Berufsbildung: Bundestagsdebatte vom 10.Februar 2006
Beachtlich finde ich, dass Ministerin Schavan scheinbar eher mit der FDP als mit der SPD koaliert, jedenfalls, wenn man den Verlauf der Debatte folgt.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a und 6 b auf:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Berufsbildungsbericht 2005
- Drucksache 15/5285 -
Neue Dynamik für Ausbildung
Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Bundesministerin Dr. Annette Schavan für die Bundesregierung das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung:
(...) Wir beraten den Berufsbildungsbericht 2005, der über die Entwicklungen auf dem Ausbildungsstellenmarkt 2004 Auskunft gibt. Wir werden - das füge ich gleich hinzu - schon in wenigen Wochen den Bericht über die Entwicklungen des Jahres 2005 vorliegen haben, über den bereits erste Meldungen veröffentlicht wurden.
2004 ist das erste Jahr der Umsetzung des Paktes für Ausbildung gewesen. Es gab Zuwachsraten im Vergleich zum Jahr 2000. Mit Blick auf die Ausbildungsverträge insgesamt betrug die Zuwachsrate 2,8 Prozent. Die Zuwachsrate von Verträgen im Bereich der betrieblichen Ausbildung betrug insgesamt 4,5 Prozent. Zugleich gab es einen Rückgang der öffentlich finanzierten Ausbildungsplätze um rund 10 Prozent. Wenn wir den nächsten Berufsbildungsbericht vorliegen haben, dann werden wir feststellen, dass dies eine erfreuliche erste Etappe gewesen ist, die aber noch nicht verspricht, dass sich daraus eine generell positive Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt ergeben wird. Das wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen.
Wir werden in diesen Jahren mit einer zunehmenden Zahl von Schulabsolventen zu tun haben; sprich: mehr Jugendliche suchen eine Lehrstelle. Deshalb ist unbestritten, dass die Zahl der Unternehmen in Deutschland, die ausbilden, größer werden muss.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Unbestritten ist, dass wir uns um die Nahtstelle zwischen Schule und Beschäftigung zur Stabilisierung der Ausbildungsreife kümmern müssen. Unbestritten ist auch, dass wir die Modernisierung der Ausbildungsberufe - damit verbunden ist ein besonderes Augenmerk auf Einstiegsqualifikationen, auf eine Modernisierung, die eine Berufsbildungsbiografie nach dem Bausteinprinzip ermöglicht - zügig voranbringen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Entsprechend sind die Aussagen im Koalitionsvertrag. Wer diesen Vertrag liest, spürt: Berufsbildungspolitik, die Modernisierung, die Weiterentwicklung der Strukturen der beruflichen Bildung werden in dieser Legislaturperiode vorangebracht. Um es in einem Satz zu sagen: Wir können mit der bisherigen Bilanz nicht zufrieden sein; es reicht nicht im Hinblick auf die Jugendlichen, die eine qualifizierte Ausbildung brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Ulrike Flach (FDP) und der Abg. Cornelia Hirsch (DIE LINKE))
Ich mache klare Aussagen: Erstens. Kein Jugendlicher bis zum Alter von 25 Jahren soll länger als drei Monate ohne Ausbildung und Arbeit bleiben.
Zweitens. Wir setzen den Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs fort. Wir werden uns aber gleichzeitig um die Weiterentwicklung, um die Veränderung und auch um die Modernisierung der Strukturen der beruflichen Bildung kümmern. Kurz gesagt: Die duale Ausbildung wird sich auch in den nächsten Jahren nicht per Naturgesetz stabil weiterentwickeln. Es braucht neue Impulse, neue Dynamik, damit die duale Ausbildung das Herzstück der beruflichen Bildung bleibt. Wir dürfen keine weitere Verstaatlichung der beruflichen Bildung - übrigens mit erheblichen Kosten für die 16 Länder - zulassen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Ulrike Flach (FDP))
Wir müssen den hohen Stellenwert der beruflichen Bildung für die Integration der Jugendlichen mit Migrationshintergrund sehen. Wer sich Zahlen aus Deutschland anschaut, stellt fest: Bei Jugendlichen im Alter von 15 Jahren ist vieles an Integration noch nicht gelungen. Der Anteil derjenigen in der Bevölkerung mit einem Sekundarstufen-II-Abschluss liegt - quer durch alle Altersgruppen - bei 83 Prozent. Im OECD-Durchschnitt liegt dieser Anteil bei 64 Prozent. Das heißt, Deutschland hat im internationalen Vergleich einen außerordentlich hohen Anteil an hoch qualifizierten Abschlüssen. Dies ist der beruflichen Bildung zu verdanken. Sie ist ein äußerst geeignetes Instrument zur Integration. Sie ist ein äußerst geeignetes Instrument, um Jugendlichen, die in ihrer bisherigen Bildungsbiografie noch nicht erfolgreich waren, Erfolge zu ermöglichen, zum Beispiel zu einem qualifizierten Schulabschluss zu kommen. Deshalb sollten wir auch das Instrument der beruflichen Bildung für eine bessere Integration, für eine bessere Qualifizierung der Jugendlichen mit Migrationshintergrund nutzen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Worauf werden sich unsere Maßnahmen konkret beziehen? Im Ausschuss haben wir es in dieser Woche kurz angesprochen: Es geht um eine strukturelle Weiterentwicklung. Es geht um die Stärkung der dualen Ausbildung. Es geht darum, dass wir nicht zulassen dürfen, dass immer mehr Jugendliche im Bereich der beruflichen Bildung 13, 14 oder 15 Schuljahre erleben. �Erleben� ist eigentlich das falsche Wort; denn sie sind völlig entmutigt. Sie sind nicht mehr motiviert, weil sie den Eindruck haben, in Warteschleifen zu sein, die nicht zu einer wirklichen beruflichen Qualifikation führen.
Deshalb werden wir seitens der Bundesregierung jetzt in einem nächsten Schritt prüfen: Wo wird das, was das Berufsbildungsgesetz an Möglichkeiten bietet, genutzt und welche Impulse müssen wir setzen, damit es eine bessere Verzahnung zwischen beruflicher Vollzeitschule und dualer Ausbildung gibt? Alle Partner der beruflichen Bildung müssen sich darauf einigen, zügig eine vernünftige berufliche Bildung zu ermöglichen. Es kann nicht sein, dass Jugendliche, die ein zweijähriges kaufmännisches Berufskolleg absolviert haben, dann, wenn sie eine Lehrstelle bekommen, wieder von vorn beginnen müssen. Wir brauchen einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Lebenszeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Frau Bundesministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Keskin?
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung:
Bitte schön.
Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE):
Könnten Sie uns vielleicht sagen, wie viele Jugendliche trotz dieses Ausbildungspakts keinen Ausbildungsplatz bekommen haben?
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung:
Sie meinen die aktuellen Zahlen 2005. Die reiche ich Ihnen gern nach. Sie wissen, dass es bis zum Ende des Jahres Nachvermittlungen gegeben hat. Die Zahlen von Ende Dezember werden gerade ausgewertet. Beim Vergleich zwischen 2004 und 2005 können Sie feststellen, dass die Zahl der nicht vermittelten Jugendlichen zugenommen hat. Ich kann es Ihnen auch in einem Satz sagen: Unabhängig davon, wie exakt die Zahl ist - ich habe sie nicht im Kopf -: Es sind zu viele.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Ich kann Ihnen helfen: 11 000! - Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 11 500!)
- Herr Rossmann ruft mir gerade zu, dass es 11 000 sind. Es sind 11 000 zu viel.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD - Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 11 500!)
Erster Punkt der strukturellen Veränderung: bessere strukturelle Verzahnung.
Zweiter Punkt: weitere Modernisierung der Ausbildungsberufe.
Drittens. Im Kontext der Modernisierung von Ausbildungsberufen: mehr gestufte Ausbildung. Für gestufte Ausbildungen gelten zwei Kriterien; auch darüber sollten wir im politischen Raum Konsens erreichen. Erstes Kriterium: Die gestufte Ausbildung muss auch Teil einer weiter gehenden Ausbildung werden können. Sie darf nicht Sackgasse sein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Zweites Kriterium: Bevor wir eine gestufte Ausbildung zulassen, müssen wir im Interesse der Jugendlichen sicherstellen, dass es danach eine Berufstätigkeit geben kann. Wenn diese beiden Kriterien erfüllt sind, dann - davon bin ich überzeugt - werden wir deutlich mehr gestufte Ausbildungen zulassen können, auch als eine Weise der Einstiegsqualifikation. Wenn diese beiden Kriterien nicht erfüllt sind - auch das sage ich ganz klar -, ist gestufte Ausbildung Schwindel, weil sie nicht zu einer Berufstätigkeit der Jugendlichen führt.
Ein weiterer Punkt: europäische Öffnung, nationaler Qualitätsrahmen, Leistungspunkte in der beruflichen Bildung. Dieser Prozess, der bereits läuft, wird uns Gelegenheit geben, auch im internationalen Vergleich die Stärken der beruflichen Bildung festzustellen und von da ausgehend die Modernisierung der beruflichen Bildung voranzubringen.
Zwei Drittel aller Jugendlichen durchlaufen einen Weg in der beruflichen Bildung. Deshalb entscheidet sich hier viel über die Zukunftschancen der jungen Generation. Auch deshalb ist dieses Thema ein Schwerpunkt der Bildungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD - Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat man der Rede aber nicht angemerkt! - Gegenruf des Abg. Volker Kauder (CDU/CSU): Diese Rede war super!)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Das Wort hat nun der Kollege Patrick Meinhardt, FDP-Fraktion.
Patrick Meinhardt (FDP):
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Schavan, dieser Berufsbildungsbericht ist das beste Dokument für das, was in Deutschland falsch läuft: Bürokratie pur, Vorschriften ohne Ende, Regelungswut bis ins letzte Detail. Damit müssen wir in der Bundesrepublik Deutschland endlich Schluss machen.
(Beifall bei der FDP)
Ich darf einmal ein schillerndes Beispiel aus dem Berufsbildungsbericht vorlesen:
Die Ermächtigungsnorm zum Erlass von Ausbildungsordnungen in § 4 in Verbindung mit § 5 BBiG fußt im Kern auf der bisherigen Ermächtigungsnorm in § 25 des Berufsbildungsgesetzes von 1969.
Wir haben es alle verstanden.
(Beifall bei der FDP - Jörg Tauss (SPD): Kennen Sie das nicht? Soll ich Ihnen das erläutern?)
Wir haben in diesem Land in allererster Linie ein mentales Problem: Solange wir in Normen, Vorschriften und Erlassen denken bzw. - noch viel schlimmer - in der Bildungspolitik auch so handeln, werden wir die Zukunftsperspektiven in diesem Land nicht nachhaltig verbessern. Deswegen die klare Schlussfolgerung für uns: Entrümpeln wir endlich die Bildungsbürokratie!
(Beifall bei der FDP)
Die neue Bundesregierung ergänzt jetzt den rot-grünen Bericht durch einen schwarz-roten Koalitionsantrag. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, wir von der FDP haben volles Verständnis. Wenn Sie nämlich nur diesen Berufsbildungsbericht vertreten müssten, hätten Sie nun wohl arge Argumentationsnöte. Wir sehen Ihnen schon jetzt an, dass Sie sich innerlich verbiegen müssen, weil Sie nicht sagen können, was Sie eigentlich sagen wollen.
Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland von 1999 bis 2005 1,35 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren. Wir haben im Augenblick 1,4 Millionen junge Erwachsene im Alter von 20 bis 29 Jahren ohne Ausbildung.
(Jörg Tauss (SPD): Man muss nicht so laut reden!)
Fast jeder vierte Auszubildende bricht seine Ausbildung vorzeitig ab und bei der beruflichen Weiterbildung sind wir weit abgeschlagen Schlusslicht. Über eine halbe Million Schüler werden nicht ihren Talenten entsprechend optimal gefördert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot-Grün, Sie haben in unserem Land sieben wertvolle Jahre verspielt.
(Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie sieht das denn eigentlich in Baden-Württemberg aus?)
Sie haben der Generation sieben Jahre Zukunft verbaut. Ihre Wirtschafts- und Bildungspolitik war für Deutschland eine Katastrophe.
(Beifall bei der FDP - Nicolette Kressl (SPD): Laut ist nicht gut genug!)
Jetzt ist es Aufgabe dieser schwarz-roten Koalition, keine kleinen Trippelschritte zu machen,
(Jörg Tauss (SPD): Große Trippelschritte!)
sondern wirklich eine große Koalition zu werden.
Unser Hauptproblem ist, dass wir zu wenige Lehrstellen haben. Zugleich sehen wir, dass die Wirtschaft, insbesondere der Mittelstand, ihre soziale Verantwortung wahrnimmt und selbst dann ausbildet, wenn der Gewinn des Unternehmens es eigentlich nicht zulässt. Allen Unternehmerinnen und Unternehmern, die bereit sind, junge Menschen in ihrem Betrieb auszubilden, hierfür - hoffentlich in Ihrer aller Namen - ein herzliches Dankeschön.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Jörg Tauss (SPD): Hat die FDP auch Auszubildende? - Nicolette Kressl (SPD): Was tut Ihre Fraktion?)
- Die Gewerkschaften hinken ja wohl mehr hinterher, was die Ausbildung angeht.
Die Frage ist: Woran liegt es, dass es zu wenige Lehrstellen gibt? Heinrich von Pierer, der Regierungsberater, analysiert die fünf Ausbildungshemmnisse sehr treffend: mangelnde Vorbildung der Schulabgänger, zu hohe Ausbildungskosten, die tariflichen Übernahmeverpflichtungen, die oft zu lange Ausbildungsdauer, viel zu starre Berufsbilder. Gerade weil Heinrich von Pierer wie der Rufer in der Wüste dieser großen Koalition wirkt, ein klares Signal von der FDP: Recht hat er!
(Beifall bei der FDP - Jörg Tauss (SPD): Fünfmaliger Blödsinn!)
- Sagen Sie das Ihrem eigenen Regierungsberater.
Jetzt das Programm: Deutschland muss flexibler werden. Wissen Sie was? Deutschland ist schon viel flexibler, als Sie alle denken. Schauen wir nach Bayern: Hier feiert das Azubi-Sharing mit massiver Unterstützung der bayerischen Liberalen Erfolge.
(Lachen bei der SPD - Jörg Tauss (SPD): 2 Prozent!)
Mehrere Kleinbetriebe, die jeder für sich nicht die nötigen Kapazitäten haben, teilen sich einen Auszubildenden.
Schauen wir nach Nordrhein-Westfalen: Kaum ist dort Schwarz-Gelb im Amt, schon gibt es ein Werkstattjahr, das eben nicht die duale Ausbildung aushebelt, sondern sie ergänzt und in der Verbindung von Schule, Praktikum und Beruf Zusatz- und Einstiegsqualifikationen ermöglicht.
Schauen wir nach Baden-Württemberg: Regionale Pakte für Ausbildung sind dort erfolgreich. Der Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs, den wir unterstützen, läuft nur so gut, wie er in der Region aktiv umgesetzt wird. Deswegen haben wir in Baden-Württemberg eine erheblich höhere Zunahme der Bewerberzahlen für eine Lehrstelle.
(Nicolette Kressl (SPD): Der Bewerberzahlen!)
Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zeigen es halt: Schwarz-Gelb kann es besser.
(Beifall bei der FDP - Jörg Tauss (SPD): Die Bewerberzahlen können wir auch steigern! Das kriegen wir hin!)
Schauen wir in die neuen Bundesländer: Sie machen uns vor, wie wir durch ein kleines Stück mehr an Flexibilität ein Mehr an Ausbildungsplätzen hinbekommen. Der Tarifvertrag zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und der Christlichen Gewerkschaft Metall zeigt, wie es anders geht. Im Kern beinhaltet der Tarifvertrag eine niedrigere Grundvergütung. Diese lässt sich durch Zulagen erhöhen, die für gute Leistung in der Berufsschule gezahlt werden. Einen Bonus gibt es noch obendrauf für einen erfolgreichen Abschluss der Ausbildung. Diese Belohnung guter schulischer Leistungen hat sich bisher äußerst positiv auf die Lernergebnisse der Auszubildenden ausgewirkt. Denn der Anreiz, die Höhe des Gehaltes selbst beeinflussen zu können, motiviert und belohnt den Fleiß der Auszubildenden. Das ist ein vorbildlicher Weg.
(Beifall bei der FDP)
Die Idee fußt auf dem Vorschlag, dass sich drei Auszubildende zwei Lehrstellen teilen sollen. Diese Idee wurde jetzt von dem DIHK und seinem Präsidenten Braun in die Diskussion wieder eingeführt,
(Jörg Tauss (SPD): Deswegen wird sie nicht intelligenter!)
sie wurde aber schon viel früher geboren, Herr Tauss, nämlich im Herbst 1995. Auch damals gab es eine große Koalition, allerdings eine Koalition zweier Ministerpräsidenten: Der eine war Kurt Biedenkopf und der andere war Gerhard Schröder. Beide haben damals zumindest erkannt, dass wir mehr Flexibilität im Ausbildungsmarkt brauchen, auch wenn es der eine von beiden später dann vergessen hat.
(Jörg Tauss (SPD): Mäkeln Sie nicht an Herrn Biedenkopf rum!)
Deswegen unser liberaler Tipp an die große Koalition: Statt noch ein weiteres Sonderprogramm, ein weiteres JUMP, JUMP plus oder Start-Up sollten wir den Weg der sächsischen Wirtschaft und der Christlichen Gewerkschaft energisch unterstützen und ihn zum politischen Programm machen: �Aus zwei mach drei!�
(Beifall bei der FDP - Jörg Tauss (SPD): Bei der FDP heißt es: Aus drei mach zwei!)
Wenn wir mehr Freiheit wagen wollen, dann müssen wir in Deutschland flexibler werden. Nur so werden wir zu einer Gesellschaft der wirklichen Chancen werden. �Aus zwei mach drei!� ist ein schlechtes Motto für die Mehrwertsteuererhöhung, aber das beste Motto für mehr Ausbildung in Deutschland.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP - Zurufe von der SPD: Oh! - Jörg Tauss (SPD): Patrick, das war mittelpeinlich! Da musst du dich steigern!)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Nun hat die Kollegin Nicolette Kressl, SPD-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Nicolette Kressl (SPD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege Meinhardt, Ihr Beitrag war ein Beispiel dafür, dass laut nicht unbedingt inhaltsvoll bedeutet.
(Beifall bei der SPD - Patrick Meinhardt (FDP): Sie meint Tauss! - Weiterer Zuruf von der FDP)
- Nein, nicht automatisch, Herr Kollege. - Wenn Sie Ihre Energie ein bisschen mehr darauf verwendet hätten, einmal ernsthaft
(Jörg Tauss (SPD): Ja, ernsthaft!)
in den Berufsbildungsbericht hineinzuschauen, dann hätten Sie gemerkt, dass gerade im Bereich der Ausbildungsvergütung schon heute eine extrem differenzierte Struktur beispielsweise zwischen Branchen und zwischen Ost und West vorhanden ist. Das liegt unter anderem daran, dass im Berufsbildungsgesetz Möglichkeiten zur Flexibilisierung auch im Bereich der Vergütung bereits verankert sind.
(Ulrike Flach (FDP): Aber nicht ausreichend, Frau Kressl!)
Sie sollten sich also diese populistischen Überschriften sparen und sich ernsthaft mit der Thematik befassen.
(Beifall bei der SPD)
Gemäß der Tagesordnung reden wir heute über den Berufsbildungsbericht und über einen Antrag zum Ausbildungspakt. Damit verbunden reden wir aber auch über Zukunftschancen junger Menschen. Von diesen Chancen hängt es ab, wie stark sie sich mit dieser Gesellschaft und mit diesem politischen System identifizieren. Denn es wird sie für ihr ganzes Leben prägen, ob wir ihnen Zukunftschancen geben oder verweigern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir reden auch über die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft; denn es ist völlig klar, dass es sich niemand leisten kann, die Potenziale, die in den Köpfen junger Menschen stecken, zu verschwenden. In diesem Punkt stehen wir, aber auch die Unternehmen ganz stark in der Pflicht. Wir werden die Unternehmen an ihre Verantwortung im Ausbildungsbereich erinnern, wenn sie später über Fachkräftemangel jammern sollten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir reden natürlich auch über die Zukunftsfähigkeit - Frau Ministerin Schavan hat es angesprochen - des dualen Systems an sich. Ob wir es schaffen, uns hinsichtlich Quantität und Qualität nach vorne zu bewegen, wird die Zukunft des dualen Systems entscheidend beeinflussen. Entscheidend ist, dass wir es schaffen, für eine Bewegung nach vorne zu sorgen, und dass sich nicht immer weniger Unternehmen an diesem System beteiligen und damit zu seiner Aushöhlung beitragen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich habe gerade schon gesagt, dass wir uns sowohl die Qualität als auch die Quantität in diesem Bereich anschauen müssen. Lassen Sie mich zuerst etwas zur Frage der Quantität sagen.
Die unbefriedigende Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt vor ein paar Jahren hat unter der rot-grünen Regierung zu einer intensiven Debatte über die Zukunft von jungen Leuten geführt. Sie alle wissen, dass wir uns dann entschlossen haben, den Weg zu einer gesetzlichen Umlagefinanzierung frei zu machen.
(Beifall des Abg. Jörg Tauss (SPD))
Das war zugegebenermaßen eine umstrittene Diskussion. Aber diese Diskussion hat dann zu dem geführt, was heute �Ausbildungspakt� genannt wird. Es darf nicht vergessen werden, wie er zustande gekommen ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im ersten Jahr des Ausbildungspaktes hatten wir ein zwar noch nicht ausreichendes, aber erfreuliches Ergebnis. Wir konnten nämlich feststellen, dass sich bei den betrieblichen Ausbildungsplätzen ein Zuwachs um 4,8 Prozent einstellte. Die Zahl der außerbetrieblichen Ausbildungsplätze ist zwar zurückgegangen. Aber insgesamt gab es bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen einen Zuwachs um 2,8 Prozent. Das war die Umkehr des Trends des Abbaus von Ausbildungsplätzen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir sehen jetzt, dass sich dieser positive Trend abschwächt. Ich kann an all diejenigen, die am Ausbildungspakt beteiligt waren und sind, nur appellieren: Alle sollten bitte dafür sorgen, dass nicht diejenigen Recht bekommen, die befürchtet haben - oder dies interpretieren könnten -, dass nur ein ständiger massiver Druck mit Zwangsmaßnahmen dazu führt, dass etwas passiert. Bitte strafen Sie dies Lügen!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sorgen Sie dafür, dass die Freiwilligkeit nicht nur ein Jahr, sondern auch mehrere Jahre danach akzeptiert wird! Es wird eine entscheidende Frage sein, wie wir in Zukunft bei Vereinbarungen, was diesen Bereich angeht, miteinander umgehen können.
(Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Freiwilligkeit ist gut!)
Vonseiten der Koalitionsfraktionen begrüßen wir ausdrücklich die Entscheidung, die Dauer des Paktes zu verlängern. Aber wir begrüßen auch die Entscheidung, den Pakt weiterzuentwickeln.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Man muss wissen: Dieser Pakt ist in sehr kurzer Zeit entwickelt und entworfen worden. Da macht es natürlich Sinn, sich Einzelregelungen noch einmal anzuschauen. Ich möchte - wir reden heute ja auch über einen Antrag zu diesem Thema -, dass die Gedanken des Parlaments hierzu nicht nur in Form von Anträgen auf dem Tisch liegen. Wir wollen vielmehr ausdrücklich an die am Pakt beteiligten Verhandlungspartner appellieren, diesen Antrag ernst zu nehmen und ihn in die Debatten über den Ausbildungspakt aufzunehmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir haben im Koalitionsvertrag auch festgelegt, dass in das Thema des Ausbildungspaktes Fragen der Ausbildungsfähigkeit und Möglichkeiten der tariflichen Vereinbarung einbezogen werden. Das halte ich für eine ganz wichtige Aussage.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Für uns Sozialdemokraten - ich gehe fast davon aus, dass auch Sie diese Position teilen; aber ich kann nicht für die andere Fraktion sprechen -
(Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Für uns selbstverständlich auch!)
ist es völlig unverständlich - das will ich deutlich sagen -, dass einige Bereiche der Arbeitgeberseite und der Arbeitgeberverbände sich konsequent weigern, auf tariflicher Ebene über die Steigerung der Zahl der Ausbildungsplätze zu verhandeln.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Dies ist für mich nicht verständlich. Im Bereich der IG BCE und der IG BAU gibt es Beispiele dafür, dass Unternehmensführer selbst sagen: Das ist für uns eine gute Lösung. - Wir appellieren deutlich daran, Gespräche über eine tarifliche Vereinbarung zu führen; denn dies wäre eine massive Unterstützung dessen, was im Pakt vereinbart worden ist.
Eines ist doch klar: Vor Ort und auf Bundesebene haben sich beispielsweise die Industrie- und Handelskammern
(Jörg Tauss (SPD): Die Handwerkskammern auch!)
- auch die Handwerkskammern -
(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Jörg Tauss (SPD))
mit großem Engagement - das will ich anerkennen - in den Pakt eingebracht. Aber dass eine tarifliche Vereinbarung die Akzeptanz des Paktes wesentlich unterstützen und die Verbände nicht allein lassen würde, liegt doch auf der Hand und wäre ein wesentlich besserer Weg.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zurück zum Pakt selbst. Ich habe gesagt, dass wir die Frage der Ausbildungsfähigkeit mit einbeziehen wollen. Mir ist auf der einen Seite wichtig, dass das Thema der Ausbildungsfähigkeit nicht als Alibi benutzt wird, damit Unternehmen sagen können: Wir können nicht einstellen. - Auf der anderen Seite können wir natürlich auch nicht den Kopf in den Sand stecken.
(Beifall der Abg. Ulrike Flach (FDP))
Ich glaube, es gibt eine realistische Betrachtungsweise in diesem Bereich. Deshalb ist es auch so wichtig, dass Bund, Länder und Wirtschaft in dieser Frage zusammenarbeiten. In diesem Zusammenhang sei mir eine Anmerkung zu einem anderen Themenbereich erlaubt: Es ist fraglich, ob es wirklich sinnvoll ist, dass Zusammenspiel von Bund, Ländern und Wirtschaft zu erschweren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Ulrike Flach (FDP))
Ich will im Zusammenhang mit dem Thema der Ausbildungsfähigkeit etwas zu den Einstiegsqualifizierungen sagen. Die Einstiegsqualifizierungen, ein neues Instrument, zeigen offensichtlich Wirkung. Bei der Auswertung des Paktes ist deutlich geworden ist, dass 57 Prozent aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Einstiegsqualifikationen anschließend in eine berufliche Ausbildung vermittelt werden konnten. Das ist eine gute Zahl.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Sie übertrifft Zahlen, die uns von anderen Qualifizierungsmaßnahmen bekannt geworden sind.
Meiner Meinung nach ist ein betrieblicher Ansatz besser als ein rein schulischer.
(Beifall der Abg. Ilse Aigner (CDU/CSU))
Deshalb ist es wichtig, dass wir uns in Bezug auf die Weiterentwicklung dieses Instruments die Frage stellen: Wie kann seine Akzeptanz noch verbessert werden? Ich will aber ebenfalls darauf hinweisen, dass die EQJs nicht nur den Anteil der Wirtschaft am Pakt darstellen; vielmehr wird die Finanzierung der EQJs durch den Staat geleistet. Das heißt, hier gibt es ein Zusammenspiel. Wir müssen uns gemeinsam die Frage stellen, auf welche Weise dies am besten weiterentwickelt werden kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Ich bin davon überzeugt - das ist heute auch von anderen Rednern gesagt worden -, dass wir eine Weiterentwicklung, etwas mehr Dynamik brauchen. Wir müssen uns Detail- und Einzelfragen anschauen. Aber das Ziel, jungen Menschen Zukunftschancen zu eröffnen, lohnt jede Anstrengung in diesem Bereich allemal.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Das Wort hat nun die Kollegin Cornelia Hirsch, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Cornelia Hirsch (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin Schavan, die Fraktion Die Linke stimmt Ihnen in einem Punkt ausdrücklich zu: Ja, wir brauchen neue Dynamik für Ausbildung.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber weder das, was bisher vorgetragen wurde, am allerwenigsten das, was von der Fraktion der FDP geäußert wurde,
(Jörg Tauss (SPD): Aber besser können die es nicht! Sie werden noch merken: Die können es nicht besser!)
noch der Inhalt des vorliegenden Antrags lassen solch eine neue Dynamik für Ausbildung erwarten.
Zuerst einige Punkte zum Antrag. Erstens - ganz grundsätzlich - liegen dem Antrag offensichtlich wieder die gleichen unrealistischen Zahlen und Einschätzungen zur aktuellen Ausbildungssituation zugrunde, über die wir an dieser Stelle schon einmal diskutiert haben. Ein Beispiel, weil eben schon danach gefragt wurde: Die Ausbildungslücke wird im Antrag mit 11 500 Plätzen beziffert. Unsere Fraktion hatte Ende Januar eine Sachverständigenanhörung und es bestand unter allen eingeladenen Sachverständigen - darunter war auch ein Abteilungsleiter aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung, der die Zahlen wirklich kennen müsste - Konsens darüber, dass die tatsächliche Ausbildungslücke bei rund 100 000 Plätzen liegt.
(Beifall bei der LINKEN)
Die übrigen knapp 90 000 Jugendlichen verschwinden bei Ihnen in Angeboten der zweiten oder dritten Wahl.
(Nicolette Kressl (SPD): Das stimmt nicht!)
Dazu, Frau Kressl, gehören eben auch die Einstiegsqualifizierungen. Eine solche Einstiegsqualifizierung ist aber kein Ausbildungsplatz; es ist ein billiges Praktikum.
(Beifall bei der LINKEN)
Mehr als ein Drittel der Jugendlichen steht danach wieder auf der Straße. Diese Jugendlichen brauchen einen Ausbildungsplatz. Sie tauchen aber in der Statistik nicht auf. Das ist schlicht falsch.
(Jörg Tauss (SPD): Aber zwei Drittel haben einen! Das ist auch nicht schlecht, oder?)
Deshalb fordern wir Sie auf: Legen Sie endlich eine realistische Ausbildungsbilanz vor!
(Beifall bei der LINKEN)
Der zweite Punkt. Wir können nach wie vor - auch wenn es mittlerweile schon um eine Weiterentwicklung geht - Ihre Begeisterung über den Ausbildungspakt nicht teilen. Die Wirkungslosigkeit müsste auch für Sie offensichtlich sein. In Ihrem eigenen Antrag steht - ich zitiere -:
Die Bundesregierung hat den Ausbildungspakt mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft geschlossen, um das Ausbildungsverhalten der Betriebe positiv zu beeinflussen.
Das klingt gut. Dem steht aber die Presseerklärung des Bundesinstituts für Berufsbildung zur Ausbildungsbilanz 2005 gegenüber. Dort steht - wieder Zitat -:
Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze sinkt auf den tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung.
(Beifall bei der LINKEN)
Wo sehen Sie hier eine positive Auswirkung auf das Ausbildungsverhalten der Betriebe? Für uns ist klar: Der Ausbildungspakt ist kein Erfolg. Die Gewerkschaften haben unsere volle Unterstützung, bei einer solchen Lügengeschichte nicht einzusteigen.
(Beifall bei der LINKEN)
Dritter Punkt: Durchlässigkeit der Bildungswege. Dieses an sich vollkommen richtige und längst überfällige Vorhaben wird zwar nicht durch diesen Antrag, aber durch die geplante und mehrfach diskutierte Föderalismusreform konterkariert. Wenn die Möglichkeiten einer gesamtstaatlichen Bildungsplanung weiter eingeschränkt werden, dann ist die geforderte und auch angekündigte Durchlässigkeit zur Hochschule nur eine Worthülse. Was nützt es, wenn einem der Zugang zukünftig nicht mehr aufgrund eines fehlenden formalen Abschlusses, sondern aufgrund eines Kapazitätsmangels verweigert wird? Für denjenigen, der versucht, an die Hochschule zu kommen, ist das Ergebnis das gleiche. Deshalb lautet unser Appell an die Vernunft aller Beteiligten, sich gegen die vorliegenden Vorschläge aus der Koalitionsvereinbarung zur Föderalismusreform im Bildungsbereich zu wenden.
(Beifall bei der LINKEN)
Vierter Punkt: das Jobstarter-Programm. Sie sprechen im Antrag von �Bündelung und Fortentwicklung� der bisherigen Programme. Ganz nebenbei - das wird eben nicht gesagt - werden die Bundesmittel deutlich gekürzt. Auch dieses Programm ist damit eine reine Luftnummer. Eine nachhaltige Förderpolitik sieht anders aus.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um Dynamik in die Ausbildung zu bringen, sind andere Schritte notwendig. Diese vermissen wir in Ihrem Antrag. Ich möchte einige Punkte erwähnen, die aus unserer Sicht an oberster Stelle stehen müssen.
Erster Punkt: Einführung einer gesetzlichen Umlagefinanzierung.
(Beifall bei der LINKEN)
Frau Kressl, Sie haben wieder darauf aufmerksam gemacht, dass Sie auf Freiwilligkeit, dass Sie auf Appelle an die Tarifpartner setzen. Bei unserer Sachverständigenanhörung, von der ich bereits sprach, herrschte auch Konsens darüber, dass, wenn auf Branchenebene tarifliche Vereinbarungen getroffen werden sollen, im ersten Schritt eine gesetzliche Grundlage vorhanden sein muss. Wir können nicht verstehen, dass in Ihrem Antrag eine solche Möglichkeit überhaupt nicht mehr in Betracht gezogen wird.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Zweiter Punkt: eine bessere und gezielte Förderung. Es ist mittlerweile fast zynisch, dass Sie immer wieder schreiben, an dem Ziel festzuhalten, dass kein junger Mensch länger als drei Monate arbeitslos sein darf. Sie kennen die Zahlen doch genauso gut wie ich. Eine halbe Million Jugendlicher steht ohne Arbeit auf der Straße. Aus unserer Sicht ist das Jobstarter-Programm keine Lösung. Nicht die Vernetzung von regionalen Partnern ist die entscheidende Aufgabe, vielmehr müssen erst einmal Förderangebote selbst finanziert und erhalten werden.
Dritter Punkt: Geschlechtergerechtigkeit. Im vorliegenden Berufsbildungsbericht wird mehrmals auf die bestehende geschlechtsspezifische Diskriminierung eingegangen. Im Antrag tauchen diese Fragen überhaupt nicht mehr auf. Frau Ministerin Schavan, auch von Ihnen habe ich dazu nichts gehört. Dynamik für Ausbildung muss aber auch mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Ausbildung bedeuten.
(Beifall bei der LINKEN)
Vierter und letzter Punkt: Europäisierung der Berufsbildung. Auch dazu steht nur sehr wenig im Antrag. Frau Ministerin, Sie sind darauf eingegangen. Das finden wir richtig; denn es ist sinnvoll, diese Debatte nicht an uns vorbeilaufen zu lassen. Dieser Prozess ist gestaltbar und sollte daher diskutiert und gestaltet werden. Ein großes Problem ist - ich beziehe mich dabei auf unsere Erfahrungen im Hochschulbereich -, dass in diesem Zusammenhang verstärkt die Modularisierung und die vor allem von der FDP befürwortete Stufenausbildung ins Gespräch gebracht werden. Wenn Stufenausbildung faktisch weniger Ausbildung bedeutet, dann ist das definitiv der falsche Weg.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Dynamik für Ausbildung muss für uns Dynamik im Interesse der Jugendlichen und Dynamik für die immer größer werdende Zahl benachteiligter Jugendlicher sein. In diesem Sinne freuen wir uns auf die Ausschussberatungen.
(Beifall bei der LINKEN)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Das Wort hat nun die Kollegin Priska Hinz, Bündnis 90/Die Grünen.
Sie könnten darauf Einfluss nehmen, dass Elemente des modernisierten Berufsbildungsgesetzes, zum Beispiel die gestufte Ausbildung und die Anerkennung der Abschlüsse vollschulischer Ausbildungsgänge, endlich besser umgesetzt werden.
(Beifall der Abg. Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Auch könnten Sie den Ausbildungspakt gemeinsam mit den Ländern weiterentwickeln, um die Schulabbrecherquote zu senken.
Der Präsident des DIHK beabsichtigt, außerhalb des Paktes ein eigenes Programm zur Förderung der Schüler, zur Verbesserung ihrer Ausbildungsreife auf den Weg zu bringen. Diese Initiative hat er vor dem Treffen des Lenkungsausschusses angekündigt. Da frage ich mich doch: Warum haben Sie diese Idee nicht aufgegriffen, Frau Schavan, und gemeinsam mit den Ländern und den anderen Partnern des Ausbildungspaktes entsprechende Vereinbarungen getroffen? Warum versagen Sie hier auf der ganzen Linie?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Na, na! Ein bisschen ruhiger vielleicht!)
Man kann zusätzliche Initiativen ergreifen - Initiativen von Betrieben für Betriebe, die ausbilden - und die Ausbildungsverbünde und die überbetrieblichen Ausbildungsstätten stärken.
(Ute Kumpf (SPD): Aber das machen wir doch! - Weiterer Zuruf von der SPD: Ja, genau! Das tun wir!)
Meine Damen und Herren, interessant ist, was nicht in Ihrem Antrag steht, wohl aber in Ihrem Koalitionsvertrag. Ich nenne als Stichworte die branchenbezogene Umlagefinanzierung und die zweite Chance, welche von der Ministerin immer so betont wird. Diejenigen, die keinen Schulabschluss haben, sollen eine zweite Chance bekommen und entweder ihren Schulabschluss nachholen oder eine Ausbildung machen können.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Das steht da doch drin! - Jörg Tauss (SPD): Ja, sogar explizit!)
- Das steht aber nicht in dem Teil Ihres Antrags, in dem Sie die Bundesregierung auffordern, aktiv zu werden.
(Uwe Schummer (CDU/CSU): Das steht drin! Sie müssen es nur nachlesen!)
Obwohl die Bundesregierung in diesem Bereich etwas tun könnte, fordern Sie das von Ihrer eigenen Ministerin nicht ein. Das ist ein Armutszeugnis.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, Appelle, wie sie in Ihrem Antrag zu finden sind, reichen nicht mehr aus. Nun ist entschlossenes Handeln gefragt. Wir und auch die Jugendlichen erwarten deutliche Verbesserungen, und zwar bereits zu Beginn des kommenden Ausbildungsjahres. Wir werden genau überprüfen, welche Initiativen Sie einleiten und wie viele Ausbildungsplätze zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Dann werden wir über neue Instrumente wie eine branchenspezifische Umlagefinanzierung und die dafür notwendigen rechtlichen Grundlagen nachdenken.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Das Wort hat nun der Kollege Uwe Schummer, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Uwe Schummer (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Frau Kollegin Hinz, jemanden, der sich schlafend stellt, kann man natürlich nicht aufwecken, und demjenigen, der den Inhalt eines Antrags nur selektiv wahrnimmt, kann man kein umfassendes Verständnis davon vermitteln. Daher rate ich Ihnen: Lesen Sie genauer! Dann können wir fundierter diskutieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Berufsbildungsbericht 2005 macht eines klar: Wer mehr Ausbildungsplätze will, der muss viele Hebel in Bewegung setzen. Die Probleme auf dem Ausbildungsmarkt haben die verschiedensten Ursachen. So gibt es unterschiedliche Akteure, die zusammengeführt werden müssen. Wir müssen also die beteiligten Akteure im Rahmen eines Ausbildungspaktes zusammenführen, die verschiedenen Instrumente abwägen und sie dann auch umsetzen. Aber man darf nicht, wie es teilweise von den Rednern der Linkspartei getan wird, auf nur ein Instrument setzen und alle anderen weitgehend ausblenden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Auch aufgrund des Ausbildungspaktes wurden in den letzten beiden Jahren 123 300 neue Ausbildungsplätze geschaffen.
(Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Aber keine zusätzlichen!)
83 000 Betriebe bilden nun erstmals aus. Die Vereinbarung, die im Rahmen des Ausbildungspaktes getroffen wurde, ist also eingehalten worden. Wer damit nicht zufrieden ist, muss sagen, dass wir andere Vereinbarungen brauchen.
(Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Richtig!)
Das wäre dann die Konsequenz.
(Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Genau richtig!)
Aber das, was wir durch den Ausbildungspakt leisten wollten, haben wir erreicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP - Zuruf von der LINKEN: Dann lassen wir uns doch mal überraschen!)
Es ist richtig: Legt man die Zahlen vom Dezember letzten Jahres zugrunde, stieg die Ausbildungsplatzlücke im Jahresvergleich von 9 500 auf 11 500 Stellen. Daran wird deutlich, dass der Ausbildungspakt eine neue Dynamik braucht. Allerdings muss man, wenn man diese Feststellung trifft, berücksichtigen, vor welchem Hintergrund diese Entwicklung stattgefunden hat: In den Jahren 2004 und 2005 wurden aufgrund der wirtschaftlichen Situation in Deutschland 776 420 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze abgebaut.
77 200 Betriebe gingen in Insolvenz. Außerdem gab es im letzten Jahr bei den Schulabgängern ein Plus von 9 000. - Vor diesem Hintergrund zeigt sich die wahre Leistung des Ausbildungspaktes.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach (FDP))
Dies wird aber nicht ausreichen. Der Pakt muss ergänzt werden. Deshalb haben wir in der letzten Wahlperiode einstimmig die Berufsbildungsreform verabschiedet.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Nein! Die FDP hat sich enthalten!)
- Die FDP hat sich der Stimme enthalten. Sie hat nicht mit Nein gestimmt. Das heißt für uns: einstimmig.
Es ist eine alte Erkenntnis des früheren Mainzer Arbeiterbischofs von Ketteler, dass jeder Zuständereform eine Gesinnungsreform vorauseilen muss.
(Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gesinnungsreform, das ist ja klasse!)
Von daher ist es richtig, dass der Ausbildungspakt durch eine Strukturkommission ergänzt wird. Auf der einen Seite muss das Denken appellativ verändert werden, auf der anderen Seite müssen aber auch die Strukturen in der Berufsbildung verändert werden. Der Ausbildungspakt leistet Ersteres, die Strukturkommission hat Letzteres zu leisten. Gut ist, dass sowohl die Länder als auch die Gewerkschaften beteiligt sind.
Zur Gesinnungsreform gehört der Appell an die Wirtschaft: Erwartet keine olympiareifen Bewerber! Nehmt die Menschen, die auf dem Ausbildungsmarkt sind! Schaut auf ihr Entwicklungspotenzial und darauf, wie ihr sie in den Betrieben entsprechend fördern könnt! - Die Wirtschaft sollte in dem Maße, wie sie in Maschinen investiert, auch in Menschen investieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn bei einer IHK-Befragung 71 Prozent der Unternehmer antworten, sie hätten Ausbildungsplätze nicht besetzt, weil keine geeigneten Bewerber vorhanden seien, dann ist dies keine gute Antwort. Aber auch an die Jugendlichen muss appelliert werden: Wartet nicht, bis sich der Wunschberuf oder der Wunschbetrieb findet! Kümmert euch rechtzeitig und flexibel um einen Ausbildungsplatz! Ein mäßiger betrieblicher Ausbildungsplatz ist besser als jede Ersatzmaßnahme.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Bei den türkischstämmigen Deutschen bleibt jeder zweite ohne eine berufliche Ausbildung. Von denen, die in Ausbildung sind, verteilen sich 44 Prozent auf zehn Berufe - es gibt aber 360 Berufsbilder. Laut Berufsbildungsbericht brechen 25 Prozent der Jugendlichen ihre Ausbildung ab.
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Keskin von der Fraktion Die Linke?
Uwe Schummer (CDU/CSU):
Wenn es eine gute ist, ja.
(Jörg Tauss (SPD): Die letzte war schon nicht gut! Dann wollen wir mal hören!)
Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE):
Herr Kollege, wie wir gerade gehört haben, sind es Zehntausende Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Eigentlich wollte man mit dem Ausbildungspakt allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz verschaffen. Das ist nicht geschehen. Nun frage ich Sie: Ist es gerecht, dass manche Betriebe Jugendliche ausbilden, wovon alle Betriebe profitieren, und manche dies nicht tun? Wäre es nicht erforderlich, mit einem Gesetz alle Betriebe zu verpflichten, ihren Beitrag zur Ausbildung zu leisten?
Uwe Schummer (CDU/CSU):
Es gibt beispielsweise im Bauhauptbereich bereits seit mehr als 30 Jahren eine tarifliche Umlagefinanzierung der Ausbildungskosten. Wir müssen aber feststellen, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in diesem Bereich von etwa 100 000 in 1998 auf jetzt 39 000 massiv eingebrochen ist. Eine zentralistische Abgabe wäre also ebenso wie eine tariflich vereinbarte Abgabe keine Lösung. Wir müssen ein Bündel an Maßnahmen entwickeln. Die Antwort, die Frau Schavan bzw. die große Koalition gibt, ist: Wir brauchen eine neue Dynamik des Ausbildungspaktes, und zwar durch verschiedene Instrumente, die Strukturkommission genauso wie den Ausbildungspakt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zwei Drittel der Jugendlichen, die ihre Ausbildung nach einem oder eineinhalb Jahren abgebrochen haben, sagen, dass es der falsche Beruf oder der falsche Betrieb war. Dies zeigt, dass wir bereits in der Schule die Berufsorientierung und die Berufsberatung verbessern müssen.
42 Prozent der Betriebe sind nicht ausbildungsberechtigt: weil sie nicht die Breite eines Berufsbildes vermitteln, weil sie zu klein oder zu spezialisiert sind. Von den ausbildungsberechtigten Unternehmen bilden 40 Prozent aus. Diese Zahl zu erhöhen, ist die gemeinsame Aufgabe der Strukturkommission.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Hierfür gibt es zwei Ansätze: qualifizierte Ausbildungsverbünde und Stufenausbildungen. Beide Instrumente wurden durch die Berufsbildungsreform aufgewertet. Mit dem Jobstarter- Programm wird die Förderung von Verbundsystemen weiter forciert. Durch Ausbildungsverbünde hat sich die Zahl der ausbildungsfähigen Betriebe um 3 Prozent erhöht.
1,2 Millionen Schulabgänger bis 29 Jahre sind - das müssen wir zur Kenntnis nehmen - ohne berufliche Qualifizierung. Immer mehr Berufsbilder werden immer stärker theoretisch ausgerichtet. Ich möchte aus einem Schreiben des Verbandes für Gartenbau in NRW vorlesen, wie der Beruf Gärtner dargestellt wird - ich zitiere -:
Gärtner ist einer der schwierigsten Ausbildungsberufe.
Bewerber müssen über
qualifizierte Kenntnisse in den Bereichen Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und auch Latein verfügen.
Sie sollten also - das füge ich an - möglichst jede Pflanze mit ihrem lateinischen Namen kennen. Wenn wir Berufsbilder aus guten Gründen immer weiter aufwerten und theoretisch ausrichten, dann müssen wir aber auch überlegen, wie wir die praktisch Begabten durch Zwischenzertifizierungen ins Boot hineinholen,
(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)
wie wir für sie Bildungsstufen organisieren, die dauerhaft zu einer Bildungstreppe werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich glaube, dass die vorliegenden Anträge, mit einer Ausnahme, dazu geeignet sind, dass wir im Deutschen Bundestag in der Tradition der Berufsbildung auch überparteilich einen gemeinsamen Weg finden können. Bitte betrachten Sie unseren Antrag als ein Gesprächsangebot. Wir brauchen keine Rituale, sondern neues Denken, Gesinnungs- und Zuständereform.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Nun hat das Wort der Kollege Ernst Dieter Rossmann, SPD-Fraktion.
Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist, wenn man sich an die zurückliegenden Debatten zur beruflichen Bildung und zur Ausbildungsplatzversorgung erinnert, in denen es immer eine Phalanx des Protestes gab, schon ein Erlebnis der besonderen Art, miterleben zu können, dass diese Phalanx nun aufgebrochen ist.
(Ilse Aigner (CDU/CSU): Weil Sie auf uns eingegangen sind!)
Es gibt jetzt ein Zentrum von Vernunft, und zwar nicht nur bei CDU/CSU und SPD, sondern auch bei den Grünen; die schließe ich ausdrücklich mit ein.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Frau Hinz, Sie haben eben an dem, was Frau Schavan zu dem Antrag gesagt hat, vieles kritisiert. Aber ganz nüchtern: Wenn SPD und Grüne weiter regiert hätten, dann wäre in ihren Positionen vieles von dem enthalten, was nun zwischen SPD und CDU/CSU vereinbart worden ist.
(Beifall bei der SPD - Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann wären wir weiter!)
Vieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag eingebracht haben, ist deckungsgleich mit dem, was zwischen SPD und CDU/CSU vereinbart worden ist.
Aber ist das so schlimm? Ist es nicht eher gut, dass wir eine Kontinuität im Grundverständnis haben, eine Kontinuität darin, dass wir wissen, dass die Fixierung auf eine Schlüsselmaßnahme im komplexen Bereich der Berufsbildung nicht ausreicht? Wenn die CDU/CSU früher gesagt hat, alle Probleme seien bei einem höheren Wirtschaftswachstum gelöst, haben wir immer die Position vertreten, dass das nicht so einfach ist. Während andere an eine Ausbildungsplatzumlage gedacht haben, waren wir diejenigen, die gesagt haben, dass das alleine auch nicht ausreicht. Es ist also gut, dass es ein neues Zentrum gibt. Dieses neue Zentrum hat sich dokumentiert, als wir das Berufsbildungsgesetz verabschiedet haben, bei dem es zwischen SPD, CDU/CSU und Grünen eine breite Übereinstimmung gab. Darauf können wir aufbauen.
Trotzdem darf nichts unter den Tisch fallen. Wir von den Sozialdemokraten müssen klar machen und vielleicht auch nachfragen, welches die vereinbarten Leitplanken bei unserem Berufsbildungsverständnis waren. Denn das Leitbild einer Berufsausbildung bleibt immer noch das Berufsbild.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das ist nicht durch Modularisierung oder durch das Bausteinprinzip aufzulösen. Damals haben wir verabredet, dass die Stufung von Ausbildung zur Strukturierung, nicht zur Dequalifizierung führen muss.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Stufung von Ausbildung soll nicht die Hintertür sein, um zu erreichen, dass die dreijährige Ausbildung die Ausnahme und zweijährige Ausbildung die Regel wird, an die man dann vielleicht ein Jahr anschließen kann. Alles das ist von uns damals im Berufsbildungsgesetz, das wir gemeinsam verabschiedet haben, klargestellt worden. Wir gehen davon aus, dass das auch jetzt gilt und dass wir auf dieser Basis zumindest während dieser Legislaturperiode arbeiten können.
Es ist auch wichtig, was Ministerin Schavan angesprochen hat, dass wir erkennen, dass wir Bildung über den gesamten Lebensweg brauchen. Diese beginnt bei der vorschulischen Bildung, geht über die Bildung in der Schule und in der Berufsvorbereitung bis zur Bildung beim Einstieg in den Beruf und bei der beruflichen Weiterbildung. Wenn wir an der Stelle in Modulen, in Bausteinen denken, dann kann das mit dem Berufsprinzip zusammenpassen, aber nur dann.
(Beifall bei der SPD)
Das war noch einmal die Klarstellung unseres Verständnisses, das in der letzten Legislaturperiode mit breitester Mehrheit gesetzlich verankert wurde. Wir haben allerdings nicht nur eine Kontinuität beim Verständnis, sondern leider auch eine bei den Problemen und dementsprechend beim komplexen Zugang zu diesen Problemen. Auch dazu muss man ehrlich Stellung nehmen. Der Pakt ist eine gute Sache, aber er reicht nicht aus und muss weiterentwickelt werden.
Da ich gerade auf die Kontinuität der Probleme zu sprechen gekommen bin, möchte ich ein bestimmtes Problem noch einmal herausarbeiten. Ich will Frau Hirsch und den Vertretern der Linkspartei ausdrücklich Recht geben,
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Was?)
dass die Lücke bei der Versorgung mit Ausbildungsplätzen mehr als die genannten circa 11 500 beträgt. Es handelt sich natürlich bei dieser Zahl nicht um die der fehlenden vollwertigen beruflichen Ausbildungsverhältnisse, sondern bei dieser Zahl sind die Personen mitberücksichtigt worden, die sich in der Berufsvorbereitung, in EQJ-Praktika und in vielen anderen Maßnahmen bis hin zu Maßnahmen zur Unterstützung von Beschäftigung befinden. Die Lücke bei der Zahl von Ausbildungsverhältnissen beträgt 100 000. An dieser Stelle dürfen wir also nichts schönreden, sondern müssen die Dinge beim Namen nennen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Ich darf zur Linkspartei allerdings auch sagen: Wir bitten sie herzlich, die breit gefächerten Unterstützungsmaßnahmen, die entwickelt werden - damals von der SPD-Grünen-Regierung, jetzt auch von der neuen Regierung -, nicht zu disqualifizieren. Es geht um 100 Millionen Euro für Jobstarter. Das sind keine Luftblasen, Frau Kollegin.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn Sie das hier im Bundestag nicht überzeugt, dann gehen Sie dahin, wo Sie als Linkspartei, als PDS, Regierungsverantwortung tragen,
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Sehr gut!)
nämlich nach Mecklenburg-Vorpommern und nach Berlin. Dort werden Sie keine diffamierenden Äußerungen in Bezug auf die 100 Millionen Euro für das Jobstarterprogramm hören.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ihre Kräfte in der Regierungsverantwortung werden sich dort genauso konstruktiv und engagiert einbringen wie wir hier.
Lassen Sie uns mit dieser Scharadenspielerei hier aufhören. Wir wissen doch, wie wir uns an den verschiedensten Stellen wechselseitig positiv auf Dinge beziehen können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das führt zu den wirklichen Problemen. Es bleibt ein wirkliches Problem, dass es zu wenige Betriebe gibt, die ausbilden, und dass die Zahl der ausbildungsbereiten Betriebe leider sinkt. Ich will das knapp so beleuchten:
Erster Hinweis. Wir haben 2 Millionen ausbildungsfähige Betriebe, von denen 50 Prozent nicht ausbilden. 400 000 von denen, die nicht ausbilden, haben unter zehn Beschäftigte, 100 000 von denen haben über zehn Beschäftigte. Das muss man sich einmal vorstellen: 100 000 Betriebe in Deutschland, die über zehn Beschäftigte haben und ausbildungsfähig sind, bilden nicht aus.
Frau Schavan, ich darf Ihnen sagen, wie unser Blickwinkel ist: Wir von der SPD wünschen uns ausdrücklich, dass Sie beim Pakt für Ausbildung den Fokus auch auf diese Betriebe richten, weil es schon sehr starker Argumente der Betriebe mit zehn und mehr Beschäftigten dafür bedarf, dass sie sich der Ausbildung verweigern. Das geht wirklich nicht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Man könnte viel bewegen, wenn man an dieser Stelle eine gezielte Initiative durchführen würde. Unter Einschluss des Jobstarterprogramms, der Industrie- und Handelskammern, der Gewerkschaften und der Betriebsräte könnte man hier mehr bewegen, als wenn man sich auf die 400 000 Betriebe konzentriert, die leider nur ganz wenige Beschäftigte haben.
(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)
Zweiter Hinweis. Die nicht so gut auf eine Ausbildung Vorbereiteten bleiben ein kontinuierliches Problem. Damit meinen wir nicht ausschließlich Jugendliche mit Migrationshintergrund, aber sie sind mit gemeint. Hier muss eine stärkere Verknüpfung erfolgen, indem man sich um die entsprechenden Betriebe kümmert. Sie haben konstruktiv angekündigt, dass Sie bis 2010 10 000 zusätzliche Betriebe aus dem wachsenden Bereich der von Migrantinnen bzw. Migranten geführten Betriebe gewinnen wollen. Das unterstützen wir voll und ganz und ausdrücklich. Wir finden, dass das eine gute parteiübergreifend gestützte Initiative sein kann.
(Beifall bei der SPD)
Das ist das eine und das andere gehört natürlich dazu: Diese Jugendlichen müssen natürlich auch eine Einstiegsqualifizierung und Berufsvorbereitung erhalten. Sie müssen an die betriebliche Wirklichkeit herangeführt werden. Wir haben Sie im Ausschuss so verstanden, dass Sie das nicht betriebsfern durchführen, sondern in den Betrieb hineinbringen wollen. Das unterstützen wir ausdrücklich. Das kann ein wegweisender zusätzlicher Punkt sein.
(Beifall bei der SPD)
Ich will ausdrücklich auch ein sich neu stellendes Problem ansprechen: 2004 und 2005 mussten wir leider feststellen, dass junge Frauen die Verliererinnen bei den zusätzlichen Ausbildungsanstrengungen sind.
(Iris Gleicke (SPD): Leider wahr!)
Es gab ja 30 000 bis 40 000 zusätzliche Plätze. Diese werden zu über 75 Prozent von jungen Männern eingenommen, was sich auch schon darin ausdrückt, dass sich weniger junge Frauen als Männer im dualen Ausbildungssystem befinden, obwohl es von der Bevölkerungsrelation her gerade andersherum ist.
Das können wir nicht hinnehmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist eine Diskriminierung in Bezug auf weitere Berufschancen, die gerade vor dem Hintergrund, dass die duale Berufsausbildung als sehr wichtig angesehen wird, aufgearbeitet werden muss. Wir erleben gerade, dass der ganze tertiäre Betriebs- und Arbeitsbereich eine zunehmende Zahl an Arbeitsplätzen bietet, aber die Zahl der Ausbildungsplätze nicht in gleichem Maße zunimmt. Schon an dieser Stelle zeigt sich, dass die Gleichung, mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätze bedeuten zugleich mehr Ausbildungsplätze, so nicht stimmt. Ansonsten müssten wir im tertiären Bereich einen dramatischen Zuwachs an Ausbildungsplätzen haben. Den haben wir aber nicht.
(Beifall bei der SPD)
Was Ministerin Schavan im Bereich Logistik, Tourismus, Luftfahrt, Nachrichtenübermittlung, Unternehmensdienstleistungen und Sozialberufe angedeutet hat, nämlich sich mehr um die Ausbildungsordnungen und die Entwicklung von Ausbildungsberufen zu kümmern, wird für eine wachsende Zahl von Ausbildungsplätzen wichtig sein. Dies bietet auch speziell jungen Frauen zusätzliche Chancen im tertiären Bereich und kann vielleicht dann das ausgleichen, was an anderer Stelle fehlt.
Frau Hinz, Sie sprachen an, dass der Bericht nicht viel Neues bietet. So viel Neues konnte auch bei den guten Vorgaben, die wir mit Ministerin Bulmahn geschaffen haben, nicht über Nacht hinzukommen. Das werden Sie uns doch sicherlich zugestehen wollen.
Um einen Punkt haben wir - dies ist jetzt von der Ministerin ausdrücklich als Perspektive herausgestellt worden - immer gerungen, nämlich das Programm der zweiten Chance. Das Thema zweite Chance sollte auch der Linkspartei wichtig sein. Sich auf die über 1 Million jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsausbildung oder ohne schulischen Abschluss zu konzentrieren, ist jede Anstrengung wert.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Rossmann, bitte kommen Sie zum Schluss.
Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Dies ist es auch wert, dass wir in der großen Koalition mit Ihnen und anderen zusammen mit unserer Ministerin hier zusätzlich Akzente setzen. Das sehen wir gewährleistet. Deshalb freuen wir uns darauf, dass wir eine gute Berufsbildungspolitik mit all unseren Anstrengungen weiterführen können.
Danke fürs Zuhören.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Alexander Dobrindt von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU - Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Alexander der Große! - Jörg Tauss (SPD): Alles Wesentliche ist eigentlich gesagt!)
Alexander Dobrindt (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir uns in diesem Haus vor zwei Monaten zum letzten Mal über berufliche Bildung unterhalten haben, lag als Vorlage für die Debatte ein rückwärts gewandter Antrag der PDS mit der Forderung nach einer Ausbildungsplatzabgabe vor.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Wir alle können froh sein, dass wir heute eine positive Debatte führen und uns ein zukunftsorientierter Antrag der CDU/CSU und der SPD vorliegt. Das ist eine gute Perspektive für die jungen Menschen, die einen positiven Blick in die Zukunft werfen wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf von der LINKEN)
- Aber darum geht es. Das ist das Entscheidende. Junge Menschen brauchen in Freiheit und Selbstbestimmung Perspektiven. Natürlich besteht ein wesentlicher Teil darin, einen Beruf zu erlernen und eine Aufgabe zu haben. Dafür müssen wir in der Politik die Rahmenbedingungen schaffen. Selbstverständlich werden wir in dieser Debatte auch die Unternehmen, die mitverantwortlich sind und ihre gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen wollen, daran erinnern. Aber all dies geschieht - das ist der Hauptpunkt - auf Basis einer freiwilligen Verpflichtung und nicht, wie es gerne immer wieder gefordert wird, auf Basis einer Zwangsabgabe. Für uns ist eine freiwillige Verpflichtung in Form des Ausbildungspaktes das Richtige.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Dobrindt, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Hirsch?
Alexander Dobrindt (CDU/CSU):
Selbstverständlich.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Frau Hirsch, bitte schön.
Cornelia Hirsch (DIE LINKE):
Herr Kollege, können Sie mir noch einmal konkret erläutern, worin aus Ihrer Sicht die Rückwärtsgewandtheit in der Forderung nach einer Ausbildungsplatzumlage besteht?
(Michael Kretschmer (CDU/CSU): Eine schöne Frage! Darüber könnte man stundenlang reden!)
Alexander Dobrindt (CDU/CSU):
Liebe Kollegin, wissen Sie, in unserer Debattenkultur haben wir uns in diesem Haus Gott sei Dank seit langer Zeit Gedanken darüber gemacht, wie wir junge Menschen in Arbeit bringen können, wie wir Ausbildungsplätze schaffen und wie wir damit umgehen können, dass die Situation vor Ort für viele Menschen in ihrem ganz persönlichen Bereich unglaublich schwierig ist. Wir haben uns lange Zeit überlegt, was hier der richtige Weg ist. Gemeinsam mit allen Fraktionen hier im Deutschen Bundestag, mit der deutschen Wirtschaft, mit den Unternehmen und den Verbänden haben wir eine Möglichkeit gefunden, junge Menschen in Arbeit zu bringen. Was wir aber bei dieser freiwilligen Aufgabe, die wir gemeinsam schultern wollen, nicht brauchen, ist, dass jemand die Unternehmen mit staatlichen Vorgaben zwangsverpflichten will, etwas zu tun, was sie freiwillig wesentlich leichter machen können.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Unsere Ansicht von der Welt und von der Situation in diesem Lande ist, dass Freiheit und Selbstbestimmung wichtiger sind als Zwangsvorgaben und all das, was Sie sich so ausdenken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Zuruf von der CDU/CSU: Bravo!)
In der deutschen Wirtschaft haben in einem erheblichen Maße die Kleinbetriebe und der Mittelstand diese Aufgabe wahrgenommen. Sie haben diese Kraftanstrengung freiwillig auf sich genommen und von September bis Januar die Lehrstellenlücke um 25 700 Ausbildungsplätze verringern können. Das ist eine riesige Zahl. Diese enorme Aufgabe wurde vor allem von den kleinen und mittelständischen Betrieben geschultert. Denn 50 Prozent der Ausbildungsplätze entstehen in Unternehmen, die unter 50 Mitarbeiter haben. Ich glaube, dass das eine besonders gute Nachricht ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
In der Nachvermittlungsphase konnte 93 Prozent der Jugendlichen - auch diese Zahl sollte in diesem Zusammenhang genannt werden - ein Ausbildungsangebot gemacht werden. Ich halte das für eine großartige Leistung und glaube, dass wir uns an dieser Stelle bei den Unternehmen, die sich für diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe engagieren, nachdrücklich bedanken sollten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich will einen Punkt hervorheben, der in unseren Debatten nicht sehr häufig diskutiert wird, nämlich die Ausbildungssituation behinderter und schwerbehinderter Frauen und Männer. Auch in dieser Hinsicht wirkt sich der Ausbildungspakt enorm positiv aus. 97,4 Prozent der behinderten Jugendlichen haben dadurch einen Ausbildungsplatz erhalten. In diesem Bereich konnte eine enorme Verbesserung erreicht werden. Dieser Erfolg kann sich sehen lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Selbstverständlich befürworten wir weitere Anstrengungen. Die Ausbildungssituation kann noch verbessert werden. Dabei müssen aber die Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Dazu gehören erstens ein modernes Berufsbildungsgesetz und zweitens eine Mittelstandsoffensive, die Signale für den Aufschwung setzt.
Die erste Rahmenbedingung, das Berufsbildungsgesetz, haben wir im vergangenen Jahr gemeinsam geschaffen. Das Gesetz beginnt, seine Wirkung zu entfalten. Wir haben die Verbundausbildung geschaffen. Angesichts der hohen Spezialisierung können immer weniger Betriebe in der Ausbildung ein komplettes Berufsbild abdecken. Durch den Zusammenschluss mehrerer Betriebe können Ausbildungseinrichtungen geschaffen werden, die die Bildungsinhalte arbeitsteilig vermitteln können.
Wir haben des Weiteren die Stufenausbildung beschlossen. Sie braucht zwar Zeit - das steht außer Frage -, aber sie ermöglicht gerade den theorieschwächeren Jugendlichen eine attraktive Ausbildung und bietet ihnen einen Arbeitsplatz, damit sie sich nicht beim Arbeitsamt wiederfinden, wie es vielleicht bei der vollzeitschulischen Ausbildung der Fall wäre. Die Stufenausbildung bietet ihnen die riesige Chance auf einen richtigen Arbeitsplatz.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich glaube, wir haben mit dem Berufsbildungsgesetz etwas sehr Wichtiges geleistet. Wir haben nämlich in den Entschließungsantrag zu dem Gesetzentwurf zum ersten Mal betriebliche Bündnisse für Ausbildung aufgenommen. Wir fordern auch, dass diese Chance genutzt wird, damit in Zukunft flexiblere Regelungen hinsichtlich der Arbeitszeit und der Vergütung möglich sind. Ich glaube, dass das durchaus vor Ort in den Betrieben geregelt werden kann. Auch darin liegt eine Chance für mehr Ausbildung.
Lieber Kollege Meinhardt, ich habe Ihnen sehr genau zugehört, als Sie von der Initiative �Aus 2 mach 3!� gesprochen haben. Ich glaube, dass dies nicht von uns geregelt werden muss. Aber die Arbeitnehmer vor Ort wären durchaus in der Lage dazu. Sie können dabei mit unserer Hilfe rechnen.
Ich bin der Überzeugung, dass Solidarität unter den Auszubildenden in der heutigen Zeit durchaus eingefordert werden kann.
(Jörg Tauss (SPD): Na ja!)
- Gegen Solidarität unter Auszubildenden ist zunächst einmal nichts zu sagen, Herr Kollege Tauss.
(Jörg Tauss (SPD): Erst kommt die Solidarität der Arbeitgeber! Dann reden wir weiter!)
Wenn drei statt zwei Auszubildende eine Chance in einem Unternehmen bekommen, dann ist das eine gute Nachricht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Wenn wir die Möglichkeit schaffen, dass diese Chance vor Ort geboten wird, dann gibt es keinen Anlass, das zu kritisieren.
(Jörg Tauss (SPD): Aus zwei mach� drei Abgeordnete!)
Als weitere wichtige Weichenstellung sind die erforderlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das müssen wir mittelfristig auf den Weg bringen. Im Koalitionsvertrag ist eine ganze Reihe von entsprechenden Punkten zu diesem Thema enthalten. Vorgesehen sind beispielsweise bessere Finanzierungsmöglichkeiten, Abbau von Bürokratie und Förderung von Forschung und Technologie. Diesen Maßnahmenmix müssen wir gemeinsam auf den Weg bringen. Damit verbessern wir die Chancen für mehr Ausbildungsmöglichkeiten.
Der Ausbildungspakt greift. Wir wollen gemeinsam dazu beitragen, ihn weiter zu optimieren.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/5285 und 16/543 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
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