04 Februar 2007

Neoliberalismus als theologisches System

Frank Segbers hat schön aufgeschrieben, inwieweit der letztlich unfreiheitliche Neoliberalismus ein theologisches System enthält. Ein Zitat als Appetizer:

Die Sprache verrät die religiöse Überzeugung: So bestaunt Friedrich-August von Hayek den sich selber regulierenden Markt als ein "Wunder". (9) Die dem Menschen entsprechende Haltung gegenüber den Marktgesetzen nennt Hayek eine "Demut gegenüber den Vorgängen" (10) des Marktes. Sich den undurchschaubaren Kräften des Marktes zu unterwerfen, habe in "demütiger Ehrfurcht, die die Religion ... einflößte", ein Vorbild zu nehmen. Die geforderte Haltung gegenüber dem Markt vergleicht Hayek mit einer Haltung des Vertrauens und der Demut, wie sie ansonsten im Bereich des Religiösen anzutreffen sei.
Kleiner Bericht: Der linksliberale Unternehmerstammtisch (den gibt es in meiner Stadt seit ca. 3 Monaten), an dem ich am Samstag Abend teilgenommen habe, war wie immer fröhlich, und traf darüber hinaus sechs Feststellungen:

1. Für eine humane Ökonomie ist es notwendig, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf gleicher Augenhöhe begegnen.

2. Die heutige Übermacht von Arbeitgebern gegenüber Arbeitnehmern begründet ein Gewaltverhältnis, welches wir als Liberale ablehnen.

3. Ein höherer gewerkschaftlicher Organisationsgrad von Arbeitnehmern ist wünschenswert. Wir fordern Arbeitnehmer dazu auf, sich in Gewerkschaften zu organisieren.

4. Dort, wo Marktprozesse "ausfransen", beispielsweise am Arbeitsmarkt im Bereich prekär Beschäftiger, herrschen inzwischen regelmäßig Zustände, die für eine freiheitliche Gesellschaft untragbar sind.

5. Wenn Jugendlichen kein Mut gemacht wird, sondern von diesen stattdessen kalt gefordert wird, sie müssten bereitwillig alles hinnehmen, was "der" Markt von ihnen verlangt, so ist dies ein inhumaner Umgang mit jungen Menschen.

6. Allgemeine Empörung rief an unserem Stammtisch ein aktuelles Beispiel aus, bei dem einem Hartz4-Empfänger von einem Unternehmerriesenarsch eine Bezahlung in Höhe von lediglich 640,- Euro Brutto (!) angeboten wurde, garniert mit der unverhohlenen Drohung, diesen Arbeitnehmer, falls er nicht darauf eingehe, umgehend bei der Arbeitsagentur anzuschwärzen. Wir beschlossen, diesen Unternehmer in den Bankrott zu treiben.

3 Comments:

At 04 Februar, 2007 06:11, Anonymous Anonym said...

Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

 
At 04 Februar, 2007 13:59, Blogger John Dean said...

Anmerkung zur Kommentarlöschung: Es ist m.E. bemerkenswert, dass die IP, welche den Drecks-Tramad*l-Spamkommentar heute hier im Kommentar abgelaicht hat, der IP eines bekannten "libertären" FDP-Aktivisten stark ähnelt.

Was natürlich nichts heißen muss.

 
At 04 Februar, 2007 14:26, Blogger Tony said...

Linksliberaler Unternehmerstammtisch? Das klingt alles sehr überzeugend und vernünftig. Schön das hier Menschen die richtigen Fragen stellen und vernünftige Antworten darauf suchen. Weiterso!

 

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