27 November 2006

Informationsökonomik und Mietpreise

Folgende Formulierung fand ich bei der Vertragsprüfung:

"(3) Wenn die durchschnittliche Miete oder Pacht für Objekte
ähnlicher Art oder ähnlicher Lage in Xy-Stadt oder auf dem [sehr
großen] Grundstück des Vermieters in der XYZ-Str. um wenigstens
10 % von der in diesem Vertrag festgelegten Miete abweicht, kann jede Partei
ein- oder mehrmals Mietangleichung verlangen."
Nicht übel, oder? Man vergleiche das einmal mit den gängigen Mietspiegel-Regelungen für nichtgewerbliche Mieter, bei denen viel höhere Anforderungen für Anpassungen. In Wirklichkeit ist es aber noch viel besser: Sobald die Mieten allzu sehr nach oben abweichen (im Vergleich zu alternativen Mietobjekten), wird den Vermietern gewerblicher Mietobjekte die Pistole auf die Brust gesetzt. Miete senken oder wir gehen! Gewerbliche Mieter (jedenfalls im Fall von Büroflächen) sind ohnehin agiler und marktorienterter als Mieter von Mietwohnungen.

So aber jetzt zum Kasus Knackus, bzw. den Punkt, der mich interessiert:

Nehmen wir nun einmal einen Marktprozess an, bei dem
a) eine Informationshemmung vorliegt, dergestalt, dass die Vermieter systematisch und signifikant besser über Vergleichspreise informiert sind als die Mieter und
b) eine Transaktionshemmung vorliegt, dergestalt, dass die Mieter ganz besonders aufwändig zu überwindende Hürden zu überwinden haben, um ein neues, eigentlich günstigeres Vertragsverhältnis zu beginnen.

Wenn die Punkte a) und b) zutreffen und eine signifikante Wirkung ausüben, so kann diese nur darin liegen, dass das Preisniveau und noch mehr die langfristige Preisentwicklung einseitig zu Gunsten der Vermietung erhöht ist - über ein vernünftiges ökonomisches Gleichgewicht hinaus.

Auf Basis dieser beiden zentralen Grundgedanken für die Entwicklung der Mietwohnungspreise könnte man schöne Modellierungen vornehmen. Für mich wichtiger noch, man hat endlich eine saubere theoretische Grundlage, welche u.a. erklären hilft, warum ein so pervers hoher Anteil der Arbeitnehmereinkommen (oft 35-50%!!) in Vermietertaschen landen.

Wer nun, wie verdummte Wirtschaftsliberale, das Lied singt: "Der Markt, ja, der Markt, der hat immer Recht", für den dürfte noch interessant sein, dass dieses teilweise funktionelle Versagen des Preismechnanismus im Bereich von Mietwohnungen nicht nur volkswirtschaftlich bedeutsam ist (u.a. über die daran gekoppelten Sozialstaatslasten, die zu mindestens !! 50% in Vermieterhänden landen), sondern auch unmittelbar für Unternehmer bedeutsam, da Entwicklungen im Bereich der Mietwohnungen auf die Höhe gewerblicher Mieten und Lohnzahlungen ausstrahlen.