenüber eigenen Leuten, welche nur zu dem Zweck "siedelten", um anderen Menschen die Heimat zu rauben (!), wurde doch tatsächlich fast jedes Maß menschlichen Mitleids mobilisiert, hach, von wegen was für ein immenses Leid es sei, schon nach wenigen Jahren eines Lebens als mobiler Angriffssiedler sich eine neue Bleibe schenken (!) zu lassen, wie schlimm das alles doch für die gleichermaßen betroffenen Familien und Kinder sei, welche sich jetzt an einem ruhigeren Ort gewöhnen müssten.

Was wurde hier geweint und geflennt, auf allen Kanälen, und von allen Seiten herzlichste Empfindung dargeboten! Tja, und dann betrachte man einfach mal die maschinenhafte Selbstverständlichkeit, mit der (z.B. auf dem Weg von "Siedlungen") den Palästinensern in Gaza und in der Westbank immenses Leid zugemessen wird, und zwar in der kaltschnäuzigsten und arrogantesten, ja sogar ignorantesten Form, die man sich seit den Katastrophen der Weltkriege nur vorstellen kann, in also einer geradezu robotermäßigen Präzision und Mitleidslosigkeit, die sich unter Anwendung von teurem Hightech jeden Tag vieltausendfach perfekt verbirgt.

Da werden (wie im April 2006 in einem Londoner Gericht zu Recht festgestellt) internationale Beobachter mit gezielten Kopfschüssen aus dem Weg geräumt und der Täter, ein mörderischer Soldat, kommt dafür nicht einmal 2 Wochen lang in Haft, achwas, das war nicht einmal ein Stubenarrest, und er ist nach wie vor das gefeierte Mitglied seiner militärischen Einheit.

So sind die Verhältnisse.

Und genau die gleiche stinkende moralische Verdorbenheit, fast also als Spiegelung, findet man auf palästinensischer Seite, allerdings unter den für diese Seite spezifischen Bedingungen, z.B. also einen gleichermaßen lächerlichen wie mörderischen Märtyrerkult, einer Leben und Hoffnung negierenden Hasslehre, mit der bereits kleinste Kinder gezielt vergiftet werden.

Ich könnte noch viel dazu schreiben, aber die gleichermaßen eingeübte Perfektion, mit der beide Seiten jede Konfliktlösung gründlich, ja sogar kreativ zu vermeiden suchen, die ist: auf tragische Weise komisch.

P.S.
Unsere Hauptprobleme sind nach wie vor z.B. Probleme wie die in Potsdam.

Israel/Gaza/Westbank sind entgegen anders lautenden Vermutungen kein deutsches Bundesland, insofern sind wir recht gut beraten, wenn wir uns bevorzugt über unsere eigenen Probleme Gedanken machen.