02 März 2011

Nachkarten gegen Guttenberg: Superlative in der Abtrittsrede

Bei Don (hier) behauptete ich, dass die Abtrittsrede von Comical Gutti reich an Superlativen war. Jetzt wird gezählt!

Direkte Superlative
"schmerzlichste Schritt", "höchsten Ansprüche", "möglichst ungeteilte", "größte Bundeswehrreform in der Geschichte", "engstens ans Herz gewachsen", "allzu menschlicher", "bestens vorbereitet", "ich war immer", "enorme Wucht"

Also: 8 bis 9 Superlative. Immerhin!

Falls sich jemand fragt, was dieses Nachzählen soll: Einerseits wollte ich einen Eindruck überprüfen, den ich hatte. Andererseits wird damit belegt, wofür Stefan Kuzmany im Spiegel die passenden Worte fand, nämlich eine Schmierenkomödie.

Indirekte Superlative bzw. Übertreibungen
"öffentliche und mediale Betrachtung fast ausschließlich auf die Person Guttenberg"
"dramatische Verschiebung der Aufmerksamkeit"
"auf dem Rücken der Soldaten nur noch um meine Person"
"mir war immer wichtig"
"deshalb habe ich mich aufrichtig bei all jenen entschuldigt"
"Amt, an dem das ganze Herzblut hängt"
"jenseits der hohen medialen und oppositionellen Taktfrequenz die gebotene Zeit"
"für mich gerade eine Frage des Anstandes"
"Gebot der Verantwortung gegenüber allen Soldaten"
"ein weitgehend bestelltes Haus überlassen"
"ist es mir ein aufrichtiges Anliegen"
"vor allem gegenüber der Universität Bayreuth"
"habe ich Respekt vor all jenen"
"es ist bekannt, dass die Mechanismen im politischen und medialen Geschäft zerstörerisch"
"wer sich für die Politik entscheidet, darf kein Mitleid erwarten"
"und das würde ich auch nicht in Anspruch nehmen"
"ich darf auch nicht den Respekt erwarten, mit dem Rücktrittsentscheidungen so häufig entgegen genommen werden"
"wenn ich es nur wäre, indem ich meinen Charakter veränderte"
"die Mehrheit der Bevölkerung, die mir bis heute den Rücken stärkte"
"mit dem mir notwendigen Maß an Unabhängigkeit in der Verantwortung gerecht zu werden"
"insofern gebe ich meinen Gegnern gerne recht"
"ein Satz, der für einen Politiker ungewöhnlich klingen mag"

(okay - die hier aufgezählten Übertreibungen können auch bestritten werden - aber der Gesamtklang der Abtrittsrede ist ziemlich dick aufgetragen und selbstmitleidig)

Fazit des Guttenbergskandals

Guttenberg wird nun selbst zur Fußnote. Der Theaterdonner verhallt.
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22 März 2009

Leon de Winter - der Politdepp

Sorry! Bitte nicht falsch verstehen: Ein mental so umfangreich bewaffneter (und i.d.R. auch auf politischen Kriegszügen sich befindlicher) Mann wie Leon de Winter ist natürlich kein Depp. Er ist, jedenfalls in meinen Augen, auch kein reinrassiger "Schriftsteller", als der er sich von rechtsgerichteten Publikationen so gerne bezeichnen lässt. Er ist vielseitig, er ist talentiert, vielleicht sogar ein angenehmer persönlicher Umgang, aber er ist ein Polit-Depp, also ein Mann, der in politischen Angelegenheiten den Standpunkt eines Deppen einzunehmen versteht.

Zufällig bin ich über einen seiner Schlüsseltexte gestolpert, einem nun schon drei Monate alten und von pro-idiotischen Bloggern des rechten Lagers gefeierten Machwerk, in dem sich Herr Winter über "das wahre Gesicht" von Barack Obama verbreitet. Er tut dies - wie es bei ihm üblich ist - geifernd, hasspredigend und in einer Aneinanderreihung von Inkorrektheiten und Fehlurteilen, dass man fast um die geistige Gesundheit von Herrn Winter fürchten möchte. Es wäre eine sehr undankbare, weil zu umfangreiche, Aufgabe hier ins Detail zu gehen - aber das ist auch nicht nötig. Es genügen bereits zwei Worte des Herrn Winter, um Klarheit zu gewinnen über das Wesen seiner politischen Urteilsunschärfe.
"Knallharter Opportunist"
Damit möchte Herr Winter den Politiker Obama auf den Punkt bringen. Nun, vielleicht funktionieren die Begriffskombinationen "knallharter Machtpolitiker" oder "knallharter Polit-Depp", aber bereits das Wort "knallhart" signalisiert, zumal, wenn es von einem echten Schriftsteller zur Charakterisierung einer realen Person eingesetzt wird, schlicht nur: Hysterie. Und zwar eine Hysterie seitens desjenigen, der es einsetzt.

Möchte man in politischen Angelegenheiten von Nichtdeppen ernst genommen werden, so funktioniert jedoch die Wortkombination "knallharter Opportunist"nicht, denn das Wesen eines Opportunisten ist es ja gerade, nicht knallhart zu sein. Echte politische Knallköpfe: Ja, die können, ganz im Unterschied zum Vollblut-Opportunisten, jederzeit knallhart sein, besonders auch in ihren Essays, die sie in der traditionell an Militarismus und Säbelrasseln hochinteressierten Rechtspresse lancieren.

Dazu gehört nicht viel. Etwas Hass und jede Menge politische Dummheit finden sich leicht. Bei Herrn Winter sogar besonders leicht.

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17 Februar 2007

Wowereit baut ab

Wowereit hat seine beste Zeit hinter sich.

Wowereit ("Wowi") schrieb vor wenigen Tagen diese Worte in ein Glückwunschschreiben an Marcel Reich-Ranicki:
Heute gelten Sie als Literaturpapst, was dank Ihrer einzigartigen medialen Ausstrahlung fast mehr ist als ein Flankengott (...)
Wer zulässt, dass solche "Glückwünsche" an Marcel Reich-Ranicki in eigenen Namen ausgesprochen werden, der hat den Verstand verloren. Und zwar völlig; denn es fehlt ihm offenkundig das Gehirn, jedenfalls die grundlegenden Gehirnfunktionen, die ihm ermöglichen würden, derartige, von PR-Beratern vorformulierte, "Glückwünsche" inhaltlich zu verstehen:

1.

Das, was Marcel Reich-Ranicki mit seiner Arbeit und Leidenschaft für deutsche Literatur auch für uns und der deutschen Literatur geleistet hat, das ist in der Wertschätzung Wowereits "fast mehr als ein Flankengott". Also nennenswert weniger wert.

Berlins regierender Obertrottel Bürgermeister Wowereit meint, irgendein beliebiger Fußballspieler, z.B. der Bundesliga, dessen öffentliche Verdienste v.a. darin bestehen, dass er brauchbare Flanken tritt (und somit in den Boulevardmedien "Flankengott" getauft wird), der ist laut Wowereits Glückwunschschreiben (!) schon mal bedeutender.

Na, schönen Dank!

2.

Das Wirken von Marcel Reich-Ranicki hat seinen, ähem, hohen (??) Stellenwert für Wowereit "dank ihrer einzigartigen medialen Ausstrahlung". Das meint: Die Arbeit von Marcel Reich-Ranicki ist in Wahrheit deutlich weniger wert als die Arbeit der diversen "Flankengötter", aber dank der "einzigartigen medialen Ausstrahlung" von Marcel Reich-Ranicki steht sein Lebenswerk dann doch "fast" (!) auf der Stufe eines flankenschlagenden Bundesligaspielers...

3.

Politik als Verkaufsveranstaltung: Wowereit interessiert sich nicht für Literatur, sondern als typischer Vertreter unserer Politikereliten (die "Pisa-Politiker") kommt es ihm vor allem auf Medienwirkungen an. Daran misst er Politik, daran misst er auch Marcel Reich-Ranicki.

Wowereits innerer Dialog beim Durchlesen des Glückwunschtextes seiner PR-Berater lief vermutlich in etwa so ab (proudly presented by Dr. Dean):
Ick brooch ne Lein. Boah, watt issn ditte? Reich-Ranicki? Nee, muss dat jetzt sein? Hmm. Na, manschma wa der Ranicki schon irschendwie lustich, aba ick kapier den nich, der nervt ja wohl voll rum, wa, ey? Litterattur? Wat issn ditt fürn schwula Kram? Nee, da, da bieda icke mich nich an. Nee, nee. Meene Wäla, die wolln det nich. Nich bei dem, nich mit mia... Ma sehn, wat ditt PR-Arschentur jemacht hat... Wow, supaklasse, wat meen zujekosta PR-Berata jemacht hat. Tolla Text! So machn wa dett. Icke mit nem lustischen Spruch für de Medien, so mit Flankengott, detts klingt voll logga, und icke bin wieda inne Schlagzeelen. Ditt haut rin! Hauptsache inne Medien. Wenn icke so weeter mach, villeecht werick doch eenma Kandisbunzla, äh, Bundeskanzla.

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