25 März 2007

Die patriotischen Frauenvereine zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Die patriotischen Frauenvereine gehören in vielfacher Hinsicht zu den Merkwürdigkeiten deutscher Emanzipationsgeschichte. Manchmal führt Reaktionäres zum Gegenteil. Ursprünglich wurden die patriotischen Frauenvereine in Folge des Jahres 1812 gegründet, in Zusammenhang mit den sogenannten Befreiungskriegen, die den Einfluss und die Auswirkungen der französischen Revolution eindämmen sollten.

Vorgeschichte

Wenige Jahre zuvor, nämlich im Herbst 1805, hatten einige süddeutsche Fürstenhäuser (Baden, Bayern, Würtemberg) Koalitionsverträge mit Napoleon Bonaparte geschlossen. Währenddessen besiegte Napoleon trotz russischen Eingreifens Preußen. Am 27. Oktober 1806 hielt Bonaparte, der 1804 gekrönte Kaiser der Franzosen, Einzug in Berlin und diktierte Preußen die Friedensbedingungen.

Man muss sich den Napoleon dieser Jahre ein wenig so verstellen wie George Walker Bush, allerdings als besseren Schachspieler und noch durchgeknallter. Gemäß der Militärdoktrin des „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“ und seiner grenzenlosen Überzeugung, selbst für das Gute zu stehen, sah sich Napoleon gezwungen, den weltweiten Islamfaschismus zu bekämpfen Welthegemon zu werden.

Aufgrund seines quasi neonservativen Verständnis von Außenpolitik, nämlich zur kriegerischen Durchsetzung von „Freiheit und Demokratie“, musste er Russland besiegen, als Hindernis auf dem Weg zur Erringung der Weltherrschaft. Zugleich war dies für ihn auch notwendig im „Kampf gegen den Terror“, den es gegen das bonapartistische Frankreich nun tatsächlich gab. Als Hort des Terrors galt die Achse der Bösen Russland.

Es geschah also nicht grundlos.

So zog Napoléon 1812 mit seiner "Grande Armée" los, mit über 600.000 Mann, darunter ca. 40.000 aus Preußen, um Russland zu besiegen und um die Weltherrschaft zu erringen. Für das Ideal des Guten und des Schönen. Weniger gut und schön war es für Napoleon, dass er dabei seine Armee in Russland aufrieb, wie man es in Tolstois „Krieg und Frieden“ nachlesen kann. Vor dem Hintergrund eines geschwächten Hegemons befreite sich dann im Juni 1813 Spanien von Napoleons Herrschaft, außerdem griffen die vormals besiegten Österreich und Preußen Napoleon an. Dies vor allem in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813.

Mit rund 120.000 Opfern der Kriegshandlungen hatte diese Völkerschlacht bei Leipzig in etwa den Opferumfang des gegenwärtigen Irakkrieges (siehe -> hier und -> PDF-Quelle), mit dem Unterschied, dass diese Opferzahl in lediglich drei Tagen erreicht wurde. Die deutschen Kriegsopfer standen hier auf beiden Seiten der Kriegsführenden.

Man kann sich vorstellen, welchen Nachrichtenwert dieses beispiellose Gemetzel im Jahre 1813 hatte. Das war "shock and awe" für die Öffentlichkeit; das Thema der nächsten Jahre. Ein solches Blutvergießen erschien zuvor völlig undenkbar, und legte eine Grundlage für die nachfolgende deutsch-französische Feindschaft, welche weiteren brutalen Blutzoll nach sich zog.

Nach der Niederlage Napoleons brach nicht nur in Leipzig ein irrsinniger Siegestaumel aus, denn der übermächtige Gegner war besiegt, und eine wahre Flut an patriotischen Reden, Schriften, Festen und Feiern erhob sich, schwappte durch Deutschland, zumeist verbunden mit bitterem antifranzösischen Ressentiment, wie z.B. auf dem Wartburgfest.

Die Gründung patriotischer Frauenvereine

Das war die Lage. Die allgemeine Stimmung, der patriotische Taumel in Folge der Völkerschlacht war die Vorgeschichte zur Gründung der patriotischen Frauenvereine in Deutschland. Zwischen ca. 1812 und 1815 gründeten sich in Reaktion auf diese Stimmung über 500 „patriotische Frauenvereine“.

Diese Vereine und die dort organisierten Frauen sammelten im Vorfeld der Völkerschlacht Spenden zur Ausrüstung von Kriegsfreiwilligen, rüsteten während der Schlacht Kriegslazarette ein, stellten Verbandsmaterialien, Fahnen und Kleidung her und waren nach der Völkerschlacht vor allem geschockt, über die zahllosen Kriegstoten und die Leiden der Versehrten.

In der Folge übernahmen die patriotischen Frauenvereine zunehmend allgemeine soziale Aufgaben. Die ursprünglich rein nationalistisch gedachten Frauenvereine ermöglichten den Frauen, ihren häuslichen Rahmen zu verlassen und mit ihren Leistungen in der Öffentlichkeit Anerkennung zu erlangen.

Wandlungen patriotischer Frauenvereine

Nach 1815 lösten sich zahlreiche Frauenvereine aufgrund starker Gegnerschaft in der männerbestimmten Öffentlichkeit wieder auf. Die meisten patriotischen Frauenvereine, gerade die größeren, blieben aber über das Jahr 1815 hinaus aktiv, allerdings veränderten die dann immer noch sehr zahlreichen Frauenvereine ihre Aktivitätsschwerpunkte in Richtung Armenfürsorge und karikative Aufgaben, sie nahmen teils sogar pazifistische und linksliberale, sowie emanzipatorische Haltungen an und agierten immer offener ständeübergreifend.

Diese Frauenvereine mündeten, nicht selten, in die freiheitlichen Gruppierungen des Vormärzes, was ein beachtlicher Wandel der ursprünglichen Intentionen darstellt.

Die patriotischen Frauenvereine wurden zum Geburtsort der deutschen Frauenbewegung.

Warum kam das so?

Das in diesen patriotischen Frauenvereinen gewonnene Selbstbewusstsein der Frauen, die errungenen Handlungs- und Gestaltungsspielräume wurden zum Hilfsmittel zur Organisierung weiblicher und emanzipatorischer Interessen.


Das ist vor dem Hintergrund des typischen Frauenbildes nationalistischer und alldeutscher Kreise durchaus paradox. Nicht immer nahmen diese Frauenvereine einen emanzipatorischen Charakter an, aber auch dann konnten die in den Frauenvereinen organisierten Frauen gesellschaftlich partizipieren, und durch ihre Selbstorganisation Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten entwickeln.

Nationalbewegung als Vehikel

Die patriotischen Frauenvereine wurden im Laufe der Jahre, oft sogar in Personalunion, zu Geburtszellen der Frauenvereine des Vormärzes 1848, bei denen erstmalig offen und offensiv „Frauenrechte“ gefordert wurden*.

Louise Otto-Peters, die Pionierin der deutschen Frauenbewegung (Quelle), verstand 1843 in einer Kontroverse Politik als angewandte Vaterlandsliebe. Sie sagte: Die Teilnahme der Frau an den Interessen des Staates ist nicht ein Recht, sondern eine Pflicht. Dieses Selbstverständnis hatte viel mit dem Wirken der patriotischen Frauenvereine zu tun.

Die junge, oft schwärmerische deutsche Nationalbewegung mit ihren patriotischen Frauenvereinen wurde vielen dieser Frauen ein Vehikel zur Selbstverwirklichung, und auch ein Mittel zur graduellen Befreiung der Frau aus den typischen Abhängigkeiten einer ultrakonservativ strukturierten Gesellschaft.

Napoleons Traum von der Weltherrschaft hat indirekt die deutsche Frauenbewegung hervorgebracht.

*Emanzipation: Worunter „liberale“ bzw. „prowestliche“ Neoirgendwassis bis heute schwer leiden,- zumal wichtige Vertreter dieser Politsektierer doch tatsächlich von einen „demokratisch-ökofemisozialistischen“ (!) Feindbild faseln, übrigens in Zusammenarbeit mit Vertretern der Neuen Rechten...

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1 Comments:

At 28 März, 2007 00:46, Blogger John Dean said...

Gute Frage. Scheint eine aktuelle Nebenwirkung des Hosters Blogger.com zu sein. Ich habs grade versucht, rauszumachen.

 

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