05 Oktober 2006

Neoliberale Denkfehler (2) - Der Markt als angeblicher Garant der Chancengleichheit

Es erstaunt mich immer wieder aufs Neue, dass Neoliberale bzw. entschiedene Wirtschaftsliberale/Wirtschaftslibertäre in entscheidenden Fragen ihres Weltbildes so auffällig wenig Bereitschaft haben, reale Verhältnisse zu betrachten. Ein typischer neoliberaler Dogmatiker würde einen Eckstein seiner Ideologie in etwa so formulieren:
"Es wurde bereits erörtert, dass die anonymen Kräfte des Marktes unaufhörlich aufs Neue bestimmen, wer Unternehmer und wer Kapitalist sein sollte. Die Verbraucher entscheiden sich sozusagen für diejenigen, die die herausragenden Stellungen im Rahmen der Wirtschaftsstruktur der Gesellschaft einnehmen sollen."
Was für eine schrille und realitätsfremde Idee! Es habe also dank der "anonymen Kräfte des Marktes" sowie der "Verbraucher" ein jeder die exakt gleiche Chance, "Unternehmer" bzw. "Kapitalist" zu sein. Nein, sowas! Womöglich stimmt das aber doch (!), dies aber nur dann, wenn wir uns eine marktorientierte Gesellschaft denken, in der es kein Eigentum, keinen Grundbesitz bzw. keine stark ungleichen Ausgangsbedingungen gäbe...

Also, liebe Leser: Neoliberalismus ohne Eigentum bzw. Kapitalismus ohne Kapital - das könnte vielleicht funktionieren (*kicher*).

Ansonsten aber muss gefolgert werden, dass Freiheit und die dafür grundlegende (hoffentlich einigermaßen gegebene) Chancengleicheit in einer Gesellschaft nur möglich sind, wenn diese Gesellschaft nicht ausschließlich nach kapitalistischen Interessen formiert ist*.

*, sondern vorzugsweise am Allgemeinwohl, der nicht nur rein wirtschaftlichen Wohlfahrt seiner Bürger sowie einer hinreichend fairen Verteilung dieser Wohlfahrt.