Roland Koch als Tänzer
Größere Mengen an Kreide hat er in den letzten Wochen gefressen und mit ihm seine CDU-Fraktion im hessischen Landtag. Seinen Wählern versprach er Härte. Noch nie war er zarter, noch nie galanter, noch nie war er freundlicher zum politischen Gegner. Mit der ausgesuchten Höflichkeit eines alternden Gigolos gehorcht er den Gesetzen der Damenwahl - Roland Koch tanzt nach Ypsilantis Pfeife. Was in weiten Teilen der bürgerlichen Presse als Niederlage von Ypsilanti dargestellt wurde, erweist sich nunmehr als Machtposition. Die hessischen Studiengebühren, ein großer politischer Traum der CDU, werden fallen. Eine Parlamentsmehrheit links von Koch zwingt ebendiesen, eine moderat linke Politik bzw. den Willen des Parlamentes zu exekutieren.
Das werden, in politischer Hinsicht, noch sehr schöne Jahre in Hessen. Koch mag versuchen, sich in seiner Machtlosigkeit elegant zu geben, aber sicher wie sein kommender Missmut ist, dass er auf der Tanzfläche des Parlamentes gelegentlich stolpern wird. Keineswegs sicher ist, dass diese Periode zur Stärkung von Schwarzgelb beitragen wird. Wenn die hessischen Wähler Geschmack an derartigen geschäftsführenden Verhältnissen finden, könnten sie Koch in vier Jahren sogar in eine weitere Periode eines gestärkten Parlamentarismus zwingen. Der Witz besteht nicht nur darin, dass Koch dabei zum Sachwalter einer gemäßigt linken Politik wird - es ist ihm nicht einmal gestattet zurückzutreten.
Labels: Innenpolitik. Glosse
4 Comments:
Ich wäre da nicht allzu optimistisch. Eine amtzierende Regierung hält die Fäden in der Hand und kann die Ausführung einer solchen gemäßgt linken Politik nach kräften blockieren.
Ich finde ja man sollte generell dafür sorgen, dass Regierung und Parlament sich gegensätzlich zusammensetzen, dann wird die Gewaltenteilung auch spürbar vollzogen und ist nicht nur theoretisch vorhanden.
Diese durchaus sadistische Variante, welche bereits kurz nach der Hessenwahl überlegt wurde, hat mir zugesagt. Ja, ich weiß, wer auf Rache aus ist, hat noch nicht vergeben, und ich gebe ja auch durchaus zu, dass ich Roland Koch noch nicht vergeben habe.
Aber gerade für Koch ist das die einzig richtige Behandlung. Nach neuen Jahren einer Regierung mit mieser Bilanz kann er sich in den nächsten fünf Jahren resozialisieren.
Das finde ich irgendwie gut.
@Thaniell: Was spricht dagegen, die Regierung vom Volk wählen zu lassen, das Parlament hingegen in einer anderen Wahl? Für meine Begriffe nichts. Und so schlecht fährt Hessen mit dem gegenwärtigen Modell ja nicht.
@crabby jack: Ja das geht ja genau in die Richtung. Was mich aktuell stört ist nur, dass sich in der Regel eine Mehrheitskoalition im Parlament bildet, die dann die Regierung stellt, womit Exekutive und Legislative dann in aller Regel sehr einvernehmlich (von der Minderheitenopposition, die nur sehr eingeschränkt blockieren/mitwirken kann abgesehen) zusammenarbeiten. Bzw. wird die legislative Mehrheit von der Regierung ja quasi per Fraktionszwang dirigiert. Interessant wäre auch jeder Partei die eine gewisse Prozenthürde schafft ein Ministeramt zuzusprechen. Für letzteres bedürfte es allerdings Politikern die nicht nur Parteipolitisch denken und handeln.
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