05 Dezember 2005

Hayek-Bashing (1)

Mehr als zehn Jahre habe ich mich intensiv damit befasst, den Sinn des Begriffs „Soziale Gerechtigkeit“ herauszufinden. Der Versuch ist gescheitert; oder besser gesagt, ich bin zu dem Schluß gelangt, daß für eine Gesellschaft freier Menschen dieses Wort überhaupt keinen Sinn hat...“
Diese Idee über die Gesellschaft findet sich in: F.v. Hayek, Drei Vorlesungen über Demokratie, Gerechtigkeit und Sozialismus

Neoliberaler Irrwahn. Der Mensch hat mehr Wert als bloß einen Marktwert - und aus diesem Umstand
ergibt sich die Verpflichtung zum Sozialstaat bzw. zur "sozialen Gerechtigkeit". Im Übrigen verweise ich auf mein Gedankenexperiment zu diesem Thema, sowie eine Anmerkung.

Hayek is dead.

6 Comments:

At 05 Dezember, 2005 21:06, Anonymous Anonym said...

Soziale Gerechtigkeit ist eine Fiktion, wie auch die Annahme es würde ohne Ausgleich gehen. Als Fiktion ist die SG genausowenig zu quantifizieren, wie das erforderliche Maß des Ausleichs. Man installiert Hilfskonstruktionen und hofft, daß damit die gewünschten oder notwendigen Effekte erreicht werden, ohne zuviel Menschen zu verärgern. Politik eben.

Das Ergebnis davon dürfte selten "gerecht" sein. Als fehlerhafte Geschöpfe sind wir eben dazu verdammt, weniger gerechte, als praktikable Lösungen zu suchen ;)

Es sei denn, Du verfügst über eine eindeutige Definition von SG ;)

Ich widerspreche Dir auch nicht, daß Menschen mit hohem Einkommen überdurchschnittlich von der Gesellschaft profitieren. Auch Deine Schlußfolgerung daraus eine Steuerprogression abzuleiten mag richtig sein. Allerdings würde ich es für gewagt halten, eine bestimmte Steuerprogression für gerecht zu erachten. Auch diese ist nur ein Hilfskonstrukt.

 
At 05 Dezember, 2005 22:52, Blogger John Dean said...

Man mag sich darüber streiten, "wieviel" Gerechtigkeit und sozialer Ausgleich nötig und/oder nützlich sind.

Aus dieser Schwierigkeit nun aber abzuleiten, dass der Begriff des Sozialen bzw. der sozialen Gerechtigkeit völlig sinnlos sei, das halte ich - eingeordnet in den Kontext bei Hayek - für Idiologie.

Die Idee der sozialen Gerechtigkeit - und man mag darin etwas Gutes (!) sehen - ist nichts Absolutes, sondern bewegt sich im gesellschaftlichen Kontext, und kann letzten Endes immer nur ein Kompromiss sein, idealerweise so ausgehandelt.

Die Strategie gemäß: "Wollt ihr die totale soziale Gerechtigkeit" ist vermutlich genauso verheerend wie der Verzicht auf jede Bemühung in dieser Richtung.

Ich persönlich halte die Idee für nicht abwegig, dass das Wirtschaftswunder der 50´er und 60´er Jahre auch teis auf den günstigen, tendenziell egalitären Bedingungen beruhte, die sich nach dem zerstörerischen Ende Hitlerdeutschlands einstellten. Schaut man sich die Wirtschaftsführer und Erfolgsgeschichten dieser Zeit an, wird eine offene Gesellschaft (!) sichtbar, die Aufstiegswilligen und Tüchtigen Chancen eingeräumt hat, die heute teils nicht mehr bestehen.

Diese Aussage kann ich substantivieren - aber ich hoffe, sie erscheint auch ohne dies einigermaßen nachvollziebar.

Damit will ich sagen: Die sozialen Ausgangsbedingungen in einer Gesellschaft, die "Verteilung" von Chancen, Besitz und Mölglichkeiten sind keine gleichgültige Angelegenheit.

Anders herum formuliert: Freiheit ist bis zu einem bestimmten Grad auch eine Frage der sozialen Verfassung. Zu viel oder zu wenig Gleichheit bekommen der Freiheit nicht.

Wer meint, dass es weder soziale Fragen gäbe, noch irgend einen sinnvollen Begriff sozialer Gerechtigkeit oder sozialen Ausgleichs, ist in meinen Augen nicht sehr viel besser als ein, ähm, Kommunist.

Als Ordoliberaler betrachte ich das Denken von Sozialisten und von Hayek, sorry, als jeweils antipodischen Extremismus.

Wenn man auf den philosophischen Kern zielt, und das versuche ich jetzt einmal (hier etwas unsicher), würde ich sagen:

Weder die Idee, dass der Mensch ausschließlich sozial verfasst sei, noch die Idee, dass der Mensch ausschließlich individuell bestimmt sei, kann die alleinige Wahrheit für sich beanspruchen.

 
At 05 Dezember, 2005 23:23, Anonymous Anonym said...

Danke dafür, daß Du in Deiner Antwot Deine Position nochmals detailliert dargestellt hast.

Wie Du meinem Kommentar entnommen lehne ich einem sozialen Ausgleich (andere nennen es eben SG) nicht prinzipiell ab. ;) On nun aus moralischen Gründen (wie Du schreibst "etwas Gutes") oder aus pragmatischen Gründen (weil es ohne bislang nie friedlich war) sei dahingestellt.

Ob Freiheit per Definition auch eine Frage der sozialen Verfassung ist, sei dahingestellt. Nicht wenige Religionen und Philosophien sehen wahre Freiheit ja eher in der Freiheit von Besitz ;) Das dies kein gesamtgesellschaftlich mehrheitsfähiger Begriff von Freiheit ist, muß man allerdings zur Kenntnis nehmen ;) Deswegen stimme ich Deinen Ausführungen zu Chancenverteilung etc. zu.

"Weder die Idee, dass der Mensch ausschließlich sozial verfasst sei, noch die Idee, dass der Mensch ausschließlich individuell bestimmt sei, kann die alleinige Wahrheit für sich beanspruchen."

Dies ist wohl die einzig pragmatische Aufassung. Blos sucht der Idealist halt eher das Extrem, sei es Marx oder sei es Hayek. Nun, ich bin "idealistisch" genug Hayek zu lesen, aber auch konservativ genug um ihn nicht 1:1 umgesetzt wissen zu wollen ;)

 
At 06 Dezember, 2005 00:09, Blogger John Dean said...

Wobei ich hier unter dem "Guten" hier das Nicht-Absolute verstand. Diese Schwäche halte ich im gesellschaftlichen Zusammenhang für eine große Stärke.

Eine Idee, die immer wieder neu verhandelt werden muss, kann genau darin etwas Nützliches aufweisen.

 
At 07 Dezember, 2005 02:44, Blogger John Dean said...

@Nixon
Sinn des Fotos war, zu zeigen, dass Hayek eben ein ganz gewöhnlicher Mensch ist.

Kritisierbar - wie wir alle.

Wir beide werden in seinem Alter vermutlich auch nicht so klasse aussehen. Immerhin lächelt er.

 
At 08 Dezember, 2005 13:03, Anonymous Anonym said...

Ich frage mich, wie man das Scheitern Hayeks bei der Beantwortung der Frage nach dem Sinn sozialer Gerechtigkeit als Grundlage für den Schluß heranziehen kann, dass diese keinen Sinn habe. Ich würde dies eher als zu beschränkten Horizont oder zu geringe geistige Fähigkeiten des versuchten Analytikers bezeichnen. Dass zuviel Freiheit unterdrückt, wenn ein Starker auf einen Schwachen trifft, sollte ebenfalls klar sein: der Starke hat die "Freiheit", den Schwachen zu schlagen oder zu morden, während der Schwache nur die "Freiheit" hat, zu bluten oder zu sterben. Dieser Aspekt wird von den libertären Vertretern jedoch gerne verschwiegen. absolute Freiheit ist nur möglich bei absolut gleichen Chancen und Existenzgrundlagen aller Menschen.

 

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