27 März 2008

Wahlkampf: Clinton ruft zum totalen Delegiertenkrieg auf

Hillary Clinton hat heute Nacht angekündigt, dass sie die sogenannten "pledged delegates" von Obama als Basis zur eigenen Nominierung nutzen möchte. Diese Ankündigung ist problematisch, denn eigentlich sind diese Wahlmännerstimmen fest einem Kandidaten zugeordnet und sollen das Wählervotum des Vorwahlkampfes der Demokraten repräsentieren. Macht sie ihre Ankündigung wahr, dann stände die demokratische Partei schnell vor einem Trümmerhaufen.

Die Clinton-Kampagne in der Zwickmühle

Da Hillary Clintons Vorsprung bei den sogenannten Superdelegierten inzwischen auf ca. 35 Stimmen (Quelle) schrumpfte, während Barack Obama, bedingt durch seine Wahlsiege, einen deutlichen Vorsprung (ca. 155 Stimmen - Quelle) bei den "pledged delegates" errungen hat, liegt Hillary Clinton inzwischen im Vergleich zu Barack Obama im Hintertreffen, mit über 120 Nominierungsstimmen.

Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass ihr geplanter Wahlsieg in Pennsylvania knapper ausfallen könnte (ggf. nur 10% - Quelle) als geplant. Sie läge dann immer noch rund 100 Nominierungsstimmen hinter Obama - was eine Niederlage auf dem Nominierungsparteitag bedeuten würde. Dazu kommt, dass die verbleibenden Vorwahlstaaten sich eher zugunsten von Obama entscheiden werden.

Die Lage für das Clinton-Camp erweist sich somit als ernst, denn Obama erholt sich gerade gut vom letzten Kampagnen-Ass, das Clinton ausspielen konnte, nämlich die Attacken gegen seinen Pfarrer Wright. Es hat Obama nicht viel ausgemacht, er erwiderte mit einer sehr ernsthaften und sehr guten Rede. Inzwischen liegt er in USA-weiten Umfragen wieder vor Clinton, während ihr ihre Bosnienlüge zusetzt.

Clintons vorletzter Trumpf: Michigan und Florida

Eine Wiederholung der für ungültig erklärten Vorwahlen in Michigan und Florida wäre der vorletzte Trumpf von Hillary Clinton. Zur Zeit ist es so: Die demokratische Partei in Michigan unterstützt eine erneute, und dann gültige Vorwahl, nur droht dem Clinton-Camp hier sogar eine Niederlage. Deutlich günstiger wären ihre Aussichten in Florida, allerdings haben Offizielle der demokratischen Partei in Florida eine Wahlwiederholung ausgeschlossen (Quelle).

Im besten Fall kann Clinton jetzt darauf hoffen, dass keine erneute Vorwahl in Michigan stattfindet, während die Vorwahl in Florida nachträglich über ein Parteigericht als gültig erklärt wird und in der Stimmenzahl halbiert wird. Das brächte ihr rund 20 Delegiertenstimmen.

Mit 20 zusätzlichen Delegiertenstimmen käme sie nicht weit.

Clintons letzte Chance - das Drehen von Delegierten

I
hre einzige noch verbleibende Chance besteht in dieser schwierigen Lage darin, dass sie "pledged delegates", die Obama gewonnen hat, auf ihre Seite zieht. Die Kandidatin Hillary Clinton erklärte hierzu in den letzten Tagen mehrfach, dass diese Delegierten in keiner Weise gebunden seien - und es ihnen frei stehe, sich für Clinton zu entscheiden.
Every delegate with very few exceptions is free to make up his or her mind however they choose. (...) And also remember that pledged delegates in most states are not pledged.
Es dürfte kein Zufall sein, dass Clinton und die Sprecher ihrer Kampagne diese Ideen in letzter Zeit stark gehäuft formuliert haben.

Sie wollen erstens Durchhaltewillen signalisieren und ihre Unterstützer davon abhalten, trotz Obamas rechnerischen Vorsprung die Hoffnung auf einen Sieg zu verlieren. Zweitens legitimiert das Clinton-Lager damit den Kampf um Obamas Delegierte. Für Clintons innerparteilich zahlreiche Unterstützer ist es ein sehr deutliches Signal - sie werden sich von der Clinton-Kampagne aufgerufen fühlen, Obamas "pledged delegates" ins Visier zu nehmen.

Das ist nicht fair, aber nicht ungeschickt. Denn während das Obama-Lager auf Fairplay setzt, verschafft sich das Clinton-Lager hinter den Kulissen Vorteile in Form "gedrehter Delegierte", mit denen dann auf dem Nominierungsparteitag ein Überraschungssieg glücken könnte. Zugleich ist dies eine Form der Parteitaktik, mit die jungen Unterstützer von Obama entmutigt werden können.

Aber auch hier gilt für die Clintonkampagne: Der Schuss kann nach hinten losgehen. Die Sympathiewerte für Clinton stehen im Augenblick auf einem neuen Tiefpunkt. Ihr Ruf als ruchlose Machtpolitikerin wird ihr, falls sie mit diesen Tricks die Nominierung bei den Demokraten gewinnt, einen Wahlsieg gegenüber McCain sehr schwer machen. Die demokratische Partei befände sich in einem innerparteilichen Grabenkrieg - und wäre auf viele Jahre hin so gut wie erledigt.

Der Name Clinton steht dann in den Geschichtsbüchern als Beispiel für einen beeindruckenden, starken Selbstzerstörungswillen.

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