27 März 2007

Mein Einkauf bei Walmart: Plastikwaren. An der Kasse stehen vor mir drei kahlrasierte Mitdreißiger, jeweils mit Thor Steinar- und Londsdale-Klamotten. Ich höre den Satz: "Also, ausverkauft, das ist doch ein sehr schönes deutsches Wort". Gegenseitiges verbales Schulterklopfen der drei Herren. Ich war kurz davor, diese Typen anzulabern, z.B. ob sie das Wort "vorrätig" wohl auch so schön fänden. Besser als "on stock"? Egal. An den Walmart-Kassen sitzen die Kassiererinnen auf abgewetzten Sitzen, tragen alle Namensschilder, weit überwiegend mit slawischen Namen. Ewa. Olga. Agnezka. Margareta. Usw. Die meisten zwischen 40 und 50 Jahre. Die Kinder sollens besser haben. Wer bei Walmart nicht spurt, wird weniger eingesetzt. Duckmäuser möchte man. Die Bezahlung ist lausig. Ich red gern mit den Kassiererinnen. Und die finden das gut, dass sich jemand für sie interessiert. Setze mich nach dem Einkauf kurz hin. Kram verstauen. Neben eine ältere Frau. Diese atmet schwer. Sehr schwer. Was denn los sei, frage ich sie. Diabetis. Ihr ist ganz schwindlig. Ich frag sie, ob sie in ihrem Einkaufstüten Schokolade oder ein Stück Kuchen hat. Wegen der Unterzuckerung. Sie sucht. Sie findet. Wenige Minuten später bedankt sie sich, herzlich, und erzählt, dass sie seit über 20 Jahren Diabetis hat. Sie ist 79 Jahre alt. Sieht aus wie 60. Seltsam: Zu Beginn des Gesprächs wirkte sie noch ganz wirr. Je länger der Kuchenhappen im Magen ist, umso klarer wird sie. Irgendwie kommen wir auf Politik. Sie meint, diese Töne, die man heutzutage hört, vom Beck oder die Sache mit den Sozialschmarotzern, das kennt sie bereits. Das sind genau die Töne. Das ärgert sie. Diese Zeit will sie nicht wieder haben. Ihre Kinder und Enkel, die sind leider alle so unpolitisch. Ihr hat am Anfang der BDM noch Spaß gemacht. Wurde aber immer militärischer. Nazistischer. Ekelhaft. Sie hat sich später gedrückt und hing mit den "Jazz-Jungs" zusammen. Sie haben Platten gehört. Manchmal haben sie dann die Nazis verkloppt. Einkauf bei Walmart. 11,36 Euro.