Irak: "The surge" ist kein Erfolg
Die Lage im Irak ist weiterhin schlecht. Es gibt Schwankungen in der Anschlaghäufigkeit, inzwischen sogar einen deutlich feststellbaren Rückgang im Einjahresvergleich - das Lebensgefühl der Iraker ist weiterhin stark von Unsicherheit und schwierigen Lebensumständen geprägt.
Anfang 2007 war die Lage ganz besonders übel (siehe Umfrage - PDF) und hat sich seit Mitte 2007, gemessen am Gewaltnivau, verbessert (Quelle). Die Zahl der Verwundungen amerikanischer Soldaten sinkt (Quelle), die monatliche Zahl getöteter amerikanischer Soldaten und Söldner fällt sogar stark. Dieser Rückgang übertrifft allerdings den allgemeinen Rückgang des Terrors, was auch damit zu tun hat, dass sich die US-Truppen innerhalb des Landes immer weiter zurückziehen (Beispiel: in Basra herrschen inzwischen die Milizen von Al-Sadr).
Das Gewaltniveau im Irak befindet sich etwa auf der Höhe des Jahres 2005. Das lässt sich als Erfolg werten, im Vergleich zur Lage Anfang des Jahres 2007, oder als Misserfolg, deshalb, weil die Lebensbedingungen der Iraker immer noch erbärmlich schlecht sind.
Beispielsweise sind Strom, sauberes Wasser, medizinische Notfallversorgung, Schulbildung für die Bevölkerung schlecht zugänglich, deutlich schlechter als zur den Zeiten des Diktators Saddam Hussein. Die Herrschaft wird zunehmend von lokalen Milizen ausgeübt, es gibt eine Art "Somalisierung" der Verhältnisse.
Vor diesen Hintergrund ist es eine glatte Lüge, wenn man behauptet, dass "the surge" funktioniert.
Eine andere Frage - und zwar fernab von der Propaganda der Bush-Administration - ist, was in dieser Lage zu tun sei. Darauf habe ich nur wenig Antworten. Ich denke, für Amerika wäre ein geordneter Rückzug, schon allein aus Kostengründen, erwägenswert - und dies erst recht, wenn man die irakische Bevölkerung zuvor darüber abstimmen lässt. Das damit eingesparte Geld könnte zum Teil zur finanziellen Unterstützung einer halbwegs demokratischen irakischen Zentralgewalt eingesetzt werden.
Vermutlich ist das deutlich effizienter als der weitere Einsatz des amerikanischen Militärs, bei dem ca. 15 bis 20 Prozent der Soldaten meinen, man dürfe jeden beliebigen Zivilisten wie einen "Aufständischen" behandeln. Mindestens jeder zehnte amerikanische Soldat hat (nach eigenen Auskünften! - PDF-Quelle) Verbrechen an der irakischen Zivilbevölkerung vollzogen. Anders gesagt: Innerhalb des US-Militärs im Irak dienen tausende von Kriegsverbrechern.
Es gibt hunderttausende guter Gründe dafür, warum die US-Soldaten von den Irakern gehasst bzw. abgelehnt werden. Auch nach dem "surge" des US-Militärs wünschen rund 70% der Iraker einen schnellen Rückzug der amerikanischen Soldaten (Quelle). Insofern gibt es keine gute Basis für eine fortdauernde militärische Besetzung des Iraks. Allerdings werden die USA bei einem Rückzug die Souveränität über den Irak verlieren und müssten mit einem Rückzug fast aller US-Firmen leben.
Ich glaube nicht, dass sie das wollen. Ich sehe weit und breit keinen US-Präsidenten, der dazu den Mut hätte. Eher finanzieren sie diesen Krieg noch hundert Jahre. McCain hat also Recht, aber aus ganz anderen Gründen als er meint - zuallerletzt aus Vernunftgründen.
Labels: Außenpolitik
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