Mut machen geht anders
Ich teile im Moment die Beobachtung, dass die "Du bist"-Kampagne in der Blogosphäre vorverurteilt wird (und gehöre selber zu den Kampagnenlästerern). Ich meine, dass das Indifferente der Kampagne diese Vor-Verurteilung begüngstigt. Wenn mit einem Riesenaufwand (Mittel im Wert von ca. 30 Mio Eur mobilisiert) eine Art Erziehungskampagne veranstaltet wird, dann löst das grundsätzliches Misstrauen aus, erst recht, wenn man erfährt, dass die Bertelsmann-Stiftung federführend dahinter steht.
Dann gewinnen Aussagen wie “Frag nicht nach den anderen, mach selber etwas” ein unangenehmes Geschmäckle.
Ich meine jedoch (nach ein paar Recherchen), dass hinter der Kampagne nicht nur die allzeit ruckenden, neoliberalen Bestrebungen der Bertelsmann-Stiftung stehen, welche eine neue Republik anstrebt, sondern auch allemal legitime Anliegen.
Vielleicht war der Fehler, die B-Stifung und Jung van Matt an die Sache zu lassen. Besser wäre m.E. z.B. eine “Du bist Okay”-Kampagne gewesen. Wenn man erfolgreiche Innovationen gezeigt hätte und die Menschen, die dahinter stehen. Dazu Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, und dazu dann: "Du bist Okay". Wenn man den Menschen Angst nehmen will und Mut machen möchte, dann sollte man deutlich sagen, das unser Sozialstaat erhalten bleiben muss und erhalten bleibt. Es wäre besser gewesen, wenn sich diese Kampagne deutlich vom hysterischen “Deutschland ist ein Sarnierungsfall”-Geschwätz abgesetzt hätte.
Ich behaupte: Das hätte dem eigentlichen Initiatorenkreis sogar gefallen.
Wie gesagt: Der Fehler war, die B-Stiftung da ran zu lassen. Die deutsche Bevölkerung reagiert auf neoliberales Chaka-Chaka allergisch.
Mut machen geht anders.
3 Comments:
Meine Meinung: Ich bin tatsächlich nicht gegen diese Kampagne, nicht jedenfalls gegen ihre Kernaussage. Ich bin auch der Meinung, dass eines der Hauptprobleme in diesem Land die ewige Schwarzseherei ist, die Mutlosigkeit und allgemeine Resignation. Mein Problem mit der Kampagne ist nur, dass ich mir das nicht ausgerechnet von den Leuten sagen lassen will, die Jahrelang genau diese Ängste geschürt haben. Die deutsche Wirtschaft und ihre Vertreter haben mit dieser Angst bewusst gespielt, um die Leute zur Lohnzurückhaltung und die Politik zum Abbau des Sozialstaates zu bewegen. Wenn irgendjemand in diesem Land mal die Schnauze halten sollte, dann ist es die deutsche Wirtschaft.
Ich tue mich schwer mit dem Begriff "die" deutsche Wirtschaft.
Dass man das überhaupt so wahr nehmen kann, dass liegt m.E. auch daran, dass moderatere Wirtschaftskreise zurückhaltend den Mund gehalten haben, als die Henkelmänner & Konsorten für sich in Anspruch nahmen, für "die" deutsche Wirtschaft zu sprechen.
Das war ein Fehler.
Ich bin mir sicher: In der deutschen Wirtschaft gibt es jede Menge Unternehmer, die Verantwortung für ihre Mitarbeiter empfinden, die unseren Sozialstaat trotz aller Reformbedürfigkeit erhaltenswert finden, die das hysterisch-selbstherrliche "Deutschland ist ein Sarnierungfall"- und "Dieser Staat taugt nichts"-Gerede auch nicht toll finden.
Ja, das ist natürlich richtig. Aber "die deutsche Wirtschaft" hat nun mal ein Gesicht nach außen und dieses Gesicht hat sie sich selbst gegeben (gewählt) und daran messe ich sie. Ich kenne persönlich auch "die andere Wirtschaft", kenne eben einzelne Unternehmer und sicher, die haben da eine sehr viel differenziertere Sicht.
Dennoch: In dieser Kampagne tritt "die deutsche Wirtschaft" eben als dieses Gesicht auf, das eigentlich als Angstgenerator als erstes an den Pranger gestellt werden müsste. Und eben diesen Leuten verbiete ich ganz einfach den Mund zu diesem Thema. Und alles was unter dem Label „die deutsche Wirtschaft“ firmiert ebenso. Das haben die sich ganz einfach verscherzt. Alles was die dazu sagen ist absolut unglaubwürdig, heuchlerisch und berechnend.
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