Forenhaftung - Hamburger Landgericht kämpft gegen die Meinungsfreiheit
(Heise-Meldung via Pickings via Flötenfuchs-Zwischenspeicher) Nun ist sie also raus, die lange erwartete Begründung des Hamburger Landgerichts zum Forenhaftungsurteil, welches allgemeines Aufsehen und allgemeine Verunsicherung ausgelöst hat. Einige Abmahnanwälte freuen sich über diesen großzügigen Freibrief für juristische Wegelagerei.
Man kann dem Hamburger Landgericht für die Rechtsprechungqualität generell kaum die besten Noten vergeben. Schwerlich. Bemängelt werden muss hier eine schlampige Urteilsbegründung. Ggf. gibt es schlampigere richterliche Begründungen bei bedeutsamen Urteilen; aus dem Urteilstext wird deutlich: Die beteiligten Richter haben Angst vor jeglicher Klarheit und Rechtssicherheit gehabt.
Was nun macht die "Gefährlichkeit" eines Forums aus, ab welchem Punkt ist es "gefährlich" und ab wann müssen Kommentare bereits vor der Veröffentlichung geprüft werden? Ergibt sich schon aus der Bereitstellung eines Forums eine gesteigerte Sorgfaltspflicht? Warum verstößt diese Gerichtskammer gegen die einschlägige BGH-Rechtsprechung? Haben Wirtschaftsinteressen einzelner (im Übrigen fragwürdig agierender) Firmen vor anderen Interessen grundsätzlichen Vorrang? Die Kanzlei Dr. Bahr hat das Urteil eingehend analysiert und kommt zum Schluss:
"Kurz zusammengefasst kann man die aktuelle Entscheidung glattweg nur als absolutes Fehlurteil bezeichnen."Man fühlt sich an die unselige Rechtsprechung der Weimarer Zeit erinnert, nur, dass die Bürger- und Grundrechte auf der einen Seite stehen und das Primat ökonomischer Interessen auf der anderen Seite. Paragraf 1 des Hamburger Landgerichts lautet mutmaßlich: "Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb hat Vorrang gegenüber allen übrigen Rechten, inklusive der Grundrechte." Das ist das Denken, welches dieses Landgericht offenbar prägt.
Klassenjustiz anno 2006.
P.S.
Mein Rat: Google Adsense inaktivieren und das Webmaster Blog lesen. Ich empfehle außereuropäische Bloghoster. Man kann daran zweifeln, ob das Urteil des Hamburger Landgerichts für Rechtsstaat und Rechtsfrieden sonderlich nützlich ist.
5 Comments:
Massenhafte Meinungsäußerungen sind gefährlich, weil man sie nicht kontrollieren kann.
Das ist auch kein Zitat. Aber so in etwa stellt sich für mich das Denken des Hamburger Landgerichts dar.
RJ
Moch kürzer: "Meinungsfreiheit ist gefährlich".
Die Meinungsfreiheit ist daher abzuschaffen bzw. durch eine intensive Zensur gründlich zu beschneiden.
Hähähä, und wer noch irgendwo dem gemeinen Pöbel freies Kommentieren anbietet, dem setzen wir als ein stinkendes Osterei rein, dann können wir ihn abmahnen und abkassieren.
Alles fürs Vaterland! Und du Pöbel, schweig!
Noch besser als ein außereuropäischer Bloghoster ist ein außereuropäischer Wohnsitz. Ich kann da z.B. Norwegen sehr empfehlen...
MfG
Daniel
Vieleicht hilft es ja, wenn man in seinem Impressum vereinbart:
"Die Kommentare und/oder Beiträge dieses Webangebotes sind ausschließlich persönliche Meinungen. Diese sind durch Artikel 19 der Menschenrechtscharta der UNO, Artikel 11 der Charta der Grundrechte der EU und Artikel 5 des Grundgesetzes der BRD jedem Menschen erlaubt. Der Betreiber lehnt jede Haftung für Meinungen seiner Besucher ab."
Ich meine deutlicher geht es ja wohl wirklich nicht. Warum dürfen Richter, die scheinbar nicht den Schimmer einer Ahnung vom Internet haben, solche Urteile gegen sämtliche Internationale und Nationale Absprachen zum Thema Meinungsfreiheit durchsetzen? Ist eine gebloggte Meinung in seiner Grundstruktur etwas anderes als das gesprochene Wort für die es diese Rechte gibt?
@martin, ich hab mir das mal geklaut, danke.
@dr.dean, habe ich das richtig verstanden, dass ich auf Grund meines Bloganbieters von diesem Unsinn verschont bleibe?
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