25 Mai 2006

Merkel mahnt Gewerkschaften

Der aktuelle Dreh von Oma Merkel lautet:
Die Gewerkschaften müssen überprüfen, ob die Antworten von Gestern heute noch Gültigkeit haben. Wer sich nicht die richtigen Fragen stellt, wird zum Schluss selbst in Frage gestellt.
So klingt sie weise, staatstragend, und lässt das Publikum kaum merken, dass sie als Kanzler/in eine wirtschaftspolitische Nulpe ist. Eigentlich will sie sagen:
1. Ich hab die Antworten und ihr nicht. Nanananaaa!
2. Die Interessenvertretung von Arbeitnehmern über Gewerkschaften hat sich überlebt.
3. Es ist mir egal, was ihr wollt. Eure Vorstellungen haben sowieso keinen Einfluss auf meine Politik. Ich hör euch nicht mal zu.
4. Ihr dürft sparen. Und ich schleuder Geld via Kombilohn zu den Unternehmen. Hähähä.
Es ist nicht unbedingt so, dass ich die wirtschaftspolitischen Ideen des DGB sonderlich toll fände - im Gegenteil. Wenn man aber klassische Fälle aus dem Betriebsratsalltag liest, weiß man, wozu es Gewerkschaften gibt, auch ohne "die richtigen Fragen" der Oma Merkel.

Es ist albern, dass die konzeptionslose Merkel auf dem Bundeskongress des DGB eine Gewerkschaftsmahnerin mimt, ohne z.B. präzis zu sagen, welchen Mindestlohn sie sich vorstellt, wie ihre wirtschftspolitischen Ideen konkret lauten. Derweil titelt unsere Presse zu derlei Schwachsinn: "Die Kanzlerin spricht Klartext!" Achja?!

Da es mein Prinzip ist, dem Üblen auch das Gute beizugesellen, nehm ich von loelli (thanks!) ein Zitat von Butterwegge (hier sein Aufsatz als PDF):
Hinge das Wohl und Wehe einer Volkswirtschaft von niedrig(er)en Lohn- bzw. Lohnnebenkosten ab, wie Neoliberale behaupten, müssten in Bangladesch und Burkina Faso längst Vollbeschäftigung und allgemeiner Luxus herrschen!
Jain. Widerspruch und Zustimmung: Mit der im OECD-Vergleich einmaligen Ausrichtung auf Angebotspolitik hat sich unser Staat ein Stück weit in die Scheiße geritten.

Konkreter: Bei uns wurden seit Anfang der 80er Jahre die realen (!) Unternehmenssteuern gesenkt, deutlich stärker als in anderen OECD-Staaten, und dafür die Lohnnebenkosten massiv erhöht. Sie wurden z. B. mit versicherungsfremden Leistungen oder dank Norbert Blüm mit einer neuen "Pflegeversicherung" aufgebläht, um die Kommunen finanziell zu entlasten. Dämliche Idee.

Dass uns die Schweiz seit Anfang der 80er Jahre ökonomisch weggelaufen ist (mit BSP/Kopf und Beschäftigungsstand) hat auch damit zu tun, dass man dort diesen Unfug mit den aufgeblähten Lohnnebenkosten nicht kennt, sondern derartige Aufwendungen aus dem allgemeinen Steuerbudget bestreitet! Auf diese Weise hält man den Faktor Arbeit frei von Extralasten und sorgt somit, wohlstandswirksam, für eine bessere volkswirtschaftliche Auslastung dieses Produktionsfaktors. Diese Anreizverzerrung via Lohnnebenkosten muss weg.

Anders gesagt: Ich halte das deutsche System der Lohnnebenkosten, welches es bei keinem anderen OECD-Staat in diesem Ausmaß gibt, für einen der relevanten Hemmschuhe bei unserer wirtschaftlichen Entwicklung. Ausweg: Unternehmens- und Spitzensteuern rauf, Subventionen runter, und Lohnnebenkosten halbieren!

Habe ich halbieren gesagt? Ja, ich bin ja auch nicht so progressiv grenzdebil wie z.B. die Propagandafabrik INSM, sondern befürworte einen Zustand, wo wir, bei den Lohnnebenkosten, wieder im Durchschnitt der OECD-Staaten liegen.

Guten Tag!

2 Comments:

At 27 Mai, 2006 02:06, Anonymous Anonym said...

Beim DGB-Bundeskongress zeigten Merkel und Müntefering sich einig: Ein Mindestlohn von 3,50 Euro sei allemal genug für die notorischen Hungerleider im Lande.
Weitere Infos und Poster bei Fettisch.de!
Merkel & Müntefering: 3,50 reicht für's Pack!

 
At 27 Mai, 2006 17:38, Blogger John Dean said...

@"unionsbuerger": Sie haben ab jetzt wegen Ihrem Kommentarspam Hausverbot in meinem Blog. Tchüss!

@fettisch: Ja, schon seltsam, was für Löhne hierzulande teilweise für normal gehalten werden.

 

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