13 Februar 2006

Verhandle immer - und mit Bedacht!

Wie die russische Nachrichtenagentur RIAN meldet, schlägt Russland vor, mit der Hamas zu verhandeln. Es werden hierfür folgende Bedingungen an die Hamas genannt:
"Erstens: Sie dürfen in Zukunft keine Terroraktivitäten zulassen. Zweitens: Sie müssen Israel als einen unabhängigen Staat, als ihren Nachbarn und politischen Partner anerkennen. Drittens: Die Hamas muss radikale Ansichten aufgeben und gemeinsam mit den Mitgliedern des Nahostquartetts und den regionalen Akteuren, einschließlich Israels, Kurs auf eine friedliche politische Lösung einschlagen."
Außenminister Steinmeyers Forderungskatalog hingegen geht entscheidend über diese Punkte hinaus. Er und Frau Merkel fordern laut Reuters im Unterschied dazu von der Hamas:
Erstens: Hamas muss auf jegliche Gewalt verzichten und sich selbst vollständig entwaffnen. Zweitens: Die Hamas muss das Existenzrecht Israels uneingeschränkt anerkennen. Drittens: Hamas müsse zunächst von der europäischen Terrorliste verschwinden.
Es ist unschwer zu erkennen, dass die russische Position klüger ist und eine Verhandlungsaufnahme erleichtert. Steinmeyer agiert parteilich und unklug. Unklug deshalb, weil er mit seinem Forderungskatalog über das vor Verhandlungsbeginn Machbare und Notwendige hinaus geht.

Stattdessen setzt er das überaus Wünschbare voraus, z.B. einen umfassenden, allgemeinen und bedingungslosen Gewaltverzicht der Hamas. Er setzt das Verhandlungsergebnis also schon vor Beginn der Verhandlungen voraus. Hätte er sich auf Terror gegen Zivilisten (das wäre meine Position) oder allgemein auf Terror beschränkt (wie Russland), so wäre sein Standpunkt besser nachvollziehbar.

So aber überzieht er die Gesprächsvoraussetzungen, denn der Gegenseite verlangt er ja keinen Gewaltverzicht ab, ja nicht einmal den Verzicht auf Gewalt gegen Zivilisten, während er wiederum der Hamas bzw. den Palästinensern gegenüber ausnahmslos jede Form von gewaltsamer Gegenwehr kategorisch ausschließt.

Man mag meine Auffassung für eine verheerende Äquidistanz halten , was sie jedoch nicht ist. Es ist nun einmal so: Man kann nicht einfach so Verhandlungen ablehnen bzw. die Verhandlungsvoraussetzungen überdehnen, wenn man Verbesserungen anstrebt.

Die Ankerkennung des gegenseitigen Existenzrechts bei gleichzeitigen Verzicht auf Gewalt gegen Zivilisten wäre bereits ein guter und hinreichender Ausgangspunkt.

D
azu kommt Waffenruhe für den Zeitraum der Verhandlungen. Im Augenblick jedoch ist dies eine rein theoretische Diskussion, denn der Hamas-Sprecher Muschir al-Masri bekräftigte am Sonntag die Zielsetzung von Hamas, Israel auszulöschen.

Solange diese Zielsetzung aufrecht erhalten wird, befürworte ich - nach einer Übergangsfrist von z.B. 2 Monaten für eine Verhandlungsaufnahme unter oben genannten Vorbedingungen - die Auslöschung bzw. Ausschaltung aller militanten Kräfte der Hamas, sowie den militärischen Kampf Europas gegen die Hamas. Seit Sonntag unterstütze ich Forderungen nach sofortigen Stopp aller Mittelzuflüsse, bei denen nicht gesichert ist, dass die Hamas Zugriff hat, sowie die Inhaftierung aller in Europa aktiven Sympathisanten und Unterstützer von Hamas, welche der Linie von
Muschir al-Masri folgen.

Im Vergleich dazu ist die aktuelle Position der israelischen Regierung ausgesprochen moderat und zielt darauf, der Hamas eine Abkehr vom Terror zu erleichtern.

+++ Update 16.02. +++

Die Hamas rührt sich, berichtet Chuzpe.

7 Comments:

At 13 Februar, 2006 18:00, Anonymous Anonym said...

Ich weiß nicht, aber einen militärischen Präventivschlag Europas gegen diese Gruppierung halte ich nicht für besonders sinnig. Zumal deren etwaige Attacke Israels von den Israelis selber ohne größere Probleme abgewehrt werden könnte.

Ich glaube das würde zudem einen weiteren Schritt in Richtung eines Weltkrieges zwischen den muslimischen Staaten und dem Westen bedeuten. Denn ein solcher Präventivkrieg wäre Wasser auf die Mühlen der radikalen Muslime die behaupten, der Westen betreibe eine imperialistische Aussenpolitik. Und vorallem würde es dazu führen, dass sich auch die gemäßigten Muslime auf die Seite der Gotteskrieger stellen müssten, da es ein völkerrechtswidriger Krieg gegen die Glaubensbrüder wäre.

 
At 13 Februar, 2006 18:28, Blogger Sturmauge said...

Zitat letzter Absatz: Unter diesen Bedingungen befürworte ich [...]

Öha - schwere Kost; Aber greifst Du da nicht vieleicht ebenfalls möglichen Verhandlungsergebnissen vor ?

 
At 13 Februar, 2006 20:08, Anonymous Anonym said...

@bazinho

auch wenn ich Dir inhaltlich zustimme, und einen Militärschlag gegen die Hamas ablehne, so stellt sich dennoch die Fragem ob dieser völkerrechtswidrig wäre, da das völkerrechtliche Gewaltverbot (UN-Charta) nur für Konflikte zwischen Staaten gilt, aber die PA kein Staat ist.

 
At 13 Februar, 2006 20:08, Blogger John Dean said...

@Naseweis

Schon richtig.

Daher geht meine Argumentation ja auch in zwei Richtungen. Einerseits dahin, dass Verhandlungen unbedingt aufzunehmen sind, ohne sie mit Vorbedingungen zu überfrachten.

Immerhin geht es um Krieg und Frieden.

Andererseits glaube ich, dass die angestrebte Vernichtung eines Staates, sofern Hamas an diesem Ziel festhält, es nicht erlaubt, der Hamas in Europa auch nur einen Fuß breit Operationsgebiet zu gewähren.

Wenn Hamas - nach einer gewissen Übergangsfrist UND Verhandlungen - weiterhin die Koexistenz mit Israel ausschließt, dann muss das politische Handeln Europas darauf zielen, die Hamas als Organisation zu vernichten.

Ob das islamischen Fundamentalismus befördert? Ich denke, es hängt sehr entscheidend davon ab, ob man gegenüber nicht-extremistischen Muslimen bzw. muslimischen Regierungen fair bleibt - und mit ihnen kooperiert.

Das heißt, man muss einen Kulturkampf unbedingt vermeiden. Man sollte schauen, dass man islamische Staaten und Organisationen für die Abwehr von terroristischen Islamismus gewinnt.

Man muss auch weiterhin gegen die Ausweitung von Siedlungen eindeutig Stellung beziehen.

@Bazinho
Innerhalb Europas wäre es ja kein Präventivschlag. Und als selbst ernannte Kriegspartei kann sich Hamas (ich beschränke es auf die Militanten dieser Organisation) über die Behandlung als Kriegs- und Terrorpartei nicht beklagen.

Ich bin mir nicht sicher, ob man (nach Scheitern der Verhandlungen) auch außereuropäisch gegen Hamas offen Krieg führen sollte. Meine Vermutung geht aber dahin, dass die Hamas und andere radikale Muslime diese Frage selbst beantworten werden.

Wir gehen düsteren Zeiten entgegen.

 
At 14 Februar, 2006 13:05, Anonymous Anonym said...

@c.lapide

stimmt schon, das Völkerrecht wäre für PA nicht anwendbar. Aber was wär es dann? Wäre ein Einsatz legal, wenn Israel als Besatzungsmacht dem Einmarsch zustimmte? Oder handelt es sich um einen Rechts- weil Staatsfreienraum?

@Dr.Dean
Ein Vorgehen gegen die Hamas innerhalb Europas hab ich ja auch nicht infrage gestellt. Terroristische- und kriminelle Organisationen muss ein Staat bekämpfen, auch wenn deren Zielobjekte im Ausland liegen. Kommt dabei natürlich immer auch auf die Definition an, wen man als Freiheitskämpfer und wen als Terrorist einstuft. Die Entscheidung darüber trifft dabei jeder Staat für sich.

 
At 15 Februar, 2006 16:26, Anonymous Anonym said...

@ Dr. Dean

lese ich da recht : Sie befürworten ... die Auslöschung .. der militanten Kräfte der Hamas

sowie

den militärischen Kampf Europas gegen die Hamas

Lieber Dr., wissen Sie wie das klingt, wenn sie das alles so firsch fromm fröhlich frei von Ihrem bequemen Sitz am heimischen Keyboard "befürworten" ?

Eine "Auslöschungsbefürwortung" für die Hamas ?

Meinen Sie nicht man könnte Ihnen das als Größenwahn vorwerfen ? Realitätsverlust ?


In Sorge,

Ihr,


Lebemann

 
At 18 Februar, 2006 08:35, Blogger John Dean said...

@Lebemann
Sie haben recht: Wo eine Terror-Organisation das Auslöschen eines ganzen Landes befürwortet (und: mittels Terror betreibt), da befürworte ich die "die Auslöschung bzw. Ausschaltung aller militanten Kräfte der Hamas".

Schade, Nölemann, dass Sie weder meine Bemerkung dem Inhalt nach noch im Kontext einordnen und befürworten können, sondern ein einzenes Wort kontextwidrig rausrupfen.

Sie sind ja nicht sehr leicht glücklich zu machen, jedenfalls nicht mit Politik, mein Lieber...

 

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