14 Februar 2006

Grundlagen des Linksliberalismus (2) - Personale Würde und Meinungsfreiheit

Ein aufgeklärter Linksiberalismus stellt die Achtung der personalen Würde in den Mittelpunkt, wenn es um die Konstitution der offenen Gesellschaft geht.

Damit wird zugleich eine Grenze der Meinungsfreiheit bestimmt. Beleidigungen, Verbreitung von Hassideologien, diffamierende Hetze oder Mordaufrufe usw. gehören nicht zum Bereich, der durch die Meinungsfreiheit geschützt wird.

Wer Beleidigungen, Verbreitung von Hassideologien, diffamierende Hetze oder Mordaufrufe duldet oder als Merkmal angeblicher "Freiheit" anpreist, wie es seitens angeblich "liberaler" Blogs in diesen Tagen in der Blogosphäre häufiger geschieht, der ist nicht liberal. Kritik, Meinungs- bzw. "Kunstfreiheit" dürfen eben nicht dafür verwendet werden, das friedliche Zusammenleben zu gefährden oder respektlose Angriffe auf die Würde von Menschen zu unternehmen.

Gibt es für diese Position irgend einen ernst zu nehmenden Widerspruch?
Wohl kaum.

34 Comments:

At 14 Februar, 2006 20:50, Blogger Sturmauge said...

Kein "ernzunehmender Widerspruch", der mir einfiele - aber ich bin befangen...;-)

 
At 14 Februar, 2006 21:34, Anonymous Anonym said...

Hm, schwierig. Ich bin eigentlich gegen jegliche Beschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit, denn wer entscheidet denn was Mordaufrufe, Hetze gegen Andersedenkende, usw. ist und was nicht?

 
At 14 Februar, 2006 21:35, Anonymous Anonym said...

Ich weiß nicht, ob mein Widerspruch unter dein Kriterium von "ernst zu nehmen" fällt, aber ich erhebe ihn mal.

Als jemand, der die Reaktionen von Feinden der Freiheit eher diesen zuordnet, als jenen, die von einem Recht Gebrauch machen, wehre ich mich dagegen, dass Empfindlichkeiten Einzelner zum Maßstab dessen genommen werden soll, was Meinungs-, Presse- und Redefrreiheit umfassen soll.

Eine Gesellschaft, die Meinungen, denen ein hinreichender gewalttätiger Nachdruck verliehen wird, höher einstuft als die Kritik daran, ist nicht frei.

 
At 15 Februar, 2006 00:03, Anonymous Anonym said...

"Gibt es für diese Position irgend einen ernst zu nehmenden Widerspruch?"

Warum kann jemand, der ein Islamhasser ist und diese Einstellung/Meinung z.B. in seinem Blog kundtut, nicht gleichzeitig liberal sein? Versteh ich nicht. Niemand ist gezwungen sich solche Blogs anzuschauen. Braucht man nur weg- oder garnicht erst hinzuklicken.

 
At 15 Februar, 2006 01:55, Anonymous Anonym said...

Das ist einer der Gründe warum ich "Linksliberalismus" ablehne.

 
At 15 Februar, 2006 06:33, Anonymous Anonym said...

Eine Einstellung, die das Wort "Liberalismus" enthält, kann keine Einschränkungen fordern, die unsere (im gesetzlichen Rahmen wahrgenommenen) Grundrechte einschränken. Wenn das nämlich so durchkäme, hätten wir in den Zeitungen zuerst keine Karikaturen, dann keine Kommentare mehr. Am Schluss würden die Zeitungen ganz verschwinden ...

Zu den vorhandenen Einschränkungen: Wir haben doch nicht umsonst Gesetze, in denen bestimmte Grenzen gesetzt werden: es gibt einen Paragraphen gegen Volksverhetzung und es gibt einige andere Dinge, die hierzulande nicht gesagt werden dürfen. Dazu haben wir eine unabhängige Justiz.

Eine weitere Einschränkung der Meinungsfreiheit, wie ich sie aus Ihren Artikel herauslese, ist nicht sinnvoll. In meinem Blog habe ich ein Link auf den "Platz der Grundrechte" in Karlsruhe. Schauen Sie sich mal zu diesem Thema um.
http://stefanolix.blogg.de/eintrag.php?id=82

Den Text auf der fotografierten Tafel kann man sich sehr schön auf Ihr Thema umdenken.

 
At 15 Februar, 2006 12:27, Anonymous Anonym said...

Lieber Dr.,

wer entscheidet was genau eine "Beleidigung" eigentlich so ist ?

Und um beim Thema zu bleiben, wie definieren Sie die genannten Begriffe genau ? (Hassideologien, diffamierende Hetze etc. - wäre denn blosse "Hetzte" ok, was auch immer die sein mag ?)

So wie sie da stehen, sind es eher Wieselworte, die alles und nichts bedeuten können.

Ich bitte um Klärung, erst dann sehe ich mich in der Lage zu- oder nicht-zuzustimmen.

Es grüßt wie immer freundlich,


Lebemann

 
At 15 Februar, 2006 14:03, Blogger John Dean said...

@Naseweis
Das sind mit die liebsten Antworten.
@Schadowking
Spätestens, wenn ich Sie scharf beleidige, was ich nicht vorhabe, dürfte sich Ihre Frage etwas klären.
@Rayson
Nur los - der Widerspruch ist das Katalysemittel des Fortschritts! Was aber ist, wenn "Empfindlichkeiten Einzelner" objektiv deren personale Würde berühren?
@Mathias b
Kann ein Islamhasser gleichheitig liberal sein? Gute Frage. Antwort: Nein.
@Boche
Irgendwer muss es ja entscheiden. Also sollte man drüber sprechen.
@Nite Owl
Nite Owl! Das geht aber nicht. Sie lehnen den Linksliberalismus ab, weil er die personale Würde in den Mittelpunkt stellt? Das muss ich falsch verstanden haben, oder?
@Stefanolix
Wieso kann Liberalismus keine Einschränkungen fordern? Die Grenze des Liberalismus ist die Würde des Menschen. Es gibt daher z.B. kein Grundrecht auf Mordaufrufe.
@Lebemann
Gerichte. Und wir alle.
@Che
Ich denke, es muss sichergestellt sein, dass man Kritik äußern kann. Ich muss aber nicht anderen Menschen die personale Würde absprechen (z.B. durch Gleichsetzung aller Gläubigen mit Terroristen), damit ich Kritik üben kann.
@All
An die Christen gefragt: Wäre eine anti-christliche Kampagne nebst Karikaturen (z.B. als Großplakataktion) mit dem Motto "Masochismus ist heilbar" eine gute Idee, kombiniert mit widerlichen Abbildungen von Jesus am Kreuz, um damit "Religionskritik" zu üben?

Ja? Nein? Jain?

 
At 15 Februar, 2006 15:09, Anonymous Anonym said...

@ Dr. Dean re Christen:

aber Herr Dr., das gibt es doch seit jahr und Tag überall - kaum ein modernes Theaterstück kommt ohne hurenden Papst, tanzende Nonnen uns Schmähung christlicher Symbolik aus.

Die Kritiker erwarten das, der Regisseur macht sich so politisch korrekt als "Systmkritiker" liebkind. Gleiches gilt in der Kunst.

Bitte Augen auf und hinschauen. Würden Sie sich jetzt aber als Christ angefasst fühlen, würde man sie als "rückschrittlich" oder einfach als "Spießer" bezeichnen.

Da der deutsche Christ als solcher niemandem die Zähne einschlägt wenn man ihn und seine Symbolik beleidigt, erfordert dies keinen Mut und ist wohlfeiles Standardprogramm.

Würden Sie jedoch ein paar Symbole vor einer Moschee auf dem Hamburger Steindamm schmähen, oder lediglich ganz einfach sagen das z.B. - deutsche Schwule und die dortigen Muslime in Ihren Augen den gleichen Wert haben, bauchfreie Frauen auch, und Juden an sich ebenso, und in Wolkenkratzer dürfe man nicht landen wollen - hätten Sie nachher Mühe Ihr Abendessen unpüriert zu sich zu nehmen. *

Es ist lediglich die Scheissangst vor dem vertrimmt werden, vor dem Molli in die eigene Bude, die Angst die Zähen in der tasche nach Hause zu tragen.

Stellen Sie sich vor, Christoph Schlingsief würde sich trauen, in Berlin ein Islamistenkritsiches Stück zu inszenieren. Hätte er den Mut ? nein.

Christen schmähen sich halt ungefährlich.

* Machen Sie die Probe aufs Exempel und ich lade Sie danach zum Essen ins "Sgroi". Für mich billig, weil dann nur einer von uns beiden feste Speisen zu sich nehmen kann :-)

Es grüßt ergeben,


Lebemann

 
At 15 Februar, 2006 15:31, Anonymous Anonym said...

Mordaufrufe sind auch heute schon strafbar, wenn der Staatsanwalt genügend Anhaltspunkte hat. Ich sehe schon, dass Sie über diese Sache nicht hinwegkommen und ich kann das auch im gewissen Sinne nachvollziehen, weil mich kurz nach dem Beginn meines Bloggens schon ziemlich üble E-Mails erreicht haben.

Nach meiner Ansicht kann es aber heute in einigen Ecken des WWW vorkommen, dass ein betrunkener Forentroll, ein Fanatiker oder ein Extremist schreibt: dem *** müsste man mal den Schädel einschlagen, ihn mit einer Eisenstange malträtieren oder was-weiß-ich-noch. Wenn er wieder nüchtern oder normal geworden ist, lässt er es dann doch bleiben. Früher haben die Leute das auf dem Heimweg von der Kneipe gegrölt, heute schreiben sie es in irgendein Forum. Es ist bitter, dass solcher Schmutz im WWW steht. Aber welche Eingriffsmöglichkeiten gäbe es denn?

Natürlich ist das von keinem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt und wir als vernünftige Leute sollten solchen Dingen überall dort entgegentreten, wo wir sie sehen. Auf der anderen Seite sollten wir es auch nicht so extrem wichtig nehmen. Und welche Möglichkeiten hat man denn wirklich, ein solches Phantom zu verfolgen?

Wir können alle im realen Leben und im Blog ein einigermaßen vernünftiges Vorbild sein. Wir können eine vernünftige Sprache sprechen und wir können überall dort genauer hinschauen, wo wir mitdiskutieren. Mit /beiden/ Augen!

Noch einmal: wir haben Grundrechte und Gesetze. Einen weiteren Regelungsbedarf sehe ich nicht.

 
At 15 Februar, 2006 17:17, Blogger John Dean said...

@Stefanolix
Sie irrren - es geht nicht um meine konkreten Probleme. Es geht um Grundideen. Zum Beispiel: Wieviel Angriff auf die personale Würde sollte in einem liberalen Staat geduldet werden?

 
At 15 Februar, 2006 17:29, Anonymous Anonym said...

@Dean

"@Mathias b
Kann ein Islamhasser gleichheitig liberal sein? Gute Frage. Antwort: Nein."

Na ich sehe schon, deine Argumentation steht und fällt mit deinem seltsamen Liberalismusbegriff, so wie eigentlich immer.

Liberalismus = ich muß alle liebhaben

Erst wenn ich auch noch den letzten Penner in meinem Bett schlafen lasse verhalte ich mich absolut liberal.

 
At 15 Februar, 2006 17:41, Anonymous Anonym said...

@ Dr. Dean

Und was bitte ist diese "personale Würde" ?

Wie definiert sich dieses Tier genau ?

In banger Erwartung der Antwort,

Es grüßt höflich,


Lebemann

 
At 15 Februar, 2006 18:48, Anonymous Anonym said...

Ich wage ganz untypisch bescheiden einzuwenden, dass diese Fragen nicht viel mit Liberalismus zu tun haben. Jedenfalls nicht mit dem, wie ich ihn verstehe.

Aus mehreren Gründen halte ich Einschränkungen der Meingsfreiheit für grundsätzlich falsch. Unter anderem, weil jede dazu notwendige Definition notwendig willkürlich oder gar personenabhängig ist, und ich den Staat, den wir zur Durchsetzung solcher Einschränkungen bräuchten, nur äußerst ungern ins Miteinander eingreifen sehe. Daher gibt es in meiner liberalen Welt die Meinungsfreiheit fast 100% uneingeschränkt (Hintertürchen offen).

Was ist denn das für eine Würde, die sich durch Verbalinjurien so erschüttern ließe, dass man die Staatsgewalt zu Hilfe rufen müsste? Bedenken wir, dass in den meisten Fällen der jüngeren Vergangenheit Beleidiger und Beleidigte erst mühevoll zusammengebracht werden mussten, um den Konflikt zu erzeugen, denn meistens bekommen die Beleidigten zum Leidwesen der Gutmenschen( ;-) ) ja nicht mit, dass man sie beleidigt haben könnte. Sowas braucht kein Mensch.

Etwas anders gelagert sind hoffentlich die individuellen Ansprüche an unsere Moral.

Eine liberale Gesellschaft zeichnet aber aus, dass sie keine Moral vorschreibt. Meistens glauben wir Liberale auch, dass unkooperatives Vorgehen irgendwann bestraft wird. Wenn also irgendjemand ständig etwas tut, was nach Deans ganz persönlicher Definition, ohne sie zu kennen, die Würde eines anderen verletzt, dann wird dieser jemand vermutlich nur noch unter einer sehr kleinen Gruppe von Kooperationspartnern wählen können und sich dadurch vieler Chancen berauben.

 
At 15 Februar, 2006 20:26, Anonymous Anonym said...

"Würde", hat der Kabarettist Dieter Hildebrandt einmal gesagt, "ist Konjunktiv". Das hat er zwar auf die Umsetzung des Grundgesetzes im Alltag bezogen, aber ein wenig trifft es auch hier zu ...

Ich bin kein Jurist, aber solche Tatbestände wie Beleidigung gibt es ja schon. Was soll denn darüber hinaus auf juristischer Ebene noch für die Würde des Einzelnen getan werden? Es wird immer jemanden geben, der noch ein Stück empfindlicher ist, als es das Gesetz vorsieht ... Um aber die Frage des Lebemanns aufzugreifen: Würden Sie uns bitte den Begriff der personalen Würde etwas genauer definieren?

 
At 15 Februar, 2006 20:48, Blogger John Dean said...

Aber meine Herren!

Es sollte nun wirklich jedem ersichtlich sein, dass es hier um die personale Menschenwürde guthin geht, also um den Dreh- und Angelpunkt jeglichen politischen Handelns. Und da fällt Ihnen partout nichts und rein garnichts ein, was darunter verstanden werden könnte?

Ich möchte garnicht glauben, dass sich Linksliberale und die Restliberalen dadurch trennen, dass Erstere einen vollen Begriff von Menschenwürde haben und Letztere diese zentrale Begrifflichkeit in einen Beliebigkeitsraum verorten, welcher Einkommenserzielungsinteressen oder einem hedonistischen Moment nachgeordnet wird.

(Lesetipp: Lesen Sie den vorherigen Satz ein zweites Mal und lassen Sie ihn sich auf sich einwirken)

Also, wir kommen zur Frage an die Runde:

Was könnte das sein, diese personale Würde des Menschen?

Ist das

(a) etwas nur rein Konjunktives

(b) eine Unterkategorie der Beliebigkeit

(c) ein Anschlag der Linksliberalen auf die Freiheitlichkeit an sich

(d) hereingeschmuggeltes biblisches Ideengut über den unveräußerlichen Wert des Menschen

(e) die einzige Möglichkeit, die in neue Kleidung gewandete blonde Bestie zu stoppen, sobald sie wieder zu rennen beginnt

(f) nochmal etwas anderes - und u.a. Dr. Dean wird und soll es erklären

 
At 15 Februar, 2006 21:57, Anonymous Anonym said...

Ja klar geht es darum. Irgendwie immer. Hilft nur nix gegen den Zwang zur Konkretisierung, wenn es um Abwägungen geht.

 
At 15 Februar, 2006 21:58, Anonymous Anonym said...

@Dr. Dean: Ja, möglicherweise halte ich das dann für eine Beleidigung. Vielleicht aber auch nicht. Ist eigentlich auch egal, denn ich würde mir nie herausnehmen, meine persönliche Definition von einer Beleidigung als allgemeingültiges Gesetz zu betrachten.

 
At 15 Februar, 2006 22:37, Anonymous Anonym said...

Was ist ein "Angriff auf die personale Würde"?
Was ist ein "liberaler Staat"?

 
At 16 Februar, 2006 00:19, Anonymous Anonym said...

@Dean

"Ich möchte garnicht glauben, dass sich Linksliberale und die Restliberalen dadurch trennen, dass Erstere einen vollen Begriff von Menschenwürde haben und Letztere diese zentrale Begrifflichkeit in einen Beliebigkeitsraum verorten, welcher Einkommenserzielungsinteressen oder einem hedonistischen Moment nachgeordnet wird."

Das brauchts du auch nicht glauben, weil sich diese Frage gar nicht stellt.

Ich würde sagen, der (klassische)Liberalismus schreibt keine besondere Gesinnung vor, alles was er verlangt ist, seine Gesinnung niemanden aufzudrängen bzw. durch Zwang irgendwie einzutrichtern oder andere Meinungen verbieten zu lassen. Wie gesagt, wenn jemand meint den Islam hassen zu müssen, dann kann er das gerne tun, so lange er dies auf seinem, ich sage mal Grund und Boden tut, was sich dann z.B. praktisch darin äußert seine Meinung in seinem Blog kundzutun.

Genausgut kann der "Restliberale" in Sachen Nächstenliebe sich genauso verhalten wie der sogenannte "Linksliberale" bei dem eine bestimmte Gesinnung anscheinend Vorschrift zu sein scheint.

Kennzeichen des Liberalismus ist eben keine bestimmte Gesinnung oder Weltanschauung oder sonstwas, sondern eher ein bestimmtes Verhalten, egal welcher Weltanschauung man frönt.

@stefanolix

"Was ist ein 'liberaler Staat'?"

ein Oxymoron

 
At 16 Februar, 2006 02:41, Anonymous Anonym said...

@Dr.Dean: es gibt Liberale mit den verschiedensten zusätzlichen Neigungen; nach links, rechts, konservativ, national u.ä. - ich bestreite allerdings das es Sinn macht daraus jeweils eigenständige Denkschulen machen zu wollen, ohne das dies deutlich auf Kosten des wichtigen liberalen Anteils liegt.

Und nicht selten ist der "linksliberale" letztlich doch nur ein linker oder Sozi, ein konservativ-liberaler ein Konservativer oder ein Nationalliberaler ein Nationalist (...) - möglicherweise wird er im Laufe der Zeit aber doch wieder stärker zum Liberalismus tendieren, wer weiß.

Ich bin liberal, und habe in verschiedenen Themenbereichen auch mal eine sehr eigene Meinung - die mich von anderen Liberalen unterscheidet. Und das macht auch nichts.



Zur konkreten Frage selbst: natürlich istdies eine Abwägungsfrage - die man zum einen rechtlich als auch wenn nötig im Einzelfall vor Gericht ausfechten muß.

Allerdings meine ich das Meinungsfreiheit dabei deutlichen Vorrang haben muß und jenseits von stattlicher Repression im legalen Bereich genug menschliche Handlungsoptionen bleiben - egal ob dies ignorieren, widersprechen oder/ und verbal streiten u.ä. ist.

 
At 16 Februar, 2006 05:52, Anonymous Anonym said...

Ich betrachte es mittlerweile als ganz entschiedenen Angriff auf meine personale Würde, dass ich immer noch keine Antwort auf meine Frage nach der Definition der personalen Würde bekommen habe :-)

Ob man sich nun anständig verhält, weil man seine "Einkommenserzielungsinteressen" (schönes Wort) nicht gefährden will oder ob man es aus rein moralischen Gründen tut: wer schaut schon in die Menschen hinein? Tatsache ist doch, dass eine übergroße Mehrheit der Menschen ziemlich vernünftig handelt.

 
At 16 Februar, 2006 12:08, Anonymous Anonym said...

@ nixxon

Mein lieber guter Freund, es ist im rechtsrechten Kulturkampf sinnvoll und ganz sicher von ganz oben verordnet dass Abu G. und andere Übergriffe von einzelnen Soldaten so geschehen sollen.

Auch bei uns gibt es Übergriffe von schlecht bezahlten und schlecht ausgebildeten Sicherheitskräften gegen zB Asylanten und Abschiebline nur auf alleroberste Anweisung.


Aber dies hier ist keine Abu G. Diskussion.


Wir versuchen alle noch verzweifelt zu durchschauen was die "personale Würde" denn so sein soll.

Auch wenn Dr. D. dies als selbsterklärend betrachtet; vielleicht sind wir einfach etwas dumm und brauchen seine Anleitung.

Aber Danke für Ihre Einlassung.

Mit freundlichen Grüßen,


Lebemann

 
At 16 Februar, 2006 12:50, Anonymous Anonym said...

@ nixxon

Pardon, machmal setzte ich wohl einfach zuviel Kinderstube voraus.


Mit freundlichem Gruß,


Lebemann

 
At 16 Februar, 2006 13:25, Blogger John Dean said...

@Stefanolix
Habe den Definitionsbefehl vernommen. Ich werde mehrere Artikel dazu basteln, einmal zur Sintflut (wird Sie als Christ freuen), und dann zur personalen Würde.

@Nixxon
Manchmal bin ich sogar ganz gut. Was Abu Ghraib angeht: Man könnte hier mit dem Begriff "hedonistischer Moment" schon relativ weit kommen. Beileibe nicht immer ist es ein "Einkommenserzielungsinteresse", das der personalen Menschenwürde im Weg steht. Dummheit, Kontrollzwang, falsches Vorbild, Terrorhysterie, Hass, militaristisches Denken, verklemmte Sexualität, Untertanengeist, Dialogunfähigkeit, Gruppendynamik, Machismo, menschenverachtende Anweisungen, Sittenverrohung, Bildungsmangel, Unterstützung durch Vorgesetzte usw. usf. Da dürfte einiges zusammenkommen.
@mathias b
Letzlich bin ich es, der Liberalismus definiert, Ich überlasse Ihnen dafür den Libertarismus, okay? ;-)
@shadowking
Es geht hier nicht um persönliche Definitionen.
@Lebemann
Ich werde Ihren flehentlichen Bitten Folge leisten. Noch heute.
@Rayson
Doch: Die Menschenwürde hat sehr viel mit Liberalismus zu tun. Ohne diesen zentralen Inhalt wird der Begriff der Freiheit ausgehöhlt, zu etwas wertlos Toten und nicht Lebensfähigen.

Ein Liberalismus, der nicht im Kern die personale Würde des Menschen enthält, taugt nichts.

Der mystische Glaube, dass unkooperatives Verhalten irgendwann bestraft wird, ist ohne die Idee eines ordnenden Staates völlig ohne Basis. Wer z.B. glaubt, er könne anonym und/oder ungestraft Böses tun, der neigt eher zur Amoralität als jemand, der die Konsequenzen seines Tuns fürchten muss.

 
At 16 Februar, 2006 13:32, Anonymous Anonym said...

@Nixxon:
Ich denke, zu der Diskussion um die Bilder von den Vorfällen im Irak habe ich in diesem Beitrag deutliche Worte gefunden. Hier geht es aber nicht um Verbrechen an Gefangenen, sondern um Grundlagen eines noch nicht ausreichend definierten Linksliberalismus. Ich habe diesen kurzen Kommentar um 05:52 in der Frühe geschrieben, bevor ich mich mit den Bildern befasst habe. Daher die Ironie ...

@Dr. Dean: Lassen wir hier bitte mal die Religion/Weltanschauung außen vor. Unter den Liberalen sind Vertreter sehr vieler unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen vertreten. Ich möchte weder für mich noch für andere nachforschen, aus welchen inneren Beweggründen sie etwas tun oder lassen. Das dürfte auch /sehr/ schwer sein.

 
At 16 Februar, 2006 15:08, Anonymous Anonym said...

Ein Liberalismus, der nicht im Kern die personale Würde des Menschen enthält, taugt nichts.

Es ist schwer, aus einem solchen Satz etwas Greifbares herauszuziehen. Ich versuche es mal:

Der Liberalismus setzt die personale Würde des Menschen bereits voraus. Sie ist nach Auffassung der Liberalen kein zartes Pflänzchen, das von Staats wegen zwangsweise gegossen, gezüchtet und irgendwie eingepflanzt werden muss, sondern jedem Menschen zu eigen. Ihr wird man am Besten gerecht, wenn man die Freiheit des Einzelnen gewährleistet.

Der mystische Glaube, dass unkooperatives Verhalten irgendwann bestraft wird, ist ohne die Idee eines ordnenden Staates völlig ohne Basis. Wer z.B. glaubt, er könne anonym und/oder ungestraft Böses tun, der neigt eher zur Amoralität als jemand, der die Konsequenzen seines Tuns fürchten muss.

Dem letzten Satz ist zuzustimmen. Man hat das in Experimenten herausgefunden. Nur ist gerade das der wirkliche mystische Glaube, dass es zu diesen Konsequenzen eines Staates bedürfte. Denn in denselben Experimenten reichte die Herstellung von Transparenz (bzw. das Abstellen von deren Behinderung) und die Festlegung auf mehrere Runden bereits aus, den Einzelnen zu einem Verhalten zu bewegen, dass man gemeinhin normativ als moralisch korrekt auffassen würde.

 
At 16 Februar, 2006 22:13, Anonymous Anonym said...

Rayson schrieb: "Der Liberalismus setzt die personale Würde des Menschen bereits voraus" und stellte damit die Diskussion wieder auf die Füße. Danke! Es sollte eigentlich keinen Vertreter der Liberalen geben, der das nicht unterschreiben kann. Und da beziehe ich alle unterschiedlichen Spielarten mit ein.

 
At 17 Februar, 2006 07:02, Anonymous Anonym said...

Was ist denn der Unterschied zwischen Menschenwürde und personaler Menschenwürde?
Kann ich dieses nur persönlich genießen, jenes nur würdig? Menschlich-persönlich? Persönlich-Menschlich?
Gibt es unpersönliche Menschen?

Der Begriff klingt schon so schlimm, daß er nur Ungutes bedeuten kann.

 
At 17 Februar, 2006 07:57, Blogger John Dean said...

@David
Wenn einem Liberalen (??) zum Begriff der personalen Würde nur noch folgendes einfällt: (Zitat)"Der Begriff klingt schon so schlimm, daß er nur Ungutes bedeuten kann."(/Zitat)

Dann sind Sie kaum mehr liberal.

@Stefanolix/Rayson
Meine angekündigten Artikel kommen noch. Vorab: Ich halte den Gedanken für sehr naiv, dass eine "liberale" Freiheit die Menschenwürde sozusagen links und ansonsten unbeachtet liegen lassen könne. Es ist eben nicht so, dass sich die Wahrung der peronalen Würde automatisch und ohne jeglichen staatlichen Eingriff ergibt.

Dem ist nicht so.

Das ist übrigens auch eines der vielen Probleme libertären "Denkens". Die Libertären spinnen sich ein Utopie zurecht, ob nun beim Eigentumsbegriff, in Fragen der rechtsstaatlichen Ordnung und staatlicher Gewalt, aber auch ganz entscheidend bei der Wahrung der Menschenwürde. Die glauben immer, weil sie Utopisten sind, derartige Güter ergäben sich von allein. Tatsache aber ist, dass libertär gestaltete Gesellschaftsordnungen sehr ins Mafiöse und Repressive abrutschen. Oder aber, man geht so weit wie der Universalspinner Hoppe und fordert eine Art aristokratische Diktatur, damit die liberalen Aristokraten vom Plebs unbehelligt "libertär" leben können bzw. ihren Livestyle von den Übrigen unbehelligt (aber durchaus auf deren Kosten!) verwirklichen können.

 
At 17 Februar, 2006 08:52, Anonymous Anonym said...

Da einige hier wohl Probleme mit dem Erfassen des Begriffs der personalen Würde hatte, hier mal ein Beispiel, wie es nicht geht: http://www.taz.de/pt/2006/02/08/a0090.1/text

 
At 17 Februar, 2006 09:08, Anonymous Anonym said...

Ich bin nicht ganz sicher, ob uns die Einbeziehung der Libertären und der "Klassengegensätze" in dieser Diskussion wirklich weiterbringen. Ich möchte nun doch einmal das Schild vom "Platz der Grundrechte" in Karlsruhe zitieren:

Gleich kann man nur sein im Sinne seiner Rechte, im Sinne seiner Mitwirkungsmöglichkeiten. Ungleich sind wir immer, was unsere Fähigkeiten angeht. Ungleich sind wir immer, was unsere Talente angeht. Auch was unser Schicksal angeht, sind wir ungleich. Also muss man Gleichheit begrenzen auf die Rechtsbeziehungen aller untereinander.

Die Menschen sind auch ungleich, was ihre persönlichen Einstellungen und Werte betrifft. So ist auch die Verletzung der Würde eine zutiefst individuelle Angelegenheit. Deshalb kann es nur einige wenige gesellschaftliche Normen geben, die die Grundregeln des Umgangs festlegen. Und es wird immer Menschen geben, die sich ganz individuell dadurch nicht vollständig vertreten sehen.

 
At 20 Februar, 2006 08:08, Anonymous Anonym said...

"Dann sind Sie kaum mehr liberal."

Ist natürlich die Frage, ob ich das bin. Aus irgendeinem Grund kann ich nicht lesen, was Sie zitiert haben, nehme aber an, 'Ungutes'.
Tatsächlich habe ich aber stets ein ungutes Gefühl, wenn aussagekräftige Ausdrücke mit aussagekräftigen Attributen zu wenig aussagekräftigen Begriffen verknüpft werden, und sich mir der Sinn dies dann nicht einmal im Ansatz erschließt. Mein Verdacht ist dann, daß Bedeutung geheuchelt wird. Wenn ich deshalb nicht liberal sein sollte, dann sei's drum, ich habe mich selbst ohnehin nie offen so bezeichnet.
Allerdings harre ich Ihrer Erklärung des bewußten Begriffes; sollte sich mir dann ein Unterschied zwischen personaler und impersonaler Menschenwürde erschlossen haben, werde ich meinen Einwand gerne zurücknehmen.

 
At 20 Februar, 2006 10:52, Blogger John Dean said...

@david

Ich hab ja längst eingesehen, dass ich mit den verwendeten Begriffen zu viel vorausgestetzt habe. Zum Thema Menschenwürde bzw. personale Menschenwürde gibt es hier demnächst eine kleine Artikelserie.

 

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