03 Mai 2008

Eigenverantwortung, Freiheit und Liberalismus - Widersprüche

Die Unterwerfung und Selbstunterwerfung von sozial/ökonomisch Schwächeren unter den Gesetzen des Marktes ist unter den Bedingungen der als "Chancengesellschaft" missdeuteten realen Sozioökonomie oft und zu oft kein Schritt der Selbstverantwortung, sondern vielmehr die Billigung des Verlustes individueller Autonomie. Das Stichwort "Eigenverantwortung" wuchert zu einer dreisten Ohrfeige des Individuums, sobald es zur Abweisung vernünftiger sozialstaatlicher und marktregulativer Forderungen dient - und damit zur Obstruktion von Chancengleicheit. Es ist unverschämt, wenn unsere ökonomischen und politischen Eliten die "Eigenverantwortung" ausgerechnet derjenigen anpreisen, die von einer angemessenen sozioökonomischen Teilhabe weit entfernt sind.

Die heutigen Liberalen, sofern man die klientelwirtschaftliche FDP als Bezugspunkt wählt, verhöhnen mit ihrem Reden über Eigenverantwortung den Gedanken von Freiheit, wenn sie ausgerechnet von denen Eigenverantwortung einfordern, welche nur über ein Minimum an Autonomie verfügen.

Freiheit ohne Teilhabe ist wie Luft ohne Sauerstoff.

8 Comments:

At 03 Mai, 2008 17:31, Anonymous Anonym said...

Einen interessanten Aspekt bei der Debatte um die Eigenverantwortung möchte ich noch nennen: Bekannterweise wird diese auch von Politikern der CDU und rechtsgerichteten SPD-Politikern eingefordert.

Die gleichen Politiker wehren sich allerdings vehement gegen mehr Mitbestimmungsrechte der Bürger. Wo ist sie also da, die angeblich ach so gewünschte Eigenverantwortung?

Gruß
Ben

 
At 03 Mai, 2008 20:51, Anonymous Anonym said...

Bulgarischen Arbeitern zum Beispiel. Was da drüben bei den "Bissigen Liberalen" abläuft, ist nur noch zum kotzen.

 
At 03 Mai, 2008 22:02, Blogger John Dean said...

@ Ben

Das Reden über "Eigenverantwortung" ist in den Nullerjahren i.d.R. ein Codewort für Neoliberalismus.

Die Feindseligkeit gegenüber von Mitbestimmtung ist ein sehr schöner Hinweis von dir - ist mir in diesem Zusammenhang noch nicht aufgefallen.

Das passt leider nur zu gut zu einer Art von weltanschaulicher Perversion, die von "Eigenverantwortung" spricht, aber nur "eigen" meint.

Im Grunde genommmen versteckt sich hinter dem Eigenverantwortungsgefasel unserer politischen und ökonomischen Eliten eine autoritäre Geste: Man spricht von Eigenverantwortung, meint aber zum Klassenfeind tatsächlich: "Halts Maul!".

@ avantgarde

Ja, das hatte ich auch im Hinterkopf. Was da bei den verbissenen Liberalen an Diskussion läuft, besonders seitens des Bloggers "Rayson", ist die Präsentation einer zutiefst inhumanen Ideologie und Haltung.

Wird ein bulgarischer Arbeiter von einem deutschen Arbeitgeber sklavenählich gehalten und auf üble Weise ausgebeutet, dann näselt dieser Rayson etwas über "Versuch und Irrtum" seitens der der verarschten Bulgaren, und wie schön doch der radikale Marktliberalismus sei, weil dieser Regulationen "konsequent" ablehnt.

Bah.

 
At 03 Mai, 2008 23:34, Anonymous Anonym said...

Erstaunlich auch, wie sehr man die "Eigenverantwortung" des Arbeiters einfordert, dessen "produktiver Wert" mit zwei Euro die Stunde bewertet wird, während man von der "!Eigenverantwortung" der Manager, die Unternehmen in den Dreck fahren und Milliarden verzocken, danach mit goldenem Handschlag verabschiedet werden, während das, was sie verzockt haben, sozialisiert wird... sprich vom Drei-Euro-Jobber übernommen wird.

Am Ende wird dann gejammert, wenn die Rattenfänger das geprellte Volk einsammeln.

 
At 03 Mai, 2008 23:36, Anonymous Anonym said...

während von der Eigenverantwortung dieser Manager nicht die Rede ist, wollte ich sagen.

 
At 04 Mai, 2008 08:49, Anonymous Anonym said...

Der mensch ist ein widerspruch in sich. Er fordert freiheit, jedoch nur für sich, und verbietet freiheit für andere. Also ist die FDP doch eigentlich völlig normal oder?

 
At 05 Mai, 2008 23:08, Anonymous Anonym said...

Die Hartnäckigkeit, mit der bei den verbissenen Liberalen die unsägliche Ausbeutung bulgarischer Arbeiter verteidigt wird, ist wirklich verblüffend.

Rational erklärbar ist das jedenfalls nicht mehr.

 
At 06 Mai, 2008 10:57, Blogger John Dean said...

Immerhin verweist Rayson, ungewollt nehme ich an, direkt auf Irrationalität. Das tut er, indem er seine Haltung ausgerechnet damit zu verteidigen sucht, dass er diese in die Nähe der christlichen Botschaft rückt (inkl. Verweis auf Stellen im Lukas-Evangelium), während er zugleich die Gegner seiner Auffassungen zu Nazis erklärt, welche diese missbrauchten Bulgaren als "minderwertige Fremdlinge" betrachten würden.

Hybris.

Und er merkt das nicht einmal. Blind geworden durch die eigene Ideologie.

 

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