29 Oktober 2009

Wir sind eines Besseren belehrt...

In seinem Blog Sprengsatz schreibt Michael Spreng u.a.:
Dagegen kann die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) mit dem bisherigen Ergebnis der Koalitionsverhandlungen zufrieden sein. Nach der Bundestagswahl hatte sie ihrem Beiratsmitglied Guido Westerwelle gratuliert und ihn ermahnt: “Die Bürger müssen durch geeignete Maßnahmen zu privater Vorsorge motiviert werden”. Jetzt kann er Vollzug melden: Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger verdreifacht (jetzt flutscht der stockende Verkauf von Lebensversicherungen und Fonds-Sparplänen wieder), private Zusatzversicherung zur Pflegeversicherung, leichterer Umstieg von der gesetzlichen zur privaten Krankenversicherung.

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23 Oktober 2009

Rochaden ins Nirgendwo - die Personalentscheidungen der schwarzgelben Koalition

* Guttenberg soll Verteidigungsminister werden

Sie verbrennen sie ein großes politisches Talent in einem Ressort, wo er kaum glänzen kann. Panzer-Gutti? Tja - dies und die wachsenden Probleme in Afghanistan sind nicht gut für seine politische Karriere. Das Außenministerium (Westerwelle) und das Wirtschaftsministerium (Brüderle) sind ihm allerdings durch die FDP (bzw. durch Merkels Tauschgeschäfte) verbaut worden.

* Aigner wird Entwicklungshilfeministerin

Elend. Eine technokratische Agrarlobbyistin - das kann nichts werden. Sie wird politisch tot gestellt. Und der CSU fällt niemand besseres ein als ausgerechnet sie für dieses Ressort. Ganz elend.

* Der "liberale" Extremist Philipp Rösler wird Gesundheitsminister

Ein a-sozialer Politextremist soll dieses sehr sensible Ministerium übernehmen. Das wird noch für viel Streit sorgen. Ich persönlich glaube ja eher an die Laiendarstellerin, aber die Meldungen der Nachrichtenticker stimmen überein. Wenn es so kommt, kann sich die SPD schon einmal bedanken - Rösler in diesem Ministerium ist eine Steilvorlage ersten Ranges.

* Franz-Josef Jung soll Arbeitsminister werden

Ich fand ihn als Verteidigungsminister nicht so übel. Ich könnte mir vorstellen, dass er - gemessen an schwarzgelben Möglichkeiten/Unmöglichkeiten - auch im Arbeitsministerium eine annehmbare Rolle spielen wird. Er ist mir bislang als moderater Mann erinnerlich. Vermutlich wird er dort die Chance nutzen, sich gegenüber einer sozial kalten FDP zu profilieren.

* Die gestaltungsmüde Frau Shavan wird garnichts und in die Wüste geschickt

Sehr gut. Ausgezeichnet. ++ Update ++ Die TAZ meldet, dass Shavan bleibt. Wenn das stimmt, dann war Merkel von Shavans amtmüder Politik des Nichtstuns wohl äußerst beeindruckt.

* "Schnarre" wird Justizministerin

Da werden noch viele Leute staunen über eine vermeintliche Bürgerrechtsaktivistin, zum Beispiel dann, wenn sie für das "geistige Eigentum" zu Gunsten der Rechteverwerter rüpelhafte Schneisen durch den Rechtsstaat schlägt. Monopol-Schnarre wird viele enttäuschen.

* Schäuble wird Finanzminister

Dass er im Innenresort eine Fehlbesetzung war, das war überdeutlich. Jetzt wechselt er ins eigene Kompetenzfeld - manche werden sich noch sehr über ihn wundern, auf positive Weise. In jedem Fall erhält er jetzt die Chance, seine politische Karriere auf eine Weise zu beenden, dass er den Bürgern nicht nur als Militarist und Grundrechte-Zerstörer in Erinnerung bleibt.

* De Maizière wird Innenminister

Eine Verbesserung.

* Westerwelle wird Außenminster

Das ist eine gute Entscheidung. Zuallererst: Dort richtet er den geringsten Schaden an. Zweitens: Ein offen schwuler Außenminister ist gut für das Image unseres Landes und gut für die internationale Politik. Drittens: Er setzt auf das Primat der Diplomatie. Viertens: Es mag teurer als ein Volkshochschulkurs sein, aber er wird am Ende der vier Jahre deutlich besser Englisch sprechen können.

* Frau Leyen bleibt Famlienministerin

*hehe* *hihi* *Hähä!*

Insgesamt ist mein Eindruck, dass die FDP im Gegenzug für inhaltliche Zugeständnisse, praktisch alle Personalwünsche erfüllt wurden. Das ist für die FDP aber kein Sieg, sondern eine politische Niederlage. Die hohlen Sprüche der FDP ("mehr Netto") werden umso gründlicher entzaubert. Ich frage mich, was Merkel mit Koch anfangen wird. Agrar-/Verbraucherminister? Zurück nach Hessen?

P.S.

Die TAZ listet auf, worauf sich die schwarzgelbe Koalition inhaltlich geeinigt hat. Ich finde das ziemlich gruselig - das ist Herrenreiter-Politik. Die gröberen Grausamkeiten wurden allerdings auf die Zeit nach der NRW-Wahl verlegt - wodurch diese nicht besser werden.

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11 Oktober 2009

Grüne tun es für ein Linsengericht: Mehrheitsbeschaffer für Schwarzgelb

Für ein politisches Linsengericht, für reine Selbstverständlichkeiten und deutlich weniger, als im Fall von Rotrotgrün, spielen Ulrich und die Grünen im Saarland Mehrheitsbeschaffer für Schwarzgelb. Anders als der erschöpfte und hungernde Esau der Bibel war der Wirtschaftsingenieur und Grünenfraktionschef Hubert Ulrich nicht von Not bedroht. Sein von starken persönlichen Animositäten geleitetes Handeln ist unverständlich, zumal das schwarzgrüne Beispiel in Hamburg hier nochmals politisch unterboten wird. Ulrich (parteiinterner Spitzname: "Panzer") liefert damit auch ein bundespolitisches Signal und platziert die Grünen damit als sozial rechtsgerichtete Partei.

Politische Dummheit bietet scheinbar Zinsen,
sonst leistete der Fraktionschef Ulrich nicht
für einen schwarzgelben Teller harter Linsen
einer fortschrittlichen grünen Politik Verzicht.


Frau Künast wird kotzen über diese politische Mahlzeit, die niemanden sättigt, außer vielleicht den Pöstchenhunger saarländischer Karrieristen.

Nebenbei: Man könnte bei dieser Gelegenheit danach fragen, mit welchen Methoden sich der neoliberal gesinnte Realo Hubert Ulrich eine Mehrheit bei den saarländischen Grünen sichert. So gibt es im Kleinstädtchen Saarlouis - dem Ortsverband von Herrn Ulrich - sensationell viele, etwa 800 (!) in den Karteikarten geführte grüne Mitglieder, davon zu einem erheblichen Teil nichtzahlend. Auf den Landesparteitagen stellen die Kleinstädter dann mit rund 70 von insgesamt rund 150 Delegierten die mit Abstand größte Gruppe, mit der sich der feine Herr Hubert Ulrich seine Mehrheiten sichert. Ich denke, in diesem Fall ist es ausnahmsweise rechtlich unbedenklich, wenn man von einem politischen Dreckschwein spricht.

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05 Oktober 2009

Dieser Bauer ist immer noch ein Depp

Der Bauer ist immer noch ein Depp, jedenfalls in gesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Fragen. Auf die Fragestellung, was wohl die Hauptaufgabe des Staates sei, fällt ihm ein:
(...) vor allem verhindern, dass Wettbewerb ruinös wird, das ist die Aufgabe des Staates.
Anders gesagt: Für diesen speziellen Deppen ist es die primäre Aufgabe des Staates, dass er Konzernen wie der Deutschen Bank unverhältnismäßig hohe Gewinne sichert, indem er "ruinösen" Wettbewerb verhindert. Der Staat soll kleinere, konkurrierende Banken eleminieren helfen, er soll als Wettbewerber nicht störend (und vor allem: nicht erfolgreich) auftreten, der Staat soll freundlich sein zu Ballungen wirtschaftlicher Macht in Gestalt von Monopolen, Teil-Monopolen und Oligopolen, und auf diesem Wege den Wettbewerb zu Gunsten großer Konzerne beschränken. Der Staat soll des Weiteren nicht dabei stören, wenn Kunden balbiert werden.

Man aus dieser Auffassung lernen, dass das Gegenteil richtig ist: Der Staat muss durch sein Handeln im Bankgewerbe dafür sorgen, zum Beispiel durch Erzwingung von Transparenz, oder durch Zerschlagung der Deutschen Bank: dass eine hohe Wettbewerbsintensität zu Gunsten der Kunden stattfindet. Gleichzeitig müssen Über-Risiken, die massiv zu Lasten der Steuerzahler gehen, sowie Kunden-Benachteiligungen (mit denen Banken ihren Informationsvorsprung gewinnträchtig ausspielen) drastisch unterbunden werden.

Ganz anders also, wie es sich der Bauer denkt. Gleichzeitig nennt der Bauer ein entscheidendes Argument, warum der Staat im Finanzsektor zu besonders scharfen Regulationen aufgefordert ist:
Allein an die Moral des Einzelnen oder von Unternehmen zu appellieren, bringt in einer Wettbewerbsgesellschaft nicht die Lösung.
Die Intensität staatlicher Regulationen sollte sich am Schaden fehlender staatlicher Regulationen bemessen. Insofern bleibt für die Finanzbranche noch viel zu tun. Sogar sehr viel.

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03 Oktober 2009

Am Tag der deutschen Einheit: Leise Vorfreude auf die Koalitionsverhandlungen von Schwarz-gelb.

Ich habe gerade eine gute Rede von Angela Merkel gehört. Ich bin baff. Ich habe noch nie eine derart liberale Rede seitens eines amtierenen Regierungsmitgliedes (geschweige denn: Kanzlers) der CDU gehört. Mehr noch, beachtlicheTeile dieser Rede könnte man auch auf einem Gründungsparteitag einer linksliberalen Partei halten. Ich kann noch nicht ganz glauben, was ich gerade eben gehört habe.

Wenn das wirklich ihre Rede war - dann wird sich die FDP bei den Koalitionsverhandlungen sehr gründlich die Zähne ausbeißen. Wenn das wirklich ihre Ansichten waren - dann werden Wirtschafts- bzw. konzernahe Kreise und Lobbyisten in wenigen Wochen sich deutlich ernüchtert fühlen. Die ehemals jubelnden Herrenreiter werden wie von zähen Wachs übergossen vom politischen Himmel herab sinken.

Es wird in Folge vermutlich sogar einige politische Turbulenzen geben, vielleicht sogar: eine überraschende Neuauflage der Koalition mit der SPD. Westerwelle zwar kaum dazu bereit sein, als begossener und überraschend oppositioneller Pudel vor die Öffentlichkeit zu treten (insofern ist er auch zu allerhand Opfern bereit) - aber nun: Werden die FDP und deren Klientel sich damit zufrieden geben, dass man Besserverdienern ein paar Steuerschlupflöcher eröffnet, ein klein wenig an der Handwerksordnung herumschraubt und ansonsten - zum größtmöglichen Entsetzen der FDP-Führung - sich den bürgerrechtlichen Forderungen der FDP beugt?

Wenn die Angela Merkel der eben gehörten Rede keine Illusion ist, dann wird es noch einige politische Überraschungen geben. Sogar erfreuliche.

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