08 Dezember 2005

Pre-emptive Forenzensur

Haftung für Foreneinträge?

Es gab vor einigen Tagen im Spreeblick und woanders einige Diskussion über ein Urteil des Hamburger Landgerichts. Die Entscheidung wurde so verstanden, dass nunmehr Betreiber von Kommunikationsplattformen (z.B. Blogs) generell für Kommentare haften, auch dann, wenn ihnen Rechtsverstöße nicht bekannt waren. Sind jetzt die Regelungen des Teledienstgesetzes richterlich aufgehoben worden?

Die gute Nachricht lautet: Dieses Urteil kann nicht generalisiert werden.

Es ist in bestimmten Fällen tatsächlich zumutbar und erforderlich (!), dass Beiträge vor (!) bzw. sehr zeitnah zu ihrer Veröffentlichung in Foren/Gästebüchern/Blogs (FBGs) vom Betreiber gelöscht bzw. zensiert werden.

Dies ist m.E. dann der Fall, wenn folgende Bedingungen gemeinsam gegeben sind:
(a) Wenn den Betreiber zur Kenntnis gelangt ist, dass es bei den von ihm verantworteten FGBs bei bestimmten Themen praktisch immer Verstöße gibt
(b) Wenn diese Verstöße schwerwiegender Natur sind
(c) Wenn der Betreiber Möglichkeiten hat, diese Verstöße zu unterbinden

Fortgesetzte Rechtsverstöße müssen von den Betroffenen in diesen Fällen nicht geduldet werden. Das heißt aber auch, dass der Betreiber zuvor über die Problemlage in Kenntnis gesetzt wurde. Daraus kann sich dann z.B. ein Unterlassungsanspruch ergeben.

Umgekehrt kann jemand, der FGBs durch wiederholte Rechtsverstöße schädigt, haftbar gemacht werden und z.B. zur Auslage der Aufwendungen verurteilt werden.

3 Comments:

At 08 Dezember, 2005 23:05, Blogger John Dean said...

@Nixxon
Wo denn "Gehorsamserfüller"?

In meiner Kommentarrolle darf ich an Kommentaren löschen, was mir Spaß macht. Aber: Im Nachhinein.

Verstanden?

Dass ich deine Kommentare dann z.B., lösche, wenn sie mir vom Tonfall nicht passen, damit musst du halt klar kommen. Vielleicht dir sogar mal die eingehende Begründung anschauen, die ich dir schrieb.

Aber ich trete für die Freiheit ein, dass überhaupt kommentiert werden kann.

Okay?

 
At 09 Dezember, 2005 08:02, Blogger Sven said...

hmmm... ob mich das beruhigt? Das ist ja doch alles recht schwammig und für "kleine" Forenbetreiber oder auch Freizeitblogger ist es IMO nicht besonders beruhigend, wenn irgendwelche schmierigen Anwälte einen trotzdem erstmal mit Abmahnungen, UEs oder ähnlichem nerven (u.U. mit Kostendrohungen oder -forderungen) - egal, ob man vor Gericht dann mehr Chancen hätte, als man nach den bisherigen Berichterstattungen vielleicht befürchtet - die Rechtsunsicherheit, die das Hamburger LG hier (mal wieder) in Internetaktivitäten hineingebracht hat ist ein Unsicherheitsfaktor, der IMO für den "normalen" privaten Nutzer (und Jura-Laien) kaum zu tragen, weil nicht einzuschätzen ist.

Ich hoffe deshalb auf die nächste Instanz, die da hoffentlich wieder Klarheit reinbringt. Dass im Moment spätestens das BVG seine Prioritäten in der Erhaltung von Persönlichkeitsrechten sieht und solche nicht angeblichen "Sicherheitsinteressen" oder gar Wirtschaftsinteressen unterordnet hat dabei hoffentlich auch für andere Gerichte eine Vorbildfunktion. Dann noch ein wenig Sachverstand, und das LG-Urteil sollte, wenn "normale" Alltagsvernunft heutzutage noch irgendwie zählt (woran ich manchmal zweifle, aber sei's drum), zu den vielen revidierten inkompetenten Urteilen im Internetbereich abgelegt werden.
Mit etwas Glück kommt dabei vielleicht sogar etwas raus, das echte Rechtssicherheit für die Internetuser bringt.
Am Ende bin ich ja also dann doch wieder Optimist. Unverbesserlich, was? :-)

 
At 09 Dezember, 2005 09:53, Blogger John Dean said...

Laut Gerichtsurteil soll angeblich - das wäre noch eine vierte Einschränkung - nur im Fall von Verlagstätigkeit Gefahr drohen.

Und dazu muss halt ein heikles Thema kommen, bei dem der Forenbetreiber vorher wusste, dass es zu Rechtsverstößen kommen wird.

Eine große UE oder Abmahnwelle wird daraus schwerlich entstehen, denn wo sind denn diese ganzen Bedingungen erfüllt?

Auf eine Revision würde ich nicht viel Hoffnung setzen - eher erwarte ich dann noch mehr Wirtschaftsorientierung, wobei die Jurastudentin darauf aufmerksam gemacht hat, wie unlogisch die Forderung der "Geschädigten" ist.

Diese könnten nämlich durch minimale Eingriffe in der IT-Verwaltung die Gefahr selber abwehren.

 

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