23 März 2006

Geschäftsgebahren Euroweb - Fragen zu Wikipedia und Ordnungspolitik

Via Eudemonia bzw. Jens Scholz sind eine Reihe interessanter Fragen aufgeworfen worden, bei denen ich teils unentschieden bin. Was ich aber sicher meine:

Ich persönlich würde niemals (!) mit der Firma Euroweb einen Vertrag abzuschließen, jedenfalls nicht, bevor ich mindestens fünf alternative Angebote eingehend geprüft habe.

Das ist selbstverständlich.

Interessanter ist die Frage, wie das ausgesprochen umstrittene Geschäftsgebahren in Wikipedia angesprochen werden sollte. Dazu ein Zitat (aus Wikipedia):
"Immer wieder wird im Internet Kritik laut, die die Leistungen der Euroweb Internet GmbH als technisch mangelhaft und überteuert bezeichnet und die Vertriebsmethoden bemängelt. Diese Kritik wird regelmäßig seitens der Euroweb Internet GmbH als unwahr und beleidigend bezeichnet und es wird auf juristischem Wege zur Löschung der Diskussionen aufgefordert.
Als Reaktion auf die im gulli:board geäußerte Kritik wurde im Februar 2006 der Betreiber des Forums erst zur Löschung der gesamten Diskussion aufgefordert und - nachdem diesen Forderungen nur teilweise entsprochen wurde - mit einer einstweiliger Verfügung zur weitestgehenden Löschung gezwungen. Infolge dieser Vorgänge kam es in der Blog-Szene zur weiteren Kritik an den Dienstleistungen der Firma, denen die Anwälte der Euroweb mit weiteren Löschungsaufforderungen begegneten. Bei der Blog-Suchmaschine Technorati war Euroweb zwischenzeitlich der häufigst eingegebene Suchbegriff und es ergab sich in zahlreichen Blogs und Foren eine Diskussion über die Grenzen der Meinungsfreiheit im Internet."
Ich meine, dass sich an diesem Beispiel gut verdeutlichen lässt, warum der entsprechende Eintrag der Wikipedia nicht gelöscht werden sollte. Mein zentrales Argument zur laufenden Löschdiskussion lautet: Das Relevanzkriterium ist erfüllt, wenn die Behauptung von Marcel Bartels (s.u.) stimmt, dass es so aussieht, als ob diese Firma über 8.000 Kunden hätte. Das ist groß genug. Überdies sind die Praktiken und Leistungen dieser Firma derart umstritten, dass eine Aufklärung über einen Lexikoneintrag bei Wikipedia dringend erforderlich ist!

Dazu kommt eine Fragestellung aus ordnungspolitischer Sichtweise heraus: Wie ist es ordnungspolitisch überhaupt möglich, dass eine Firma, bei der Leistungen und Gegenleistungen augenscheinlich so stark auseinander klaffen, sich überhaupt am Markt halten kann? Worin besteht der komparative Vorteil dieser Firma, der es dieser Firma ermöglicht, kontinuierlich Kunden zu halten oder zu gewinnen?

Jemand eine Idee?

Zweite Ordofrage: Wie löst man das ordnungspolitische Rätsel namens "Euroweb" optimal? Sollte der Staat tätig werden? Gilt hier bei den abgeschlossenen Verträgen noch die sogenannte Vertragsfreiheit oder greift in Anbetracht des Verhältnisses von Leistungen und Gegenleistungen bereits der Wucherparagraf?

Dritte Ordofrage: Ist es nicht vielleicht sogar so, rein ordnungspolitisch gefragt, dass die Schließung derartiger Firmen umgehend und staatlicherseits erfolgen sollte (also: ein extrem massiver ordnungspolitischer Eingriff), oder trifft das Gegenteil zu, weil diese Firma ihren eigentlichen Wert für die Volkswirtschaft hat: als Exempel und lebendige Warnung?

Vierte ordnungspolitische Frage: Wohin entwickelt sich eine Volkswirtschaft, wenn dort Firmen mit außerordentlich schlechten Preis-Leistungs-Verhältnis einen wachsenden Marktanteil erobern?

Hinweis: Zur Klärung dieser Fragen dürften die von Marcel Bartels zusammen getragenen Informationen hilfreich sein.

15 Comments:

At 23 März, 2006 22:40, Anonymous Anonym said...

Worin besteht der komparative Vorteil dieser Firma, der es dieser Firma ermöglicht, kontinuierlich Kunden zu halten oder zu gewinnen? Jemand eine Idee?

Die Einzigen, die diese Frage sinnvoll beantworten können, sind die Kunden.

Wie löst man das ordnungspolitische Rätsel namens "Euroweb" optimal? Sollte der Staat tätig werden?

Um Himmel willen, warum das denn?

Ist es nicht vielleicht sogar so, rein ordnungspolitisch gefragt, dass die Schließung derartiger Firmen umgehend und staatlicherseits erfolgen sollte (also: ein extrem massiver ordnungspolitischer Eingriff), oder trifft das Gegenteil zu, weil diese Firma ihren eigentlichen Wert für die Volkswirtschaft hat: als Exempel und lebendige Warnung?

Weder noch. Diese Firma hat ihre Berechtigung, so lange sie auf legalem Weg genug Einkünfte erzielt.

Wohin entwickelt sich eine Volkswirtschaft, wenn dort Firmen mit außerordentlich schlechten Preis-Leistungs-Verhältnis einen wachsenden Marktanteil erobern?

Ich ahne so langsam, worauf das hinausläuft, nämlich einem weisen Staat, der kraft höherer Einsicht für seine Bürger und Unternehmen festlegt, wie gut ein Preis-Leistungs-Verhältnis zu sein hat.

Dazu muss er natürlich auch ein wenig in die Präferenzstruktur der Marktteilnehmer eingreifen, aber das ist ja nur zu derem Besten. "Ich liebe euch doch alle".

 
At 24 März, 2006 01:18, Blogger la deutsche vita said...

@rayson: das gähnend langweilige an liberalen Positionen ist, dass sie immer nur den status-quo vor jeder berechtigten oder unberechtigten Kritik in Schutz nehmen. Alles was ist soll genau so bleiben wie es ist, es sei denn, der Staat hatte die Frechheit, sich einzumischen. Dass der Staat aber in erster Linie Ausdruck des Willens des Volkes ist - auch der Liberalen, wenn sie denn irgendwann mal mehrheitsfähig sind - wird dabei gerne unterschlagen. Natürlich darf man ein Unternehmen nicht verbieten bloß weil ein paar uninformierte Tölpel dessen Dienstleistung zu überhöhten Preisen nachfragen. Aber als intelligenter und urteilsfähiger Mensch sollte man so ein Geschäftsgebaren nicht unhinterfragt gutheißen, bloß weil es am Markt (noch) erfolgreich ist.

 
At 24 März, 2006 01:41, Anonymous Anonym said...

@reformstaub

Es tut mir ja aufrichtig leid, dass Eintreten für Freiheit auf dich langweilig wirkt, aber dass damit der "status quo in Schutz genommen werden" solle, ist einfach falsch. Gut, aus marxistischer Sicht mag der Einwand berechtigt sein, aber dass dies kein mich überzeugendes Argument ist, muss man mir einfach nachsehen.

Nicht "alles soll so bleiben, wie es ist", sondern die Freiheit des Einzelnen soll gegen Anmaßungen - ein Libertärer würde sagen: Zwang - Anderer geschützt werden. "Den" Willen "des" Volkes gibt es nur als ideologische Fiktion zur Unterdrückung von Freiheit.

Aber als intelligenter und urteilsfähiger Mensch sollte man so ein Geschäftsgebaren nicht unhinterfragt gutheißen, bloß weil es am Markt (noch) erfolgreich ist.

Netter rhetorischer Versuch. Ich gehe trotzdem mal drauf ein, quasi als Nachthupferl für mich. Die Aufgeregtheit der Blogosphäre ist berechtigt, soweit sie die Abmahnungen betrifft, weil es hier um das Grundrecht der Meinungsfreiheit geht. Sie ist - als Einmischung von außen - unsinnig, wenn es um Verträge geht, die Geschäftsleute untereinander schließen. Unser Verbraucherrecht behandelt erwachsene Menschen sowieso schon mehr und mehr als unmündige und hilflose Wesen, das müssen wir nicht auch noch auf Kaufleute ausdehnen.

Ich will nicht, dass mir einer in die Gründe reinredet, warum ich mit jemand anderem einen Vertrag abschließe. Wenn ich das tue, weil mir seine Stimme am Telefon so sympathisch war, weil ich seine Schwester kenne oder weil ich gerne statusbewusst besonders teuer kaufe - dich geht es nichts an.

Umgekehrt gestehe ich dieses Recht auch jedem anderen zu.

 
At 24 März, 2006 10:31, Blogger John Dean said...

@Reformstaub
Gute Entgegnung.

Paläto-Liberale in ihrer Naivität und Neu-Liberale in ihrem charakteristischen Mix aus Realitätsabgewandheit und staats- und gesellschaftsfeindlicher Ideologie sind dadurch charakterisiert, dass sie reale Probleme nicht zur Kenntnis nehmen oder die Antworten darauf schuldig bleiben.

@Rayson
Du trittst mit deinem Nicht-Beschäftigenwollen in Fragen der Wettbewerbsordnung und realen Problematiken dort mitnichten "für die Freiheit" ein.

Dort, wo die Wettbewerbsordnung versagt, dort, wo der Leistungswettbewerb nicht in der notwendigen Intensität abläuft, dort lautet die Antwort eben nicht flapsig-schematisch-ignorant "Die Einzigen, die diese Frage sinnvoll beantworten können, sind die Kunden.. Merke: Für Ordoliberale zählt in ökonomischen Fragen vor allem der Wettbewerb!

Und zwar in seiner realen (!) Gestalt, und nicht etwa im erbärmlichen Roßtäuscherlicht problemignoranter Neuliberaler.

Genau dort, wo der wirtschaftliche Wettbewerb offenkundig versagt, dort, wo der Markt hochgradig ineffiziente Lösungen findet, dort trennen sich liberale Naivlinge und perverse Ideologen von Ordoliberalen.

Rayson, du hast es vermutlich nicht bemerkt (und: es interssiert dich auch nicht!!!) - das Geschäftsmodell der Firma Euroweb besteht offenkundig in mehrfacher Hinsicht darin, sich dem Leistungswettbewerb im eigentlichen Sinne zu entziehen.

!!!

Einmal darüber, dass sie sich mit legalen, aber in jeglicher Hinsicht illegitimen juristischen Mitteln gegen notwendige und hilfreiche Berichterstattung wehrt (für Rayson: gar kein Problem), dann auch darüber, dass sie ihre Verträge scheinbar so gestaltet, dass (aus orndungstheoretischer Sicht sehr problematisch) sie damit ihre teils erbärmlichen Leistungen einem Vergleich mit den Leistungen konkurrierender Unternehmmungen entzieht.

Aber auch hier: Das Wettbewerbsprinzip wird ausgehebelt, viele Kunden fühlen sich geleimt und Rayson sieht gar überhaupt kein Problem darin.

Hauptsache: Der Staat unternimmt nichts! Das ist doch die Hauptsache für dich Rayson, was?

Und daher würdest du dich auch niemals freiwillig an der gedanklichen Arbeit beteiligen, wie ein derartig übles Versagen der Wettbewerbsordnung mit den möglichst mildesten Mitteln (also: kein Verbot) effizient vermindert bzw. ausgeschlossen werden kann.

Hahaha! Und du willst ein Ordoliberaler sein?

P.S. Die palätoliberale Antwort auf Marktordnungsprobleme lautet, dass man Öffentlichkeit herstellen müsse, "und dann ordnet der Markt die Probleme von selbst". Also eine aktive (?) unsichtbare Hand, die übrigens u.a. nur unter der Bedingung von Markttransparenz wirken kann.

Was aber, wenn die Sache mit der Markttransparenz offenkundig nicht gegeben ist, u.a. auch deshalb, weil eine betreffende Firma die Berichterstattung über die eigenen Leistungen aggressiv unterbindet?

Was, wenn sich Kunden sich verblüffend oft, vielleicht sogar regelmäßig getäuscht fühlen, z.B. in Bezug auf die Vertragsinhalte?

 
At 24 März, 2006 14:13, Anonymous Anonym said...

@Dean

Wenn ich mir deine neuesten Ergüsse so durchlese, dann wärst du wirklich der Letzte, auf dessen Definition von "ordoliberal" ich wert legen würde. Es gibt keine ordungstheoretische Sicht auf das Handeln einzelner Unternehmen, das ist einfach Unsinn. Da kannst du noch so viele Vorsilben für das Wort "liberal" erfinden, mit Freiheit hast du in Wirklichkeit nämlich ziemlich wenig am Hut.

Mit deiner Argumentation kann man Vertrieb und Marketing schlechthin einstellen, oder man müsste sie einer staatlichen Prüfung unterziehen. Super-Idee eigentlich: Alle Unternehmen reichen ihre Anzeigen, Vertriebsangebote, Preisgestaltungen und Akquisitionsmethoden vorher bei einer Behörde zur Genehmigung ein. Dann wird alles gut. Nein - halt, warum nur auf die eine Marktseite schauen? Ich habe gehört, auch im Einkauf soll es viele dieser "illegitimen, aber legalen" (übrigens eine Lieblingsfloskel von Feinden der Freiheit) Methoden geben, oder gar in der Produktion. Mit faulen Tricks versuchen sich böse Unternehmer, der Deanschen Definition von Leistungswettbewerb zu entziehen. Pfui - her mit der staatlichen Aufsicht.

Und irgendwann. wenn seltsamerweise trotz all dieser segensreichen Maßnahmen die Wirtschaftsleistung sinkt, kommt dann einer auf die Idee, dass der Staat aus Effizienzgründen die Sache doch gleich selbst in die Hand nehmen könnte. Vorschriften für alle Bereiche des unternehmerischen(???) Daseins aufzustellen, ist Verschwendung, das kann man sich sparen, wenn man als Staat selbst der Handelnde ist. Und so bekommt Erich doch noch Recht: "Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf".

 
At 24 März, 2006 16:27, Blogger la deutsche vita said...

@ rayson

Was die Wertschätzung von Freiheit und Eigenverantwortung angeht sind wir ja nicht weit auseinander. Was mich an (neo)liberalen Positionen aber trotzdem etwas ermüdet ist die reflexartige, stets voraussehbare und nicht selten humorlose Verteidigung jedes auch noch so unqualifizierten und hirnrissigen Handelns Einzelner gegen die vermeintlichen "marxistischen" Feinde der individuellen Freiheit. Aus so einer eindimensionalen Sicht ist der Wille des Volkes tatsächlich nur "ideologische Fiktion zur Unterdrückung von Freiheit". Wenn das aber tatsächlich alles sein sollte, was Dir zum Thema Demokratie einfällt, würde mich das doch ein bisschen wundern.

Spannend fände ich es hingegen, wenn Liberale diese gebetsmühlenartige Beschwörung der Freiheit gegen Feinde, die es in der überzeichneten Form gar nicht mehr gibt, sein lassen würden und stattdessen ausnahmsweise mal ein paar neue, differenziertere und vielleicht sogar überraschende Gedanken in die Tastatur hacken würden.

 
At 24 März, 2006 20:46, Blogger John Dean said...

@Rayson
Sprach ich von "staatlicher Aufsicht"?

Nun - immerhin der erste ordoliberale Vorschlag von dir in dieser Sache (natürlich: um ihn ohne weitere Argumentation sofort zu verwerfen).

Aber gut, mein entscheidender Punkt ist bei dir angekommen: Ich halte von sogenannten "Markt"mechanismen wenig, wenn das Typische eines Marktes, nämlich der Leistungswettbewerb und die Vergleichbarkeit der Waren/Dienstleistungen nicht gegeben ist.

Da es tatsächlich so gut wie kein Marktgeschehen ohne Setzung effizienter Rahmenbedingungen gibt (!), wäre tatsächlich zu fragen, welche Möglichkeiten bestehen, um ein höchst ineffizientes Marktgeschehen in effizientere Bahnen zu lenken.

Ich persönlich (also: nicht weit von den Palätoliberalen entfernt) setze im Regelfall auf

a) einfache einheitliche Regeln und deren Überwachung sowie

b) Herstellung und Förderung von Markttransparenz sowie

c) Schutzmechanismen und Missbrauchsaufsicht.

Punkt b) ist im konkreten Fall bereits der springenden Punkt und mich wundert, warum Rayson ihn nicht erkennen kann.

Ziel ordoliberaler Wettbewerbs- und Wirtschaftspolitik des Staates ist ja nicht, der Vertragsfreiheit auch in ihren völlig verpfuschten Formen - wie hier im konkreten Beispiel - "freie" Bahn einzuräumen.

Allgemeiner gesprochen:

"Freiheit" für Betrug, Täuschung und Machtmissbrauch ist keine schützenswerte Freiheit.

Ziel ist vielmehr, ein effientes und faires Markt- und Wettbewerbsgeschehen zu fördern, z.B. dadurch, dass über Kennzeichnungsrichtlinien die Informierung der Kunden über die angebotenen Waren entscheidend verbessert wird.

Oder dadurch, dass einer echten (!) Vertragsfreiheit freie Bahn verschafft wird, indem man bei langfristig bindenden Knebelverträgen ein Kündigungsrecht einräumt.

So etwas könnte im Bereich von Dienstleistungen wie der Webseitengestaltung den Leistungswettbewerb fördern und den Anreiz für bestimmte Anbieter senken, die offenbar überforderte Kundschaft in geschickt verkaufte Vertragskonstrukte zu manövrieren, denen keine adäquaten Gegenleistungen gegenüber stehen.

Welche anderen Möglichkeiten könnte es geben, Rayson? Das ist die Frage! Und es gibt mindestens ein Dutzend einigermaßen guter Antworten darauf. Eine Variante wäre z.B. ein öffentliches Wucherregister für Dienstleistungsanbieter.

Vorab: Ich beklage, dass du dir keine ordoliberalen Gedanken machst. Was macht dich so sicher, Rayson, dass du ein Ordoliberaler bist?

Du rufst nur auf mechanische Weise "Vertragsfreiheit", baust den irren (und an mir völlig vorbei gehenden) Vorwurf auf: "irgendwann...als Staat selbst der Handelnde...Sozialismus".

Ein Popanz.

Es geht vielmehr darum, vernünftige (und effiziente) Regeln zu finden, es geht darum, einen intensiven Leistungswettbewerb zu fördern.

Wo sich Vertriebsmethoden sich tatsächlich sehr erheblich und real wirksam gegen Leistungswettbewerb wenden, dort sind sie nicht mehr schützenswert.

Wenn recht milde (weil unaufwändige) staatliche Mittel die Effizienz von Märkten verbessern, dann sind diese zu befürworten - und nicht mit hysterischen Geschrei grundsätzlich abzulehnen.

Also Rayson: Welche Maßnahmen erscheinen dir als Ordoliberalen geeignet, damit miese Anbieter wie Euroweb schneller eleminiert werden können, damit Kunden vor ihren überaus schlechten Angeboten geschützt werden?

Was kann getan werden, dass derartige Anbieter ihre Geschäftspraktiken derart verändern, dass das faktische (!) Preis/Leistungsverhältnis der angebotenen Dienstleistunngen ein halbwegs erträgliches und erwünschbares Niveau erreichen?

Was sind deine Vorschläge?

Ich halte eine ständige (und über den Zeitpunkt missbräuchlicher Gestaltungen hinaus reichende) Aufsicht i.d.R. nicht für sehr wünschenswert.

M.E. könnte ein staatlich garantiertes (und vernünftig ausgestaltetes) Kündigungsrecht (z.B. 3-monatig) im Fall derartiger, in täuschender Absicht sehr langfristig konstruierter Dienstleistungsverträge eine vernünftige Abhilfe darstellen.

Was hält Rayson davon?

Im Ergebnis (über die Kündigungsmöglichkeit) gäbe es eine deutliche Erhöhung der Wettbewerbsintensität - und zudem ein Schutz der Kunden.

Oder wäre das schon Kommunismus?

LOL

 
At 24 März, 2006 21:34, Anonymous Anonym said...

"Internetpräsenz 9 Seiten
Navigationsmenü, Einbindung von 8 HTML-Seiten mit bereitgestellten vordefinierten Texten, Grafiken, Links, E-Mail Kontakt und Firmensignet (Logo u. Wortmarke) einmalig: 3370,00 €"

Ja nun, wenn das einer zahlt...

Mit Verlaub, man liest Verträge nun mal durch, als Geschäftsmann sowieso.

Das Portfolio der Firma ist ja auch online, und wer glaubt, dass diese Meisterstücke des Webdesigns soviel wert sind...

Es gibt doch wohl kaum mehr Transparenz als bei Webdesignfirmen... in einer Stunde kann ich mir 20 verschiedene Angebote ansehen.

Der Staat soll sich da bitte raushalten. Was Webdesign "wert" ist entscheidet letztlich der Markt.

Wenn die Leute Jambasparabos mit Fröschen und Küken kaufen wollen, bitte schön.

 
At 25 März, 2006 01:06, Anonymous Anonym said...

Ach Dean,

deine ganzen Überlegungen, wie sich der Staat ordnungspolitisch am vernünftigsten zu verhalten hat, die sind ja ganz löblich, ich fürchte nur, diese sind politisch alles andere als praktikabel.

In der Politik wird eh nur das durchgesetzt, was den Machtinteressen der herrschenden Politiker gerade opportun erscheint, soll heißen, man macht das, was man für nötig hält um wiedergewählt zu werden.

Gerade das ist es eben, was ordnungspolitisch in der Regel alles andere als vernünftig ist und somit bleibt das ordoliberle Staatswesen eine Utopie.

Die soziale Marktwirtschaft wurde ja auch auf den Fundamenten ordo- bzw. neoliberaler Vorstellungen errichtet und schau dir an, was daraus geworden ist.

 
At 25 März, 2006 05:40, Anonymous Anonym said...

Erm, scusi, aber KANN es sein, dass Ihr das Thema nen Tick zu hoch aufhängt?

Also, was ist Sache? Euroweb hat gesalzene Preise. Stimmt. Aber das ist nicht verboten. Euroweb konzentriert sich ganz offensichtlich auf eine Klientel, die einerseits sehr wenig Ahnung vom Web hat, andererseits aber - als Kaufleute - kein normales Rücktrittsrecht beanspruchen kann. Das ist ein bisschen schäbig, aber auch nicht verboten. Euroweb versucht, Kritikern den Mund zu verbieten, und zwar auch Metakritikern - und DAS geht zu weit bzw. war der Anlass zum Entrüstungssturm in der Blogospäre.

Inwieweit bei Euroweb juristisch etwas nicht in Ordnung ist - kein Mensch weiß das, und ohne einen kräftigen Beleg dazu dürfte das wohl auch niemand behaupten. Hier von "staatlichem Eingriff" zu phantasieren, heißt doch wohl, dezent die Maßstäbe zu verschieben. Wir reden hier von einer Firma, deren "Vergehen" es ist (oder zu sein scheint), mit Unerfahrenheit Geld zu machen - nun, das dürfte für einen guten Teil aller Firmen zutreffen.

Lasst 'mal die Kirche im Dorf, bitte...

 
At 27 März, 2006 00:29, Anonymous Anonym said...

@Dean

Markttransparenz ist eine schöne Sache. Sie kann aber nicht als Ausrede dienen, einem Unternehmen seine Preisgestaltung vorschreiben zu wollen.

Meine Erfahrung zeigt, dass es für jede noch so absurde Preisgestaltung dankbare Kunden geben kann, die aus den verschiedensten Gründen gerade sowas bevorzugen.

Wem etwas zu undurchsichtig vorkommt, der darf und soll sich doch gerne die Angebote der Wettbewerber anschauen. Man kann Wettbewerb zwar auf einem Markt anbieten, aber doch nicht einzelne Nachfrager dazu zwingen, auch von ihm Gebrauch zu machen. Wer sich keine Vergleiche einholt, ist selbst schuld, wenn er zu teuer einkauft.

Ich halte es für eine sehr wichtige Sache in einer Marktwirtschaft, dass Verträge vom Zeitpunkt ihrer Unterschrift an gelten, und zwar zu den Bedingungen, die in diesen Verträgen stehen. Alles andere würde nicht nur zu hoher Rechtsunsicherheit führen, sondern auch neue, zahlreiche Missbrauchspotenziale schaffen. Wir haben uns von der Verbraucherschutzdenke her angewöhnt, uns den Nachfrager grundsätzlich als schutzwürdiges, schwaches Wesen zu denken. Das hat nur zu noch mehr Moral hazard geführt, der sich über etwas fragwürdige Gestalten wie den Herrn M.B., der wohl auf den Handelsregister-Fake hereingefallen ist, auch noch aufs Geschäftsleben auszuweiten scheint. Nach dem Motto: Unterschreib ich mal, das bindet nur den anderen und ich komme mit jeder dummen Ausrede wieder raus.

Es bleibt (eigentlich nicht nur) unter Kaufleuten im Wesentlichen eins: Vor Unterschrift das Gehirn einschalten. Wer das nicht kann, der hat im Wettbewerb zu Recht schlechte Karten.

Für alles darüber hinaus Gehende gibt es den einschlägigen Straftatbestand des Betruges und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Das sollte reichen.

 
At 27 März, 2006 09:56, Anonymous Anonym said...

Ich sehe in erster Linie kriminalistische Aufgaben, die der Staat zu lösen hat.

Schau mal hier: Geschäftsidee Internetagentur

 
At 27 März, 2006 09:58, Anonymous Anonym said...

Oops, falscher Link. Hier der richtige Link: Geschäftsidee Internetagentur

 
At 28 März, 2006 20:34, Blogger John Dean said...

@Rayson
Die angesprochenen Fragen verdienten genauerer Überlegung und Erörterung. Mir fiel nur gerade auf, dass ich mich wegen dem überzogen aggressiven Ton in Kommentar #4 entschuldigen sollte.

Meine Güte! Das ist ja reines Gebelle von mir gewesen, obgleich ich die einzelnen Argumente (in einer sachlicher vorgetragenen Gestalt) nach wie vor überlegenswert finde.

Vielleicht rührt ein Teil meiner Aggressivität auch daher, dass die allgemeine ökonomische Diskussion immer mehr in einen simpelnden Dreiklang aus "pro Eigentum - weniger Staat - Vertragsfreiheit" abrutscht.

Echte ordnungstheoretische Probleme, bei Euroweb war das eher ein kleiner Fall (und m.E. ein Fall für Staatsanwälte), bedeutende Fälle wie z.B. die vom Staat gewährten Verwertungsmonopole bei den Immaterialgüterrechten kann man m.E. nicht mit dem Dreiklang beantworten. Ich kann ihn kaum noch hören, vor allem deshalb, weil hier die notwendigen Fragen nach der Wettbewerbsordnung nicht einmal am Rande gestreift werden.

Und das nervt mich ungemein, sorry.

 
At 29 März, 2006 20:21, Anonymous Anonym said...

@Dean

Wieder mal: Alle Achtung! Ich finde auch, Ausfälle sind o.k., wenn sie ehrlich sind und im Nachhinein als solche erkannt werden. Geht mir oft auch so.

 

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