17 Februar 2006

History repeating: Todesschwadrone

Über die Unfähigkeit des US-Militärs, im Irak für geordnete und rechtsstaatliche Verhältnisse zu sorgen, dürfte kaum noch ein Dissenz erzielbar sein. Offenbar gibt es beim US-Militär ein stuktrurelles Problem, zivile Verhältnisse herzustellen.

Die US-Soldaten sind meist nur als stumpfsinnige Kampfmaschinen ausgebildet, mehrheitlich handelt es sich um Jugendliche, welche mit den realen Verhältnissen überfordert sind. Sie glauben, man müsse einfach nur das Ausmaß an militärischer Gewalt und "Gegenterror" steigern, um damit den Terror zu besiegen bzw. einen zivilen Zustand zu erzielen.

Diese Grundhaltung rächt sich - im Denken wie im Handeln.

Umso erschreckender das Ausmaß, mit dem Todesschwadrone im kleinen Land Irak die Lebensverhältnisse in den Konfliktregionen bestimmen. Der Standard berichtet hier von bereits 1.600 von Todesschwadronen ermordeten Sunniten.

Zu derlei Praktiken fügt sich die Kritik von US-Falken an deutschen Ausbildungsmethoden ins faschistoide Bild, denn diese US-Falken beklagen bei der deutschen Ausbildung irakischer Polizisten, vor allem diesen Schwerpunkt: Rechtsstaatlichkeit! Ein Schwerpunkt, den US-Falken offenkundig für einen Verrat an der Sache halten. Welcher Sache?

Eine Gesamtbewertung des Irakkriegs fällt mir dennoch schwer. Ich weiß nicht, ob es den Irakern im Falle eines Baath-Regimes besser ergangen wäre. Ideologisch urteilende "prowestliche" Blogger (inkl. der faschistoiden Anti-Muslimfront) sind sich indes völlig sicher. Sie bejubeln alles, was mit militaristischen US-Falken zu tun hat, es sei denn, es ist nicht krass genug. Eine seltsame Haltung ist das.

Die realen Verhältnisse jedenfalls liefern ein verwirrendes Bild, und dazu gehört auch, dass das US-Militär im Irak keineswegs homogen auftritt. Man findet neben Erscheinungen üblen Versagens auch viele positive und erfolgreiche Bemühungen. Aber egal, welche Wertungen man vornehmen möchte, die ganze Veranstaltung namens Irakkrieg sieht z.Zt. recht übel aus.

8 Comments:

At 17 Februar, 2006 23:15, Anonymous Anonym said...

Lieber Dr. Dean,

Mit Unrecht kann man kein Recht schaffen und mit Krieg keinen Frieden.

 
At 18 Februar, 2006 18:07, Anonymous Anonym said...

Widerstand ist jeden Mannes Pflicht wenn Volkes Recht man bricht.

 
At 19 Februar, 2006 20:03, Anonymous Anonym said...

Kennen Sie amerikanische Soldaten persönlich, so daß sie über diese als "stumpfsinnige Kampfmaschinen" urteilen können. Ich glaube kaum, oder Sie kennen andere als ich. Richtig ist aber, daß Soldaten keine Polizei oder Hilfspolizei sind. Der Kampf ist ihr Metier, nicht Besatzung oder Zivilverwaltung.

Daß die Amerikaner nicht in der Lage sind für Ordnung zu sorgen, stimmt leider und ist natürlich in erster Linie der politischen Führung anzulasten. Armeen sind generell kaum geeignet, Guerilla- und Partisanenkriege zu gewinnen. Auch ist der zivile Aufbau im Irak dadurch erschwert, daß dieser keine totale (auch moralische) Niederlage erlitten hat, wie z.B. Deutschland oder Japan.

 
At 20 Februar, 2006 06:48, Blogger John Dean said...

@Iris
Krieg ist eines der hilflosesten Mittel, Frieden zu schaffen. Das wird in Zeiten lauten Kriegsgeschreis leider sehr schnell vergessen.

Ich selbst bin der Meinung, dass eine Gefahr wie Hitler (Vorsicht: Totschlagargument!) unter bestimmten Bedingungen (!) auch mit kriegerischen Mitteln bekämpft werden muss. Georg Elser hatte z.B. für seinen Anschlag einen guten Zeitpunkt gewählt - und sich im richtigen Moment entschieden, Ende 1938 (schon deshalb steht er in meinen Augen höher als die viel gerühmten Männer des 20. Juni), und vor allem: Elser lieferte eine gute und ausgereifte Begründung.

Da Außenpolitik aber keine Innenpolitik ist, muss ein Schurkenstaat schon ein erhebliches Maß an Terror ausüben (so wie Afghanistan unter Taliban-Herrschaft) oder einen Angriffskrieg veranstalten (so wie damals Hitler), damit ein Krieg gerechtfertigt ist.

Allerdings hinkt bereits der Vergleich mit Afghanistan: Hier gab es - unter erheblichen Druck - immerhin das Angebot seitens der Taliban, Bin Ladin und seine Fanatiker auszuliefern.

Möglicherweise (mir fehlen die Informationen, dies zu entscheiden) ständen heute sowohl die Welt in Hinblick auf Terror als auch Afghanistan in Hinblick auf seine Entwicklung besser dar, wenn man damals statt Krieg auf dieses Angebot eingegangen wäre, bei Öffnung und Demokratisierung des Landes und im Gegenzug dafür eine umfangreiche Entwicklungshilfe, die weniger gekostet hättte als der Krieg.

@Ahmed ibn Fahdlan
Widerstand ist so einfach doch nicht zu begründen. Wenn wir über militärischen Widerstand sprechen:

So einfach ist das nicht, es ist vielmehr eine Frage von Leben und Tod - sie muss daher sehr sorgfältig überlegt werden.

1. Gegenstand von militärischen Widerstand dürfen
a) keine Zivilisten,
b) keine demokratisch gewählten Regierungs- oder Parlamentsvertreter oder
c) Polizisten sein.

2. Fakt ist, dass die Amerikaner gerne den Irak verlassen würden, sobald dort einigermaßen Ordnung herrscht. In Wahrheit verlängert der militärische Widerstand sowohl die Dauer der Besatzung, als auch das Leid der Bevölkerung.

3. Die Möglichkeiten der in Irak herrschenden Demokratie sind für einen berechtigten Widerstand weitaus größer als die Möglichkeiten der chaotischen Terrorwiderstandsbewegung.

Aus den Punkten 1) bis 3) ergibt sich, dass der von Ihnen verharmlosend und legitimierend bezeichnete "Widerstand" im Irak das deutlich größere Unrecht darstellt. Dieser Widerstand ist vor allem ein Anschlag auf die Iraker. Unrecht.

4. Nicht jedes gebrochene Recht rechtfertigt militärischen Widerstand. Dieser Satz - sofern Sie ihn hier lesen - gilt sowohl den Amerikanern mit ihrer voreiligen Kriegsneigung, wie auch angeblich "islamischen", in Wahrheit aber gewaltgeilen Terrorliebhabern.

 
At 20 Februar, 2006 07:54, Blogger John Dean said...

@Robin Renitent
Die Formulierung "stumpfsinnige Kampfmaschinen" ist natürlich überaus zugespitzt. Einerseits trifft diese Provokation (wie c.Lapide ungewollt bestätigt: die zivile Unfähigkeit des US-Militärs), andererseits geht sie natürlich an den einzelnen Soldaten völlig vorbei.

Es sind Menschen wie wir.

Genauer und etwas weniger provokant wäre ein Hinweis darauf gewesen, dass das US-Militär sich in den letzten 50 Jahren sehr gewandelt hat, und dass die heutigen Ausbildungsmethoden zu sehr auf Drill und Fanatismus zielen. Es ist übrigens nicht wahr, dass "blinder Gehorsam" die allererste Grundbedingung für militärischen Erfolg ist. Es genügt ein bestimmter Mindestlevel an Gehorsam - was darüber hinaus geht, ist ungesund.

Die Bootcamp-Philosophie der militärischen Ausbildung in den USA ist einer der Faktoren, welche Versagenserscheinungen wie z.B. in Abu Ghraib erklären.

Da haben sich - und gewiss nicht nur 2 Soldaten - falsch ausgebildete und falsch angeleitete Soldaten ein Ventil gesucht.

Unabhängig davon: Ich halte es für eine traurige Tatsache, dass das US-Miltär in Hinblick auf die heutigen Anforderungen im Irak überfordert ist, und auch falsch ausgebildet ist. Also, deutlich zuviel und einseitig in Richtung "stumpfsinnige Kampfmaschinen".

Ich meine damit die Ausbildung, nicht die einzelnen Soldaten.

Anders formuliert:

Die Amerikaner, die uns Deutsche befreit hatten, die waren von ganz anderem Kaliber!

Herr Robin Renitent, das mag zwar Ihrer (gefärbten!) Wahrnehmung widersprechen, aber egal von welcher Seite Sie es betrachten: Es ist für Sie auch deshalb ein fühlbarer Stachel, nicht allein wegen der enthaltenen Herabsetzung, sondern weil Sie wissen, dass es nicht völlig verkehrt ist, was ich hier sage.

Dass sie einige Iraker kennen, finde ich sehr beeindruckend! Dass auch diese den Terror der Islamisten satt haben (dazu habe ich Herrn Fahdlan in meinem vorherigen Kommentar schon was gesagt), kann ich mir sehr gut vorstellen.

Aber glauben Sie wirklich, dass die unveränderte Fortsetzung des sogenannten "Kampfes gegen Terror" mit den aufwändigen Mitteln den US-Militärs das Problem dauerhaft lösen kann?

@c.lapide
Die, die man kennt, sind immer anders.

Ich weiß, dass meine provokante Fomulierung gegenüber den einzelnen Soldaten ein Unrecht ist, aber sie zielt auch nicht auf den Soldaten an sich, sondern auf seine Ausbildung, und auf den m.E. verfehlten Ansatz zur Befriedung des Landes.

Der Gedanke mit der fehlenden totalen Niederlage ist mir auch schon mehrfach gekommen, aber ich tue mich schwer, ihn einzuordnen. Ich sehe zwar, dass er Richtiges enthält, ich weiß jedoch nicht, welche Konsequenzen man daraus ziehen kann.

Was die Schwierigkeiten angeht:

Ich glaube, die politische Führung des US-Militärs hat mehrere strategische Fehler im Irak gemacht:

1. Überschätzung der militärischen Möglichkeiten

2. Verkennung, dass es im Irak viel weniger Möglichkeiten gab, auf demokratische Eliten bzw. rechtsstaatliche Traditionen zurückzugreifen

3. Man hätte sich sofort (!) um die Wahrung der öffentlichen Ordnung kümmern müssen, statt tagelang den Plünderungen freien Lauf zu lassen bzw. diese sogar anzufachen.

4. Es gab und gibt eine mangelhafte Vorbereitung (bis heute!) der eigenen Soldaten in Hinblick auf die Organisation polizeilicher Strukturen und Abläufe, sowie beim Aufbau eines funktionierenden zivilen Apparats.

5. Unterschätzung bzw. inadäquate Reaktion auf die kulturelle Fremdheit

Man kann die Liste gewiss noch verlängern. Mir tun die beteiligten Soldaten leid. Daher habe ich auch Bilder für meinen Beitrag ausgewählt, die sie eben nicht als "stumpsinnige Kampfmaschinen" darstellen, sondern einen als Teilnehmer eies tristen staubigen Alltags.

Sehen wir doch einmal die Dinge, wie sie sind - mir fallen hier z.B. folgende Punkte ein:

1. Zur Zeit ist es nicht einmal möglich, im Irak von einem Teil des Landes (unter akzeptablen Gefahren) zu einem anderen Teil zu gelangen. Handel? Wirtschaft? Katastrophe!

2. Die öffentliche Ordnung liegt in vielen, allzu vielen Landesteilen in Trümmern.

3. Das US-Militär hat sich Methoden bedient, welche auf viele Jahre hin ein schweres Hindernis darstellen.

Dazu gehören z.B. umfangreicher Terror gegen Zivilisten sowie der frappante Mangel an Rechtsstaatlichkeit (bei gleichzeitiger Heiligsprechung und Immunität für US-Soldaten).

Ärgerlich - falls man der Neigung zur moralischen Überlegenheit folgen möchte - ist bei der Betrachtung des ganzen Schlamassels übrigens, dass niemand (!), gewiss also auch nicht die deutsche Armee, die Mittel kennt, um mit den vielfältigen Problemen fertig zu werden.

Zwar hat sich gezeigt, dass die deutschen Soldaten im Vergleich mit US-Soldaten weitaus potenter sind, um den Aufbau ziviler Verhältnisse zu bewirken, aber im Irak wären sie ebenfalls total überfordert. Sie sind es, bei Lichte betrachtet, auch in Afghanistan - obwohl das Engagement dort immer gerne gelobt wird.

Die Amerikaner sind nicht zu beneiden - und die amerikanischen Soldaten noch weniger.

 
At 20 Februar, 2006 12:23, Anonymous Anonym said...

wie c.Lapide ungewollt bestätigt:

Das war nicht ungewollt ;) Ich weiß was ich schreibe. Und nur weil ich Ihre These von den Kampfmaschinen nicht so teile, so behaupte ich keineswegs, daß Soldaten unbedingt dafür geeignet sind, eine "Zivilisierung" voranzutreiben, wobei ich aber glaube, daß die US-Armee, ihren Möglichkeiten entsprechend, einen ordentlichen Job macht.

Die deutschen, wie auch die amerikanischen, Soldaten in Afghanistan sind ja auch nur deswegen "erfolgreich", weil sie sich mit den Machthabern arrangieren und beim Opiumanbau wegschauen etc. . Ich bezweifle, daß die Bundeswehr oder die Bundesrepublik psychologisch und militärisch mit Zuständen wie im Irak zurechtkommen würde. Daher bleibt zu hoffen, daß diese Prüfung uns dort erspart bleiben wird.

 
At 20 Februar, 2006 14:50, Anonymous Anonym said...

Nur leider sieht es so aus als hätten sie,die US-Imperialisten,vor ständig zu bleiben.Denn warum richten sie sich gerade auf einem Dutzend Stützpunkten,die nicht danach aussehen als würden sie nur für kurze Zeit gebaut,ein?Meiner Meinung hatten und haben die USA nie vor den Irak wieder zu verlassen.So muß man sie,so schlimm das auch klingen mag,aus dem Land hinausprügeln,wennsich meine Vermutung bewahrheitet.
Und das hat nichts damit zu tun das ich auf Seiten des Widerstandes stehe.

 
At 20 Februar, 2006 17:01, Anonymous Anonym said...

@Ahmed ibn Fahdlan:

So blöd, den Irak dauerhaft besetzen zu wollen, sind die Amerikaner nun wirklich nicht. Aber ein Land erst einzunehmen und dann im Chaos zurückzulassen, gehört sich nunmal nicht; und solang ein Teil der Iraker nichts besseres zu tun hat, als seine Landsleute in die Luft zu jagen, wird es schwer sein, das Chaos loszuwerden. Dementsprechend wird auch die Besatzungszeit länger.

 

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